Junker

ich hoffe ich bin in dem Forum richtig.
Ich bin seit einigen Tagen auch genauere Infos über den Junker. Sprich welche Aufgaben hatte er, welche Pflichten und Rechte hatte er in der damaligen Zeit.

Ob Du das richtige Forum ausgewählt hast, und wie die richtige Antwort auf Deine Frage lautet, das wirst Du erst erfahren, wenn Du eine präzisere Zeitangabe machst, als "damalige Zeit". Ich denke bei Junker immer an die preußischen Junker des neuzeitlich-preußischen Staates. Aber natürlich ist Junker (Jungherr) auch ein mittelalterlicher Begriff - Du hast ein Mittelalterforum ausgewählt.
 
Ich entschuldige mich im Voraus, daß ich mich nicht eher damit befassen konnte; und ebenso möchte ich anmerken, daß ich bei meiner folgenden Darlegung keinen Anspruch auf endgültige Vollständigkeit und/oder Perfektion erhebe.
Wer es also detaillierter ausführen, präzisieren bzw. korrigieren kann, sei ausdrücklich gebeten, dies zu tun...

Aber nun zum Thema Junker: wo fangen wir da am besten an?

Das Wort leitet sich vom mittelhochdeutschen junchêrre bzw. junchërre - gesprochen junc-hêrre bzw. junc-hërre, also mit Trennung von c und h (ergo weder wie das ch in Buch noch wie das ch in Licht und auch nicht wie das ch in Charakter), und das c ist dabei als g/k-Laut zu sprechen - ab, was zunächst wörtlich nicht mehr und nicht weniger bedeutet als junger herr. Dieses junger Herr wird gebraucht, um einen Edelknaben - d.h., einen ritterbürtigen, aber noch nicht Ritter gewordenen jungen Adligen oder Freien - zu bezeichnen. Das schließt nun jedoch wiederum sowohl den Pagen als auch den Knappen ein, wiewohl es zudem auch synonym für den Knappen verwendet werden kann bzw. manchmal synonym verwendet wird.
Noch verwirrender ist es, daß im gleichen Atemzug oft auch Ausdrücke wie knabe, der junge fürste und jüngelinc gebraucht werden, um einen solchen Junker zu bezeichnen.
(Angaben nach Mittelhochdeutsches Wörterbuch von G.F. Benecke, W. Müller und F. Zarncke sowie Mittelhochdeutsches Handwörterbuch von M. Lexer)

Hier wird es nun spannend: der Junker bezeichnet also nicht einfach einen Sohn eines Hochadligen oder eines Adligen, welcher dem ursprünglichen Herrenstand angehörte, und ebenso nicht einen Sohn des späteren Standes der (edel-)freien Herren (wie man vielleicht aus dem Wort juncherre schließen könnte), sondern allgemein einen Sohn ritterbürtigen Standes, was bspw. im Heiligen Römischen Reich auch die ursprünglich unfreien Ministerialen einschloß.
Allerdings läßt sich hierbei konstatieren, daß die Ministerialen (als Dienstadel) sich mit Beginn des 13. Jh. dem Stand der freien Herren annäherten und mit diesen den adligen Herrenstand bildeten. Damit läßt sich der Junker ab etwa 1200 durchaus und ohne Probleme als ritterbürtiger, aber eben noch nicht zum Ritter gewordener junger (Nieder-)Adliger charakterisieren.
(Wiedergabe nach Wilhelm Volkert "Adel bis Zunft: ein Lexikon des Mittelalters" - C.H. Beck - München, 1991)

Anm.: Daß sich der Begriff Junker im Spätmittelalter dahingehend verschob, daß damit allgemein ein junger Niederadeliger gemeint war, und später in Preußen einen Angehörigen des Landadels meinte (eben den Landjunker als adligen Gutsherrn), hast Du ja bereits selbst herausgefunden, so daß dies hier nur ergänzend als Randnotiz von mir angeführt wird...

Der von Dir referenzierte Artikel Junker - Mittelalter Lexikon beschreibt an sich diese ursprüngliche Bedeutung durchaus treffend, wiewohl die Formulierungen
Junker - Mittelalter Lexikon schrieb:
... im Alter von etwa 10 bis 15 Jahren, also zwischen Pagen- und Knappendienst...
... Mit Beginn der adolescentia (mit 15 Jahren) schloss der Junker seine Ausbildung im Waffenhandwerk ab, galt von da an als erwachsen und als Knappe seines Herrn...
ziemlich verwirrend sind (denn so scharf läßt sich diesbezüglich keine Grenze ziehen); da sollte man mE eher - wie ich oben bereits ausführte - schreiben, daß dies sowohl den Pagen als auch den Knappen einschließt.

Um es zu verdeutlichen, eine weitere (Sekundär-)Literaturreferenz incl. Zitatstellen:
Kindheit schrieb:
... mit Ablauf des 6. oder 7. Lebensjahres begann der Ernst des Lebens... In der Ritterfamilie wechselten die Jungen in die Obhut von Männern: eines Onkels, eines älteren Bruders, manchmal eines Erziehers, seltener des Vaters. Oft mußte der Junge schon mit sieben Jahren das Elternhaus verlassen und als Page zur Burg des Lehnsherrn ziehen; das Band zwischen Lehnsherrn und zukünftigem Lehnsnehmer sollte so von Anfang an vertieft werden. Hier lernte der Junge den zukünftigen Herren der Region kennen, und es entstanden Freundschaften, die ein Leben lang hielten. Dies war wichtig, denn im Krieg kämpfte man in kleineren Einheiten unter Führung des Lehnsherrn, hatte diesen zu schützen und war auf den anderen angewiesen.
Die Ausbildung mußte zunächst rein praktisch sein; sie sollte den Jungen abhärten und langsam in die Kampftechniken einführen. Auf dem Programm standen Reiten, Schwimmen, Bogenschießen, Faustkampf, Ringen, das Aufstellen von Vogelfallen und immer wieder Reiten. Fie Reittechniken mußten perfekt beherrscht werden, denn im Kampf, beim Anreiten mit der Lanze (hierbei war insbesondere der Rechtsgalopp wichtig - Anm. von mir), im Zweikampf mit dem Schwert mußte der Ritter das Pferd ohne Zügelhilfen allein durch Gewichtsverlagerung oder Schenkeldruck lenken können. An echten Kämpfen nahm der Page aber noch nicht teil...
Bei allem Gewicht, das auf die praktische Ausbildung gelegt werden mußte, sind auch theoretische Inhalte vermittelt worden, zumindest die Grundlagen für höfische Umgangsformen, die im praktischen Dienst am Tisch von Ritter und Edelfrau vertieft werden konnten. Sprachen wurden gelernt, vor allem Französisch... Da in Deutschland (gemeint ist das Heilige Römische Reich - Anm. von mir) die meisten Ritter aus der Ministerialität stammten und ihrem Herrn nicht nur als schwerbewaffnete Ritter, sondern auch als Verwalter dienten, liegt die Vermittlung von Schreib- und Lesekenntnissen (dies dürfte spätestens ab dem 12. Jh. gelten - Anm. von mir) nahe.
Der Knappe schrieb:
Zwischen dem 12. und 14./15. Lebensjahr wird aus dem Pagen der Knappe...
Der Knappe kämpfte nicht länger mit Übungswaffen, sondern erhielt Lanze, Schild und Kurzschwert, zum Kampf Eisenhut und Streitkolben, vielleicht sogar silberne oder versilberte Sporen.
... Ein erfahrener Ritter kümmerte sich um seine weitere Ausbildung, mit ihm mußte der Knappe in den Kampf ziehen und ihn auf seinen Fahrten begleiten... Vor der Schlacht hatte er den Helm und den schweren Schild zu tragen, damit der Ritter nicht vorzeitig ermattete (daher die Bezeichnung "Schildknappe"). Wenn nötig hatte er seinen Herrn unter Einsatz seines Lebens aus gefährlichen Situationen herauszuhauen, für ihn Ersatzwaffen bereitzuhalten oder den Ritter in Sicherheit zu bringen, wenn sein Pferd oder er selbst verwundet wurde. Hatte sein Herr einen feindlichen Ritter aus dem sattel gehoben, war es seine Aufgabe, den Ritter gefangenzunehmen und seine Rüstung sicherzustellen...
Damit wird verständlich, weshalb größter Nachdruck auf die militärische Ausbildung des Knappen gelegt wurde. Leben wie finanzieller Erfolg hingen entscheidend von der Tüchtigkeit seiner Knappen ab. Wer sich bislang als Page nicht bewährt hatte, fand allerdings kaum einen Ausbilder und wandte sich besser anderen Aufgaben zu. Die anderen werden spätestens jetzt mit scharfen Waffen geübt haben, und zwar den Kampf zu Pferd im Verband mit anderen Knappen (den Buhurt) und das Anrennen mit der Lanze (das Tjosten). Der körperlichen Ertüchtigung und Abhärtung dienten Reiten, Schwimmen, der Umgang mit Bogen und Armbrust (für die jagd), Ringen, Springen und Klettern - Einzelkämpferausbildung, aber immer mit dem Ziel, den kampf in kleineren Gruppen und Einheiten zu lernen. Im Turnier mußte er dann zeigen, was er kann. Es gab eigene Knappenturniere, meist aber begleitete er seinen Herrn zu den Turnieren, half ihm in Rüstung und Helm, hielt Ersatzlanzen bereit. Auch die Jagdausbildung wurde fortgesetzt: Für seinen ritterlichen Lehrmeister zerlegte der Knappe fachgerecht das Wild, schlug die Zelte auf, machte am Abend Holz für das Lagerfeuer. Im Gegenzug ergänzte der Herr die Kenntnisse des Knappen über die Beizjagd mit dem Falken, brachte ihm Pirsch-, Hetz- und Vogeljagd bei.
Körperbeherrschung, Mut, tapferkeit, Kenntnisse in der Jagd und in den waffen - das alles machte noch keinen Ritter... Man brauchte gute Tischsitten, Kenntnisse in den Fremdsprachen, im Lesen und Schreiben, in Gesellschafts- und Brettspielen, in Musik und Tanz...
Die Ausbildung endete im idealen fall nach rund sechs bis sieben Jahren mit der Schwertleite, ab dem 14. Jh. mit dem Ritterschlag...
Textstellen aus Andreas Schlunk/Robert Giersch "Die Ritter: Geschichte - Kultur - Alltagsleben. Begleitbuch zur Ausstellung 'Die Ritter' im Historischen Museum der Pfalz Speyer 30. März 2003 - 16. Oktober 2003" - Konrad Theiss verlag, Stuttgart 2003
Anm.: Hervorhebungen im Text von mir...
 
Zurück
Oben