Kaiadas

Phalangit

Mitglied
Ich hab mal gelesen, dass es den Kaiadas, den Ort wo die Spartaner angeblich ihre behinderten Kindern hineinschmeißten, nicht gegeben hatte. Da wurden nur Gefangene und Verräter hineingeworfen. Für extrem-besondere Situationen, wo Kleinkinder eine schlimme Krankheit/Behinderung hatten, wurden sie am "Apothetes" abgesetzt, wo sie der Natur und wilden Tieren ausgesetzt waren. Stimmt das??
Wenn nein, wie konnte dann der hinkende Agesilaos II König werden bzw. das ganze überleben(den Kaiadastod)??
 
Richtig, von der Gerusia ausgemusterte Säuglinge wurden am Abgrund des Taygetos, der Apothetes genannt wurde, ausgesetzt bzw. hineingeworfen.

Bzgl. Agesilaos II.: er wurde während der Schlacht von Koroneia schwer verwundet, ob seine Behinderung darauf zurückzuführen ist oder ob er sie sich zu einem anderem Zeitpunkt zuzog, weiß ich allerdings nicht 100%ig.
 
Kann man die "Aussortierung" denn als so emotionslos durchgeführt betrachten wie sie in älterer Literatur dargestellt wird? Zumal das Bild von Sparta im Laufe der Geschichte auch gerne instrumentalisiert wurde... wenn ich mir mal den Schwachfug aus dem 3. Reich ins Gedächtnis rufe. Hat hierzu vllt jmd Monographien an der Hand die sich genauer mit dem Thema beschäftigen?
 
Kann man die "Aussortierung" denn als so emotionslos durchgeführt betrachten wie sie in älterer Literatur dargestellt wird? Zumal das Bild von Sparta im Laufe der Geschichte auch gerne instrumentalisiert wurde... wenn ich mir mal den Schwachfug aus dem 3. Reich ins Gedächtnis rufe. Hat hierzu vllt jmd Monographien an der Hand die sich genauer mit dem Thema beschäftigen?




Das genau ist der Punkt den ich ansprechen wollte. Kinder wurden nicht erbarmungslos getötet, nur bei sehr schlimmen Behinderungen/ungewollte Schwangeschaften wurden sie zwar nicht getötet, doch ausgesetzt,damit sich der Staat nicht für so einen brutalen Tod verpflichtet fühlte. Außerdem wurden keine Skellete/Knochenfunde Kleinkinder gefunden,sondern eher von Erwachsenen.

Das wird im Fall von Agesilaos bestätigt denke ich.
 
Kinder wurden nicht erbarmungslos getötet, nur bei sehr schlimmen Behinderungen/ungewollte Schwangeschaften wurden sie zwar nicht getötet, doch ausgesetzt, damit sich der Staat nicht für so einen brutalen Tod verpflichtet fühlte. Außerdem wurden keine Skelette/Knochenfunde Kleinkinder gefunden, sondern eher von Erwachsenen.

Zum ersten habe ich ein Problem mit dem nur. Denn dieses nur würde bedeuten, dass über Behinderungen den Wert des Lebens bemessen würde, und dass das Töten von behinderten Kindern legitim wäre. Man würde damit diesen Menschen also ein Recht auf Leben und ein Recht darauf ihr Leben auch zu genießen von vornherein absprechen. Davon ausgehend, dass du noch recht jung bist, lasse ich das an dieser Stelle mal so stehen.
Ungewollte Schwangerschaften, das war in Sparta wohl kein Problem und für den Ältestenrat, der für die Entscheidung über Leben und Tod verantwortlich war, kein Kriterium für den Mord an einem Kind.
Nun aber eine Frage nach der Logik: Ist es etwa keine Form des Tötens bzw. des Mordes, wenn man ein Kind, welches nicht in der Lage ist, sich selsbt zu versorgen auf den Apothetai im Taygetos aussetzt? (O-Ton: "zwar nicht getötet, sondern ausgesetzt")
Was war der Zweck dieses Aussetzen? Allenfalls könnte man sagen, dass es sich um eine besonders unehrliche Art des Kindermords handelte, vielleicht sogar um eine besonders grausame, denn anstatt ihnen wenigstens einen schnellen Tod zu gewähren, wenn man ihr Leben schon für wertlos erachtete, sorgte man mit dem Aussetzen für einen schleichenderen, dafür aber quälerenden Tod.
Zuletzt noch zu dem archäologischen Punkt den du angesprochen hast. Ich weiß nun nicht, woher du deine Weisheit hast, dass man nur Überreste von Erwachsenen und nicht von Kleinkindern gefunden hat. Dies dürfte aber wohl folgendermaßen zu erklären sein: Während man die Erwachsenen bestattete, wurden die Kinder ausgesetzt. D.h. die Verwesung fand an der freien Luft statt, sie waren dem Tierfraß (Füchse, Wölfe, Geier, Raubvögel, Ratten etc.) ausgesetzt. Desweiteren haben Kleinkinder natürlich noch weichere Knochen und noch keine Zähne, Zähne sind das haltbarste Material des menschlichen Körpers.
Welche Spuren hätte also ein auf den Aophetai ausgesetztes, vielleicht einige Tage altes Kleinkind hinterlassen sollen, die heute noch archäologisch auswertbar sind?
 
Ich muss zugeben, eine Primärquelle, in der das ausdrücklich stehen würde, habe ich im Moment nicht gefunden.
Plutarch schreibt in seiner Agesilaos-Biographie, dass ein Bein kürzer als das andere gewesen sei. Weiters erwähnt er, dass daran wegen eines Orakelspruchs beinahe die Erhebung zum König gescheitert wäre. Somit kann er sich seine Behinderung jedenfalls nicht erst in der Schlacht bei Koroneia zugezogen haben.
Dass er von Geburt an so war, schreibt Plutarch zugegebenermaßen nicht ausdrücklich, wobei er es aber wohl erwähnt hätte, wenn Agesilaos seine Behinderung einem Unfall oder einer Kriegsverletzung zu "verdanken" gehabt hätte. Ob es eine Primärquelle gibt, die ausdrücklich besagt, dass er von Geburt an behindert war, weiß ich nicht.
Der englische Wikipedia-Artikel über Agesilaos schreibt "crippled from birth", nennt dafür aber leider keine Quelle.

(Ergänzung: Dieser Beitrag ist die Antwort auf einen Beitrag von El Quijote, den er anscheinend leider wieder gelöscht hat und in dem er meinen #3 hinterfragte.).
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum ersten habe ich ein Problem mit dem nur. Denn dieses nur würde bedeuten, dass über Behinderungen den Wert des Lebens bemessen würde, und dass das Töten von behinderten Kindern legitim wäre. Man würde damit diesen Menschen also ein Recht auf Leben und ein Recht darauf ihr Leben auch zu genießen von vornherein absprechen. Davon ausgehend, dass du noch recht jung bist, lasse ich das an dieser Stelle mal so stehen.
Ungewollte Schwangerschaften, das war in Sparta wohl kein Problem und für den Ältestenrat, der für die Entscheidung über Leben und Tod verantwortlich war, kein Kriterium für den Mord an einem Kind.
Nun aber eine Frage nach der Logik: Ist es etwa keine Form des Tötens bzw. des Mordes, wenn man ein Kind, welches nicht in der Lage ist, sich selsbt zu versorgen auf den Apothetai im Taygetos aussetzt? (O-Ton: "zwar nicht getötet, sondern ausgesetzt")
Was war der Zweck dieses Aussetzen? Allenfalls könnte man sagen, dass es sich um eine besonders unehrliche Art des Kindermords handelte, vielleicht sogar um eine besonders grausame, denn anstatt ihnen wenigstens einen schnellen Tod zu gewähren, wenn man ihr Leben schon für wertlos erachtete, sorgte man mit dem Aussetzen für einen schleichenderen, dafür aber quälerenden Tod.
Zuletzt noch zu dem archäologischen Punkt den du angesprochen hast. Ich weiß nun nicht, woher du deine Weisheit hast, dass man nur Überreste von Erwachsenen und nicht von Kleinkindern gefunden hat. Dies dürfte aber wohl folgendermaßen zu erklären sein: Während man die Erwachsenen bestattete, wurden die Kinder ausgesetzt. D.h. die Verwesung fand an der freien Luft statt, sie waren dem Tierfraß (Füchse, Wölfe, Geier, Raubvögel, Ratten etc.) ausgesetzt. Desweiteren haben Kleinkinder natürlich noch weichere Knochen und noch keine Zähne, Zähne sind das haltbarste Material des menschlichen Körpers.
Welche Spuren hätte also ein auf den Aophetai ausgesetztes, vielleicht einige Tage altes Kleinkind hinterlassen sollen, die heute noch archäologisch auswertbar sind?

Mit dem nur meinte ich lediglich dass nicht einfach behinderte(wie wir bei Agesilaos sehen), sondern eher schwer behinderte oder unformige Kinder ausgesetzt wurden, was 1)denke ich mal nicht sehr häufig passierte,dass solche Kinder zur Welt kamen, 2)war es trotzdem natürlich schrecklich sowas zu tun und 3)gab es auch in anderen Gebieten und Städten solche Orte(Athen-->Varathron). Der Unterschied dabei ist, das dort nicht Neugeborene hineingeworfen wurden(Kaiadas usw.), sondern Verräter,Verbrecher und Gotteslästerer.

Überreste wurden wie gesagt nur von Erwachsenen gefunden im Kaiadas. Fakt ist das keine im Kaiadas keine gefunden wurden(von Kleinkindern).

Link(leider auf griechisch).


Kurz gefasst: Der Anthropologe der Kapodistrischen Universität Athens T.K Pitsios und der Archäologe P.Themeli, die eine anthropologische Forschung in der Höhle machten,fanden heraus, dass bis jetzt 46 menschliche Überreste gefunden worden sind. Er erwähnte(Pitsios), dass bis jetzt in keinen einzigen archäologischen Teil Lakoniens Knochen von Babys gefunden worden sind, die in solchen Umständen in einen konkreten Ort getötet sein sollten.
 
Er erwähnte(Pitsios), dass bis jetzt in keinen einzigen archäologischen Teil Lakoniens Knochen von Babys gefunden worden sind, die in solchen Umständen in einen konkreten Ort getötet sein sollten.

Was nichts daran ändert, dass nach allem, was wir über die Praxis des Aussetzens von behinderten Kindern in Sparta wissen, ein Auffinden von Knochen, welche die Praxis belegen würden, äußerst unwahrscheinlich ist.

In dem von dir verlinkten Text wird ja auch davon gesprochen, dass die Höhle sorgsam als Hinrichtungsstätte ausgewählt worden sei, wegen des großartigen Panoramas, welches Pitsios dahingehend interpretiert, dass man den Verurteilten vor Augen führen wollte, was sie eigentlich aufgegeben hätten (Ο ερευνητής πιστεύει πως ο Καιάδας είχε επιλεγεί προσεκτικά, αφού «πρόκειται για τις πιο εντυπωσιακές θέσεις της Λακωνίας.
Ηταν στο όριο Λακωνίας και Μεσσηνίας, είχε πανοραμική θέα και θεωρώ ότι πήγαιναν εκεί τους καταδικασμένους για να νιώσουν πόνο για την ομορφιά που θα έχαναν μαζί με τη ζωή τους», καταλήγει.).
Was auch immer man von dieser Interpretation und Pitsios' offensichtlich blumiger Phantasie halten mag*, auf die ausgesetzten Kleinkinder ist sie kaum anzuwenden, da diese - wenige Tage alt a) weder die Fähigkeit gehabt hätten, die Ästhetik des Ortes anzuerkennen und b) ihre Ermordung nicht der Bestrafung diente.


*Eigentlich hat man bis in die Zeit der Romantik unzivilisierte Landschaft eher negativ wahrgenommen, denn sie war wild und lebensfeindlich. Eine Ästhetik der Wildheit kommt erst - als Reaktion auch auf die zunehmende Urbanisierung - mit der Romantik auf, weswegen wohl davon auszugehen ist, dass die hier aufgefundene Hinrichtungsstätte kaum aufgrund des Umstandes ausgewählt worden ist, wie Pitsios meint, dass man den Totgeweihten mit dem schönen Anblick die Todesstrafe noch erschweren wollte. Aber es wäre sicherlich ein spannendes Thema für eine eigene Dissertation, wie denn die alten Griechen wirklich Ur-Landschaft wahrgenommen haben.
 
Er erwähnte(Pitsios), dass bis jetzt in keinen einzigen archäologischen Teil Lakoniens Knochen von Babys gefunden worden sind, die in solchen Umständen in einen konkreten Ort getötet sein sollten.

Was nichts daran ändert, dass nach allem, was wir über die Praxis des Aussetzens von behinderten Kindern in Sparta wissen, ein Auffinden von Knochen, welche die Praxis belegen würden, äußerst unwahrscheinlich ist.

In dem von dir verlinkten Text wird ja auch davon gesprochen, dass die Höhle sorgsam als Hinrichtungsstätte ausgewählt worden sei, wegen des großartigen Panoramas, welches Pitsios dahingehend interpretiert, dass man den Verurteilten vor Augen führen wollte, was sie eigentlich aufgegeben hätten (Ο ερευνητής πιστεύει πως ο Καιάδας είχε επιλεγεί προσεκτικά, αφού «πρόκειται για τις πιο εντυπωσιακές θέσεις της Λακωνίας.
Ηταν στο όριο Λακωνίας και Μεσσηνίας, είχε πανοραμική θέα και θεωρώ ότι πήγαιναν εκεί τους καταδικασμένους για να νιώσουν πόνο για την ομορφιά που θα έχαναν μαζί με τη ζωή τους», καταλήγει.).
Was auch immer man von dieser Interpretation und Pitsios' offensichtlich blumiger Phantasie halten mag*, auf die ausgesetzten Kleinkinder ist sie kaum anzuwenden, da diese - wenige Tage alt a) weder die Fähigkeit gehabt hätten, die Ästhetik des Ortes anzuerkennen und b) ihre Ermordung nicht der Bestrafung diente.


*Eigentlich hat man bis in die Zeit der Romantik unzivilisierte Landschaft eher negativ wahrgenommen, denn sie war wild und lebensfeindlich. Eine Ästhetik der Wildheit kommt erst - als Reaktion auch auf die zunehmende Urbanisierung - mit der Romantik auf, weswegen wohl davon auszugehen ist, dass die hier aufgefundene Hinrichtungsstätte kaum aufgrund des Umstandes ausgewählt worden ist, wie Pitsios meint, dass man den Totgeweihten mit dem schönen Anblick die Todesstrafe noch erschweren wollte. Aber es wäre sicherlich ein spannendes Thema für eine eigene Dissertation, wie denn die alten Griechen wirklich Ur-Landschaft wahrgenommen haben.
 
sie waren dem Tierfraß (Füchse, Wölfe, Geier, Raubvögel, Ratten etc.) ausgesetzt. Desweiteren haben Kleinkinder natürlich noch weichere Knochen und noch keine Zähne, Zähne sind das haltbarste Material des menschlichen Körpers.

Dem zustimmend kann man diesen Punkt noch dahingehend erweitern, daß diese Tiere auch für die Verschleppung von Knochen gesorgt hätten.

Ist es übrigens nicht so, daß man bis weit in die Neuzeit hinein Babys noch gar keine Gefühle zuerkannt hat. Früher wurden doch Säuglinge sogar ohne Narkose operiert, so ist jedenfalls ein gängiges Gerücht? Ich weiß nun nicht, ob es derlei Überlegungen auch schon in der Antike gab, denn die Grausamkeit eines derartiges Todes war wohl ebenso präsent wie auch die Elternliebe.
 
dass diese "Grausamkeit" keine ureigene spartanische Sache war zeigt:

Tac germ. (19,5) (entnommen bei Gottwein)

numerum liberorum finire aut quemquam ex agnatis necare flagitium habetur, plusque ibi boni mores valent quam alibi bonae leges.

Die Zahl seiner Kinder fest zu begrenzen und eines der nachgeborenen zu töten gilt als schandbar; und mehr vermögen dort die guten Sitten als anderswo gute Gesetze.

oder dieser archäologische Fund:
Das Rätsel um die Ashkelon-Babys - ARTE

Gruss
jchatt
 
...
Ist es übrigens nicht so, daß man bis weit in die Neuzeit hinein Babys noch gar keine Gefühle zuerkannt hat. Früher wurden doch Säuglinge sogar ohne Narkose operiert, so ist jedenfalls ein gängiges Gerücht? Ich weiß nun nicht, ob es derlei Überlegungen auch schon in der Antike gab, denn die Grausamkeit eines derartiges Todes war wohl ebenso präsent wie auch die Elternliebe.
Ich habe von verschiedenen Seiten versichert bekommen, dass das Nervensystem von Babys noch nicht vollständig entwickelt ist und diese deshalb weniger schmerzempfindlich als Erwachsene wären. Von Operationen weiss ich nichts, jedoch hat man früher in spanischsprachigen Ländern den weiblichen Neugeborenen kurz nach der Geburt die Ohrlöcher durchbohrt, ohne dass diese i.d.R. darauf großartig reagierten.
 
*Eigentlich hat man bis in die Zeit der Romantik unzivilisierte Landschaft eher negativ wahrgenommen, denn sie war wild und lebensfeindlich. Eine Ästhetik der Wildheit kommt erst - als Reaktion auch auf die zunehmende Urbanisierung - mit der Romantik auf, weswegen wohl davon auszugehen ist, dass die hier aufgefundene Hinrichtungsstätte kaum aufgrund des Umstandes ausgewählt worden ist, wie Pitsios meint, dass man den Totgeweihten mit dem schönen Anblick die Todesstrafe noch erschweren wollte. Aber es wäre sicherlich ein spannendes Thema für eine eigene Dissertation, wie denn die alten Griechen wirklich Ur-Landschaft wahrgenommen haben.

Offtopic: "So sind auch die Werke der göttlichen Vorsehung und der kunstvolle Bau dieses Alls gleichsam Strahlen von Gottes Natur im Vergleich zu seiner Substanz und Natur selbst. Unsere Vernunft erkennt also, da sie Gott nicht an sich, so wie er wirklich ist, betrachten kann, aus der Pracht seiner Werke und der Schönheit seiner Geschöpfe den Vater des Alls."
(Origenes, von den Prinzipien I, 1.6)

Im größeren Kontext geht es in dem Zitat um die Sonne/Licht in Analogie zum Glauben; naja, das Weltall ist nicht die wilde Natur; Or. benutzt "universitatis", nicht "universum", "mundus"

in der Anmerkung dazu: ,Die Bewunderung des Kosmos und seines Schöpfers ist bei den Stoikern besonders verbreitet (Pohlenz, Stoa I 402 f, 409)- ebenso bei Christen"... damit daß Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen, so man des wahrnimmt, an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt;" (1.Röm 20).

ich hatte manchmal den Eindruck, daß die griechische Architketur sich teilweise bewußt in (genau diese) bepflanzte Umgebung einbettet; analoge gedanken dazu waren das Mythenerlebnisse oft stark mit natürlichen Phänomenen verwoben sind (Nebel, Donner, Flüsse sind Götter, usw.; müßte aber noch spezifisch sein, da viele Kulturen irgendwie Religion mit Natur verbinden), also das die Architekturformen schon mit der unbehandelten Umgebung korrespondieren, nicht davon getrennt sind, aber das mehr auch kunsttheoretisch, d.h. rein phantasierend, spekulativ gedacht

mir war das nicht so präsent, daß unzivilsierte Landschaft negativ wahrgenommen wird. Kannst du da ein paar Textbelege nennen?
 
mir war das nicht so präsent, daß unzivilsierte Landschaft negativ wahrgenommen wird. Kannst du da ein paar Textbelege nennen?

Leider nein, gehört in die Kategorie des über die Jahre eher zufällig aufgeschnappten Halbwissens, höchstens ein paar Textstellen zur Wahrnehmung des Barbaricums bei den Römern. Aber du kannst ja mal einen Thread "Naturerlebnis in der Antike" aufmachen.
 
Ich habe von verschiedenen Seiten versichert bekommen, dass das Nervensystem von Babys noch nicht vollständig entwickelt ist und diese deshalb weniger schmerzempfindlich als Erwachsene wären. Von Operationen weiss ich nichts, jedoch hat man früher in spanischsprachigen Ländern den weiblichen Neugeborenen kurz nach der Geburt die Ohrlöcher durchbohrt, ohne dass diese i.d.R. darauf großartig reagierten.

Wenn man mal "Babys Schmerzempfinden" oder "Operation Baby Narkose" oder ähnliches googelt, bekommt man haufenweise Hinweise auf diese Praktiken, nach denen man Babys noch bis in die sechziger Jahre hinein als nur halbe Menschen wahrgenommen hat. Aus eigener Erfahrung würde ich dem vehement widersprechen, und dies ist heute auch der allgemeine Konsens.
Ich habe mich nur gefragt, ob es auch in der Antike derlei Vorstellungen gab, nach denen man sich damit herausgeredet hätte, daß die Babys ja noch nichts merken und das Aussetzen damit nicht so grausam wäre.




mir war das nicht so präsent, daß unzivilsierte Landschaft negativ wahrgenommen wird.

Die Wildnis ist in der Antike immer eine Gefahrenquelle und wird, wie El Quijote richtig ausgeführt hat, nicht als romantisches Ideal gesehen, sondern als Kulisse. Natur ist eine Aufgabe, die es zu gestalten gilt. Wenn ein tempel in einen Naturraum gebaut wird, wie zum Beispiel der Apollontempel von Bassai oder gar das gesamte Apollonheiligtum in delphi, außerhalb eines städtischen Kontext, dann ist dies wiederum Gestaltung der Natur.

In römischer Zeit kann man das sehr schön sehen, wenn man sich mal mit den Villenanlagen beschäftigt, wie da mit Ausblicken gespielt wird, bzw. wie im Peristylhof dann eine dionysische Landschaft inszeniert wird. Auch auf Wandmalereien oder Mosaiken ist die Landschaft, wie auch in der bukolischen Literatur, idealisiert und idyllisch, mit Hirten, mit ländlichen Heiligtümern, und sei es nur eine freistehende Säule. Das riesige Nilmosaik aus Palästrina, ein Teil davon ist im Alten Museum in Berlin, zeigt eine idyllische Nilüberschwemmung, stets menschlich umrahmt, mit Booten, mit kleinen Pavillons, mit Brücken. Dagegen ein Mosaik aus Tivoli, eine wilde Naturlandschaft, wo ein Zentaurenpaar von Löwen und Tigern angefallen wird.

In der wilden Natur vollbringt Herakles seine Abenteuer gegen Monster, Ausgestoßene irren durch das wilde Land, wie Orpheus, der dann dort auch von rasenden Mainaden zerrissen wird, oder Oidipos. Das Ideal in der klassischen Antike ist die gestaltete Natur.
 
*Eigentlich hat man bis in die Zeit der Romantik unzivilisierte Landschaft eher negativ wahrgenommen, denn sie war wild und lebensfeindlich. Eine Ästhetik der Wildheit kommt erst - als Reaktion auch auf die zunehmende Urbanisierung - mit der Romantik auf, ...


mir war das nicht so präsent, daß unzivilsierte Landschaft negativ wahrgenommen wird. Kannst du da ein paar Textbelege nennen?

Was zumindest beim Verständnis der Wahrnehmung der Natur von der Spätantike bis zur Romantik helfen kann ist:

B. Mayerhofer, P. Cornelius: Hinter Mauern ein Paradies - Der mittelalterliche Garten
 
"Hat Dionysos, der Schöne, doch Kälber geweidet im Thalgrund! Weiß sie nicht, daß auch Kypris um einen der Hirten geschmachtet,
Und auf phrygischen Bergen die Hirtin gemacht, den Adonis
Küssend im Eichenwald, und im Eichenwald ihn beweinend?"
(Theokrit, Idylle 20)


Ancient Greek Art: Athena & Marsyas



"Musen am Helikon, ihr, von euch beginn ich zu singen,
Die des Helikon Höhe, die heilige, große, bewohnen
Und um die bläuliche Quelle mit zart-geschmeidigen Füßen
Tanzen und um den Altar des kampferprobten Kronion,
5 Wenn sie den zarten Leib sich im Permessos gereinigt
Oder am Roßquell oder der heiligen Flut des Olmeios.
Herrliche Reigen schlingen sie auf des Helikon Gipfel,
Anmutsvolle, und schwingen im Tanze rührig die Füße.
Dann von dort sich wendend, in dichtem Nebel geborgen,
10 Wandern sie in der Nacht und senden köstliche Kunde,..."

(Hesiod, Theogonie 1-10)


"Die kretischen Mädchen,
und tanzten im Takt
Rings um den schönen Altar
auf jungen und zarten Füßen
über die kaum entsprossenen
weichen Blüten der Wiese."
(Sappho, Fragmente 93 D)


aus solchen Stellen kam der Gedanke mit dem eingebettetsein
 
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