Kalter Krieg: Planungen des Luftkrieges über Mitteleuropa

BerndHH

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Guten Morgen,

FOFA: NATO Luftangriffe auf WAPA-Nachschubwege in Polen

Eine bislang kaum beachtete Thematik ist die damalige FOFA-Planung der NATO mit Schlägen in die Tiefe des gegnerischen Territoriums. Mitte der 1980er Jahre waren die sogenannten Assault Breaker Raketen noch nicht so weit, um in Mitteleuropa einen möglichen Aufmarsch des WAPA in der Tiefe empfindlich zu stören. Viele FOFA-Projekte erschienen einfach als zu kostspielig, um sie zu realisieren.

Bleibt also nur der „konventionelle“ Luftkrieg und hier meine Überlegungen.
Punkt 1: Ausschalten der sowjetischen AWACS Berijew A-50 Schmel "Mainstay" als fliegende Gefechtsstände und Kommandozentren ihrer Luftwaffe. Lt. WP wurden 40 Maschinen hergestellt. Eine Maschine kann Überwachungsaufgaben für 10 eigene Kampfflugzeuge übernehmen und in einem Radius von 230km die Bewegungen von 50 Flugobjekten orten. Wieviele Maschinen Mitte der 80er Jahre über Osteuropa im Einsatz waren und wie wurden sie gesichert. Um die „Mainstays“ lange in der Luft zu halten, mussten sie auch aus der Luft betankt werden. Wie wurden die „Mainstays“ eingesetzt? Als Luftraumüberwachungsflugzeug im Dauereinsatz oder nach Bedarf? Wie stark war die Abhängigkeit der sowjetischen Luftflotte von den „Mainstays“ und konnten nach einer Ausschaltung der A-50 Bodenradarstationen sofort übernehmen? Gab es Planungen der US Air Force diese „Mainstays“ auszuschalten und sind diese Planspiele bekannt gemacht worden? Dieser Aspekt wurde in Clancys „Im Sturm“ behandelt aber wie sahen die reellen Planungen aus?

Punkt 2: Nach Ausschalten der „Mainstays“ bekommen NATO Bomber und Jagdbomber (F-111) also mehr Bewegungsfreiheit, um ihre Ziele in der Tiefe des Raumes zu bekämpfen.

Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, gibt es allgemeine Darstellungen, wie man sich in den 1980er Jahren den Luftkrieg über Deutschland und Europa vorstellte? Angefangen mit dem Abfangen feindlicher Jagdflieger im Luftraum von NATO und WAPA, von der Erringung der Lufthoheit für eine der beiden Seiten und der Gesamtkoordinierung von taktischem Luftkrieg und CAS-Luftnahunterstützung. Also ein unglaubliches Durcheinander am Himmel zwischen sich bekämpfenden Jagdflugzeugen, Jabos auf Mission, Tieffliegern unterhalb des Suchradars (Unterfliegen des feindlichen Luftraumradars) im Geländekonturanflug auf ihr Ziel und Luftunterstützung/“Panzerknacken“ durch A-10 und Suchoi Su-25? Wie wurde der zu erwartende Luftkrieg in seiner Gesamtheit koordiniert? Das komplexe Zusammenspiel zwischen Heeresflugabwehrtruppe, Luftraumüberwachung und eigenen Luftoperationen?

Fangen wir auf der Seite der NATO an:

Luftaufklärung:
Artilleriedrohnen (gehört i. d. Bereich Heer), Aufklärungsflugzeuge bishin zu Langstreckenaufklärungsflugzeugen Lockheed SR-71 Blackbird, Tarnkappenaufklärer (-bomber)

militärische Luftraumüberwachung:

  • bei Nichtidentifizierung eines Flugobjektes, Aufsteigen von Alarmrotten, z.B. taktisches Jagdgeschwader 71 „Richthofen“ in Wittmund als Abfangjäger
  • Bekämpfen feindlicher Flugobjekte durch Boden-Luftraketen (damals Hawk, Nike –die Patriots kamen meines Wissens erst später in den 1990ern)

Einsatz taktischer Jagdbomber für Nah- und Fernziele:
Jäger mit Bombenausstattung und Tiefflugfähigkeiten zum Unterfliegen der gegnerischen Radarerfassung. Meist Jagdflugzeuge, die für Abfangmissionen nicht mehr die erforderliche Leistung bringen. Bombardierung von Nachschubstraßen, -depots, Treibstoffdepots, etc. in der Tiefe des Raumes

  • Alpha Jet als leichter Jagdbomber
  • F-4 Phantom
  • Panavia Tornado als Mehrzweckkampfflugzeug
  • Schwenkflügelbomber General Dynamics F-111 „Aardvark“ für den Einsatz von Smartbombs, lasergestützten Waffen, Sidewindern f.d. Luftkampf etc., etc., etc., vielleicht sogar eine der stärksten damaligen Waffensysteme der NATO
  • Dassault Mirage IV

Erringen der Luftüberlegenheit:
Erringen d. Luftüberlegenheit mit sogenannten „Luftüberlegenheitsjägern“ (Abfangjägern), also Jagdflugzeugen mit hoher Geschwindigkeit u. Wendigkeit, hoher Steigleistung. Kurzstreckenabfangjäger mit extremer Steigleistung und Beschleunigung, um feindliche Kampfflugzeuge möglichst vor Erreichen strateg. Wichtiger Gebiete abzufangen. Luftüberlegenheit n. Möglichkeit auch i. d. Tiefe d. feindlichen Territoriums. Erhöhung d. Reichweite durch Luftbetankung. Abfangen feindlicher Jäger, Bomber u. Aufklärer

  • Eagle McDonnell Douglas F-15
  • Grumman F-14 Tomcat (auf der Seite d. Marineflieger)
  • Lockheed F-104 Starfighter (Mitte der 80er immer noch im Dienst)

Trägergestützter Luftkrieg
Der Teilaspekt der Marine. Luftkrieg von flugzeugträgerbasierten Kampfflugzeugen

  • Senkrechtstarter Hawker Siddeley Harrier
  • Grumman F-14 Tomcat
  • F/A-18 Hornet

CAS Close Air Support:

  • Gefechtsfeldabriegelung am VRV (Heer)
  • Panzerbekämpfung durch A-10, PAH-1, etc. (Heer)

Ich versuche mir da einen Gesamtüberblick zu verschaffen, Ordnung im Chaos, scheitere aber an vielen Details, die sich nicht zu einem schlüssigen Gesamtbild ergeben.Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, etwas mehr Struktur in die damalige taktische Einsatzdoktrin zu bekommen?


Oder eher ein Thema für Luftwaffenexperten?


Gruss,
 
Vielleicht muss man das Ganze so strukturieren: wer hatte welchen Auftrag und wie verliefen die Befehlsketten?
SACEUR / SHAPE an die Regionalkommandos AFNORTH, AFCENT und AFSOUTH und die wiederum an ihre Korps LANDJUT, 1. AK, etc.
AFCENT in seine beiden Heeresgruppen die NORTHAG in Rheindahlen und die CENTAG in Mannheim.
Für die Frühwarnung war der NATO Airborne Early Warning & Control Force Command (NAEW; NATO-Frühwarnverband) in Casteau, Belgien zuständig.
Die Luftwaffe war dann wieder ein Sonderfall. Es gab die Allied Air Forces Central Europe (AAFCE; Alliierte Luftstreitkräfte Mitteleuropa) a.d. Ramstein Air Base. Diesem Kommando waren zwei Luftflotten unterstellt: 2nd Allied Tactical Air Force (2ATAF; 2. Alliierte Taktische Luftflotte) in Rheindahlen und die 4th Allied Tactical Air Force (4ATAF; 4. Alliierte Taktische Luftflotte) in Ramstein bzw. Heidelberg.

Dann gab es aber noch die strategischen Bomberverbände im Mittleren Osten der USA, die mit den europäischen Kommandostrukturen überhaupt nichts zu tun hatten.
Wenn also eine Panzergrenadierkompanie in der Lüneburger Heide einen Einbruch sowjetischer Panzer erlebte, dann konnte sie über den FAC Gefechtsfeldabriegelung anfordern und im günstigsten Fall kamen dann knapp über den Baumwipfeln Schwärme von PAH-1 „Heidetiger“ der Heeresflieger und knackten mit ihren HOT-Raketen die feindlichen Panzerspitzen weg. Bei größeren Einbrüchen dann die A-10 „Warthogs“.

Aber was war mit den größeren Luftoperationen?
Also eine Luftoperation gegen sowjetische Mainstay-AWACS wäre Sache der AAFCE oder eine übergeordnete Planung – Pentagon – Tarnkappenbomber, etc?
Luftschläge gegen die WAPA-Versorgungsrouten UdSSR – Polen – DDR? Wo, von wem wurden diese geplant und wer wurde damit beauftragt?

Ich finde die Thematik sehr verwirrend…
 
Geübt wurde das Ganze anscheinend sehr intensiv. Im Jahr 1984 hatte der SPIEGEL einen Artikel über den „Terror“ der Tiefflieger gebracht, welcher die Zivilbevölkerung in einigen Regionen durch die enorme Lautstärke an die Grenze des Belastbaren brachte. Und das waren lediglich nur Luftmanöver.

34/ 1984 Tiefflieger: Beinahe wie im Krieg
Tiefflieger: Beinahe wie im Krieg - DER SPIEGEL 34/1984
Sie fallen über der Bundesrepublik aus allen Wolken, Alpha Jets und Starfighter, Tornado und "Phantom" - und manchmal auch herunter, wie Ende Mai bei Linz. Eine einstrahlige F-16, "Fighting Falcon", stürzte auf den Ort am Rhein, der Pilot und eine Einwohnerin kamen ums Leben. […] So tief fliegen sie mitunter, dass die Piloten von "Rasierflug" reden. […] Würde ein Computer auf eine Deutschlandkarte zeichnen, wo überall die Militärmaschinen an nur einem einzigen Tag fliegen, dann wäre, hat ein Luftwaffenpilot gesagt, "die Karte schwarz". […] Der Verteidigungsauftrag muss erfüllt werden. "Präsente und ständig einsatzbereite Luftstreitkräfte leisten", so das Verteidigungsministerium, "einen wesentlichen Beitrag für eine glaubwürdige Abschreckung. Die Einsatzfähigkeit der Luftstreitkräfte ist von einem hohen Ausbildungs- und Leistungsstand der fliegenden Besatzungen abhängig. Dieser Leistungsstand kann nur durch eine ausreichende Anzahl von Übungsflügen pro Jahr und Besatzung erreicht werden. Da ist, in immer neuen Informationspapieren, die Rede von der "gewaltigen quantitativen Übermacht an Streitkräften des Ostblocks", die "durch hohe Qualität der eigenen Streitkräfte" ausgeglichen werden müsse. Da heißt es, dass "der potentielle Gegner ... zu einem Überraschungsangriff befähigt" sei und "für erste Abwehrmaßnahmen" vor allem "reaktionsschnelle Luftstreitkräfte" erforderlich seien." Mal erscheint in den Bonner Erläuterungen die Bundesrepublik als "mögliches Operationsgebiet während einer militärischen Auseinandersetzung in Europa", dann wieder geht es darum, dass "die feindliche Radarüberwachung unterflogen werden kann", und dazu sei eben "ständiges Üben in niedrigsten Höhen" vonnöten, "ideal wären 30 Meter". […] Eigentlich reicht aber auch das den Piloten noch nicht. Die würden, so zitiert sie Oberstleutnant Peter Fürst, Referent für Flugbetrieb im Bundesverteidigungsministerium, am liebsten "in Baumwipfelhöhe mit Überschall bei jedem Wetter" Abschreckung üben.
 
Hackett schreibt in seinem Kapitel „Der Luftkrieg über dem Mittelabschnitt“, dass der COMAAFCE (Befehlshaber Aliierte Luftstreitkräfte Europa Mitte) und es seine Kommandeure für die strategische Aufgabe ersten Ranges hielten, die Schwerpunkte des Gegners auf dem Boden zu erkennen und abzubremsen.
Was bedeutet das? -> klassische Gefechtsfeldabriegelung oder FOFA?
Es wurde erkannt, dass die Flugplätze der 2 ATAF ungünstig weit vorne lagen.

Im Luftkrieg waren also auf jeder Ebene Anstrengungen zu erwarten, wie man sie bisher noch nicht gekannt hatte. […] drei klassische Mittel gegen die Bedrohung: offensive Schläge aus der Luft gegen die Flugplätze des Feindes; Kampf in der Luft; Punkt- und Flächenverteidigung. […] ..die wirksamste Art, die sowjetische Bedrohung aus der Luft abzuwehren, darin bestand, sie am Ort des Ursprungs „auszulöschen“. […] COMAAFCE Grund zur gelassenen Zuversicht, wenngleich er wusste, dass es schwere Verluste geben würde. […] geographische Gegebenheiten Mitteleuropas […] kurze Vorwarnzeit […] Durcheinander elektronischer Maßnahmen im Kampfgebiet […] Forderungen mit der Einführung der F-15 und F-16, die die Phantom ergänzen sollten, weitgehend erfüllt waren.
Wandte man sich vom reinen Luftkampf dem Hauptzweck der taktischen Luftflotte der NATO, dem Eingreifen in den Erdkampf, zu, gab es für COMAAFCE zwei wesentliche Aufgaben. Zuerst musste er die Woge der feindlichen Offensive am Boden durch pausenlose Angriffe auf die „Engpässe“ abschwächen, durch die der Gegner kommen musste, dann die Spitzen jener Panzerkeile zerschlagen, denen ein Durchstoß gelungen war. Das erforderte Allwetterfähigkeit der Flugzeuge… […] Zweitens musste er dem Angriff durch Störung und Vernichtung nachfolgender Angriffswellen den Schwung nehmen. […] das beste Mittel gegen Panzer Sperr- und Streubomben waren, die eine große Zahl kleinerer Bomben freisetzten (also Bomblets!) […] Überlegenheit ihrer Technologie […] elektronische Kriegsführung […] und dann folgt ein Loblied auf die RAF als beste Luftwaffe der NATO, etc. Die Gegenoffensive der westlichen Luftwaffe gegen die Flugplätze des WAPA startete in dem Moment, als SACEUR den alliierten Flugzeugen erlaubte, die Grenze zu überfliegen. Die ersten Maschinen waren F-111 Aardvark der USAF und Tornados der deutschen Luftwaffe und der RAF, die von Plätzen in Großbritannien und Westdeutschland aus in Baumwipfelhöhe flogen. Der Einsatz richtete sich gegen Flugplätze in Ostdeutschland… […] Überlebende Flugzeugbesatzungen beider Seiten, die später, als alles vorbei war, zurückblickten, stimmten darin überein, dass die ersten Stunden in der Luft über dem Mittelabschnitt unglaublich chaotisch gewesen waren. […] Die Erregung, die Gefahr und das allgemeine Durcheinander der Luftschlacht im Verlauf des 4. August trugen zu einem scheinbar grenzenlosen Chaos bei. […] Ein erster Blick voraus in die Berichte läßt vermuten, dass am 4. August um 08:00 Uhr nicht weniger als 3.000 taktische Flugzeuge in der Luft waren. […] Obwohl es den Flugzeugen des WAPA in den ersten Wochen des Krieges bei einer Reihe von Gelegenheiten gelang, örtlich die Luftüberlegenheit zu erringen, erwies es sich angesichts des entscheidenden Einsatzes der F-16 und gelegentlich auch einiger mit Luft-Luft-Raketen bewaffneter Harrier als unmöglich, die Luftunterstützung der sowjetischen Angriffsverbände in vollem Umfang aufrecht zu erhalten. […] Die luftstreitkräfte des WAPA erreichten vor allem deshalb ihre Ziele nicht ganz, weil, es ihnen nicht gelang, die alliierten Luftstreitkräfte taktisch zu überraschen, die bereit standen und auf sie warteten. Quelle: General Sir John Hackett: Der Dritte Weltkrieg, S. 246ff
 
Entscheidend für den Angriff des WP war die gesicherte Versorgung mit Treibstoff. Das war dann auch die entscheidende Schwachstelle der Angriffsverbände.

Hatte mal einen Bericht gelesen, dass die Nato die Lagerstätten in der DDR und die damit zusammenhängenden "Abfüllpunkte" für Kesselwagen oder Tanklaster kannte.

Anstatt einzelne Versorgungskonvois zu bekämpfen hätte man diese Punkte vernichtet und damit in der Folge die Mobilität der Panzerverbände dramatisch eingeschränkt bis hin zur Bewegungsunfähigkeit.

Der Kampf gegen die mechanisierten Verbände hätte im wesentlichen auf "Verzögerung" und "Abnutzung" abgezielt.

Dieses so lange wie die Schwelle zur Nutzung von taktischen A-Waffen noch nciht überschritten worden wäre. Eine problematische Annahme, weil beide Seiten taktische Atomwaffen in den unterschiedlichen Phasen des Kalten Krieges frühzeitig hätten einsetzen wollen.

vgl. z.B. die Überlegungen zum "Fulda Gap"
https://de.wikipedia.org/wiki/Fulda_Gap
 
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Guten Morgen Thanepower,

das ist richtig. Die Panzerbekämpfung aus der Luft spielte eine große Rolle.
Zum einen durch die Heeresflieger mit dem PAH-1, Bölkow Bo 105, einem unglaublich wendigen und beweglichen Kleinhubschrauber mit 6 HOT-Raketen. Ein PAH-1 Schwarm der "Heidetiger" aus Celle oder "Hungriger Wolf" aus Hohenlockstedt konnte sich relativ unbemerkt an die feindlichen Panzerspitzen annähern, manchmal durch Waldschneisen hindurch, musste aber 14 Sekunden über dem Ziel schweben, bevor er die Lenkwaffen erfolgreich abfeuern konnte. Das war natürlich eine halbe Ewigkeit für den kleinen, ungeschützten Hubschrauber, wenn man an die starke Truppenluftabwehr des WAPA denkt: Flak-Pz Schilka, Strela, etc.

Später gegen Ende der 80er (?) kam das Erdkampfflugzeug A-10 "Thunderbolt/Warthog" hinzu, welches aufgrund seiner starken Panzerung auch noch direkt ins Feindfeuer hineinfliegen konnte. Die Su-25 "Frogfoot" war die sowjetische Entsprechung, die an die enorme Feuerkraft des "Warzenschweins" aber nicht heranreichte.

Panzerbekämpfung und Gefechtsfeldabriegelung ist eine Sache aber was ist mit den großen Operationen, wie z.B. der Ausschaltung der sowjetischen "Mainstays"? Hatte Clancy diese Informationen aus geheimen Papieren von irgendeinem strategischen Air Force Kommando? Die haben sich sicherlich intenstiv damit beschäftigt, wie man die "fliegenden Gefechtsstände" der Sowjets ausschaltet. Aber leider gibt die Literatur nichts her. Vielleicht immer noch genau so geheim, wie die Aufklärungsflüge der Lockheed SR-71 "Blackbird". Dagegen hatte die WAPA-Luftabwehr sehr lange Zeit keine Antwort. Bis auf die MiG-25 vielleicht...

SPIEGEL Die MiG Legende
Die MiG-25-Legende - DER SPIEGEL 42/1976
Foxbat vs. Blackbird
Mig25 VS SR-71
How the Mig-31 repelled the SR-71 Blackbird from Soviet skies

The Aviationist How the Mig-31 repelled the SR-71 Blackbird from Soviet skies
Manfred Bischof
MiG-25PD
 
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von der Doktrin her betrachtet gibt dies einen Abriss:
The Development of NATO Tactical Air Doctrine: 1970-1985
https://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/reports/2009/R3385.pdf

Soweit die Theorie und Doktrin, andere Aspekte sind der Kontext der Erfahrungen aus dem Yom-Kippur-Krieg, dem 1. Golfkrieg zwischen Iran und Irak und schließlich die Folgen dieser Entwicklungen im 2. Golf-Krieg.

Insbesondere der arabisch-israelische Konflikt wurde intensiv ausgewertet und führte zu weiteren technischen Entwicklungen:

Uri Bar-Jooseph: Strategic Surprise or Fundamental Flaws? The Sources of Israel's Military Defeat at the Beginning of the 1973 War, JoMH 2008, S. 509.
Saul Bronfeld: Fighting Outnumbered: The Impact of the Yom Kippur War on the U.S. Army, JoMH 2007, S. 465.
James L. Young, The Heights of Ineptitude: The Syrian Army’s Assault on the Golan Heights, JoMH 2010, S. 847.
Richard Lock-Pullan, "An Inward Looking Time": The United States Army, 1973-1976, JoMH 2003, S. 483.

Natürlich: the past is not the future, aber: die Analyse bezog sich auf die gestiegenen technologischen Möglichkeiten der Luftabwehr, verbunden im Szenario des "fighting outnumbered".

Beachtliche Auswirkungen hatten hier die Ideen von Boyd (ehemaliger Pilot im Koreakrieg), seine massive Kritik an streng-linearen, abnutzungsbasierter Luftkriegsführung. Die Ideen von Adaptionsfähigkeiten, Flexibilität und Beweglichkeit, Tempo der Operationen, gewannen technisch größere Bedeutung als der Faktor "Geschwindigkeit" des Materials (F-15, 16, 18). "Qualität" des Materials wurde umfassend so verstanden, dass sie in Summe "nicht-physikalische Dimensionen der Luftkriegführung" wie Unvorhersehbarkeit, Initiative, Moral, situative Wahrnehmung und Auffassung, Kohäsion, Beweglichkeit und Geschwindigkeit (der Operationen!), Führungswirkung stützen sollten.
Siehe: Olsen, Airpower Reborn.
 
Moin Silesia,
besten Dank für Deine Ausführungen. Was meinst Du mit abnutzungsbasierter Luftkriegsführung?
Gruss,
 
Kennt jemand vielleicht die strategische Ausrichtung des SAC - Strategic Air Command in der Zeit nach 1970? Waren die strategischen Bomber (B-47, B-52, B-1 Lancer, Tarnkappenbomber etc.) reine Waffenträger für den Kernwaffenschlag oder vielleicht doch auch strategische Luftschläge mit koventionellen Freifallbomben?

Nach meinem Kenntnisstand war i.d. Planungen des WK III kein "Terrorbombing" wie noch z.d. Zeiten des WK II in Planung. Will heißen, taktische Luftschläge auf Hochwertziele wie Divisionsgefechtsstände, Befehlsposten, fdl. Fliegerhorste, alliierte Geleitzüge für REFORGER-Maßnahmen über dem Atantik aber keine Bombardierung ziviler Flächenziele vorgesehen. Weil es dafür ja die Option eines Kernschlages gab. Oder liege ich damit falsch?
 
Meine Recherchen haben da immer noch kein gutes Gesamtverständnis ergeben.

Moderner Luftkrieg:
1.) CAS - Luftnahunterstützung, Kampfhubschrauber, Erdkampfflugzeuge, etc.
2.) BAI - Battlefield Air Interdiction, z.B. A-10 "Warthogs" gegen Hartziele des WAPA (Panzerbekämpfung aus der Luft)
3.) Taktische Luftschläge gegen Hochwertziele

Und was ist mit dem Strategischen Luftkrieg? Würde gerne mehr darüber erfahren.
 
Sorry, sorry, hatte gar nicht gesehen. Asche über mein Haupt. Silesia hatte hierzu ja schon einen ausgezeichneten Link gepostet. NATO Tactical Air Doctrine. FOFA-Konzept, SEAD = suppression enemy air defenses, also Ausschalten der gegnerischen Luftabwehr. Heeresgruppe NORTHAG mit 2ATAF im verantwortlichen Gefechtsstreifen. Dann kommen wieder die Führungslinien FLOT (Forward Line of Own Troops), FLET (Forward Line of Enemy Troops). For example 2ATAF air combat operations were managed from a Joint Combat Operation Centre (JCOC)…air operation largely preplanned.

Wer sich für den entsprechenden Funkverkehr (Radio Chatter) interessiert:
Russo-American War Radio Transmissions | Call of Duty Wiki | Fandom powered by Wikia
Ja, das ist nur aus einem Wargamer-Forum aber IMHO sehr nahe an der Realität. Anforderung Fire Mission, etc.

Beispiel für einen realen Luftschlag Operation EL DORADO CANYON April 1986 gegen Bodenziele in Libyen: https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_El_Dorado_Canyon
 
So gut wie alle Quellen stimmen darin überein, dass die erste Bemühung der Zerstörung gegnerischer Flugplätze und Fliegerhorste gegolten hätte. Also Krater in die Start-/Landebahnen zu reiße und mit Bomblets jede Menge Kollateralschäden anzurichten, sollte man die Bunkerhangars der Kampfflugzeuge nicht zerstören können. Möglicherweise auch mit Beschuss durch BC-Waffen, um den gesamten Umkreis derart stark zu kontaminieren, so dass der Fliegerhost aufgegeben werden muss.
 
Moin,
es gibt eine neue Quellenlage:

The "Air Operation": A Warsaw Pact Strategy for Achieving Air Superiority Oct. 1979
https://www.cia.gov/library/readingroom/docs/DOC_0000969827.pdf

Warsaw Pact Air Operation Scenario:
2-3 Attack Waves mission: attacking NATO airfields (e.g. JAGEL) and surface-to-surface missile sites.
Mission: attacking NATO HAWK sites, radar sites and airfields with 4.000 (!!!) combat aircrafts (also for ground attack - Suchoi Su-24 Erdkampfflugzeuge) + 3.000 tactical aircrafts (FENCER, FLOGGER, FITTER, etc.) in Central Europe
Mission: suppress air defense - um aus der Luft ungehindert Jagd auf Panzer-/Panzergrenadierverbände zu machen
Eliminate at least the NADGE (was ist das?) radar sites, because all of them are fixed.

Tactics of Airfield Attack:
Pact planners appear to underestimate difficulty of attacking NATO airfields (Fliegerhorste).
Of 43 main operating bases ... about 15 could be attacked in a single assault during the Air Operation.

Most of the Pact's tactical aircraft require favourable weather conditons ... also bei herbstlicher Milchsuppe, Nebelwetter, Schutz vor nicht allwetter-kampffähigen WP-Kampfflugzeugen?

Vorteil Mehrzweckkampfflugzeug Panavia Tornado - kann seine Missionen in jeder Wetterlage inkl. nachts erfüllen.
Losses in Air-to-Air Combats (das sind damit die "Dogfights" wie F-16 vs. MiG-29, etc. impliziert, für die sich viele interessieren) ... inflict heavy losses on NATO's interceptor force ...expect as much as 30% of NATO's losses to occur in aerial engagement.

800 aircrafts (40% of total force) ... Pact outnumber NATO 2,5 to 1 ...
- NATO interceptors F-4 and F-15 superior to MiG-23 and MiG-25
- NATO aircrews are better trained
- NATO advantage in command and control

https://www.cia.gov/library/readingroom/docs/DOC_0000278545.pdf
Warsaw Pact nonnuclear threat to NATO Airbases in Central Europe Oct .1984

Bisher ist noch nicht alles ausgewertet.
 
Stichwort Aerial Warefare over Central / Europe. Aber auch hier nichts, was uns irgendwie weiterbringen könnte.
 
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