Kanonenbootpolitik - der Weg zum Navalismus

Gehört aber dazu, so zählt alles dazu, wobei sich eine Nation mittels Kriegsschiffen die eigenen Interessen über eine schwächer Nation durchsetzen zu versucht. Dazu zählen auch Vergeltungsangriffe.
Der Begriff - Kanonenbootpolitik - ist auch nicht auf den Einsatz eines Kanonenbootes zurückzuführen, sondern umfasst den Einsatz von Kriegsschiffen aller Klassen.

@Köbis17

Ich bin kein Marineexperte, aber bei dem Begriff "Kanonenbootpolitik" fällt mir primär keine Schiffsklasse ein, obwohl es die gab, sondern ein sich verselbstständigter zeitgenössischer Begriff zur Beschreibung imperialer Machtpolitik im letzten Viertel des 19 Jh. und dem Vorabend des I. WK. Der schon seinerzeit eher einen kritischen Sound hatte und heute nur noch abwertend in der Politik bzw. Journalismus gebraucht wird.

M. :winke:
 
Einen Vergeltungsangriff wegen Duldung von Piraterie in der ersten Hälfte des 19.Jh. gegen einen Staat, würde ich nicht unter "Kanonenbootpolitik" subsumieren wollen.

Sehe ich auch so, das gehört in die Geschichte der Militärischen Intervention.

Anderes Beispiel für Kanonenbootpolitik: die deutsch-britische Blockade des Sultanats Sansibar.
 
Sehe ich auch so, das gehört in die Geschichte der Militärischen Intervention.

Anderes Beispiel für Kanonenbootpolitik: die deutsch-britische Blockade des Sultanats Sansibar.

Der Grad zwischen einer militärischen Intervention und der Kanonenbootpolitik ist sicherlich schmal. Eine genaue Abgrenzung kaum möglich, aber ich denke sogar, dass die Kanonenbootpolitik mehr so eine spezielle Art der militärischen Intervention darstellt.

:grübel:
 
Ein Beispiel ist die deutsch-britische Aktion von 1902/03 vor Venezuela, wo es darum ging, das Venezuela seine Schulden anerkennen sollte.
 
... aber ich denke sogar, dass die Kanonenbootpolitik mehr so eine spezielle Art der militärischen Intervention darstellt.

:grübel:

Sie stellt ganz klar eine militärische Drohgebärde dar, so wie im Kalten Krieg die Amis und Russen mit ihrem Raketenarsenal rasselten. Ein noch besseres Beispiel ist das Auftauchen sowjetischer Kriegsschiffe vor Kuba während der Kuba-Krise, was bekanntlich fast den nächsten Weltkrieg ausgelöst hätte. Heutzutage sind solche militärischen Drohgebärden erheblich riskanter als vor 100 Jahren.
 
aber ich denke sogar, dass die Kanonenbootpolitik mehr so eine spezielle Art der militärischen Intervention darstellt.:grübel:

Wenn man von den Fällen ausgeht, könnte man darunter die Militärischen Interventionen (vorwiegend eben auf See gestützt, zT auch kombiniert mit Maßnahmen zu Lande) verstehen, bei denen ein "konstruierter", letztlich imperialistischer Grund vorliegt, also die völkerrechtliche Vergeltungsmaßnahme als zweifelhaft anzusehen ist.

Melchior wies ja schon auf die negative Konnotation hin.
 
Meine Frage: Hat denn die brühmte Kanonenbootpolitik überhaupt etwas nachhaltiges bewirkt? Der "Panthersprung nach Agadir" unseres Wilhelm 2 war z.B. eher ein Schuss in den Ofen, denn zum Marokko-Kongo-Vertrag hätte es auch ohne Kanonenboot durch diplomatische Verhandlungen kommen können.

Meine unbeantwortet gebliebene Frage ist durch den Wiki-Artikel nahezu beantwortet:

Die Kanonenbootpolitik hatte nicht nur für die betroffenen Staaten überwiegend negative Auswirkungen. Auch die Großmächte erkannten die Nachteile, die dieses Vorgehen mit sich brachte. Die gewaltsame Durchsetzung der Interessen verhinderte die Bildung von Rechtssicherheit und bevorteilte den Stärkeren, der gerade mit Streitkräften vor Ort war. Dadurch waren die Großmächte gezwungen, in vielen Gebieten Seestreitkräfte zu unterhalten. Außerdem bestand stets das Risiko einer ungewollten Konfrontation untereinander.
 
Meine unbeantwortet gebliebene Frage ist durch den Wiki-Artikel nahezu beantwortet:

Das Schlusswort in dem Artikel würde ich nicht auf die Goldwaage legen. Der Einsatz begrenzter Seemacht an einem hotspot oder "Krisenherd" zieht sich weiter durch das 20. Jahrhundert, von "Erkenntnis" oder "Zwang" in dem beschriebenen Sinn ist da wenig zu sehen.

Auch die zaghaften Regelungen in Haag dienten nur einem Regelwerk solcher Vorfälle, wie zB die Kanonenbootpolitik unter Wilson zeigte.
 
Meine Frage: Hat denn die brühmte Kanonenbootpolitik überhaupt etwas nachhaltiges bewirkt? Der "Panthersprung nach Agadir" unseres Wilhelm 2 war z.B. eher ein Schuss in den Ofen, denn zum Marokko-Kongo-Vertrag hätte es auch ohne Kanonenboot durch diplomatische Verhandlungen kommen können.


Dass das nichts gebracht hat, in der von dir genannten Krise wohl eher das Gegenteil, hast du ja schon selbst geklärt.

Was ich hier etwas krass finde, ist, dass das AA dem Admiralstab bzw. das Reichmarineamt erst nach dem positiven Plazet von Wilhelm ensprechend informiert hat. Sinn und Zweck wurden den Betroffenen nicht mitgeteilt. Darüber war man alles anderes als begeistert. Es lag vollkommen im Ermessen des AA wann die Schiffe, später kamen ja noch Berlin und Eber hinzu, während Panther abgezogen wurde, vor Ort bleiben sollten.
 
....

Man kann sich durchaus mal den Zusammenhang von Seemacht und Handel anschauen. Siehe hier (570 kb):
Rahman: Fighting the Forces of Gravity - Seapower and Maritime Trade between the 18th and 20th Centuries.
http://www.ekh.lu.se/ehes/paper/Seapower%20and%20Trade.pdf

Wenn Du da etwas durchblätterst, findest Du weiter hinten in den Schaubildern IV interessante Daten zu den Seemächten.

Auf der Seite 26 werden Konflikte zwischen verschiedenen Seemächten aufgeführt. Gleich auf der ersten Schautafel sind für 1825 Konfliktlinien zwischen den USA und Spanien, so wie zwischen Spanien und GB, Russland und einem deutschen Staat aufgeführt. Ich wüsste nicht, dass es in diesem Jahr irgend ein Streit zwischen diesen Ländern stattgefunden hätte. Spanien hatte m.W. damals lediglich eine Zwischenfall mit Mexiko.

Oder interpretiere ich diese Karten falsch?
 
Auf der Seite 26 werden Konflikte zwischen verschiedenen Seemächten aufgeführt. Gleich auf der ersten Schautafel sind für 1825 Konfliktlinien zwischen den USA und Spanien, so wie zwischen Spanien und GB, Russland und einem deutschen Staat aufgeführt. Ich wüsste nicht, dass es in diesem Jahr irgend ein Streit zwischen diesen Ländern stattgefunden hätte. Spanien hatte m.W. damals lediglich eine Zwischenfall mit Mexiko.

Preußen hatte schon ab 1816 politisch-diplomatische Aktivitäten in Richtung Südamerika, insbesondere Brasilien.
Dabei war für Preußen das Problem, nach dem postulierten Legitimirungsprinzip 1814/15, nicht Beziehungen zu spanischen Konlonien aufzunehmen und formell die interessen Spaniens zu wahren.

Mehr dazu kann hier teilweise nachgelesen werden:
Preußen und Südamerika Spanien - Google-Suche

Interessant in diesen Buch, ist der Artikel von Gerhard Wiechmann - Die Königlich Preußische Marine in Lateinamerika 1851 bis 1867. Ein Versuch deutsche Kanonenbootpolitik in Übersee, ab Seite 105.
 
Vermutlich ist das so. Ich würde die Zeiteinteilung nicht jahresscharf sehen, sondern als 2er Dekaden. Die erste Karte deckt 1800-1825 ab, dann bis 1845.
Spanish American wars of independence - Wikipedia, the free encyclopedia
usw.

Das würde es aber trotzdem nicht erklären. Zwischen 1800 und 1825 gab es m.W. auch kein Konflikt zischen den USA und Spanien. Und gegen einen deutschen Staat (Preussen und oder Österreich) und Russland würden mir die beiden nur als Teil der heiligen Allianz bei der Intervention von 1821 einfallen, was ich aber als in diesem Zusammenhang als etwas willkürlich halten würde.

@ Köbis: Das würde ich noch nicht als Konflikt ansehen.
 
Das würde es aber trotzdem nicht erklären. Zwischen 1800 und 1825 gab es m.W. auch kein Konflikt zischen den USA und Spanien. Und gegen einen deutschen Staat (Preussen und oder Österreich) und Russland würden mir die beiden nur als Teil der heiligen Allianz bei der Intervention von 1821 einfallen, was ich aber als in diesem Zusammenhang als etwas willkürlich halten würde.

@ Köbis: Das würde ich noch nicht als Konflikt ansehen.

Klar, war auch nur eine Annahme von mir, um zumindest die Verbindungen in diesen Zeitraum zu erklären, einen seemilitärischen Konflikt hatte zu diesen Zeitpunkt Preußen sowieso kein Equimpent zum entgegensetzen.

Einzig die Handelskompanien Bremens und Hamburgs, waren in der Lage auch mit Kanonen ausgerüstete Handelsschiffe in diese Region zu versenden. Diverse Expeditionen gab es auch damals schon:
[...]
Die 1822 wieder ins Leben gerufene königlich preußische Seehandlung, ist erstmals wieder als preußische Marine anzusehen und führt wieder die preußische Flagge. Eine militärische Funktion hatte diese Marine aber noch nicht, da die Besatzung aus Zivilisten bestand, lediglich zum Schutz vor Piraten waren die Schiffe bewaffnet. Sie lies hauptsächlich eigene Segelschiffe von Werften in Danzig und Stettin bauen. Eines der ersten Schiffe war das gecharterte Bremer Vollschiff Mentor, dass von 1822 bis 1824 eine Weltumsegelung unternahm. Als bekanntestes Schiff der Gesellschaft gehörte das Vollschiff Princess Louise, das von 1825 bis 1846 sechs Weltreisen unternahm.

Des weiteren sind Handelsgesellschaften aus den deutschen Küstenstädten , z.B. Bremen und Hamburg die Vertreter des Freihandels und schließen 1827 erste Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit Brasilien ab. Weitere folgen, so 1831 mit Mexiko und Venezuela, 1847 / 48 mit Guatemala und Costa Rica. Auch in Ostasien werden erste Niederlassungen deutscher Firmen gegründet, so Niederlassungen in China, Kanton der Hamburger Export- und Importfirma W. Pustau & Co. 1842, Leipziger Fa. Carlowitz, Harkort & Co. 1846 sowie Niederlassung in Hongkong der Fa. Siemssen & Co. 1847. Um die Interessen Preußens zu vertreten, werden Kaufleute zu Konsuln ernannt.

Der Schutz der Schiffe der Handelsgesellschaften wird zumeist selbst getragen, indem Handelsschiffe bewaffnet werden. So z.B. die Hamburger Fregatte Cesar Godeffroy von 1818 die der Hamburger Reederei J.C. Godeffroy & Sohn gehörte. 1848 gehörte das Schiff zur Flotte des Deutschen Bundes und wurde umbenannt in Deutschland.
[...]
Quelle: http://www.geschichtsforum.de/f58/kolonien-und-kriegsschiffe-21136/

 
Zuletzt bearbeitet:
Doch, um Florida.

Das ist ein kompliziertes Ereignis kann man auch kaum als Konflikt zwischen den beiden Staaten bezeichnen.

das sehr dünn besiedelte Westflorida (Heute Teil von Louisiana) wurde von den USA während des britisch-Amerikanischen Krieges 1812 besetzt und mit der Ausrede behalten, es wäre ein Teil des von Frankreich abgekauften Louisianas. Spanien war zu diesem Zeitpunkt mit Napoleon beschäftigt und hat dieses anscheinend nicht angefochten.

Ost-Florida (was heute der Staat Florida ist) erhob sich gegen die Spanier und erklärte sich zur unabhängigen Republik. Es wurde gemeinsam von US-Truppen und Spanischen Kräften aus Kuba zurückbesetzt und 1819 im Vertrag Adams-Ortíz an die USA abgetreten, gegen Geld und eine Garantie für die Grenzen von Texas.
 
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