laura34011

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Ich habe eine Frage bzgl. der Quelle dieser Karikatur…Sie stammt ja vom Künstler Theo Matejko und soll von der „Kultur-Liga“ beauftragt worden sein, was auch ganz unten steht. Wie hängt Matejko mit der Kultur Liga zusammen und warum sollte eine jüdische Organisation wie die Kultur-Liga so eine Karikatur beauftragen? Ist es überhaupt diese Kultur-Liga oder eine andere?
 

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Wie hängt Matejko mit der Kultur Liga zusammen
Also zunächst einmal kann ja jede Organisation einen Illustrator damit beauftragen, ein Plakat oder eine andere graphische Darstellung nach gewissen vorher festgelegten Kriterien zu entwerfen. Das ist also zunächst nichts weiter als ein Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, deswegen muss der Auftragnehmer in keinem weiteren Zusammenhang mit dem Auftraggeber stehen. Z.B. könnte in muslimischer Graphiker in Bethlehem für die lutheranische Kirche in Bethlehem ein Plakat entwerfen. Das macht den muslimischen Graphiker nicht zum Christen.

warum sollte eine jüdische Organisation wie die Kultur-Liga so eine Karikatur beauftragen?
Ich weiß nichts über die Kultur-Liga, wieso meinst du, dass es sich um eine jüdische Oragnisation handelte? (ich weiß es nicht, ob es eine war, ich kenne sie nicht.)
Es steht dem aber doch überhaupt nichts entgegen, dass eine jüdische Organisation (wenn die Kultur-Liga denn überhaupt eine jüdische Organisation war) für ihr deutsches Heimtland eintrat und gegen die französische Besatzung wetterte. Die Besetzung des Ruhrgebiets war parteiübergreifend von ganz links bis ganz rechts unter Einschluss der demokratischen Kräfte widerwillig aufgenommen worden und je nach Radikalität der eigenen Position reichte die Reaktion vom passiven Widerstand und der Befehlsverweigeurng bis hin zu Sabotageakten und Angriffen auf die Franzosen.
Es gibt überhaupt keinen Grund - es sei denn man fiele auf die antisemitische und nationalsozialistische Position herein, dass die Juden kein Vaterland hätten - sich zu wundern, dass eine jüdische Organisation sich auch zu diesem Sachverhalt äußerte. Vielleicht sogar im Gegenteil. Juden standen in dieser Zeit schon unter antisemitisch verursachtem Rechtfertigungsdruck (weshalb ja jüdische Organisationen auch den jüdischen Blutzoll im WK I hervorhoben), so dass vielleicht gerade sie sich in nationalen Belangen besonders durch Publikationen hervortaten.
 
Ich weiß nichts über die Kultur-Liga, wieso meinst du, dass es sich um eine jüdische Oragnisation handelte? (ich weiß es nicht, ob es eine war, ich kenne sie nicht.)
Laura meint vermutlich diese Organisation:


"Die Kultur Lige oder Kulturliga war eine 1918 in Kiew gegründete säkular-jüdische Organisation, die jiddische Literatur, jiddisches Theater und jiddische Kultur fördern sollte."

Es erscheint mir nach dem Stiftungszweck und dem Sitz in Kiew auch unwahrscheinlich, dass diese Organisation dieses Propagandaplakat in Auftrag gegeben haben sollte, zumal die Kulturliga 1923 wohl kaum noch aktiv war.

Laut Artikel soll es in einigen europäischen Städten, unter anderem in Berlin, Nachfolgeorganisationen mit mäßigem Erfolg gegeben haben. Es wäre also theoretisch möglich, dass der Berliner Ableger der Auftraggeber war.

Es könnte aber vielleicht auch eine andere Organisation mit ähnlichem Namen gewesen sein. Wenn man nach "Kultur Liga" und Ruhrbesetzung googelt, findet man eigentlich fast nur Referenzen auf das Plakat. Es scheint wesentlich berühmter zu sein, als der Auftraggeber.
 
Auf dem Plakat steht Kultur Liga oder Kultur-Liga (beim DHM ist der Ausschnitt leider sehr verpixelt, wenn man ihn zoomt):

1725896517020.png


Die kiewer Kulturliga können wir als Urheber ausschließen.
 
Im Netz sind verschiedene Treffer zu finden, aber nichts, das so richtig passt. Auf der Seite des Deutschen Historischen Museums wirkt es fast so, als hieße die Organisation "Kultur-Liga gegen die Ruhrbesetzung", aber auch darunter habe ich nichts gefunden. "Kultur-Liga" ist aber auch nicht sehr spezifisch, vielleicht handelte es sich wirklich nur um eine kurzlebige Vereinigung während der Ruhrbesetzung. Die "Liga zum Schutze der deutschen Kultur" (die frühere Antibolschewistische Liga) würde von der Ausrichtung her vielleicht passen, aber dann müsste man annehmen, dass nicht der volle Name auf das Bild gedruckt wurde.

 
Was den Künstler Theo Matejko (* 18.06.1893/Wien/ damals Österreich-Ungarn - † 9.09.1946/Vorderthiersee/Tirol) anbelangt...
Er war ein österreichischer Pressezeichner und Illustrator.
In der Werkliste, die all seine Plakate enthällt, findet man im Jahre 1923 das Plakat „Hände weg vom Ruhrgebiet“.
Was Herr Matejko allerdings mit einer "jüdischen Kulturliga" zu tun hatte, erschließt sich mir nicht.

Wenn man sich seine berufliche Karriere ansieht ist schwer zu glauben dass er etwas mit einer jüdischen Kulturliga zu tun hatte.

Ein Beispiel...

1945 entwarf er eine nicht mehr zur Ausgabe gelangte 12+38-Pf-Sondermarke der Reichspost für die paramilitärische Unterstüzungsgruppe NSKK. Der NSKK war eine Unterorganisation der NSDAP.

Siehe Bild dieser Briefmarke:

NSKK.jpg
 
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Was Herr Matejko allerdings mit einer "jüdischen Kulturliga" zu tun hatte, erschließt sich mir nicht.

Wenn man sich seine berufliche Karriere ansieht ist schwer zu glauben dass er etwas mit einer jüdischen Kulturliga zu tun hatte.

Ein Beispiel...

1945 entwarf er eine nicht mehr zur Ausgabe gelangte 12+38-Pf-Sondermarke der Reichspost für die paramilitärische Unterstüzungsgruppe NSKK. Der NSKK war eine Unterorganisation der NSDAP.

Siehe Bild dieser Briefmarke:

Das sehe ich jetzt nicht als das Problem an. Von 1923 bis 1945 sind 22 Jahre vergangen. Nach 1933 sind viele Leute, die vorher keine Nazis waren und keine dem Nationalsozialismus verwandte Ideologie vertraten, in deren Marschrichtung eingeschwenkt. Und viele, die zwischen 1933 und 1945 Nazis waren (ob aus Überzeugung oder aus Karrieregründen, sei dahingestellt) sind nach 1945 noch veritable Demokraten geworden. Oder haben in der SED Karriere gemacht.

Gerade im Bereich der bildenden Künste und der Dramaturgie/Schauspielerei haben auch manche jenseits ihrer Überzeugung für die Nazis gearbeitet. Erich Kästner z.B. der unverdächtig ist, jemals mit der nationalsozialistischen Ideologie sympathisiert zu haben, hat während der NS-Zeit Drehbücher für Babelsberg geschrieben. Heinz Rühmann machte in der NS-Zeit weiterhin schauspielerische Karriere. Sorgte aber auch dafür, dass seine geschiedene jüdische Ehefrau einen schwedischen Kollegen heiratete und nach Schweden ausreisen konnte. Er hatte Zugang zu Goebbels und Göring und machte Propaganda für die Nazis, war aber sicherlich selbst kein Nazi, gleichwohl er auch kein Problem damit hatte, seine Vorteile etwa aus der Arisierung zu ziehen. Nach 1945 konnte er fast nahtlos an seine frühere Karriere anknüpfen.

Jenseits von Ideologie und Weltanschauung: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
 
Ich möchte nocheinmal betonen...
Mir erschließt sich nicht was Herr Theo Matejko mit der "jüdischen Kulturliga" zu tun hatte.

Also jene Liga die im Januar 1918 mit der Aufgabe Förderung der Entwicklung aller zeitgenössischen jiddischen Kultur, Bildung, Literatur, Theater, Kunst und Musik in Kiew gegründet wurde.

Und möchte noch hinzufügen, habe auch nichts im Netz gefunden was auf eine jüdische Abstammung von Herrn Theo Matejko hinweist.

Und da hast Du recht El Quijote, bei so manchen entschieden die Nazis wer Jude war oder auch nicht.
Ein beredtestes Beispiel dafür ist Erhard Milch der ab 1940 sogar Generalfeldmarschall wurde.
 
Ich möchte nocheinmal betonen...
Mir erschließt sich nicht was Herr Theo Matejko mit der "jüdischen Kulturliga" zu tun hatte.

Also jene Liga die im Januar 1918 mit der Aufgabe Förderung der Entwicklung aller zeitgenössischen jiddischen Kultur, Bildung, Literatur, Theater, Kunst und Musik in Kiew gegründet wurde.

Und möchte noch hinzufügen, habe auch nichts im Netz gefunden was auf eine jüdische Abstammung von Herrn Theo Matejko hinweist.

  • Das Plakat ist von einer Kultur Liga oder Kultur-Liga herausgegeben worden.
  • Der Name dieses Herausgebers wird nur zufälligerweise - Kultur und Liga sind zwei Elemente, die durchaus häufiger mal vorkommen können - Ähnlichkeit mit der kiewer Kulturliga gehabt haben.
  • Laura hat uns noch nicht geantwortet, wie sie darauf kommt, dass die Kultur Liga jüdisch gewesen sei, ob sie da spezielles Wissen hat, oder ob sie sich schlicht bei Wikipedia informiert und dabei übersehen hat, dass es sich dort um einen kiewer Verband handelte, der sicher nichts zur Ruhrbesetzung publiziert hat.
  • Wenn die Kultur Liga, die das Plakat publizert hat, jüdisch war, besagt das nichts über den beauftragten Illustrator, wenn es sich um einen katholischen oder evangelischen Kulturverband gehandelt habe, würden wir ja auch nicht darüber diskutieren, was Theo Matejko denn evtl. mit der katholischen oder evangelischen Kirche zu tun gehabt habe. Es ist also nicht einzusehen, dass wir uns bei einem etwaigen jüdischen Verband wundern, was Matejko mit diesem zu tun gehabt habe.
Solange niemand von uns etwas zur Kultur Liga beisteuern kann und Laura uns nicht auklärt, woher sie ihr Wissen hat, oder ob sie diese schlicht mit der bei Wikipedia gelisteten Organisation gleichgesetzt hat, wie Nikias vermutet, ist diese ganze DIskussion über eine jüdische Verfasstheit der Kultur Liga unsinnig.

Was sehen wir auf dem Plakat?
Wir sehen eine übermächtige Marianne mit der Jakobinermütze und der Trikolore auf dem Kopf und einem Gewehr im Arm, dessen Kolben schwer auf einer Fabriklandschaft liegt, während ihre freie Hand in diese Fabriklandschaft hineingreift. Maria ist dunkel verschattet hat hexenartig weit aufgerissene Augen, die gleichzeitig nach unten schielen, ihr geöffneter Mund unterstreicht das Grimassenartige.

In der Fabriklandschaft liegt ein Soldatenhelm, den ich als französischen Soldatenhelm identifizieren würde, was sich mir nicht ganz erschließt.
 
Am 13.05.2006 erschien in der „NWZ“ (Nord-West Zeitung für das Oldenburger Land – eine Tageszeitung -) im Bereich "Kunst" ein Beitrag der sich mit der Beschreibung dieses Prodestplakates von 1923 beschäftigt.
Der Beitrag hat die Überschrift „Mariane greift nach Schloten“:
KUNST: Marianne greift nach Schloten .

Ich suche immer noch nach den Auftraggeber dieses Plakates.
Bisher bin ich allerdings nur auf (wortwörtlich) -> „Kultur-Liga“ bzw. „Kultur Lige“ gestoßen.
 
Also für mich könnte dies eine mögliche Lösung des Problems sein und ich stelle diese mal zu Diskussion.
Auf den „Trichter“ bin ich gekommen als ich hier den Artikel der „NWZ“ reinstellte.
Und ich glaube sogar der/die Auftraggeber sind entweder aus der „Kultur-Liga“ in Kiew oder Leute die sich mit dieser Liga verbunden fühlten.

Herr Matejko/Österreicher greift ja in seinem Plakat das aktuelle Thema der Ruhrbesetzung der Franzosen auf. Diese fand in Zeit von 11.01.1923 statt und endete Juli/August 1925.

Der „Griff nach den Schloten“...

Setzen wir einfach mal anstelle der französischen „Mariane“ eine russische „Matroschka“ und schon sind wir bei den gleichen Sachverhalt, nämlich der russische Griff nach dem Industriezentrum der Ukraine, in diesen Fall aber der ganzen Ukraine.

Ein potenieller Auftraggeber könnte für mich da eventuell Herr Issaak Prochorowytsch Masepa sein (* 16.08 1884/Kostobriw, GOVT Tschernigow - † 18.03. 1952/Augsburg/Deutschland).
Er war Innenminister in der ukrainischen Regierung von Borys Martos (B. Martos starb in den USA) und von ende August 1919 bis ende Mai 1920 war er Präsident des Ministerrates der Ukrainischen Volksrepublik.
 
Wie seht ihr in dem Helm einen französischen? Also wir reden doch vom bekannten "Adrian" oder?

die Krempe ist eher der späte deutsche Helm, die Lederriemen sind aber komplett seltsam angebracht wenn man sich die Form der "Decke" des Helmes anschaut.
Mit Bergbau wird das wohl nichts zu tun haben, ging ja um Industrie im Ruhrgebiet. Seltsam.

edit: ok das könnte diese aufgesetzte Schiene auf dem Scheites des Helms sein und ist einfach perspektivisch sehr schlecht gezeichnet.. Dann vllt doch der Adrian.

Hier mal eine bessere Auflösung. Es steht wirklich Kultur Liga mit Leerzeichen:
 
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Und ich glaube sogar der/die Auftraggeber sind entweder aus der „Kultur-Liga“ in Kiew oder Leute die sich mit dieser Liga verbunden fühlten.

Herr Matejko/Österreicher greift ja in seinem Plakat das aktuelle Thema der Ruhrbesetzung der Franzosen auf. Diese fand in Zeit von 11.01.1923 statt und endete Juli/August 1925.

Der „Griff nach den Schloten“...

Setzen wir einfach mal anstelle der französischen „Mariane“ eine russische „Matroschka“ und schon sind wir bei den gleichen Sachverhalt, nämlich der russische Griff nach dem Industriezentrum der Ukraine, in diesen Fall aber der ganzen Ukraine.

Ein potenieller Auftraggeber könnte für mich da eventuell Herr Issaak Prochorowytsch Masepa sein (* 16.08 1884/Kostobriw, GOVT Tschernigow - † 18.03. 1952/Augsburg/Deutschland).
Du hast dich da in Recherchearbeit gestürzt, deren Anerkennung ich dir nicht versagen möchte. Dennoch bin ich der Meinung, dass du auf dem Holzweg bist. Ein zum damaligen Zeitpunkt mit der eigenen Emigration aus der Ukraine nach Prag befasster ukrainischer Sozialist wird andere Sorgen als die Belange des Ruhrgebiets gehabt haben. Zwischen 1923 und 1945 lebte er in Prag, während der deutschen Besatzung lebte er zurückgezogen (Під час німецької окупації жив замкнено й ізольовано, Ukr. Wikipedia) und er kam erst auf der Flucht vor der anrückenden Roten Armee nach Dtld: Перед вступом радянських військ виїхав до Баварії: спочатку до Регенсбургу, а у вересні — до Аугсбургу. Dort arbeitete er für die ukrainische Exilregierung bzw. war deren Leiter.
Ein Bezug zu deutschen Angelegenheiten vor der Besetzung Tschechiens (im Nazi-Jargon: Besetzung der "Rest-Tschechei") im März 1939 sehe ich hier nicht.

edit: ok das könnte diese aufgesetzte Schiene auf dem Scheites des Helms sein und ist einfach perspektivisch sehr schlecht gezeichnet.. Dann vllt doch der Adrian.
Bei Militaria bin ich bekanntermaßen keine guter Gewährsmann, die Schiene auf dem Helm war es, die den Helm für mich frz. Erscheinen ließ (mir war nicht einmal bekannt, dass der Helm als Adrian bekannt ist). Aber wie ich schrieb, der Sinn eines frz. Soldatenhelmes hier erschloss sich mir nicht ganz.

ein Soldatenhelm, den ich als französischen Soldatenhelm identifizieren würde, was sich mir nicht ganz erschließt.
Nichtdestotrotz kann ich mich Lukullus' Interpretation anschließen.
Den Druck des Plakats übernahm die Firma Eckert aus Berlin-Schöneberg:
1726049868915.jpeg
 
Also wir haben den Maler aus Österreich der Plakate aller Art, von Kino über Parteien (Zentrum & Deutsche Demokraten), bis zu Titel für „Die Wehrmacht“ erstellt.

Plakat-Kunstdruck Eckert in Berlin als Drucker, mit zB Kollwitz Plakate 1924.

Dann gibt es in Berlin noch die „Antibolschewistische Liga“, ab ca. 1921 die „Liga zum Schutze der deutschen Kultur“. Die laut Wiki: […] bis Ende 1922 in 80 deutschen Städten Ausstellungen organisiert, die von etwa 800.000 Menschen besucht worden waren, darüber hinaus etwa 8.600 Vorträge und rund 400 mehrwöchige Schulungskurse mit in der Regel 120 bis 150 Teilnehmern. […]“.

Warum kommt man hier dauernd auf die Ukraine? ;)
 
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