Karl der Große - Der Vater Europas

hat karl denn später einmal spanien erobert?
Nein. Nachdem er am 15.8.778 in den Pyrenäen kräftig aufs Haupt geschlagen worden war, wurden nur noch begrenzte Vorstöße unternommen, die dazu führten, dass 801 Barcelona in fränkische Hand kam. Für einige Jahrhunderte blieb es dann beim Status quo.
 
Hat Karl der Große denn eine vollständige Eroberung der iberischen Halbinsel(!) je in Betracht gezogen?
 
Hat Karl der Große denn eine vollständige Eroberung der iberischen Halbinsel(!) je in Betracht gezogen?

Wohl kaum.
Die Marca Hispánica, also der fränkisch beherrschte Teil Spaniens, wurde auch bald von den Franken unabhängig und hin und wieder Barcelona von den Cordobesen geplündert, bis sich im frühen 11. Jahrhundert das Kalifat in Bürgerkriegen auflöste und die Kräfte auf der iberischen Halbinsel sich umkehrten.
 
Hat Karl der Große denn eine vollständige Eroberung der iberischen Halbinsel(!) je in Betracht gezogen?
Theodor Schieffer [1] schreibt: "Mit einem starken Aufgebot, das auf große, über eine bloße Grenzsicherung hinausgehende politische Pläne schließen läßt, rückte Karl 778 ins nördliche Spanien ein."

Der Rest ist Spekulation.


[1] in: Handbuch der europäischen Geschichte. Band 1 (1976), S. 551
 
Karl als "Vater Europas" - ein bloßer Werbeslogan, um vor allem heute, in absurd pathetischer Manier, Werbung für die gegenwärtige Wirtschaftsunion EU zu machen.
"Vater Karl" ist der Sand den man den Menschen in Europa in die Augen streut, wenn es darum geht, die EU in Sonntagsreden wieder einmal schön zu färben.

Denn:
1. Europa gab es schon vor Karl
2. Wenn Karl ein Vater gewesen sein soll, dann einer, der seine Kinder mit der Rute und dem Rohrstock erzogen hat, gerne mal eines halb oder ganz tot schlug und der seinen Nachwuchs nie eigene Wege gehen lassen wollte, sondern ihn im Keller einsperrte ^^
3. Karl der Große war der vermeintlich kleinste gemeinsame Nenner zwischen Deutschen und Franzosen nach dem Krieg - siehe auch den Karlspreis, den sich die Eliten gegenseitig zuschanzen.
Auch deshalb perpetuiert man diesen Vaterschafts-Unsinn seit Jahrzehnten.

Einen mittelalterlichen Potentaten als "Vater" zu bezeichnen, ist absurd.
Der Herr hat sich betragen, wie es heute nur mehr im ärgsten Hinterwald Afrikas oder im Nahen Osten vorkommt.
Ich frage mich ernsthaft wie es um den Verstand von Politikern bestellt ist, die den durch massive Gewalt entstandenen karolingischen Völkerkerker, als Vorbild für die Gegenwart heranziehen.

Karl sollte man dort lassen wo er ist - im finsteren Mittelalter.
In dieser düsterer Umgebung, mag er dann mit all den anderen gekrönten Räubern, um die Wette strahlen ;)
 
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@Tankred: Deine bisherigen Darstellungen enthielten vor allem eines, persönliche Bewertungen.

Wenn Du die historische Rolle von Karl dem Großen qualifiziert beleuchten möchtest wäre eine fundierte Darstellung sicherlich deutlich hilfreicher wie Deine bisherigen Darstellungen

Karl der Große ? Wikipedia

Vielleicht liest Du Dir einmal die Auswirkungen seiner Regentschaft auf Westeuropa durch, um zu verstehen, welchen Stellenwert er für den "Kulturraum" hatte.

Ansonsten: Deine Äußerungen über den "ärgsten Hinterwald Afrikas" können als platte Form eines Rassismus bezeichnet werden. Und das stört mich als User dieses Forums durchaus!
 
Zuletzt bearbeitet:
Karl als "Vater Europas" - ein bloßer Werbeslogan, um vor allem heute, in absurd pathetischer Manier, Werbung für die gegenwärtige Wirtschaftsunion EU zu machen.

Man kann ja vom Karlspreis u.ä. Karlsverehrung halten, was man möchte, jedoch ist der Titel pater europae ein zeitgenössischer.
 
Man kann ja vom Karlspreis u.ä. Karlsverehrung halten, was man möchte, jedoch ist der Titel pater europae ein zeitgenössischer.

Das ist mir durchaus bekannt.
Wie ich aber bereits ausführtee, der Begriff "Vater Europas", wird heute wohl aus ganz anderen Gründen in der Öffentlichkeit verwendet.
Und exakt daran stoße ich mich.
 
Karl als "Vater Europas" - ein bloßer Werbeslogan, um vor allem heute, in absurd pathetischer Manier, Werbung für die gegenwärtige Wirtschaftsunion EU zu machen.
"Vater Karl" ist der Sand den man den Menschen in Europa in die Augen streut, wenn es darum geht, die EU in Sonntagsreden wieder einmal schön zu färben.

Sicher kann man der Meinung sein, dass einige Karl den Großen zum "Vater Europas" verklären. Dabei könnten sie ins Feld führen, dass ein brutaler Massenmörder, zudem skrupellos und verschlagen, ein solches Attribut nicht verdient.

Andererseits weiß nicht nur jeder Historiker, dass Menschen stets aus ihrer Zeit heraus beurteilt werden müssen und aktuelle moralische Maßstabe deshalb nicht angelegt werden können. Das wäre nicht nur unhistorisch, sondern würde auch den handelnden Herrschern und Politikern nicht gerecht. Würden wir das tun, dann dürften wir überhaupt keinen antiken oder mittelalterlichen Herrscher bewundern oder respektieren, nicht Alexander, Caesar, Augustus oder Konstantin, nicht die Ottonen, Salier, Staufer oder Habsburger.

Man muss sehen, ob diese Herrscher im Rahmen ihrer zeitgebundenen Maßstäbe vernünftig, weise oder auch gütig handelten und ob sie ihr Land nach damaligen Maßstäben gut regierten.
 
Man muss sehen, ob diese Herrscher im Rahmen ihrer zeitgebundenen Maßstäbe vernünftig, weise oder auch gütig handelten und ob sie ihr Land nach damaligen Maßstäben gut regierten.

Ich stimme dir absolut zu!!

Ich kann mich nicht erinnern, je über Karl d.G. gelesen zu haben, er sei besonders grausam oder blutrünstig gewesen.

Kurz OT: Dieselbe Diskussion hatten wir vor Kurzem über Gaius Julius Caesar, da gelangten wir, wenn mich mein löchriges Gedächtnis nicht täuscht, zur gleichen Erkenntnis, nämlich, dass Personen im Rahmen ihrer Zeit gesehen werden müssen. Hier das gleiche in Grün.
OT Ende.

Und während seiner Regentschaft passierte einfach sehr viel was z.B. die interne Verwaltung anbelangt... er war schon ein Vorreiter in diesen Dingen... ich habe eine gute Meinung von ihm :winke:
 
Ja und nein! Wenn man ein Sachurteil fällt, muss man natürlich die Person zeitgebunden beurteilen, aber man kann natürlich auch ganz grundsätzlich Werturteile fällen. Werturteile sind subjektiv und Standort gebunden, wir können nicht den Standpunkt eines mittelalterlichen Herrschers einnehmen. Deshalb können wir Karl den Großen nicht einfach nur "aus seiner Zeit heraus" bewerten (aber auch!). Was natürlich nichts daran ändert, dass wir dieses Gefasel vom Sachsenschlächter mal ad acta legen sollten.
Eine gute Meinung haben? Ihn bewundern? Das sind m.E. für einen geborenen Herrscher unpassende Begriffe, zumindest aus unserer republikanischen Zeit heraus betrachtet. Bewundern kann man Juan Carlos I. von Spanien, weil der Demokratisierungsprozesse angestoßen und verteidigt hat, aber Karl den Großen, weil er die Sachsen christianisierte?
Was man ihm sicher nicht vorwerfen kann ist, dass sein Reich ein Beispiel "feudaler Anarchie" gewesen sei.
 
@Dieter:
Richtig, Karl muss man im Kontext seiner Zeit beurteilen.
Das habe ich auch ganz klar so geschrieben, als ich meinte, er solle mit seinen Zeitgenossen um die Wette strahlen.

Ich empfinde es hingegen als Unding, wenn Karl, aus fadenscheinigen Motiven, aus diesem Kontext herausgerissen wird, und man ihn und sein Werk als beispielgebend für die Gegenwart inszeniert.
Zu seiner Zeit war er ein großer Herrscher, keine Frage.
Heute würde man ihn hingegen vor das internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag stellen.

Die Frage ist doch auch die: Wozu brauchen wir Karl?
Gibt es heute keine Vorbilder mehr (außer Unterhaltungskünstler...)?
Wenn nein, dann wäre das eine totale Bankrotterklärung unserer Gesellschaft.
 
Doch, von der Bewunderung mittelalterlicher Herrscher war die Rede, ich habe halt überlegt, wofür man Karl nun konkret aus heutiger Sicht bewundern könne. Die meisten seiner Taten entsprechen ja nun tatsächlich nicht dem, was man aus unserer heutigen antiexpansionistischen Sicht noch bewundern würde.
Aber vielleicht wäre es wirklich besser, wir diskutierten das Gedicht des Angilbert - wenn es denn von ihm stammt.
 
Doch, von der Bewunderung mittelalterlicher Herrscher war die Rede, ich habe halt überlegt, wofür man Karl nun konkret aus heutiger Sicht bewundern könne.

Ja, wir sprachen von der "Bewunderung" mittelalterlicher Herrscher (wobei ich eher "Achtung" meinte denn Bewunderung).
Aus heutiger Sicht sowieso nicht, auch sprach ich von den Reformen der Verwaltung etc. und nicht von seinen Expansionsplänen.
Ich denke einfach, diese Reformen, die Verwaltung dieses großen Reiches komplett auf schriftliche Grundlagen zu verlagern, einhergehend mit Schulreformen usw., war für die damalige Zeit eine große Aufgabe.

Wie soll ich das ausdrücken... ich bewundere Karl nicht, aber im Großen und Ganzen hab ich keine schlechte Meinung von ihm. Ich achte ihn als Herrscher und Verwalter seines Reiches.
 
Werturteile sind subjektiv und Standort gebunden, wir können nicht den Standpunkt eines mittelalterlichen Herrschers einnehmen. Deshalb können wir Karl den Großen nicht einfach nur "aus seiner Zeit heraus" bewerten (aber auch!).

Ich bin da völlig anderer Meinung.

Um die Leistung eines Herrschers der Antike oder des Mittelalters gerecht zu beurteilen, müssen wir ihn im Kontext der Moralvorstellungen seiner Zeit sehen. Wir müssen zudem berücksichtigen, was in jenen Epochen in den Augen der Menschen einen erfolgreichen Herrscher ausmachte, bzw. was von einem Herrscher militärisch und politisch erwartet wurde. Wir können nicht erwarten, dass ein Herrscher allen Vorstellungen seiner Zeit entgegenstand, auch wenn ihm das heute möglicherweise einen besseren Ruf einbrächte.

Es ist also absurd, wollte man von antiken Potentaten wie Alexander, Caesar, Augustus, Kyros II. oder Justinian I. Friedfertigkeit, Völkerfreundschaft, Antirassismus oder Toleranz erwarten. Das alles hat es gewiss gegeben, aber immer unter Prämisse, inwieweit das dem Staat und der eigenen Machtstellung nutzte oder inwieweit das zur Erreichung eines bestimmten staatspolitischen Ziels erforderlich war. Nicht aber zum Selbstzweck oder zur Einsicht in weltverbessernde Gedanken und Maßnahmen.

Das Etikett "Massenmörder", "skrupellos", "machtgeil", "intrigant" und "intolerant" müssten wir dann nicht nur Karl, Augustus, Caesar oder Justinian anheften, sondern auch Friedrich Barbarossa, Chlodwig I., Otto I., Friedrich II. und einer Unmenge anderer Herrscher, bis hinauf in die frühe Neuzeit, wo Friedrich der Große, Katharina die Große, Maria Theresia oder der "Sonnenkönig" ebenfalls zahlreiche dieser Kategorien in sich vereinen.

Da wir das bekanntlich nicht tun, sieht die große Mehrzahl der Historiker solche Persönlichkeiten in der Tat im Rahmen ihrer Zeit und bewertet auch ihre Leistung nach den Konventionen und moralischen Maßstäben ihrer jeweiligen Epoche.
 
[Bei Anlegung aktueller moralischer Maßstäbe] dürften wir überhaupt keinen antiken oder mittelalterlichen Herrscher bewundern oder respektieren, nicht Alexander, Caesar, Augustus oder Konstantin, nicht die Ottonen, Salier, Staufer oder Habsburger.
Völlig richtig. Ich habe freiich auch gar nicht das Bedürfnis, solche Menschen zu "bewundern"...:(

Wenn man ein Sachurteil fällt, muss man natürlich die Person zeitgebunden beurteilen, aber man kann natürlich auch ganz grundsätzlich Werturteile fällen. Werturteile sind subjektiv und Standort gebunden, wir können nicht den Standpunkt eines mittelalterlichen Herrschers einnehmen. Deshalb können wir Karl den Großen nicht einfach nur "aus seiner Zeit heraus" bewerten (aber auch!)
Um die Leistung eines Herrschers der Antike oder des Mittelalters gerecht zu beurteilen, müssen wir ihn im Kontext der Moralvorstellungen seiner Zeit sehen.
Das Etikett "Massenmörder"... müssten wir dann nicht nur Karl ...anheften... Da wir das bekanntlich nicht tun, sieht die große Mehrzahl der Historiker solche Persönlichkeiten in der Tat im Rahmen ihrer Zeit und bewertet auch ihre Leistung nach den Konventionen und moralischen Maßstäben ihrer jeweiligen Epoche.
Das ist ein Problem-Evergreen, auch hier im GF, wobei es regelmäßig nicht weiterhilft, mit "wir" oder "Mehrzahl" zu argumentieren, und auch die Einführung eines Begriffs wie "gerecht" finde ich recht zweischneidig.

Über die Scheidung zwischen Sachurteil und Werturteil denke ich gern noch weiter nach. Das könnte ich mir sparen, wenn ich das Werturteil ganz vermeiden oder für unzulässig halten wollte. Denn die Crux liegt doch ganz offenbar auch in der Frage, wer denn die "Konventionen und moralischen Maßstäbe" einer Epoche definiert. Hier lautet eine schlichte These: Das ist immer der, der Erfolg hatte bzw. Sieger war - Geschichtsschreiber haben sich zu allen Zeiten gern in dessen Enddarm eingenistet.

Ich nehme mal die Kernaussage Rankes über Karl: [1] "Im Laufe der Zeit hat sich aber die Idee moralischer und historischer Größe unwiderruflich an diesen Namen geknüpft" und frage: Worin bestand Karls moralische Größe in Relation zu den moralischen Maßstäben seiner Epoche?


[1] Weltgeschichte. 1.-3. Aufl. Leipzig 1884, 5. Th., 2. Abth., S. 106
 
Eine Beurteilung des Handlung von "Karl" und den anderen historischen Persönlchkeiten kann doch eigentlich nur vor dem Hintergrund des immanenten Verstehens des damaligen Selbstkonzepts der Akteure, dem Vorhandensein der damaligen Normen, der damaligen subjektiven Deutung der objektiven Machtstrukturen und der subjektiven Interpretation der real vorhanden Konstellationen internationalen Politik.

Diese Aspekte bildetetn seinen Horizont, in dem er seine Handlungsalternativen bestimmt hat. Hätte "Karl" Zugang zu den Moralvorstellung von heute gehabt, via Zeitreise, vielleicht wären seine Entscheidungen anders ausgefallen.

Dieses wäre m.E. der angemessene erste Schritt einer historischen Rekonstruktion der Persönlichkeiten und genau an diesem Punkt würde ich auch die Kernkompetenz von Historikern verorten. In diesem Sinne besteht ihr Job aus der Leistung einer "historisch orientierten Empathie".

Wohlwissen, dass sie als Personen des 21. Jahrhundert dieses lediglich begrenzt leisten können. Zudem sicherlich aufgrund des breiteren Zugangs an Quellen eine "Über-Objektivierung" des subjektiven Handlungsspielraum der damaligen Akteure vornehmen.

Vor diesem Hintergrund ist "Bewunderung" vermutlich eine ahistorische Perspektive für derartige historische Personen und stimme der Beurteilung von Dieter #150 tendenziell zu.

[OT Anmerkung: Für diesen Beitrag bekomme ich einen Roten, was ok ist. Die Frage, ob ich weiss, was ich schreibe, irritiert mich dennoch. Wenn es etwas gibt, was inhaltlich zu kritisieren wäre, dann dürfte man doch wohl eine inhaltliche Kritik erwarten. Zumal ich mir der Implikationen durchaus bewußt bin, sofern man meine Aussage zu Ende denkt. Bei jschmidt findet sich dementsprechend der wichtige Hinweis auf die Rolle der Deskription bzw Präskription im Verhältnis zur normativen Aussagen.

Bei der Frage der Polarisierung zwischen angemessenem Verstehen und angemessener Bewertung einer historischen Persönlichkeit, kann m.E. nur zunächst das Verstehen im Vordergrund stehen und in zweiter Linie ein normatives Urteil. Diesem Vorgehen sind m.E. auch die meisten heutigen Historiker gefolgt, die sich mit den historischen Phänomenen in den letzten hundert Jahren beschäftigt haben. In diesem Sinne möchte ich die Frage des Bewertenden beantworten, dass ich in der Regel durchaus weiss, was ich schreibe.]
 
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