Kavallerieattacke

Natürlich spielt das Gelände grundsätzlich auch eine gewisse Rolle: der Schwachpunkt leichter Reiterei mit Bögen ist diesbezüglich ihr vergleichsweise enormer Platz-/Raumbedarf, der Schwachpunkt schwerer Reiterei mit Lanzen, daß sie festen, zumindest einigermaßen ebenen Boden sowie Platz für den Lanzenangriff benötigen (sumpfiges, bergiges und/oder stark bewaldetes Terrain ist für sie von Nachteil).
Wir dürfen dies aber - ich beschränke mich dabei jetzt wieder auf die Ritter und Sergenten - wiederum auch nicht allzu stark überbewerten: das Beispiel Tannenberg 1410 zeigt recht gut, daß der Deutsche Orden diese Schlacht einerseits nicht zwangsläufig verlieren mußte und andererseits eben auch nicht wegen des für die Ordensreiterei außerordentlich ungünstigen Geländes verloren hat.
 
Disziplin der Ritterheere!

Es gibt doch die These:
Tagliacozzo ging verloren, weil das staufische Heer plünderte.
 
Ich glaube deshalb nicht, dass dies für das Thema Kavallerieattacke im Mittelalter relevant ist. Eher dürften, zumindest in vielen Gegenden, Feuchtgebiete und Moore, heute meist entwässert, ein möglicher Faktor gewesen sein.
An den Aspekt hatte ich auch schon gedacht.

Ich glaube mich erinnern zu können, dass Delbrück auch den Geländehindernissen z.B. im Fall der Schlacht bei Hohenmölsen einen hohen Stellenwert einräumte.
 
Disziplin der Ritterheere!

Es gibt doch die These:
Tagliacozzo ging verloren, weil das staufische Heer plünderte.
Disziplin des Fussvolks bei einer Kavallerieattacke !
Wilhelm Weigand

So etwas - Auflösung von Ordnung und Disziplin nach Teilerfolgen - findet sich in verschiedenen Fällen verschiedener Regionen und Kulturkreise; ein Beispiel:
Schlacht von Uhud schrieb:
...
Zuerst stand das Schlachtglück auf Seiten der Muslime, was Ibn Ishaq auf die Hilfe Allahs zurückführte. Die Muslime schnitten die Quraisch von ihrem Lager ab und deren Frauen und Diener flohen. Die Fahnenträger wurden getötet. Als dann aber die muslimischen Bogenschützen ihren Posten verließen und sich dem Lager der Quraisch zuwandten, weil sie dachten, die Schlacht sei gewonnen und sie nun plündern wollten, erkannte Chalid ibn al-Walid seine Chance. Die Reiter der Quraisch hatten nun freien Zugang in die hinteren muslimischen Reihen. Die Fahne wurde zurückerobert.

Nachdem die Muslime von ihrer Deckung entblößt waren, fügten ihnen ihre Feinde große Verluste zu. Sogar Mohammed wurde getroffen. Ein Stein schlug ihm einen seiner Schneidezähne aus, verbeulte seinen Helm, verletzte ihn im Gesicht und an der Lippe und warf ihn um.
...
Von Schlacht von Uhud – Wikipedia



Zurück bzw. angewandt auf das Thema der Ritter: es hat schon seine Gründe gehabt, daß die diesbezüglichen Regularien und Vorschriften bei den Ritterorden ausdrücklich das Verlassen - und gemeint ist damit bereits das leichte Ausscheren - der eigenen Reihe verboten und immer wieder mit Nachdruck auf dem Sammeln unter dem Ordensbanner insistierten.
Anm.: Daß selbst bei den Ritterorden dabei Anspruch und Realität mitunter auseinander klafften, bezeugt bspw. Tannenberg 1410, doch steht dies auf einem anderen Blatt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube mich erinnern zu können, dass Delbrück auch den Geländehindernissen z.B. im Fall der Schlacht bei Hohenmölsen einen hohen Stellenwert einräumte.

Er tut dies auf jeden Fall für die Schlacht bei Courtray:

Delbrück, Hans/Geschichte der Kriegskunst/3. Teil. Das Mittelalter/4. Buch. Das späte Mittelalter/1. Kapitel. Phalangen-Schlachten. Bürgerwehren und Landsturm-Aufgebote/Die Schlacht bei Courtray - Zeno.org

@ Timotheus; Sry, habe ich tatsächlich falsch gelesen.

es hat schon seine Gründe gehabt, daß die diesbezüglichen Regularien und Vorschriften bei den Ritterorden ausdrücklich das Verlassen - und gemeint ist damit bereits das leichte Ausscheren - der eigenen Reihe verboten und immer wieder mit Nachdruck auf dem Sammeln unter dem Ordensbanner insistierten.

Jedes offizielle Verbot weist sowohl darauf hin, dass ein bestimmtes Verhalten unerwünscht ist, als auch, dass es regelmäßig vorkommt, sonst müsste man es nicht verbieten... ;)
 
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Jedes offizielle Verbot weist sowohl darauf hin, dass ein bestimmtes Verhalten unerwünscht ist, als auch, dass es regelmäßig vorkommt, sonst müsste man es nicht verbieten...
Das denke ich auch immer, auch wenn sich bei mir der Eindruck eher durch andere Themen festgesetzt hat.

Grundsätzlich scheint mir aber wahrscheinlich, dass die Ordensheere vergleichsweise disziplinierter waren als die normalen Lehnsaufgebote. Ich denke immer, die Ordensritter waren weniger von ihrer Kernaufgabe abgelenkt.
Ob sie mehr übten kann ich freilich nicht sagen.
 
Grundsätzlich scheint mir aber wahrscheinlich, dass die Ordensheere vergleichsweise disziplinierter waren als die normalen Lehnsaufgebote. Ich denke immer, die Ordensritter waren weniger von ihrer Kernaufgabe abgelenkt.
Ob sie mehr übten kann ich freilich nicht sagen.

Die Ordensheere waren ja im Gegensatz zu den weltlichen Heeren keine Schlachthaufen, welche sich aus Bannern und Lanzen gemäß der Lehensabhängigkeiten zusammensetzten, sondern hatten eher die Charakteristik der ansonsten während des europäischen Mittelalters nicht üblichen stehenden Heere.

Abgelenkt von militärischen Aufgaben waren z.B. die Templer mit Sicherheit kaum, denn sie waren ein reiner Kampforden. Die Johanniter bspw. waren dagegen jedoch ein ursprünglicher Hospitalsorden, der sein Aufgabengebiet auf den aktiven Pilgerschutz - und damit auf militärische Aufgaben - ausgeweitet hatte, so daß bei ihnen der Kampf nicht die einzige Kernaufgabe war.
Allerdings existierte in allen Ritterorden eine Aufgabenteilung - was auch Sinn machte, denn sämtliche Ordensgüter mußten bewirtschaftet und verwaltet, Hospitäler, Siechenhäuser und Hospize (soweit vorhanden) unterhalten, Seelsorge abgeleistet werden etc.

Was ihre Übung betrifft, so waren - obgleich es diesbezüglich von Orden zu Orden Unterschiede gab - die Ordensritter gegenüber weltlichen Rittern bzgl. Übungsfeldern eingeschränkt: "trocken" zu üben war nahezu unmöglich, denn die dafür existierenden Möglichkeiten - Jagd und Turnier - waren ihnen ja gerade verboten.
 
Was ihre Übung betrifft, so waren - obgleich es diesbezüglich von Orden zu Orden Unterschiede gab - die Ordensritter gegenüber weltlichen Rittern bzgl. Übungsfeldern eingeschränkt: "trocken" zu üben war nahezu unmöglich, denn die dafür existierenden Möglichkeiten - Jagd und Turnier - waren ihnen ja gerade verboten.
Na ja, trainiert werden sie wohl haben, aber dann eher Mann-Mann, was auch Vorteile haben kann, zumal sich die Ordensritter doch gut geschlagen haben. Beim Turnier war das doch nicht viel anders ... :winke:
 
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Erm, lest doch bitte genau, ehe Ihr gegen Dinge angeht, die ich so gar nicht geschrieben habe...

Na ja, trainiert werden sie wohl haben, aber dann eher Mann-Mann, was auch Vorteile haben kann, zumal sich die Ordensritter doch gut geschlagen haben. Beim Turnier war das doch nicht viel anders ... :winke:

Natürlich haben sie trainiert, und von Waffenübungen Mann-gegen-Mann in Ordensburgen und ähnlichen Standorten dürfen wir wohl auch getrost ausgehen.
ABER - und darum ging es in meinem Beitrag - was sich dem weltlichen Ritter an Möglichkeiten zur Trockenübung bot - eben Jagd und Turnier - war Ordensrittern gewöhnlich (es gab Ausnahmen sowie Unterschiede von Orden zu Orden) verboten.
 
Natürlich haben sie trainiert, und von Waffenübungen Mann-gegen-Mann in Ordensburgen und ähnlichen Standorten dürfen wir wohl auch getrost ausgehen.
ABER - und darum ging es in meinem Beitrag - was sich dem weltlichen Ritter an Möglichkeiten zur Trockenübung bot - eben Jagd und Turnier - war Ordensrittern gewöhnlich (es gab Ausnahmen sowie Unterschiede von Orden zu Orden) verboten.
Ja, das ist aber dennoch das Problem. Wenn sie nur Waffenübungen Mann-gegen-Mann übten, dürften sie, wenn sie nicht als erfahrene Haudegen, die schon viele Treffen mitgemacht haben, galten, eben kaum vom Kampf in Formation verstanden haben.
Darum würde ich annehmen, dass die Aufstellungen so unkompliziert wie möglich waren, so dass sich der Mangel an Kenntnis hinsichtlich des Kampfes in größeren Verbänden nicht auswirkte.
Zum anderen müsste man freilich wissen, wie weit überhaupt Stabswesen Schlachtpläne ausarbeiteten. Zum Teil wird man das ja eher am Ablauf selbst als an Unterlagen aus der Planungsphase ablesen können.
 
... das ist aber dennoch das Problem. Wenn sie nur Waffenübungen Mann-gegen-Mann übten, dürften sie, wenn sie nicht als erfahrene Haudegen, die schon viele Treffen mitgemacht haben, galten, eben kaum vom Kampf in Formation verstanden haben.
Darum würde ich annehmen, dass die Aufstellungen so unkompliziert wie möglich waren, so dass sich der Mangel an Kenntnis hinsichtlich des Kampfes in größeren Verbänden nicht auswirkte.
Zum anderen müsste man freilich wissen, wie weit überhaupt Stabswesen Schlachtpläne ausarbeiteten. Zum Teil wird man das ja eher am Ablauf selbst als an Unterlagen aus der Planungsphase ablesen können.

Wie bereits geschrieben gehe auch ich nicht vollständig mit der alten Sichtweise a la Hans Delbrück 100% konform. In einem Punkt aber liegt er mE nach wie vor richtig: ausgefeilte Schlachtpläne u. dgl., wie wir sie von späteren neuzeitlichen Armeen kennen, hat es in Ritterheeren so noch nicht gegeben. Deren Kampfweise war vergleichsweise bieder: einmal traf man sich ja zur ausgemachten Zeit am abgesprochenen Ort zum Kampf, andererseits war auch der Ablauf, wie Aufstellungen, Angriffe, Attacken etc. zu geschehen hatten, grundsätzlich vordefiniert (z.B. man legte keinen Hinterhalt, und es war ebenso undenkbar, daß man seinen ritterlichen Gegner mit der Armbrust aus dem Sattel schoß anstatt den Lanzengang zu vollführen etc. pp.).
Was den Kampf in Formation(en) betrifft, so hat Delbrück ebenso grundsätzlich noch immer Gültigkeit: die primäre und wichtigste Richtlinie war es, sich in die Formation einzuordnen und diese nicht eigenmächtig zu verlassen. Daß dies bei den Ritterorden besonders konsequent eingehalten wurde - auch wenn selbst diese nicht in allen Fällen von Abweichungen und diesbezüglichen Verfehlungen frei waren (insbes. dann ab dem Spätmittelalter - siehe Tannenberg 1410) -, läßt sich v.a. aus der Bedeutung der Ordenskontigente in den christlichen Heeresverbänden der Orientkreuzzüge ableiten. Dort war der Kampfwert von Templern, Johannitern, Deutschherren etc. vergleichsweise enorm, wenn man ihn in Relation zu ihrer vergleichsweise geringen Zahl bzw. ihres geringen prozentualen Anteils setzt.
 
Aus der praktischen Erfahrung sollten noch einige Aspekte berücksichtigt werden.

Zum einen der Sattel.
Die Militärsättel der modernen Kavallerie sind nicht mit denen des Mittelalters vergleichbar. Letztere besitzen einen hohen Hinterzwiesel, der einen Aufprall abfangen und den möglichen Sturz hindert. Der Reiter wird gegen den Zwiesel gedrückt und von der Hinterhand des Pferdes aufgefangen - übrigens ein weiterer Grund, warum Hengste bevorzugt wurden: sie haben mehr Kraft.

Zum anderen wird in diesem Sattel gänzlich anders geritten, denn man sitzt alle Gangarten - im wahrsten Sinne des Wortes - aus, lediglich im Galopp steht der Reiter in den Steigbügeln, bzw. stemmt sich gegen den Hinterzwiesel. Das wiederum spricht gegen den Trab als Endgeschwindigkeit im Angriff. Dieser ist einfach unruhiger, was bedeutet, daß eine ca. 3m lange Lanze, ständig aus dem Ziel läuft.
Im Galopp sieht die Sache schon anders aus. Der Reiter steht verhältnismäßig fest in den Bügeln, die hohe Geschwindigkeit sorgt für eine relativ ruhige Lage der Lanze und läßt ein Anvisieren zu.
Daß tatsächlich galoppiert wurde, veranschaulichen die dokumentierten Stürze (bspw. Codex Manesse, Tafel 22 "Herr Walher von Klingen", Tafel 25 "Herr Heinrich von Frauenberg", Tafel 63 "Albrecht Marschall von Rapperswill"). Denn im schlechten Fall wird das Pferd auf die Hinterhand niedergedrückt, und der Reiter aus dem Sattel geworfen. Im übelsten Fall werden Pferd und Reiter gemeinsam umgeworfen. Wirkungen, die nur durch die Kraft des Lanzenführenden unmöglich erzeugt werden können.
Schlechtes Gelände, resp. eine schlechte Ausgangsposition, z.B. gegen eine Anhöhe anreiten, bewirkt ihr Übriges.

Zur neueren Deutung läßt sich Lehnart detailliert aus (LEHNART, Ulrich: "Kampfweise und Bewaffnung zur Zeit der Schlacht von Worringen."; in: SCHÄFKE, Werner (Hrsg.): "Worringen 1288 - Historische Entscheidung im europäischen Nordwesten"; Handbuch zur Wanderausstellung, Köln 1988, S. 155 ff.
ders.: "Die Schlacht von Worrigen 1288 – Kriegsführung im Mittelalter – Der Limburger Erbfolgekrieg unter besonderer Berücksichtigung der Schlacht von Worringen, 5.6.1288."; Afra-Verlag, Frankfurt a. Main 1993 ISBN 3-923217-66-8 ).
 
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