Keine Zweihänder?

Fenrir

Mitglied
Hi Leute ich überlege mir ein Wikingerschwert zu kaufen und es sollte möglichst realistisch sein auch wenn ich sehr auf Klischee's stehe und daher würde mir ein großer Zweihänder gefallen.

Ich habe jetzt ein bisschen das Internet durchforstet und auf einigen Seiten kann man sich ja Wikingerschwerter bestellen. Doch alle Schwerter die ich finde sind Einhänder (denke so 90cm - das ist doch noch einhand oder?) bzw. auch Saxe.

Jetzt möchte ich gerne wissen: Hatten Wikinger denn überhaupt Zweihänder?

Ich hoffe ihr könnt mir (wie so oft) helfen.
Fenrir
 
Bidhänder entstanden meines Wissens erst im Spätmittelalter und wurden in den nordischen Ländern nicht verwendet.

Benötigt wurden sie eigentlich nur wegen der besseren Panzerung der Kämpfer. Und die Wikinger waren ja nicht gepanzert, zumindest nicht so wie die Ritter? Dann war diese Entwicklung auch nicht notwendig...
 
Ich bin nicht sicher ob die Schmiedekunst im Frühmittelalter schon in der Lage war überlange zweihändige Schwerter zu schmieden. Falls ja, dann waren sie wohl noch nicht so verbreitet.
Typische Waffen der Wikinger waren Holz oder Lederschild, das (einhändige)Schwert auch die Streitaxt, Speer für den Nahkampf sowie Pfeil und Bogen und auch Wurfäxte besonderer Anfertigung, für den Fernkampf. Meist setzten die Wikinger bei ihren Raubzügen auf schnelle überraschende Überfälle, weshalb sie keine besonderen Taktiken, Formationen oder Waffengattungen benötigten. Wenn es doch einmal zu längeren Landmärschen und größeren Schlachten kam (wie etwa auf dem englischen Festland) wurde typischerweise im Schildwall gekämpft, d.h. Bewaffnung Speer und Schild. Beim Aufeinanderprall zweier Schildwälle wurde dann das Schwert, bevorzugt auch ein Messer/Kurzschwert, das Sax, gezogen um dem Gegner in nächster Nähe zuzusezten. Auch die Streitaxt war eine gefährliche Waffe im Schildwall, da mit dem gebogenen Mettaldorn der gegnerische Schild "geangelt" werden konnte, sodass der Nebenmann auf den ungedeckten Gegner schlagen konnte. Außerdem könnte man mit einer punktuellen Waffe wie der Streitaxt (besonders einer schweren beidhändigen) sehr gut einen gegnerischen Schild zertrümmern.
Kavallerie spielte wohl eine eher untergeordnete Rolle bei den Wikingern.

Fazit: Von einem Zweihänder ist abzuraten, da nicht authentisch. Wenn du auf Originalität stehst dann kaufe dir das Sax, eine genuin nordische Waffe oder auch das Wikingerschwert. Wenn du auf Klischees stehst dann kaufe dir eine Doppelköpfige Zweihandaxt.
 
Die Wikingerschwerter waren nicht lang genug und somit keine typischen Zweihandschwerter. Die gab es erst später. Die Schwerter waren aber so hergestellt, dass man zumindest kurzzeitig für starke Hiebe mit der zweiten Hand die Kraft verstärken konnte.
Wenn Du Dich für die Waffen der Wikinger interessierst, dann schau doch einfach mal in die "Altnordische Waffenkunde" von Hjalmar Falk.
 
Axt oder Speer dürften neben dem Schild die trypische Wikingerwaffe sein. Schwerter waren eher was für reiche Leute.
Zweihandschwerter kannten die Wikinger nicht.
 
Es gab definitiv Wikingerschwerter die Zwei- bzw. Anderthalbhänder waren!
Mir sind bisher zweimal Bilder solcher Funde mit überlangem Heft untergekommen.
ALLERDINGS sind das quasi die absoluten "Freaks" unter den sogenannten "Wikinger-Schwertern", da sie total aus der Reihe tanzen und vollkommen atypisch sind. Mit ihrer kurzen Parierstange und dem langen Heft, sehen sie auch ziemlich unästhetisch aus (meine persönliche Meinung). Würde mich auch wundern, wenn man irgendwo eine Replik dieser Schwerter "von der Stange" kaufen könnte.

Wie hier bereits gesagt wurde: Der typische Wikinger nutzte eine einhändig geführte Waffe.
Die Zweihänder die es so zu kaufen gibt, haben mit dem Mittelalter nur mehr am Rande etwas zu tun (eher frühe Renaissance) und mit den Wikingern gar nichts mehr.

Du musst dich also de facto entscheiden: Entweder Wikinger, oder Zweihänder.

Wenn du Authentizität willst, dann kann man nur Albion empfehlen:
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Die kosten zwar ordentlich, gehören aber mitunter zum Besten was es so gibt.
 
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Es gab definitiv Wikingerschwerter die Zwei- bzw. Anderthalbhänder waren!
Mir sind bisher zweimal Bilder solcher Funde mit überlangem Heft untergekommen.
ALLERDINGS sind das quasi die absoluten "Freaks" unter den sogenannten "Wikinger-Schwertern", da sie total aus der Reihe tanzen und vollkommen atypisch sind. Mit ihrer kurzen Parierstange und dem langen Heft, sehen sie auch ziemlich unästhetisch aus (meine persönliche Meinung). Würde mich auch wundern, wenn man irgendwo eine Replik dieser Schwerter "von der Stange" kaufen könnte.

Dürften das nicht eher Schmuck- bzw. Ritualschwerter gewesen sein?
 
Das waren funktionstüchtige Waffen, die bis auf das überlange Heft, den anderen Schwertern dieser Epoche absolut glichen. Kein zusätzlicher Schmuck oder sonstiges Spezial-Brimbori.
Ob sie einen besonderen Verwendungszweck (für z.B. kultische Handlungen) hatten, oder bloß seltene Sonderanfertigungen für Kämpfer waren, die meinten ein Schwert beidhändig führen zu müssen, entzieht sich meiner Kenntnis. Mutmaßungen dazu gibt es aber.
Hängt wohl auch vom jeweiligen Einzelfall ab.

Bei myarmoury.com weiß man möglicherweise mehr - dort sind mir die Bilder dieser Waffen einst auch untergekommen.

NAchtrag:
Hier ein Foto eines dieser seltsamen Schwerter:
http://www.swordforum.com/forums/attachment.php?attachmentid=41348&d=1125588001
 
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Na sowas. Danke an alle, eure Antworten waren sehr hilfreich und informativ. Dann hatte ich wohl immer das falsche Bild vom Wikinger.

Da sieht man aber mal wie Hollywood (Buliwyf mit seinem großen Zweihänder aus der 13. Krieger) einem einen Bären aufbinden kann.

Das hat mich jetzt regelrecht schockiert
 
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Hi ich muss jetzt doch nochmal nachfragen.

Habe diese Seite gefunden: ist das schlicht gelogen oder stimmt es was da steht? Es soll historisch nachvollziehbar sein.

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Zum Glück muß man über Schwertformen im Mittelalter nicht spekulieren. Es gibt ausreichend Literatur darüber, von wirklichen Fachleuten. Bezüglich wikingerzeitlicher Blankwaffen empfehle ich Petersen, Wheeler oder Oakshot. Was sich in deren Typifizierungen nicht findet, kann man getrost als unhistorisch abtun.
 
Du schlägst also vor dich immer an bestehende Systeme zu klammern? Entschuldigung aber das ist genau das was man nicht tun soll, sondern man sollte vielmehr bestehend kontinuierlich bestehende Systeme hinterfragen um sie gegebenenfalls zu verbessern. Wenn wir immer diese Einstellung haben würden.. wären wir dann noch bei den Einstellungen die Mommsen vertreten hat? Zum Thema, wieso sollte es sich dabei nur um Beutestücke gehandelt haben? Was spricht dagegen das es Auftragsstücke für Exzentriker gab? Ich glaube kaum das jeder Schwertbesitzer ein Schwert "von der Stange" kaufte. Und nur weil sie sehr vereinzelt gefunden wurde heißt es nicht das es sie nicht gab. Es gab auch, wenn ich mich richtig erinnere nur einen Helmfund in einem Wikingergrab. Handelt es sich deshalb nur um Beutestücke?
 
@afkpu
Nur, das so ein Prügel von 1-.. Kg äußerst schwer aus Raffinierstahl herzustellen ist, von Hand sehr schwer zu Schleifen und Polieren ist, man damit nirgends angeben kann, weil man so´n Ding schlecht mit sich nehemen kann, u.u.u.

Damit ist so ein Teil 1. äusserst teuer und 2. äusserst selten zu gebrauchen.
Wozu braucht der Nordmann ein Schwert? Zum Angeben und Leute umbringen ohne selbst das Leben zu verlieren. Wozu brauchte der Deutsche son Teil? Zum Leute umbringen und für höchsten Sold. Den bekam der Nordmann nicht, nur Beuteanteile.

Was sollte er also mit einem Teil, das ein Jahreseinkommen kostet und von dessen Einsatz er nichts hat, weil er Tot ist?
Die hier gezeigten Funde zeige Angeln von vllt 1 1/2 Händern, über die Länge der Klinge gibts keine Aussage.
 
In diesem Fall mag die Aussage ja angebracht sein, zumal ich kein besonderer Experte für nordische Schwerttypen bin, es ging mir allerdings hauptsächlich um die Aussage die so klang als ob man sich, sofern "Fachmänner" einige Thesen scheinbar schlüssig aufgestellt haben, nicht mehr selber um den Sachverhalt kümmern muss sondern getrost kopieren kann.
 
@Afkpu

Die Werke der von mir genannten Autoren sind schon etwas älter und daher auch ständig erweitert worden. Oakshot hat sich mehrfach selbst verbessert bei späteren Ausgaben seines Katalogs. Die Einteilungen der Waffen nach Petersen oder Wheeler oder Oakshot sind also keineswegs feste Systeme, die nicht mehr ergänzt werden könnten. Was es dazu braucht, sind Funde von Schwertformen, die noch keinem der bisher definierten Typen entsprechen. Also, zeig mal den Fund eines wikingerzeitlichen Zweihänders, auf den du dich beziehst.

Lies doch zumindest mal Oakshot. Da steht was über Schwerter "von der Stange" drin, was dich wahrscheinlich interessiert.
 
Dabei dürfte es sich aber eher um Beutestücke gehandelt haben.

Worauf beruht diese Annahme?
Heft und Knauf dieser speziellen Schwerter sind nordisch (siehe z.B. das von mir oben verlinkte Bild) und Zweihänder waren auch bei den Völkern jener Epoche unüblich, mit denen die Wikinger (kriegerisch) in Kontakt kamen (Zweihänder konnten also kaum erbeutet werden) .

@pan narrans: Nein, was sich bei Oakeshott und Petersen nicht findet, darf man auf keinen Fall automatisch als unhistorisch abtun!
Es gibt etliche Funde, bei denen Klingengeometrie, Klingenlänge usw. usw. von den klassischen Typen deutlich abweichen.
Oaekshott schreibt das auch selbst.

Wo immer Vorsicht geboten ist, ist bei Herstellern von scheinbar typischen Repliken.
Vieles was auf den ersten Blick historisch korrekt erscheint, ist es auf den zweiten Blick nicht.
Siehe z.B. der meist nicht korrekt vernietete, zweiteilige Knauf von etlichen "Wikingerschwertern" - quasi der Standardfehler schlechthin.

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Ich möchte zu bedenken geben, dass ein Zweihandschwert bei der Kampfesweise der Nordmänner wenig Sinn machte. Die übliche Schlachtformation war der Schilderwall und da konnte man so ein Ding nur schlecht zum Einsatz bringen.

Man könnte zwar einwenden, dass die langen Zweihandäxte der Huskarls auch zweihändig geführt wurden, aber diese dienten gerade um sich im Schilderwall den Weg zu bahnen, sei es in den der gegnerische Schild zerschlagen wurde (mit der geringeren Wucht eines Zweihandschwertes unwahrscheinlich) oder in dem der obere Rand eingehakt und der Schild heruntergezogen wurde (mit dem Schwert auch nicht möglich).

Die späteren Bihänder wurden zwischen Kämpfern mit Stangenwaffen und ohne Schilder verwendet. Die Anderthalbhänder waren dagegen Reiterwaffen. Das lange Heft diente mehr als Gegengewicht als zum beidhändigen greifen.
 
Worauf beruht diese Annahme?
Heft und Knauf dieser speziellen Schwerter sind nordisch (siehe z.B. das von mir oben verlinkte Bild)
Also ein Charakteristikum für "nordisch" kann ich nicht erkennen. Leider steht die Fundstelle nicht dabei.

Natürlich gab es extravagante schwerter mit allerlei Zierrat. Nur war die Bewaffnung in Norwegen zur Wikingerzeit gesetzlich vorgeschrieben und wurde durch Waffenappelle der königlichen Beamten überprüft. Dazu gehörte auf jeden Fall ein Schild. Dazu ein Bogen mit 12 Pfeilen. Um ein Schild zu tragen und einen Zweihänder zu führen, braucht man drei Arme.:fechtduell:

Die Wikinger nahmen ihre Bewaffnung zunächst von Hause mit. Aber im Feindesland könnte man so ein Schwert erbeutet haben. Gekauft hat man es sicherlich nicht, denn es war zusammen mit dem Schild nicht verwendbar.

Eine andere Möglichkeit wäre ein Zeremonialschwert. Aber ich halte das für unwahrscheinlich; denn es ist kein Ritual bekannt, bei dem ein Schwert verwendet wurde.

Wie gesagt - man müsste wissen, wo es gefunden wurde.
 
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