Galveano Fiamma (1345): Kenntnisse über Amerika

Kochant

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Die Existenz von Amerika soll zwischen den Wikingerfahrten und Kolumbus auch bekannt gewesen sein:

… Seeleute dort (im Hafen von Genua) erzählten schon 150 Jahre früher (als Kolumbus lebte) von einem Land jenseits des Ozeans.

Sie erzählten es sicher vielen. Aber einer, der es aufschrieb und dessen Werk erst jetzt wiederentdeckt wird, war der Mailänder Ordensbruder Galvaneus Fiamma. Auf das Jahr 1345 datiert die „Cronica Universalis“, Hauptwerk des frommen Mannes mit dem feurigen Namen. Dort zu lesen steht etwas von einer „terra que dicitur Marckalada“, einem Lande namens Marckalada.

"Eine Terra namens Marckalada" in einer Mailänder Chronik: Amerika, schon 150 Jahre vor Kolumbus kein unbekanntes Land - Wissen - Tagesspiegel
 
Bei all diesen Diskussionen über die Kenntnis der Existenz von „Amerika“ in der Zeit zwischen den Wikingern und Kolumbus wird ein wichtiger Punkt ausgespart: Die Wikinger hatten vermutlich keine Ahnung von der tatsächlichen Größe des von ihnen entdeckten Landes. Was sie entdeckten, waren verschiedene kleinere und größere Landmassen im Nordatlantik. Dass sie nach Süden bis in die Region reichen, die Kolumbus auf seiner Fahrt von den Kanaren westwärts passierte, vermuteten wohl weder sie noch sonst jemand.

Dass es im Atlantik größere und kleinere Landmassen gab, war ohnehin eine verbreitete Vorstellung, siehe z. B. die Insel „Antilia“ oder die Insel, die der hl. Brendan gefunden haben soll. Spätmittelalterliche Karten zeigten oft eine ganze Reihe fiktiver Inseln im Atlantik.

Insofern halte ich es für problematisch, von einer Kenntnis „Amerikas“ zu sprechen. Was wohl mehr oder eher weniger bekannt war, waren nur weitere Landmassen im Nordatlantik, die sich zu den diversen anderen vermuteten Landmassen im Atlantik gesellten.
 
Laut dieser Weltchronik Markland, westlich von Grönland, in dem Riesen in großen Steinhäusern wussten. Mehr als die Wundergerschichte "weiß" der Mailänder Dominikanermönch nicht über Markland zu berichten. Es ist ein altes Topos antiker und mittelalterlichen Geografen am Rand der bekannten Welt Fabelwesen wie Riesen, Hundsköpfe, Höhlenmenschen, Einfüßer etc. zu platzieren.
Sein Bericht über Grönland ist auch anekdotenhaft. Die Grönländer demnach unterirdisch, weil sie sich vor den großen weißen Bären verstecken müssen. Sie sitzen dann in ihren Gruben und schweigen, damit die Tiere sie nicht entdecken.
Dem Artikel im Tagesspiel möchte ich daher widersprechen. Das, was in der Weltchronik steht, ist auch Seemannsgarn!

Als Galvano Fiamma über Grönland schrieb, war die Besiedlung wahrscheinlich weitgehnd erloschen oder wenigstens kurz davor. Die Kirche wusste natürlich schon immer von den Grönlandern, denn sie waren Christen und hatten bis zuletzt einen eigenen Bischof.

Die Entdeckung der Landmasse, die wir heute Amerika nennen, ist auch Frage der Deutung. Hält man das Land für eine Insel westlich von Grönland, östlich von "Indien" oder eben für einen eigenständigen Kontinent.
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Abend,
eine Analyse antiker Schriften legt nahe, dass Seefahrer aus der italienischen Heimatstadt von Christoph Kolumbus Amerika 150 Jahre vor seiner berühmten „Entdeckung“ kannten. Bei der Transkription und Detaillierung eines Dokuments aus dem Jahr 1345 eines Mailänder Mönchs, Galvaneus Flamma, hat ein Experte für lateinische Literatur des Mittelalters eine „erstaunliche“ Entdeckung einer „außergewöhnlichen“ Passage gemacht, die sich auf ein Gebiet bezieht, das wir heute als Nordamerika kennen.
Quelle:
Italian sailors knew of America 150 years before Christopher Columbus, new analysis of ancient documents suggests
Also war Kolumbus nicht der erste Entdecker Amerikas?
 
Hier der von Paolo Chiesa publizierte Auzug (bzw. ein Abschnitt davon, ich habe ihn nicht vollständig kopiert) aus der Cronica universalis

Postea versus tramontanam est mare occeanum, ubi sunt insule multe in quibus nascuntur falcones peregrini et gyrifalchi in maxima quantitate. Et iste insule sunt tantum versus tramontanam quod stellatramontana remanet a tergo versus meridiem.
Et dicunt marinarii qui conversantur in mari Datie et Norvegye quod ultra Norvegiam versus tramontanam est Yslandia. Et inde est insula dicta Grolandiaubi tramontana stat a tergo versus meridiem, ubi unus episcopus dominatur. Ibi non est granum necvinum nec fructus, sed vivunt de lacte et carnibus et piscibus. Habent domus subterraneas in quibus habitant, nec audent clamare vel aliquem rumorem facere ne bestie eos audirent et devorarent. Ibi sunt ursi albi magni nimis, qui natant per mare et naufragos ad litus conducunt; ubi nascuntur falcones albi magni volatus qui mittuntur ad imperatorem Tartarorum de Kata.
Inde versus occidensest terra quedam que dicitur Marckalada, ubi gigantes habitant et sunt hedifitia habentia lapides saxeos tam grandes quod nullus homo posset in hedifitio collocare nisi essent gygantes maximi. Ibi sunt arbores virides et animalia et aves multe nimis. Nec umquam fuit aliquis marinarius qui de istaterra nec de eius condictionibus aliquid scire potuerit pro certo.
Ex his omnibus apparet quod sub pollo artico est habitatio.
Wenn Galvaneo Fiamma (Galvaneus Flamma) nicht über Cusco geschrieben hat, fällt mir keine präkolumbianische Stätte ein, wo sich Gebäude befinden, die aus Steinen gebaut sind, bei denen man sich nur schwer vorstellenkann, dass diese mit Menschenkraft bewegt wurden, also wo man von Gebäuden (hedifitia) spricht, die nur von Giganten gebaut sein könnten wegen der lapides saxeos tam grandes, quod nullus homo posset ... collocare. Die mesoamerikanischen Pyramiden sind meines Wissens aus Bruchstein errichtet (ich war aber noch nie vor Ort, aber das was ich von Bildern kenne ist so). Auch in Nordamerika fallen mir keine präkolumbischen Gebäude mit auffällig großen Steinen ein. (Was freilich nichts bedeutet.)
Der Name deutet natürlich auf nordische Überlieferungen hin und verweist wohl tatsächlich auf die kanadischen Inseln oder sogar das kanadische Festland. Aber auch hier hat bereits der Stille-Post-Effekt eingesegt.

Die Grönländer demnach unterirdisch, weil sie sich vor den großen weißen Bären verstecken müssen. Sie sitzen dann in ihren Gruben und schweigen, damit die Tiere sie nicht entdecken.
Vielleicht übersetzte ich falsch, aber wenn ich das korrekt übersetze, dann steht da sinngemäß, dass die Grönländer sich vor einer Bestie versteckten. Die weißen überaus großen Bären (ursi albi magni nimis) im nächsten Satz sollen demnach Schiffbrüchige an den Strand getragen? geführt? haben.
 
"Sie haben unterirdische Häuser, in denen sie wohnen, und sie wagen nicht zu schreien oder irgendein anderes Geräusch zu machen, damit die Bestien sie nicht hören und fressen. Dort sind überaus große weiße Bären, die durch das Meer schwimmen und Schiffbrüchige zur Küste bringen; wo weiße Falken großen Flugvermögens (?) geboren werden, die zum Kaiser der Tartaren von Kata geschickt werden."
Aus meiner Sicht bleibt offen, ob mit den "Bestien" die Eisbären des Folgesatzes gemeint sind oder nicht näher spezifizierte andere Kreaturen. (Gegen letztere Deutung spricht nicht, dass es auf Grönland keine anderen großen landlebenden Raubtiere gibt, die eine Gefahr für Menschen wären, da der Autor auch irgendwelche Fabelwesen im Sinn haben könnte.) Das hängt wohl auch davon ab, was die Eisbären mit den Schiffbrüchigen machen: Retten sie sie oder ziehen sie sie ans Land, um sie zu fressen? In ersterem Fall (der mir eher gemeint zu sein scheint, auch wenn es natürlich fabelhaft wäre) wären sie wohl keine Bestien, vor denen sich die Grönländer fürchten müssen, in letzterem schon.
 
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