Kinderuniformen

ponzelar

Mitglied
auf photographien aus der zeit des kaiserreiches sieht man häufig kleine jungens in militäruniformen verkleidet, für mädchen und jungens des flottenbegeisterten volkes war der matrosenanzug quer durch alle bevölkerungsschichten verbreitet. als ich zu dieser komischen mode mal unterlagen zusammengestellt hatte, fiel mir auf, wie viele kleine knirpse (große auch) heute im grün/braun/oliven tarnzeug durch die gegend laufen. seit wann steckt man seine kinder eigentlich in soldatenklamotten?

ponzeler
 
Du beziehst das nun also auf die Gegenwart und die letzte Frage ist darauf bezogen ,wann das "Soldatenoutfit" in der Neuzeit in Mode kam ?

Wenn man zwischen den Zeilen liest man deine Abneigung dem gegenüber heraus ,denke ich .

PS : Nur damit ich dich jetzt recht verstehe und nicht sinnlosen,ellenlangen Quark poste der eigentlich garnicht zum Thema passt :winke:
 
1846 wurde Kronprinz Edward, der Sohn der englischen Königin Victoria, fünfjährig in einem Matrosenanzug porträtiert. Er wurde damit zum "Trendsetter" einer weltweiten Mode. Ab 1885 gab es die weiß-blauen Kinderuniform auch für Mädchen. Der klassische Kieler Schnitt mit dunkelblauem, viereckigen Exerzierkragen mit drei weißen Streifen und Schlips zu (kurzer) Hose oder Rock wurde immer wieder variiert. Vom marinebegeisterten Kaiser Wilhelm II. als patriotisches Kleidungsstück propagiert, konnte der Matrosenanzug ab 1890 von dem Großkonfektionär Wilhelm Bleyle zum statusfreien Klassiker befördert werden. 1957 lief das letzte Model "Harold" aus. Bis heute kann sich nur Walt Disneys Comic-Held Donald Duck von seiner "Kieler Bluse" nicht trennen.

http://www.geschichte.schleswig-holstein.de/vonabisz/kieleranzug.htm

"nette" Erinnerung:

Vor einiger Zeit konnte man in der Zeitung lesen, daß eine gute, alteingesessene schwäbische Firma zu existieren aufgehört habe, nämlich Bleyle, Wirk- und Strickwaren. Ich weiß nicht, ob schlechtes Management die Firma in den Ruin geführt hat, oder ob die Pleite eine Folge der jetzt grassierenden Globalisierung ist, ich kann nur sagen, daß ich eine gewisse Genugtuung darüber empfand, daß es nun endlich aus und vorbei ist mit diesem Namen, der für mich in meiner Kindheit mit so vielen schlechten Gefühlen verbunden war. Dabei ist das doch alles schon so lange her, und ich habe gar keine Ahnung, was Bleyle in den letzten Jahren seiner Existenz so alles produziert hat.....

http://www.uni-ulm.de/uni/fak/zawiw/zeitzeugenarbeit/zeitzeugen/ruedel1.htm
 
Mercy schrieb:
1846 wurde Kronprinz Edward, der Sohn der englischen Königin Victoria, fünfjährig in einem Matrosenanzug porträtiert. Er wurde damit zum "Trendsetter" einer weltweiten Mode.

Monarchenkinder wurde meines Erachtens schon früher in Uniformen gepackt, wenn ich mich da an so manches altes Gemälde erinnere. Eine große Mode wurde daraus allerdings nie etwas. Sicher auch aus ganz praktischen Gründen: Wer konnte es sich schon leisten sein Kind so auszustaffieren..
Das kam wohl er mit dem selbstbewußten Bürgertum und der industriellen Kleidungsfertigung. Eigentlich verbinden wir Deutschen das mit dem Kaiserreich.
 
Arne schrieb:
Das kam wohl er mit dem selbstbewußten Bürgertum und der industriellen Kleidungsfertigung. Eigentlich verbinden wir Deutschen das mit dem Kaiserreich.
Klar, Matrosenanzug. Das war das Vorbild.
Es gibt da literarische Reminiszensen noch und noch. Verführe mich bitte nicht, die Literatur zu durchforsten. Sicher gibt es auch ein Gedicht ;)

kurze Ergänzung zu Bleyle:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/153943
 
ponzelar schrieb:
ich bitte darum.

ponzelar

Scheint kein Thema der betroffenen Lyrikergeneration zu sein. Die trugen zwar Matrosenkleidung, thematisierten aber nicht ihre Kleidung sondern die Zustände hinter der Kleidung. Erst bei den Nachgeborenen gibt es Erinnerungen:

landschaftsbild

ein junger morgen im matrosenanzug
öffnet das ozonloch

im hintergrund eine lichtsäge
und ein sonnenfallbeil

ein paar sonntagsökologen
stehen am grab einer buche
und proben das baumsterben

von zwei falschen jungfrauen
wird die leiche einer utopie
vorbeigetragen

ringsum ein lichtgewitter
mit roten landschaftsorgasmen

auf den augenweiden das wuchern
der sonnenbrillen und der amplituden
der schutzfaktoren

ein schwarm geblendeter touristen
pflückt sich souvenirs von den alpträumen
aus den lautsprechern:
protuberanzen von erklärungen
lichtgesplitterte sprache

blinde gesten humpeln
über den vordergrund

in der kirche
schattengottesdienste

Dieter P.Meier-Lenz

http://literaturwelt.de/wandler/w19_meier-lenz.html
 
zurück zur neuzeit: eigentlich ist heute "camouflage" nicht mehr wirklich hip, vor ein paar jahren war es das aber in der erwachsenen-mode. dort sicher nur ein mode-gag, der ohne weiteren hintergedanken (ausser geld zu verdienen) in die kinder- und jugend-mode übernommen wurde. mir fiel aber auf, dass gerade die jungs diese kleidung gerne angezogen haben um damit krieg zu spielen...die jugend von heute halt...

was war ich in den frühen siebzigern stolz auf meinen bundeswehr-parka in größe 140...aus der studenten- und hippie-bewegung in die alltagsbekleidung übernommen...weil er praktisch war...was konnten wir toll damit spielen...durchs unterholz robben...das spielzeug-gewehr von fasching im anschlag...
 
Da es hierzulande Schuluniformen gibt, existieren auch noch Reminiszenzen an den alten Matrosenanzug, allerdings nicht bei Jungen, sondern die Sommeruniformen einiger Maedchen beinhalten noch weisse Blusen im Matrosen-Look...
 
manganite schrieb:
Da es hierzulande Schuluniformen gibt, existieren auch noch Reminiszenzen an den alten Matrosenanzug, allerdings nicht bei Jungen, sondern die Sommeruniformen einiger Maedchen beinhalten noch weisse Blusen im Matrosen-Look...

Weswegen sich auch Donald Duck in Japan niemals wirklich durchsetzen konnte.
Den Japanern kam es reichlich merkwürdig vor, eine männliche Enten in Mädchenklammoten zu sehen. :D
 
Dieses "Tarnzeug" hat durchaus seine Vorteile,einer der Gründe,weshalb es meiner Meinung nach,noch recht beliebt ist. Es ist sehr strapazierfähig und hat viele Taschen,perfekt für einen Einsatz der gröberen Art. Nicht immer muss Kleidung auch eine Gedankenhaltung zum Ausdruck bringen.
 
Liesjailaeki schrieb:
Nicht immer muss Kleidung auch eine Gedankenhaltung zum Ausdruck bringen.

Das stimmt allerdings. Wenn ich da an die ausgehenden 70er zurück denke, wo jeder zweite mit Bundeswehrparka und "Atomkraft-Nein Danke" rumgerannt ist...:S
 
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