Kreuzabnahmerelief Externsteine, heidnische Bildelemente Deutung?

Bzw. man muss anerkennen, dass man nur anhand der Inschrift (die im Inneren der Grotte ist wenn ich mich nicht irre) datieren kann. Und dies kann ja kein Beleg dafür sein, dass die Grotte nicht schon früher benutzt wurde, bzw das Relief früher bestand.
 
Desweiteren ist im unteren Teil des Bildes eine Wurzel zu sehen, an welche 2 Gestalten (gedeutet als Adam und Eva) ihre Hände legen, die wiederum von einem Drachen o.ä umschlungen werden. Auch diese Darstellung erinnert nun ja etwas an die nordische Mythologie (Die Midgardschlange welche an den Wurzeln des Weltenbaumes nagt).

Seit Irenaeus von Lyon (2. Jhdt.) wurde der Baum der Erkenntnis, der, dessen Früchte Adam und Eva nicht essen durften, mit dem lignum Christi identifiziert. Das Kreuz Christi ist in der Theologie des Irenaeus aus dem Holz des Baumes der Erkenntnis gezimmert worden. Ambrosius hat dann kurz gesagt:
mors per arborem, viat per crucem
Mit dem Essen der Frucht vom Baum der Erkenntnis wurde die Erbsünde in die Welt getragen, mit seinem Opfertod am Kreuz hat Jesus die Erbsünde nichtig gemacht (Römerbrief des Paulus).
"Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes..." und bat über Eva Adam die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis an. Im Übrigen interessant ist, wie regelrecht anthropomorph Lucas Cranach Mayor auf seinem Bild Baum der Erkenntnis die Schlange darstellt, mit menschlichem Oberkörper und Schlangenschwanz:
418px-Tree_of_Knowledge.jpg

Das neue Testament wird in der christlichen, zumindest aber in der mittelalterlichen Theologie so verstanden, dass es das alte Testament erfüllt und in Teilen rückgängig macht, eben wie oben angesprochen die Wegnahme der Erbsünde durch den Opfertod Christi. Aber man hat auch - in der Pseudoetymologie des Mittelalters den Gruß des Erzengels Gabriel AVE Maria als Anspielung auf EVA gesehen. Durch die Umkehrung der Lautfolge - so die mittelalterliche Theorie - wurde die Umkehrung des Sündenfalls durch Eva manifest. In diesem Zusammenhang muss man vielleicht auch sehen, dass Maria in vielen Darstellungen die Schlange zertritt.
Jedenfalls werden Baum der Erkenntnis und Baum des Lebens vielfach gleichgesetzt und das Kreuz Christi häufig mit diesen zusammen dargestellt:
Baum_des_Todes_und_des_Lebens.jpg ipic_875_m.jpg
Im Übrigen gibt es ausgerechnet aus dem Kloster Abdinghofen, also dem Kloster, dem die Externsteine seit dem späten 11. Jhdt. gehörten, eine Kreuzigungsdarstellung - noch keine Kreuzabnahmedarstellung - die der der Externsteine verblüffend ähnlich ist, mit Adam und Eva unterhalb einer Trennlinie und Sonne und Mond an den beiden Balkenenden des Kreuzes. 05-1025-1_scrn.jpg

Des Weiteren sind im oberen Teil des Bildes, rechts und links von Gott, zu welchem die Seele von Christus in Kindesgestalt zurückkehrt (hier finde ich sehr interessant, dass Gott bildlich dargestellt wird/werden durfte)
Aber das ist doch in der christlichen Ikonographie nichts ungewöhnliches.

, die personifizierten "Hauptgestirne" Sonne und Mond. Auch das ist für mich, mit zugegebenermaßen schlechter Bildung in Sachen christlicher Kunst ungewöhnlich. Wie kann ich dieses Relief also deuten?
Wie schon gesagt, aus dem Kloster Abdinghofen gibt es eine Paralleldarstellung. Obwohl die Darstellung der Sonne im Abdinghofener Evangeliar stark an Helios erinnert, würde ich das ganze etwas nüchterner sehen und hier schlicht und ergreifend einen Verweis auf die Selbstaussage Christi sehen "Ich bin das Licht der Welt."
 
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Sonne und Mond sind nicht unüblich auf Kreuzigungsszenen, jedenfalls sind sie auf den Arma-Christi bildern recht häufig aufgetaucht, meist eben rechts und links des Kreuzes.
Ich hab ja an der entprechenden Stelle ein paar Bilder eingestellt.


Wie sieht es denn mit der Datierung des Bildes aus dem Kloster aus? Es könnte doch auch nach dem Relief entststanden sein. Und zwar sowohl nach seinem Vorbild als auch später.
 
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Das Evangeliar wird - wohl wg. des Füllhorns als Attribut der Eva - auf das 10. Jhdt. datiert. Interessant ist, dass Jesus in der Buchdarstellung keinen Bart hat, auf dem Relief dagegen schon.
 
Ich bin über einen Titel gestolpert, der die Datierungsgeschichte schön darstellt.
Ein kurzer Eindruck vom Inhalt:
Wie vorher erwähnt war Goethe einer der ersten beiden, die eine Datierung auf karolingische Zeit vornahmen und die Zerstörung einer heidnischen Kultsstätte in den Raum stellten. Goethe übrigens per Ferndiagnose, er hat das Originalrelief nie gesehen. Dabei berufen sie sich wohl hauptsächlich auf ein Schriftstück aus dem 16. Jhd., in dem der Verfasser, ein Pfarrer Hamelmann,angibt, er habe mal irgendwo in älteren Schriften gelesen, Karl der Grosse habe, ein Heilgtum zerstört und einen "gottgeweihten Altar" errichtet. Goethe hat sich sehr wortreich und "ohne weiter abzuschweifen" (!) geäußert, aber offenbar substanzlos.

Die Befürworter der Datierung auf das 12. Jhd, Menke und Clostermeier, wollen in den Externsteinen eine Wallfahrtsstätte für Pilger während der Kreuzzüge gesehen haben. Besonders Menke hat sich darüber verstärkt ausgelassen. Später eurde um die These zu stützen Vergleiche zwischen Jerusalem un den Anlagen an den Externsteinen angestellt. Ihr Haupbeweisstück ist die erwähnte Paderborner Kaufurkunde, in der es heißt, das Kloster Abdinghof habe die "Agisterstein" 1093 von einer Adeligen mit Namen Ida gekauft.
Erst später wurde die Quelle kritisch beurteilt.Das erste Problem ist, dass das Original nicht mehr vorliegt. Kritiker sprechen sogar von einer "Fälscchung". Aus der Reihe von angeführten Argumenten möchte ich eines herausgreifen:
Es soll belegt sein, dass das Kloster Werden die "zuständige Instanz" für die "Felsenstätte" gewesen ist. In gut erhaltenen Güterverzeichnissen des Abdinghofer Klosters wird ein Anspruch oder Besitz hingegen gar nicht erwähnt. Erst später soll die Urkunde zu dem Zweck, sich das Land anzueigenen, verfasst worden sein.

Kurzum, passenderweise ist der Aufsatz in einer Festschrift der Klopstockstiftung mit dem Titel "Grenzen der machbaren Welt" erschienen. Ich habe den Text nicht ganz durch, aber die Tendenz des Autors geht erkennbar in die Richtung, dem Leser die Grenzen des Machbaren an Hand der Datierung des Kreuzabnahmereliefs vor Augen zu führen.

Walther Matthes in:
Die Grenze der machbaren Welt, Hrsg. Ernst Benz, 1975.


(Der Titel ist auf einschlägiger Seite als Vorschau zu goßen Teilen eínzusehen)
 
Interessant ist, dass Jesus in der Buchdarstellung keinen Bart hat, auf dem Relief dagegen schon.

Die Vorstellung des bartlosen Jesus geht auf apokrypheSchriften zurück. So soll Jesus im Thomasevangelium als „schöner Jüngling“ dargestellt worden sein.

Das Evangeliar wird - wohl wg. des Füllhorns als Attribut der Eva - auf das 10. Jhdt. datiert

Mir ist noch immer nicht ganz klar, wie das Bild bei der Datierung weiterhelfen soll. Es sind ja noch immer zwei Szenarien denkbar. Vorausgesetzt wären dass die eine Abbildung der anderen als Inspiration diente, ob die Ähnlichkeit dafür ausreicht wäre eine andere Frage, und die räumliche Nähe zwischen Kloster und Externsteinen. Das habe ich mir noch einmal angeschaut und ein gemächlicher Tagesausflug zu Fuß ist da allemal drin. Ich habe @El Quijote auch so verstanden, dass das Evangeliar im Kloster entstanden ist.

a) Der Künstler des Evangeliars kannte das Kreuzabnahmerelief und das Relief ist während oder vor seiner Lebenszeit entstanden.
b) Das Relief ist tatsächlich im Auftrag des Klosters entstanden. (Es kursiert ja sogar die Behauptung, das Kloster habe die Externsteine allein zu diesem Zweck erworben.) Das im Kloster bekannte Evangeliar diente als Inspiration für den Schöpfer des Reliefs.
C) Wenn das Evangeliar nicht im Kloster gefertigt wurde, ist es doch wahrscheinlich, dass das Relief nach dem 10. Jhd. entstanden ist, da dann die Voraussetzung der räumlichen Nähe zwischen Künstler und Externsteinen wegfiele.

und das soll angeblich Gott darstellen, finde ich auch sehr interessant, wenn man nun wüsste wann es noch zu Abbildungen von Gott kam (dürfte ja eher selten der Fall gewesen sein), könnte dies eine Eingrenzung erleichtern.

Ich habe heute etwas gelesen, was als Argument gegen eine Entstehung im 9. Jhd. spricht. Die These fußt ja besonders auf dem erwähnten Schriftstück, nach dem das Relief auf Anweisung Karls des Großen entstanden sei. Da auf dem Relief nicht nur offensichtlich Jesus, sondern sogar Gott abgebildet sein soll, ist die Bilderfrage im 9. Jhd. von Bedeutung. Jetzt stellte Kaiserin Irene „auf dem 7. Ökumenischen Konzil (Nicäa 787) die Bilderverehrung wieder her, mit […] Ablehnung Karls d. Gr.“ (a) Aber erst 843 wurde die Bilderwehrung endgültig bestätigt. Ist es nicht unwahrscheinlich, dass im Auftrag eines offenen Gegners der Bilderverehrung ein Relief mit Jesus und Gott geschaffen wurde?

(a) Epochen der Kirchengeschichte UTB 1046 von E. Mühlenberg
 
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erscheint unwahrscheinlich ja, falls es Gott ist zumindest, aber redet ihr nur alle weiter, ich finde die diskussion höchst interessant
 
erscheint unwahrscheinlich ja, falls es Gott ist zumindest

Ob Gott oder Jesus, beides hätte Karl abgelehnt. Denn da "Gott Logos und Mensch [...] untertrennlich verbunden sind," ist " die Person, die abgebildet wurde der göttliche Logos". Es geht hier um Jesus, nicht normale Menschen. Anders gesagt: Man kann den Mensch Jesus nicht abbilden ohne zugleich Gott abzubilden, was Götzendienst wäre, da Gott nicht abgebildet werden dürfe und könne. Die Vorstellung das Gott sich per se jeder Bildhaftigkeit entzieht, nicht abbildbar zu sein gerade Teil seiner Göttlichkeit ist, finde ich doch interessant (wenn auch OT).

Übrigens wird bei Wikipedia erwähnt, nicht nur Karl sondern auch seine Bischhöfe seien Gegner der Bildervehrung gewesen.

Bilderverehrung ? Wikipedia
 
Die Vorstellung des bartlosen Jesus geht auf apokrypheSchriften zurück. So soll Jesus im Thomasevangelium als „schöner Jüngling“ dargestellt worden sein.

War denn das Thomasevangelium unserem Mittelalter bekannt? Dies wäre ja die Voraussetzung dafür, dass es die Darstellung hätte beeinfluss können.
Aus einer anderen "Quelle" habe ich die Information, dass die frühesten Darstellungen Jesus immer bartlos gezeigt hätten und dass die Darstellungen des bärtigen Jesus erst durch die byzantinische Kunst (Männer haben grundsätzlich einen Bart) aufgekommen sei. Die "Quelle" ist allerdings ein Spielfilm, Jesus von Montréal, wo dies von einer Laienschauspielergruppe [also die mitspielenden Schauspieler sind in dem Film Laienschauspieler], welche die Passionsgeschichte aufführt und dazu kunsthistorische Erklärungen gibt, behauptet wird.


Mir ist noch immer nicht ganz klar, wie das Bild bei der Datierung weiterhelfen soll. Es sind ja noch immer zwei Szenarien denkbar. Vorausgesetzt wären dass die eine Abbildung der anderen als Inspiration diente, ob die Ähnlichkeit dafür ausreicht wäre eine andere Frage, und die räumliche Nähe zwischen Kloster und Externsteinen. Das habe ich mir noch einmal angeschaut und ein gemächlicher Tagesausflug zu Fuß ist da allemal drin. Ich habe @El Quijote auch so verstanden, dass das Evangeliar im Kloster entstanden ist.

a) Der Künstler des Evangeliars kannte das Kreuzabnahmerelief und das Relief ist während oder vor seiner Lebenszeit entstanden.
b) Das Relief ist tatsächlich im Auftrag des Klosters entstanden. (Es kursiert ja sogar die Behauptung, das Kloster habe die Externsteine allein zu diesem Zweck erworben.) Das im Kloster bekannte Evangeliar diente als Inspiration für den Schöpfer des Reliefs.
C) Wenn das Evangeliar nicht im Kloster gefertigt wurde, ist es doch wahrscheinlich, dass das Relief nach dem 10. Jhd. entstanden ist, da dann die Voraussetzung der räumlichen Nähe zwischen Künstler und Externsteinen wegfiele.

Das Abdinghofer Evangeliar ist älter, als die Zugehörigkeit der Externsteine zum Abdinghof. Insofern scheint es schon aus crhonologischen Gründen nur logisch zu sein, dass die Inspiration für das relief vom Evangeliar ausging und nicht umgekehrt. Hinzu kommt, dass das Relief sehr viel weiter entwickelt ist, als die Zeichnung im Evangeliar. Hätte jemand das Relief in das Evangeliar übertragen, dann wäre zu erwarten, dass die viel kompliziertere, eben weiter entwicklete Szenerie des Reliefs sich auch im Evangeliar befände.

Ich habe heute etwas gelesen, was als Argument gegen eine Entstehung im 9. Jhd. spricht. Die These fußt ja besonders auf dem erwähnten Schriftstück, nach dem das Relief auf Anweisung Karls des Großen entstanden sei.

Da ist mir etwas entgangen: Welches Schriftstück wäre das?
 
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Aus einer anderen "Quelle" habe ich die Information, dass die frühesten Darstellungen Jesus immer bartlos gezeigt hätten und dass die Darstellungen des bärtigen Jesus erst durch die byzantinische Kunst (Männer haben grundsätzlich einen Bart) aufgekommen sei.
Es gibt sowohl frühchristliche Darstellungen von Jesus mit Bart (bspw. in Sant'Apollinare Nuovo), als auch spätere Darstellungen von Jesus ohne Bart (Michelangelos Jüngstes Gericht z. B.). Bart oder nicht Bart allein reicht also nicht für eine zeitliche Einordnung. Was ich noch nicht verstanden habe, wäre die Darstellung von Eva mit dem Füllhorn im Zusammenhang mit der zeitlichen Einordnung des Evangeliars. Wieso deutet das auf das 10. Jahhrundert hin?
 
Gut, dass du noch mal drauf aufmerksam machst. Ich habe meine Informationen aus dem Reallexikon für Deutsche Kunstgeschichte, da stand als Bildkommentar:
Personifikation der E. mit Adam und Füllhorn als Attributen
Das E. habe ich also einfach aufgelöst.
Dazu gab es dann Spaltenverweise (Sp. 130 ff.) wohin ich dann gescrollt bin. Dort las ich etwas was mich etwas irritierte, aber offensichtlich nicht so sehr, als dass ich meinen Interpretationsfehler bemerkt hätte, stattdessen habe ich das für mich als mittelalterliches Kuriosum interpretiert:
Seit dem späten 11. Jh. finden sich hie und da in der abendländischen, später auch in der byzantinischen Kunst Darstellungen der E. als Mann
Richtig aufgelöst heißt E. nicht Eva, sondern Erde. Das passiert wenn man ein Lexikon nicht in der Hand hält, sondern seine Internetausgabe benutzt. :rotwerd:
Im Text heißt es zum Füllhornattribut:
Nur in der Karolingerzeit und, schon mit Einschränkungen, in der ottonischen gehört das Füllhorn zu den gebräuchlichsten E.-Attributen (Abb. 4 b, 6—8, 11; mit topfartigem Gefäß statt des Füllhorns: Abb. 31).
Die Abb. 11 ist die Darstellung aus dem Evangeliar aus Abdinghof. Dazu kommt noch folgendes:
Das von der E. emporgehobene Figürchen ist zunächst als Abbildung der „Veritas“ gedeutet worden (s. u. Sp. 1043; Abb. 23), ottonische Buchmaler verstanden das Figürchen als Adam (Abb. 11; vgl. auch Abb. 10) oder als den aus E. geschaffenen, auf der E. lebenden Menschen (s. *Erdteile Abb. 3).
 
Das Abdinghofer Evangeliar ist älter, als die Zugehörigkeit der Externsteine zum Abdinghof. Insofern scheint es schon aus crhonologischen Gründen nur logisch zu sein, dass die Inspiration für das relief vom Evangeliar ausging und nicht umgekehrt.


Nur kurz zur Erläuterung meiner Argumentation, bei der ich einfach laut gedacht habe:
Was Du sagst klingt absolut einleuchtend. Aber ist in Deinem Argument nicht das, was bewiesen werden soll, nämlich dass die Entstehung des Reliefs vom Kloster ausging, zugleich seine Prämisse?

Ich habe die Frage des Besitzes bei meinen Überlegungen oben ausgeklammert,
a) weil der Besitz durch den Abdinghof im 12. Jhd. heute angezweifelt wird (s. Beitrag #26), ebenso wie die Echtheit der Kaufurkunde.
b) weil diese Frage aufgrund der räumlichen Nähe nicht zwingend relevant ist. Ich bin davon ausgegangen, dass Kloster und Externsteine so nah beieinander lagen, dass den Klosterbewohnern ein Relief in der Umgebung bekannt gewesen sein muss oder zumindest bekannt gewesen sein kann. Stark vereinfacht: Ich weiß, dass mein Nachbar einen Apfelbaum im Garten hat, obwohl es nicht mein Garten ist.

Hinzu kommt, dass das Relief sehr viel weiter entwickelt ist, als die Zeichnung im Evangeliar. Hätte jemand das Relief in das Evangeliar übertragen, dann wäre zu erwarten, dass die viel kompliziertere, eben weiter entwicklete Szenerie des Reliefs sich auch im Evangeliar befände.

Aber um nicht missverstanden zu werden: Ich teile Deine Einschätzung, dass die Chronologie, erst Evangeliar dann Relief, die wahrscheinlichere ist. Besonders den zweiten, von einem Bildvergleich ausgehenden Teil Deines Arguments finde ich überzeugend. Aber mit fehlt auch die Fachkenntnis, diesen „Eindruck“ an Hand der Bilder zu belegen.
Denkbar wäre letztlich auch Variante a) aus Beitrag #27.

Da ist mir etwas entgangen: Welches Schriftstück wäre das?

Ich bezog mich hier auf den „Beleg“ (Pfarrer Hamelmann) für eine Datierung im 9. Jhd. (s. Beitrag #26). Allerdings, unabhängig von dem Schriftstück, zeigt die Haltung Karls des Großen und der für die fragliche Region zuständigen Bischöfe, dass das Kreuzabnahmerelief für Zeit und Ort untypisch gewesen wäre.

Da wir nicht Zwingendes zur Hand haben, wiegen wir ja nur Wahrscheinlichkeiten gegeneinander ab.
 
Jetzt einfach mal ohne Kunsthistoriker zu sein…
Die Figuren auf dem Relief sind so schlank und in die Länge gezogen, dass es für mich frühesten um 1000 eher später sein kann. Auch die detaillierte Kleidung mit gefalteter Unterkleidung passt wenig in eine frühere Zeit.
Das ist zwar nur recht vage und nicht so hochwertig wie die andere Belege, aber ein Eindruck.
Zudem ist ja jeder Künstler ein wenig unterschiedlich in der Darstellungsweise, somit ist dies keine zwingende Regel.

Vielleicht mal Beispiel hafte Vergleiche:

Nach 1000 lang gezogene, schlanke Körper
http://de.wikipedia.org/wiki/Helmstedter_Kreuz
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Herrschafts%C3%BCbergabe_von_Heirich_IV._an_Heinrich_V.jpg&filetimestamp=20051209231507


Im 9. Jahrhundert eher normal bis rund:
http://www.beyars.com/dbgfx/pix/1638_030-elfenbeintafel-gregor-250.jpg
http://de.academic.ru/pictures/dewiki/76/Ludwik_I_Pobozny.jpg

Schade das wir bei dem Externsteine nicht zwischen 4 Nagel und 3 Nagel Typ unterscheiden können.
 
Hm nunja der grieschiche Einfluss wurde ja schon festgestellt, allerdings gab es detaillierte Kleidungsabbildungen bereits in der Antike, und die "Dreieckigen" Geschichtsgrundrisse sind ebenfalls für mich grieschich beeinflusst. Allerdings sollte man mit Formulierungen wie "kann nur" vorsichtig sein. Ich für meinen Teil habe mich damit abgefunden, dass es für beide Thesen Argumente und Gegenargumente gibt, aber eindeutige Belege sehe ich bisher nicht
 
Aber ist in Deinem Argument nicht das, was bewiesen werden soll, nämlich dass die Entstehung des Reliefs vom Kloster ausging, zugleich seine Prämisse?

Du meinst, dass ich einem Zirkelschluss aufsitze? Ich glaube nein, will das aber gerne zugeben, wenn du diesen Zirkelschluss genauer erklärst, also mir evtl. hilfst, aus meinem Gedankenlabyrinth herauszufinden, so ich mich denn tatsächlich in einem solchen befinde.


Ich habe die Frage des Besitzes bei meinen Überlegungen oben ausgeklammert,
a) weil der Besitz durch den Abdinghof im 12. Jhd. heute angezweifelt wird (s. Beitrag #26), ebenso wie die Echtheit der Kaufurkunde.
Dazu muss ich die entsprechende Literatur noch sichten. Ich bin noch nicht ganz von den Argumenten überzeugt. Es gibt ja immer Gründe, Urkunden zu fälschen, entweder um bestehende Ansprüche zu verteidigen oder nicht bestehende Ansprüche künstlich zu erzeugen.
Wie gesagt, die entsprechende Literatur zu angeblichen Fälschung der Urkunde plus den Urkundentext müsste man sich zu Gemüte führen, denn ob die Urkunde tatsächlich gefälscht wurde, das scheint umstritten zu sein. Ich denke auch, dass die Darstellung im Evangeliar von Abdinghof in der Diskussion noch nicht hinreichend gewürdigt wurde (also hier im Forum schon, aber in der eigentlichen Diskussion nicht. Ich bin auf das Evangeliar nämlich nicht im direkten Zusammenhang mit den Externsteinen gestoßen, sondern auf der Suche nach Bilddokumenten, welche zeigen, wie aus dem Baum der Erkenntnis das Kreuz Christi erwächst. Leider habe ich nur wenige gefunden, obwohl ich weiß, dass es da mehr gibt (wenn ich bloß wüsste, so ich sie schon mal gesehen habe, dann könnte ich auch gezielter suchen)), wenn überhaupt.
b) weil diese Frage aufgrund der räumlichen Nähe nicht zwingend relevant ist. Ich bin davon ausgegangen, dass Kloster und Externsteine so nah beieinander lagen, dass den Klosterbewohnern ein Relief in der Umgebung bekannt gewesen sein muss oder zumindest bekannt gewesen sein kann. Stark vereinfacht: Ich weiß, dass mein Nachbar einen Apfelbaum im Garten hat, obwohl es nicht mein Garten ist.
Das ist nicht von der Hand zu weisen.



Hm nunja der griechische Einfluss wurde ja schon festgestellt, allerdings gab es detaillierte Kleidungsabbildungen bereits in der Antike, und die "Dreieckigen" Geschichtsgrundrisse sind ebenfalls für mich griechisch beeinflusst.
Was meinst du mit dreieckigen Geschichtsgrundrissen?
Allerdings sollte man mit Formulierungen wie "kann nur" vorsichtig sein. Ich für meinen Teil habe mich damit abgefunden, dass es für beide Thesen Argumente und Gegenargumente gibt, aber eindeutige Belege sehe ich bisher nicht.
Ich will nicht ausschließen, dass mir inzwischen die notwendige Ergebnisoffenheit fehlt, aber ich habe den Eindruck, dass die Anhänger einer Frühdatierung versuchen die Fakten wegzudiskutieren (gefälschte Urkunde, gefälschte Inschrift) und zu biegen - und zwar hier mal ausnahmsweise nicht krumm, sondern die hypothetische Irminsûl gerade. :still:
 
Ja davon habe ich gehört, aber ich sage definitiv nicht, dass die Inschrift gefälscht sein muss, nur anhand radiometrischer Messungen kann man die Brandspuren in der Grotte sehr viel früher als das 12te Jahrhundert datieren, und die Inschrift muss ja nicht unbedingt zeitgleich mit dem Relief entstanden sein.

Zu den Gesichtsgrundriss, ich kenne den Fachbegriff hierfür nicht ehrlich gesagt, und rede mit Kunstgeschichtlern auch i.d.R. nur im Rahmen abendlicher Stammtische und das ist mitunter nicht sooo ergiebig wie mans ich denken kann ;). Ich meine damit den auch beim Ikonenstil zu beobachtenden .. naja wie sage ich das nun, die dreieckige Ausrichtung des Geschichts im Vergleich zu anderen Stilen (wenn man Ausrichtung Augen, Nase, Mund vergleicht), allerdings bin ich hier alles andere als ein Fachmann, und es kann sein, dass ich auf irgendeine Erwähnung die ich mal am Rand gehört habe aufgrungen bin.

Zumal das ja nun nicht unbedingt was mit der Diskussion zu tun hat.. glaube ich
 
Ja davon habe ich gehört, aber ich sage definitiv nicht, dass die Inschrift gefälscht sein muss, nur anhand radiometrischer Messungen kann man die Brandspuren in der Grotte sehr viel früher als das 12te Jahrhundert datieren, und die Inschrift muss ja nicht unbedingt zeitgleich mit dem Relief entstanden sein.

Aber die Brandspuren?

Zu den Gesichtsgrundriss, ich kenne den Fachbegriff hierfür nicht ehrlich gesagt, und rede mit Kunstgeschichtlern auch i.d.R. nur im Rahmen abendlicher Stammtische und das ist mitunter nicht sooo ergiebig wie mans ich denken kann ;). Ich meine damit den auch beim Ikonenstil zu beobachtenden .. naja wie sage ich das nun, die dreieckige Ausrichtung des Geschichts im Vergleich zu anderen Stilen (wenn man Ausrichtung Augen, Nase, Mund vergleicht), allerdings bin ich hier alles andere als ein Fachmann, und es kann sein, dass ich auf irgendeine Erwähnung die ich mal am Rand gehört habe aufgrungen bin.

Zumal das ja nun nicht unbedingt was mit der Diskussion zu tun hat.. glaube ich

Aaaah! Mein Problem war der freudsche Verschreiber... Geschichts- statt Gesichtsgrundrisse. Jetzt ergibt auch alles wieder einen Sinn.
 
Hm nunja.. da ist das Problem ;) Nein ich meinte, dass die Brandspuren auf eine frühere Nutzung hinweisen könnte somit "könnte" das Relief älter sein. Aber beweisen kann ich das natürlich nicht.
 
Dazu muss ich die entsprechende Literatur noch sichten. Ich bin noch nicht ganz von den Argumenten überzeugt.
Ich habe mal nachgeschlagen, welche Quellen Matthes als Argumente für eine Fälschung anführt. Wobei er selbst in dem Aufsatz im wesentlich die Forschungsgeschichte skizziert.

Der erste, der von einer Fälschung sprach war:
Roger Wilmans „Die Urkundenfälschung des Klosters Abdinghof und die Vita Meinwerci, 1876
Zunächst scheint besonders der zeitliche Abstand zu den ältesten erhaltenen Abschriften der Kaufurkunde Angriffspunkt gewesen zu sein. Diese datieren auf das Jahr 1374 und 1380.

Besonders wesentlich scheint mir für das Argument, es handele sich um eine Fälschung, eine Urkunde zu sein, die auf das Kloster Verden an der Ruhr als Besitzer im 12. Jhd hinweisen soll:
„Bernhard-Urkunde“, Kloster Werden, Staatsarchiv Münster
vgl. Flaskamp: Externsteine Urkundebuch. S. 27ff

Zu den Güterverzeichnisse sagt die Fußnote:

Privileg des Papstes Eugen III. vom 27.2.1183 für Abdinghof
Privileg des Papstes Eugen III. vom 7.5.1146 für Abdinghof
Flaskamp S. 22f.

Franz Flaskamp: Externsteiner Urkundenbuch. Gütersloh 1966.

Wenn Du da was rausfindest…

Auch wenn dadurch eigentlich nur alles noch verworrener wird.


Das Abdinghofer Evangeliar ist älter, als die Zugehörigkeit der Externsteine zum Abdinghof. Insofern scheint es schon aus crhonologischen Gründen nur logisch zu sein, dass die Inspiration für das relief vom Evangeliar ausging und nicht umgekehrt.

Mit Deinem Satz bin ich selbst in ein Gedankenlabyrinth geraten. Im einen Moment klang er ganz logisch und in dem nächsten hatte ich so ein Bauchgefühl. Um diesem Bauchgefühl ein zweites Mal nachzugehen, denke ich also mal mit dem Stift und mach es mir so simpel wie möglich.
Zunächst die Frage, die ich verfolgt habe. (Da mag vielleicht das Missverständnis liegen.)

Ist der Evangeliar älter als das Relief?

Soll zeigen:

Das Relief ist nach dem 10. Jhd. entstanden.

Dein Argument:
Evangeliar älter als Kaufurkunde
DAHER
Evangeliar älter als Relief

In Deinem Argument wird aber implizit ein Kausalzusammenhang zwischen dem Besitz der Externsteine und dem Entstehungsdatum des Reliefs vorausgesetzt.

Wenn aber die Prämisse Entstehungsdatum gleich Kaufdatum (so ungefähr jedenfalls) gilt,

dann erübrigt sich die Frage nach der Chronologie von Relief und Evangeliar, da die Entstehung des Reliefs als Prämisse schon auf das 12. Jhd. datiert wurde.

So ungefähr war mein Gedankengang.

OT:
Übrigens, das mit dem Kreuz und dem Baum finde ich sehr interessant. Seit ich das Thema Baum der Erkenntnis in der sumerischen Mythologie gestreift habe (Eden = sumer. Steppe, Heiliger Baum in Eridu = mythologisch erste menschl. Siedlung, starke Parallelen Sinflutberichte), habe ich da ein offenes Ohr. Ich werde die Augen schon aus Eigennutz offen halten. Vielleicht hilft der Zufall.
Ich bin gesstern erst wieder auf eine Spur im "Physiologus" gestoßen, nach der Elefanten zur Begattung gen Osten zögen in das Paradies, wo ein Baum Mandragora genannt stehe.
Der "Pysiologus" behaupt dann aber auch, Elefanten hätten keine Kniegelenke.

Schön also hat der Traklson von dem "Physiologus" gesprochen.
 
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