Kriegsziele der Briten (und der Russen) ím WK I und deren Umsetzung

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Gast

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Einen wunderschönen guten Abend,

ich habe mich ein wenig in letzter Zeit mit dem ersten Weltkrieg beschäftigt. Dabei bin ich mehrfach über das Kriegsziel der Briten und der Russen gestolpert, die angeblich vorhatten, dass Königreich Hannover wieder herzustellen Zuletzt bei Wikipedia). Warum wurde das nicht in die Realität umgesetzt? Okay, Russland ist aus dem Krieg ausgeschieden aber GB hätte das Ziel doch durchsetzen können. Zumal es doch auch verwandtschaftliche Beziehungen zu den ollen Welfen gab. Und die Hannover waren (sind) zum großen Teil auch nicht unbedingt preußenfreundlich. Die Welfenbewegung gab es schließlich auch noch in der Weimarer Republik.

Viele Grüße aus der nicht-wieder-zum Königreich aufgestiegenen Hannover
 
Ich schätze, die Briten standen vor einigen Problemen:
1. Der Kaiser wurde vertrieben, bevor der Frieden geschlossen wurde - mit ihm die Fürsten. Es währe also kaum möglich gewesen, von den Revolutionären in Berlin die Zustimmung dazu zu erhalten, einige Fürsten wieder einzusetzen - hierzu hätte man monarchistische Kreise in ganz Deutschland fördern müssen, die
wiederum die Briten nicht gerade so sehr liebten.
Kaiser Wlhelm zwo wollte man übrigens, je nach Land, entweder auf die Teufelsinseln oder andere obskruse Orte deportieren oder hängen. Am Haus Hohenzollern jedoch hing die Aussöhnung mit den Welfen.
2. Waren die Verwandschaftsverhältnisse mehr als verworren und problematisch - bis 1915 hieß das Haus Windsor Sachsen Coburg und Gotha und im Kriege hatte man sich umbenannt.
Dann nach gewonnenem Krieg auf einmal zu sagen, man sei ja doch deutsch währe wohl bei den Briten nicht so gut angekommen.
3. Die Hannoveraner mögen zwar die Preußen nicht gerade gemocht haben, doch auch sie haben an den Fronten gestanden - ich verweise nur auf Ernst Jünger und sein Regiment - es führte in alter Tradition den Beinamen "Gibraltar" und hat sich trotzdem mit bravour gegen die Briten geschlagen.
4. (eher marginal) Die Weimarer Nationalversammlung hat die Weimarer Verfassung erst am 31. Juli angenommen - so lange galt de jure noch die Verfassung ala Bismarck, die zwar eine Monarchie und monarchische Bundesstaaten vorsah aber kein Königreich Hannover.
 
Kriegsziele können sich natürlich im Fortschreiten des Krieges ändern.:)

Dem britischen Außenminister Grey ist es gelungen, in der Öffentlichkeit eine Kriegszieldiskussion zu unterbinden .

Großbritanien hatte das Zie, für das es auch in dem Krieg eingetreten ist, die Souveranität Belgiens widerherzustellen. Das gleich galt auch Luxemburg.

Mit Fortschreiten des Krieges wurde dem Zarenreich versprochen, das dieses die Meerengen und Konstantinopel, schon ewig ein Ziel russischer Expansionsgelüste, erhalten solle. Da wurde schon das Fell des Bären verteilt, bevor dieser überhaupt erlegt worden war.

Des Weiteren sollte der deutsche Handel, festgelegt auf der Konfernez in Paris im Juni 1916, so beschnitten werden, das dieser den Handelsinteressen der Allierten nicht mehr im Wege stehen würde. Und auch hier war man damit beschäftigt, wer welche deutsche Kolonie bekommen soll. Japan hat sich seinen Anteil der Beute rasch geholt.

Für die Briten war es natürlich auch wichtig, das die Bedrohung durch die deutsche Hochseeflotte beseitigt wird.
 
Noch ein Hinweis auf die Reparationen, den ich bislang nur ansatzweise in der Literatur gefunden habe [Steinmeyer: Die Grundlagen der französischen Deutschlandpolitik 1917-1919; die britische Diskussion über die Höhe der Reparationen setzt ebenfalls in der Konsequenz die staatliche Integrität des Deutschen Reiches nach den territorialen Verlusten voraus]:

Diese sollten schließlich irgendwie an die Westmächte (ihrerseits von erheblichen Kriegsschulden betroffen) bezahlt werden, und hier ging man von mindestens 100 Mrd. Reichsmark aus.


Zu den Kolonien: dieses Kriegsziel bildete sich schnell nach 1914 heraus.
Louis, William Roger: Das Ende des deutschen Kolonialreiches - Britischer Imperialismus und die deutschen Kolonien 1914-1919
 
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