Kunsträuber Spanien und Portugal?

Mittelwalter

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In den großen Museen der ehemaligen Kolonialmächte steht ja viel aus aller Welt zusammen "geklautes" Material.
Wie steht es damit in Spanien oder Portugal?
Haben diese Länder als sie Kolonialreiche hatten keine ausländische Kunst gesammelt ? Oder mussten sie diese irgendwann an andere Länder abgeben ?
 
Für die Spanier zählte bei den in der Neuen Welt erbeuteten Kunstschätzen in erster Linie der Materialwert: Goldschmuck z. B. schmolzen sie einfach ein.
 
In der Renaissance, die für Spanien und Portugal etwas später anzusetzen ist, als für Italien, und mit dem Zeitalter der Entdeckungen zusammenfiel, sammelte man vor allem antike und antikiserende Kunst.
Wirklich amerikanische Kunstschätze kenne ich in Spanien nicht (aber das soll auch kein Ausschlusskriterium sein). Eine indigene Codices vielleicht.
 
Das Museu do Oriente in Lissabon hat eine umfangreiche Sammlung von Kunstwerken aus Indien und den umliegenden, früher von den Portugiesen beherrschten Gebieten Asiens.

Die Bestände dürften zumindest zum großen Teil in der Kolonialteit aufgebaut worden sein.

Ja, und in Madrid ist natürlich das Museo de América zu nennen, dessen frühe Bestände ebenfalls aus der Kolonialzeit stammen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es auch Quellen von großen Privatsammlungen zu dieser Zeit, wie es sie zum Beispiel im viktorianischen England gegeben hat?
 
Gibt es auch Quellen von großen Privatsammlungen zu dieser Zeit, wie es sie zum Beispiel im viktorianischen England gegeben hat?

Wie Ravenik schon gesagt hat, herrschte in Spanien zu der Zeit ein anderes Verhältnis zu den Kolonien und deren Erzeugnissen als wir es zB aus dem England des 19. Jahrhunderts kennen, das du als Vergleich anführst. Das hat auch damit zu tun, wie das ökonomische System beschaffen ist, denn da gehören das frühkoloniale Spanien und das viktorianische England zu verschiedenen Epochen.

Spanien und Portugal hatten in der frühen Kolonialzeit ein reines Nutzverhältnis zu den Kolonien in Südamerika, wobei sich das noch nicht mal so sehr auf Rohstoffe bezog wie eben tatsächlich auf Edelmetalle. Die Kolonien waren dazu da, ausgebeutet zu werden um Kriege in Europa zu finanzieren.

Dass da in Südamerika eigenständige Kulturen waren, war eher ein theologisches Problem als ein Ansporn des Interesses. Die hauptsächlichen Quellen, die mir da bekannt sind, sind dementsprechend auch theologische Debatten dazu, ob Native Americans eine Seele haben oder nicht, ob man sie also lieber abschlachten oder bekehren sollte. Die katholische Kirche sprach sich übrigens sehr entschieden für Bekehren aus und verurteilte das Abschlachten (etwa in der Papstbulle Sublimus Deus von 1537).

Grundsätzlich gilt: Abschlachten und Bekehren waren weitgehend die einzigen Alternativen, die da grundsätzlich gesehen wurden. Mit anderen Worte: Entweder waren die Ureinwohner Vieh oder leere Gefäße, die mit Glauben gefüllt werden mussten. Keine guten Voraussetzungen für ein konstruktives Interesse an der Kultur.

Im viktorianischen England ist das Interesse ein anderes - da hat man ein Commonwealth geschaffen, in dem England erfolgreich andere Völker... sagen wir mal, beherrscht, und sie in das ökonomische System des Merkantilismus einbindet, insbesondere gestützt auf das Prinzip des Mehrwerts. (Das sage ich jetzt jedenfalls einfach mal so... eigentlich hat Marx das Prinzip des Mehrwerts entwickelt um die Beziehung zwischen Unternehmer und Arbeiter zu beschreiben. Was ich aber jetzt meine, ist die Beziehung zwischen Kolonie und Mutterland. Die Kolonie produziert Rohstoffe - etwa Baumwolle - und das Mutterland produziert die eigentliche Ware, die sie dann wieder exportieren kann. Ist also eine ähnlich symbiotische, auf langfristige Ungleichheit ausgerichtete Beziehung)

Dieses System liegt jedenfalls dem englischen Kolonialismus zugrunde, und auch dem englischen Zivilisationsbegriff, der ein höheres Maß an industrieller Entwicklung mit einer höheren Zivilisationsstufe gleichsetzt. Die Artefakte aus anderen Kulturen sind Trophäen in dieser Richtung, um die höhere Zivilisationsausbildung des Mutterlands zu unterstreichen. Statt der Frage "Töten oder Bekehren" wurde nun entweder die Primitivität dieser unterworfenen Völker oder die wohltuende Wirkung der eigenen Intervention betont. Um das tun zu können, bediente man sich stark der Artefakte aus den Kolonien.

Das British Museum wurde zum Beispiel 1759 auf der Basis einer Sammlung von Hans Sloane gegründet, der lange Zeit in Jamaica lebte und unter anderem dort Kuriositäten zusammengetragen hat. Daraus entstand ein Museum mit einem Schwerpunkt Menschheitsgeschichte (!). Und dann gibt es natürlich zweitens den industriellen Zusammenhang, am berühmtesten ist die Great Exhibition im Jahre 1851. Da hätte man dann die kosmopolite Wohlfühlwelt der englisch dominierten Wirtschaft, die für alle Beteiligten natürlich nichts weniger als ein Segen ist.

Mit anderen Worten, auch die englischen Sammlungen waren sehr selektiv in dem was sie von anderen Kulturen eigentlich wissen wollten; grundsätzlich aber waren sie natürlich schon wesentlich exzessiver in ihrer Sammelwut als jene Kolonialmächte, denen es zumindest in der entscheidenden Phase völlig schnuppe war, was für eine heidnische Gottheit da gerade in den Schmelzofen gewandert ist.
 
Grundsätzlich gilt: Abschlachten und Bekehren waren weitgehend die einzigen Alternativen, die da grundsätzlich gesehen wurden. Mit anderen Worte: Entweder waren die Ureinwohner Vieh oder leere Gefäße, die mit Glauben gefüllt werden mussten. Keine guten Voraussetzungen für ein konstruktives Interesse an der Kultur.

Ich möchte dem widersprechen. Selbstverständlich muss man zwischen Conquistadoren, die hauptsächlich aus kargen Landstrichen wie der Extremadura kamen und wenig Aufhebens um das Seelenheil fremder machten und Theologen, insbesondere der Dominikaner, der Franziskaner und der Jesuiten unterscheiden. Das "Abschlachten" galt eigentlich nicht als Alternative und es gab durchaus - wenn auch vereinzelt und zur damaligen Zeit nicht durchsetzungsfähig - Stimmen, die meinten, man habe es bei den Ureinwohnern mit Menschen zu tun, die im reinsten Sinne unschuldig waren (Kannibalen-Diskurse widersprachen dem natürlich vehement), immerhin hielt man ja im mittelalterlichen Weltbild den Osten der Welt für das irdische Paradies, auch wenn man diesen Osten nun über den Westweg erreicht hatte. Diese Vorstellung findet man auch noch im 16. Jahrhundert, wobei damit natürlich nicht gesagt ist, wie ernst man diese tatsächlich nahm.
Auch war durchaus ein Interesse an den autochthonen Kulturen gegeben, Jesuiten und Dominikaner versuchten z.B. mit mehr oder weniger Erfolg mit den indianischen Kulturen ins Gespräch zu kommen, deren Sprachen zu erlernen, deren Kulturen zu verstehen. Natürlich mit dem Ziel, die Menschen zum katholischen Christentum zu bekehren. Von einem Dominikaner ist dabei überliefert, wie frustrierend es für ihn war Nahuatl zu lernen, da er immer den Eindruck hatte, ein Wort, welches er am Vortag gelernt hätte, würde am nächsten Tag ganz anders ausgesprochen oder etwas ganz anderes bedeuten.
Ein Problem waren natürlich die zerstörerischen Kräfte, die einigen Missionaren innewohnten. Etwa das Diego de Landa, Bischof von Yucatán, Maya-Codices zerstören ließ. Aus seiner Sicht tat er damit sicherlich Gutes, aus unserer Sicht zerstörte er natürlich reiche Kunstschätze und speziell aus Sicht der Historiker wichtiges Datenmaterial. Und die Maya werden am wenigsten begeistert gewesen sein.
Dass es jedoch kein kostruktives Interesse an den Kulturen der Ureinwohner gegeben habe, möchte ich abstreiten, die Vertreter davon waren aber eben nur eine Stimme in einem vielstimmigen Chor.
 
Ich sehe nicht, wo du mir widersprichst; ich glaube eher, du hast mich missverstanden.

Ich habe gar nicht gesagt, dass es den Kolonialisierern ausschließlich ums Abschlachten gegangen sei, oder dass nicht während der ganzen Kolonialisierungszeit ein Streit darüber tobte, wie die Landnahmen u.a. vor Gott zu legitimieren seien. Ich habe nur gesagt, dass "Abschlachten und Bekehren" die zwei zentralen Herangehensweisen im kolonialen Zusammenhang sind. Dazu stehe ich weiterhin.

Das, was du hier anführst, habe ich in meinem Beitrag als Bekehrungsdiskurs charakterisiert, also als jede Stimmen, die z.B. in der von mir angeführte Papstbulle "Sublimus Deus" vertreten sind. In diesem Text ist ja schon ganz eindeutig gesagt, dass die Ureinwohner Menschen mit Seelen seien, deren grundsätzliche Eignung fürs Christentum besteht. Aber darin liegt eben die Krux: Alles was du hier als Gegenbeispiel anführst, also etwa das Interesse an Sprache und Lebensweise, wird - wie du selbst sagst - ausschließlich aus der Motivation heraus getan, die Heiden möglichst effektiv bekehren zu können. Jedes Interesse an einem Verständnis dieser Kulturen ist dadurch stark begrenzt.

Ich glaube, du hast einfach überinterpretiert, dass ich in dem von dir zitierten Teil von einem mangelnden "konstruktiven Interesse" spreche. Sicher, über diese spezifische Wortwahl ("konstruktiv") kann man vermutlich streiten. Was ich damit meine ist aber einfach das, worauf ich in meinem letzten Absatz nochmal explizit eingehe: Es gibt im kolonialen Zusammenhang keine Herangehensweise an diese Kulturen, die nicht vom Interesse geleitet wären, sie möglichst vollständig durch die eigene Kultur zu ersetzen - ob das nun durch Schwert oder durch Bibel oder eine Kombination von beiden passiert.

Dem hast du aber bei all deinen Beispielen nicht wirklich widersprochen.
 
Doch in dem einen Bereich bleibt der Widerspruch bestehen und das ist die Alternative von Abschlachten und Bekehren. :winke:
 
Ich bin gerade nicht sicher ob ich verstehe, wo du den Widerspruch genau siehst:

1) zwischen den grundsätzlichen Ansätzen?

2) innerhalb des Bekehren-Ansatzes?

3) sonstwo?

Falls 1:
Yo. Dieser Widerspruch besteht und entspricht zwei unterschiedlichen Zivilisationsvorstellungen innerhalb Europas, zum einen der Vorstellung von Zivilisation als inhärente Eigenschaft (die ein Nicht-Zivilisierter nicht haben kann, weshalb er problemlos abgeschlachtet werden kann), oder als progressives Konzept (wobei alle Nicht-Zivilisierten als potenziell Zivilisierte, in diesem Fall als potenzielle Christen betrachtet werden, die einfach nur noch die Wahrheit finden müssen).

Das wäre die Basis dessen, was ich so argumentiert habe (ausführlicher mit Quellen hier).

Falls zu 2:
Ja, aber nicht im bekehrerischen Ansatz selbst sondern vor allem retrospektiv, also in der historischen Herangehensweise an Quellen, die diesen Ansatz haben. Man kann diese Quellen als Historiker weiterhin als Missionsgeschichte lesen, wie in den Quellen ursprünglich beabsichtigt, oder aber als Dokument, das zwischen den Zeilen Hinweise auf eine Kultur gibt, die einen eigentlich interessiert. Hier könntest du mir tatsächlich unterstellen, dass ich etwas vom Thema abgewichen bin, da's Mittelwalter ja eigentlich darum ging, solche Quellen zu finden.

Falls du noch einen anderen Widerspruch innerhalb des Bekehrer-Ansatzes siehst, führ das doch bitte nochmal genauer aus, damit wir weiterdiskutieren können. :O

Falls 3:
Siehe letzter Absatz - bitte elaborieren!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe nochmal ein bisschen nachrecherchiert, weil mir - wie im letzten Posting vermutlich deutlich wurde - aus deinen Postings einfach nicht klar geworden ist, aus welcher Richtung du mit deinen Argumenten kommst. Ich denke, ich sehe jetzt besser, welche Differenzierungen du meinst. Beispiel Jesuiten:

"Das hohe Ansehen der Jesuiten und ihre Toleranz gegenüber der chinesischen Kultur verhalfen der Mission in China zu großem Erfolg. ... Matteo Ricci und seine Glaubensbrüder gingen sehr behutsam mit den Traditionen der Einheimischen um und versuchten sich soweit möglich anzupassen. So trugen sie selbst die landesübliche Tracht mit Chinahut und Zopf und orientierten sich an den üblichen Formen des Umgangs der Chinesen untereinander. ... Großen Respekt zeigten sie gegenüber den Lehren des Konfuzius und der im Konfuzianismus besonders gepflegten Ahnenverehrung ... Die Jesuiten gestatteten den zum Christentum konvertierten Konfuzianern, den für sie wichtigen Ahnenkult und andere tradiertre Riten weiter auszuüben. Diese Form der Toleranz aber stieß auf massive Kritik seitens anderer Orden und schließlich auch des Papstes.
Vor allem die Franziskaner und Dominikaner ... warfen den Jesuiten vor, sie würden die 'reine Lehre' des Katholizismus durch ihre Politik der Akkommodation gefährden und zu einer Verwässerung des Christentums beitragen. Es kam zum Ritenstreit, in dessen Verlauf sich die Jesuiten vor dem Papst verantworten mussten. Im Jahr 1704 verbot Papst Clemens XI. die Praxis der Akkommodation, insbesondere die Verehrung der Ahnen und des Konfuzius durch chinesische Christen."

Sabine Buttinger, "Mit Kreuz und Kutte. Die Geschichte der christlichen Orden." Stuttgart, Theis, 2007, pp. 104-105.

Also sagen wir so: Akkommodation gab es und ich gebe es zu. :)

Andererseits behaupte ich weiterhin, dass die beiden anderen Herangehensweisen im kolonialistischen Zusammenhang die beiden größten und für ein grundsätzliches Verständnis der Zeit die entscheidensten waren. Das leite ich vor allem daraus ab, dass diese beiden z.B. rechtlich tief in Europa und verwurzelt waren, während Ansätze wie die Akkommodation bereits innerkirchlich umstritten war und sehr bald per Machtwort verurteilt wurde.
 
. Das "Abschlachten" galt eigentlich nicht als Alternative und es gab durchaus - wenn auch vereinzelt und zur damaligen Zeit nicht durchsetzungsfähig - Stimmen, die meinten, man habe es bei den Ureinwohnern mit Menschen zu tun,



Da fällt mir immer der auf tragische Art und Weise missverstandene Bartolome de las Casas ein, der den vorsichtigen Vorschlag gemacht hatte, Afrikaner aufgrund ihrer Kraft und Stämmigkeit zur Arbeit heranzuziehen, nicht Indigenas, deren "schwaches" Immunsystem einen schnellen Tod herbeiführen konnte.
 
Das sehe ich jetzt erst, das Zitat von mir bei dir, Arsacides, ist etwas unglücklich, da ich nicht darauf abhob, dass die indigene Bevölkerung nach Ansicht der Europäer menschlich oder unmenschlich sei, sondern darauf, dass es vereinzelt Vorstellungen gab, dass sie sich im paradiesischen Zustand der Ur-Unschuld befänden.
 
Hallo

1. Zu den Kunstgegegenständen, aus dem 16.Jh an Originalen aus mexiko z.B. ist fast nichts erhalten (3 Mayahandschriften) u d ev. 1-2 Dutzend azteksiche Kunstgegenstände, der Rest zerstört und erst durch Grabungen seit dem 19.Jh. wiederentdeckt.

2. Zu Abschlachten und Bekehren, da muß ich mal ein Lanze für die span. Kolonialpolitik brechen, die Gesetzet die in Spanien gemacht wurden (Stichwort "Indienrat") waren im Grundsatz nicht so schelcht, oder gene die Indianer gerichte, wie hier im Post von Abschlachten oder Bekehren dargestellt wird. Auch hat es erheblcihen Widerstand des Klerus (Dominikaner, Jesuiten) an der Unterjochung und Ausbeutung der Indianer gegeben. Wenn man sich die verschienene gesetze ansieht und deren Umsetzung, dann ist es leider wahr, das es einen Unterecshied zwischen Gestzt aus Spanien u nd der Umsetzung in Amerika gegeben hat, aber eben nicht immr, oder nie permanent, ja das es sogar Gesetzt und Posten von Der Krone gab, die nur zum Schutz der Indianer erlasen wurden, zum Nachteil der kolonisten 8wirtschaftlich gesehen). Die Ganze Kolonialgeschichte ist ein Ringen ziwshcne wirtschaftlciher Ausbeutung und Schutz der Menschenwürde der Indianer.

mfg
schwedenmann
 
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