Kursk Juli 1943 - Operation Zitadelle

silesia

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Die neuste Ausgabe 3/2009 der VfZ enthält einen interessanten Beitrag von Roman Töppel, der sich einige Legenden und Mythen dieser Schlacht vornimmt:

1. Die Entstehung der Entscheidung für die Angriffsoperation, die entgegen den Nachkriegsmemoiren klar der Generalität Manstein, Model, Kluge, Zeitzler zugewiesen wird.

2. Die Entstehung der Entscheidung zum Abbruch der Schlacht, die entgegen den Nachkriegsmemoiren in keinen kausalen Zusammenhang zur Landung der Allierten in Italien gesehen wird.

3. Die Lageanalyse bei Abbruch der Schlacht, die insbesondere von Manstein zu optimistisch dargestellt wurde.

4. Die Würdigung der Kräfteverhältnisse, wobei hier selbst die jüngste Darstellung von Frieser in DRZW 8 korrigiert wird.

5. Die Beurteilung der Qualität der deutschen unteren Führung in der Schlacht, deren Mängel betont werden. Dabei wird insbesondere mit der "Legende Strachwitz" aufgeräumt, dessen Führungsfehler und mangelnde Erfahrung mit neuem Material zu horrenden Verlusten geführt haben

6. quellenkritische Anmerkungen zum Aussagehalt deutsche Kriegstagebücher (mit eingen Beispielen)

7. die Würdigung der Verluste, sowie die Relativierung der Bedeutung der Panzerschlacht von Prochorovka einschließlich der katastrophalen sowjetischen Führung (zB Rotmistrov, dessen Kopf wohl nur die erwünschte Legendenbildung und der direkte Anschluss der Operation "Rumjanzew" rettete).


Als wesentliches Manko des ansonsten gut recherchierten Beitrag sind die spärlichen Hinweise auf die sowjetische Seite der Gegenoffensive im Orelbogen sowie der Angriffsoperation "Rumjanzew" (mit der überraschend schnellen Erholung der sowjetischen Panzertruppe binnen 14 Tagen) zu sehen.


Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Heft 3/2009, S. 349-385, Töppel: Kursk - Mythen und Wirklichkeit einer Schlacht
 
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Die Indikatoren der Aufklärung wiesen ja von Beginn darauf hin, dass man mit dem Angriff auf den "Kursker-Bogen" in ein "Wespennest" stechen würde.

Unmittelbar vor Beginn der eigentlichen Angriffshandlungen war ja ach durch operative Aufklärung die gesicherte Erkenntnis vorhanden, dass das zu erobernde Gebiet ungewöhnlich stark vermint war.

Mich persönlich wundert, dass die"Blitzkrieg-Theoretiker" sich ausgerechnet ein Areal ausgesucht haben, in dem alle Aspekte, die bisher den Blitzkrieg erfolgreich gemacht haben:

- punktuelle Überlegenheit und
- operative Überraschung

a priori nicht gegeben waren.

Umgangssprchlich würde man sagen: "Das hätte eigentlich ein Blinder mit einem Krückstock sehen müssen".

Mir ist im Moment der poltische Druck auf die Generalität, die Operation auf jeden Fall durchzuführen nicht so präsent, aber nur dieser Faktor kann die Unsinnigkeit der Durchführung erklären.

Zumindest war vermutlich allen klar, dass ein Scheitern der Offensive, den endgültigen Verlust der strategischen Initiative nach sich ziehen mußte.

Warum ging man also ein derartig hohes Risiko ein?

Welche Bewertung nimmt Töppel vor?
 
Im Sommer 1943 verfügten die Deutschen über 3,5 Millionen Soldaten an der Ostfront. Die Russen besaßen 6 Millionen und noch 1 Million, eingeteilt in 11 Armeen, in Reserve.
Da war natürlich nichts mehr zu gewinnen.
Kursk sehe ich als reinen Aktionismus. Irgend etwas muss man ja machen. Schließlich war Sommer und der gehörte der deutschen Initiative. Ist jetzt nicht sehr wissenschaftlich formuliert. Ich sehe da immer jemanden, der aus dem Fenster fällt und rudernd laut schreit. Der könnte auch zur Tagesordnung übergehen und sich ruhig verhalten.
Der Ferdinant und die noch nicht serienreifen Panther zeigen die Verzweiflung auf deutscher Seite.
Rotmistrow galt als einer der fähigsten Generale der sowjetischen Panzerwaffe. Später wurde er sogar zum Marschall befördert. Da drängt sich einem die Erkenntnis auf, in der Roten Armee zählte weniger das taktische Geschick als die Skrupellosigkeit gegen die eigenen Leute. Ich glaube aber, letzteres rettete die Rote Armee 1941 vor dem Untergang.
 
Töppel stellt anhand von angeführten Telefonaten, KTBs und Denkschriften folgende - eigentlich einheitliche - Auffassung der Generalität von HG Mitte und Süd dar:
Man war sich großer Sommeresoffensiven der SU bewußt. Die Bedenken (Manstein, Model, Kluge) gingen dahin, dass eine monatelange Abwehrschlacht für den Fall zu führen, dass man "aus der Nachhand" operieren wolle. Dem sei die Offensivoperation vorzuziehen.

Die Aussichten der "Nachhand" wurden dann in den Manstein-Memoiren bis zum greifbaren strategischen Patt im Osten hochstilisiert (bei einem Panzerausstoß der SU von 2000 pro Monat). Schaut man sich die danach realisierten Abwehrschlachten an, ist das möglw. insoweit realistisch, als die Rote Armee in Angriffsoperationen höhere Verluste erlitten hätte.
 
Die neuste Ausgabe 3/2009 der VfZ enthält einen interessanten Beitrag von Roman Töppel, der sich einige Legenden und Mythen dieser Schlacht vornimmt: ...
Der DRZW-Band 8 mit dem ausführlichen Beitrag von Frieser (S. 81-208) ist ja beinahe noch druckfrisch und liegt Dir auch vor. Gibt es denn markante Differenzen zum Töppel-Aufsatz?
 
Der DRZW-Band 8 mit dem ausführlichen Beitrag von Frieser (S. 81-208) ist ja beinahe noch druckfrisch und liegt Dir auch vor. Gibt es denn markante Differenzen zum Töppel-Aufsatz?

Die wesentliche Differenz liegt wohl darin, dass Töppel hier das Zahlenmaterial bezweifelt und korrigiert (Einsatz und Verluste). Die deutschen Zahlen werden von ihm nach oben korrigiert, um sie den sowjetischen vergleichbar zu machen (Punkt 4).
 
Die deutschen Zahlen werden von ihm nach oben korrigiert, um sie den sowjetischen vergleichbar zu machen (Punkt 4).
Gewiss obwaltet hier nicht ein krudes Harmonisierungs-Bedürfnis (oder die statistische Entropie) :), sondern der Verfasser hat neue Quellen erschlossen oder vorhandene anders interpretiert.

Nun waren allerdings die Zahlen von Frieser so umfassend und genau, dass ich in Versuchung war, sie blind zu glauben. Kann man sich denn auf gar nichts mehr verlassen? :nono: Anders gefragt: Worin liegt denn das Kernproblem bei derartigen Zahlen?
 
:nono: Anders gefragt: Worin liegt denn das Kernproblem bei derartigen Zahlen?
Das frage ich mich auch immer, viele Unterlagen sind verloren oder getürkt i.S. von "bodycounting" beim Feind.

Wenn ich mir z.B. dies ansehe, an sich eine Fundgrube...
Russia and the USSR in the wars of the 20th century - the losses of the armed forces
Ich bezweifle schlichtweg, dass die Rote Armee so genaue Statistiken führte. Angeblich wurden, anders als in anderen Armeen, nicht einmal die Angehörigen offiziell benachrichtigt. Wenn man dann noch weiß, dass kurz vor Kriegsende befreite Gefangene sich erst einmal als erste Infanteriewelle bewähren "durften"...

Mein Großvater fiel Mitte Februar 1945. Die Benachrichtigung durch den Kompanieführer, immerhin kam noch eine aus Ostpreußen, ist vom April datiert.

Jedenfalls bin ich generell skeptisch, wenn Zahlen allzu genau sind, egal aus welcher Quelle.
 
Zuletzt bearbeitet:
...sondern der Verfasser hat neue Quellen erschlossen oder vorhandene anders interpretiert.

Friesers Darstellung ist in der Tat eine bemerkenswerte und weitreichenste Inventur der Ereignisse, an dem Urteil gibt es sicher nichts zu korrigieren. Die Kritik liegt vielmehr in der Auswertung der sowjetischen Darstellungen und in den damit möglichen Zahlenvergleichen (hier werden nämlich aufgrund der unterschiedlichen Zählweise zT Äpfel mit Birnen verglichen) und damit in der Wertung des Ausganges. Folgt man der Systematik der Roten Armee, müssen die deutschen Zahlen erhöht werden (auf 2.900 gepanzerte Fahrzeuge). Folgt man der deutschen Systematik, müssten die Zahlen der Roten Armee nach unten korrigiert werden.

Zum Grundsätzlichen, ZITADELLE wäre wie folgt zu bewerten:

- nicht in Reihung zu BARBAROSSA 1941 oder BLAU 1942, von vornherein als begrenzte Defensivoperation, um der schwierigen Abwehrlage nach Beginn einer großen sowjetischen Sommeroffensive zuvorzukommen, die sich erfahrungsgemäß auf 3000 km Frontbreite verteilt hätte (wie im Winter 41/42 und im Winter 42/43).

- als vorwiegend von der Generalität getriebenes Konzept (dazu ganz früh die Strategischen Vorstellungen von Jodl zur "Kriegsführung 1943", dann Manstein, Kluge, Model, etc.), dieses weitgehend in der Erkenntnis der eingetretenen Kriegswende.
 
Jedenfalls bin ich generell skeptisch, wenn Zahlen allzu genau sind, egal aus welcher Quelle.

Dazu ist sehr zu empfehlen (von Töppel zwar zitiert, aber mE kaum beachtet):

Zetterling/Frankson, Kursk 1943 - A statistical Analysis, aus 2000
Aus meiner Sicht ein mustergültig kritischer Umgang mit den Daten, inkl. Plausibilisierungen und diversen Verprobungen.

Wichtige Töppel-Daten z.B zum Einsatz der Panther-Abteilungen sind verifizierbar, zB Anlage 2 zum Bericht GenInspPzTr vom 26.8.1943, Lage der PzBrig 10 am 12.8.1943 "Totalausfälle bei Zitadelle" sowie "Während der Ausweichkämpfe gesprengt bzw. abgeschossen" (leider bei ihm, soweit ich sehe, nicht zitiert).
 
Die aktuellen Quellen leigen mir derzeit nicht vor, sind aber in der UB schon bestellt;)
Deswegen ein paar Überlegungen, die sich mir aufgedrängt haben bei der Beschäftigung mit dem Thema:

Die Vorgeschichte für „Citadelle“ (frei nach Guderian-Schreibweise) ist auf beiden Seiten bemerkenswert. Bemerkenswert ist, dass ja wohl auf beiden Seiten, die Planungen halbherzig und teilweise mit nicht geingen Widerständen erfolgten.Vor allem Hitler und Stalin waren nicht als direkte Promotoren von Citadelle in Erscheinung getreten, sondern eher als "Mitläufer".

Situation DR: Folgt man Guderian, dann hat Hitler zweimal keinen wirklich überzeugenden Grund, auch für sich selber formulieren können, für eine offensive Operation der WM in 43. Am zutreffendsten war wohl eine „symbolische“ Sichtweise, die auf die Wiederherstellung der Überlegeheit der deutschen Waffen abzielte (Jodl glaube ich).

Interessant ist, dass aus sowjetischer Sicht eine wesentlich „rationalere“ Interpretation der Zielsetzungen der WM vorgenommen worden ist (Solowjow, Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges. Schlacht bei Kursk, S. 48ff). Unterstellt wird die präventive Vernichtung des Offensivpotentials der RA und somit die Verhinderung der Sommeroffensive im Jahr 1943. Gleichzeitig wird die Verkürzung der Front für die WM genannt und vor allem die Wiedergewinnung der strategischen Initiative.

Alles relevante Aspekte, die bei Guderian, als Teilnehmer der entscheidenden Sitzungen, nicht genannt oder diskutiert werden.

Situation SU: Folgt man den Ausführungen von Schukov (Marschal Zhukov`s Greatest Battles, S. 195ff), dann diskutierte der Generalstab ab ca. April 43 die Lage um Kursk. Stalin gefiel die Idee von Schukow nicht, der die Angriffsrichtung der WM Richtung Kursk frühzeitig prognostiziert hatte (was ja eigentlich nicht besonders schwer war), und wollte ursprünglich ein aktives Vorgehen der RA. Er traute, nach den Erfahrungen von 41 und 42 dem Defensivpotential der Roten Armee nicht, angesichts einer zur erwartenden großangelegten Sommeroffenive der WM. Schukov hat sich mit seinen Planungen durchgesetzt.

Die Umsetzung des Planung, die Dislozierung und die entsprechenden begleitenden Tarnmaßnahmen der Roten Armee können als sehr erfolgreich angesehen werden.

Von der Deutschen Aufklärung wurden – so Glantz (When Titans clashed, S. 165) – die Tiefengliederungen der RA nicht erkannt. „Had they known the full scope of soviet preparations, even the most confident German commanders would have daunted“ (Glantz, Titans, S. 165).

Die Umsetzung der endgültigen Planung zu „Citadelle“ zum Zeitpunkt im Juli hat v. Mellenthin (S.262) sicherlich zutreffend als „Todesritt“ bezeichnet und war sich der apokaliptischen Bedeutung, bei einem Fehlschlag, offensichtlich bereits im Vorfeld durchaus bewußt.

Die Rote Armee konnte im Vorfeld der Präparation des Schlachtfeldes nahezu alle ihre traditionellen Schwächen, eine mangelhafte Feuerleitung und eine mangelhafte Kommunikation, abstellen. Gleichzeitg konnte sie ihre Stärken, der stationären Kriegsführung ausspielen. Diesem optimierten „Portfolio“ der Roten Armee stand eine „suboptimale“ operative Ausrichtung der WM gegenüber. Sie konnte ihre traditionellen Stärken der beweglichen Kriegsführung auf diesem Terrain nicht ausspielen.

Spannend ist m.E. ebenfalls die asymmetrische Ausgangslage in Bezug auf die potentielle „Ausbeute“ bei einem eventuelle Gewinn der Schalcht. Für die WM wird für 43 allgemein unterstellt, dass sie für weiträumige Operationen nicht mehr über die notwendigen Ressourcen verfügt hat. Vor diesem Hintergrund wäre eher ein begrenztes Ausnutzen eines Erfolges bei Kursk denkbar gewesen. Unterstellt man jedoch die Zerstörung von zwei Fronten der Roten Armee in einem Kessel bei Kursk, dann hätte für die Rote Armee eine sehr krtische Situation eintreten können, deren militärische Konsequenzen schwer zu bewerten sind.

Die Planungen der RA im Anschluss an die Schlacht bei Kursk für den Herbst 43 waren wesentlich konkreter und weiträumiger (Solowjow: Wendepunkt, S. 83ff) und zielten in Richtung SW auf die Eroberung der kompletten Ukraine ab in Richtung Odessa.

Als Bewertung für "Citadelle" muss ich immer wieder an die kolportierte Situation zwsichen Hitler und Göring im Vorfeld von Barbarrossa denekn. In dieser Situation soll Göring Hitler vor diesem Plan gewarnt haben mit dem Satz: Wir wollen doch nicht Vabanque spielen und Hitler antwortete, dass er immr nur Vabanque gespielt hat.

Die Risiken der Durchführung von Citadelle für die WM standen in keinem Verhältnis zu den nicht zu kalkulierenden Gefahren bei einem Scheitern. Dass das OKW und das OKH diese Gefahr nicht viel deutlicher benannt hat, ist aus heutiger Sicht verwunderlich, aber vermutlich schon nicht mehr nach dem irrationalen Verhalten seit Stalingrad.

Aber viellicht komme ich ja zu einer anderen Einschätzung angesichts der neuen Quellen.
 
OT: Wäre doch "nett" gewesen, wenn Guderian, im Rahmen des Duells mit Kluge, dem Sekundanten von Kluge, einem gewissen Adolf Hitler, einen "Querschläger" verpasst hätte.

Dass Kluge von Guderian "Satisfaktion verlangt hat, ist sicherlich ein etwas schräges Kapitel des Niedergangs aristokratischer Traditionen in der WM.

Obwohl beim Autofahren würde ich auch schon manchmal gerne Andere zum Duell fordern. =)
 
Situation DR: Folgt man Guderian, dann hat Hitler zweimal keinen wirklich überzeugenden Grund, auch für sich selber formulieren können, für eine offensive Operation der WM in 43. Am zutreffendsten war wohl eine „symbolische“ Sichtweise, die auf die Wiederherstellung der Überlegeheit der deutschen Waffen abzielte (Jodl glaube ich).

Wandelt man den Titel der fundamentalen Arbeit von Klink etwas um, könnte man es "Den Zang zum Handeln" nennen. Das halte ich für sehr beachtlich, unter zwei Aspekten:

- Guderians Gegenposition (aktenseitig dokumentiert) ging ebenfalls, noch bis Ende 1943/Anfang 1944, von begrenzten Offensiven aus. Der einzige Unterschied ist der, dass G. zunächst die Offensivkräfte weiter konsolidieren wollte. Das Gegenargument ist daher temporär zu verstehen

- Hitlers Druck ist letztlich Ausfluß der Niederlage von Stalingrad und hier insbesondere der selbst erzeugte politische Druck bei den verbliebenen Bundesgenossen, denen im Verlauf des Frühjahrs eine Offensive zugesagt worden ist. "Zitadelle" hatte eine starke politische Komponente des "Zwangs zum Handeln".


Die Umsetzung des Planung, die Dislozierung und die entsprechenden begleitenden Tarnmaßnahmen der Roten Armee können als sehr erfolgreich angesehen werden.

Von der Deutschen Aufklärung wurden – so Glantz (When Titans clashed, S. 165) – die Tiefengliederungen der RA nicht erkannt. „Had they known the full scope of soviet preparations, even the most confident German commanders would have daunted“ (Glantz, Titans, S. 165).
Die wesentlichen Kräften waren dagegen bekannt (siehe die Lagebeurteilungen bei Klink zu Beginn der Offensive). Dazu - von Töppel zitiert - paßt Models Lageanalyse kurz vorher, wonach man "es mit den verfügbaren Kräften gerade noch schaffen könnte".

Die optimistische Auffassung ist gerade durch die Manstein-Memoiren geprägt, die den Abbruch "kurz vor dem Durchbruch" behaupteten.

Die Umsetzung der endgültigen Planung zu „Citadelle“ zum Zeitpunkt im Juli hat v. Mellenthin (S.262) sicherlich zutreffend als „Todesritt“ bezeichnet und war sich der apokaliptischen Bedeutung, bei einem Fehlschlag, offensichtlich bereits im Vorfeld durchaus bewußt.
Siehe Model.

Obwohl man die Verluste differenzieren müßte: das Problem lag nicht im Raum der bzgl. in der Offensivhandlung selbst, sondern an den dadurch entstandenen Defiziten im Orel-Bogen, bei Isjum und am Mius. Etwas überspitzt: nicht die Offensivverluste waren das Problem, sondern die anschließenden Defensivschlachten und die Verluste durch Rückzüge. Die überstiegen den Zeitraum der Offensivhandlung 5.-16.7.1943 erheblich.

Die Planungen der RA im Anschluss an die Schlacht bei Kursk für den Herbst 43 waren wesentlich konkreter und weiträumiger (Solowjow: Wendepunkt, S. 83ff) und zielten in Richtung SW auf die Eroberung der kompletten Ukraine ab in Richtung Odessa.
Was recht phantasielos die Fortsetzung der Winteroffensive 42/43 bedeutete, und zu weit höheren sowjetischen Verlusten als in der Kursker Schlacht führte. In der zweiten Hälfte 1943 wurde auch das alte Konzept beibehalten: alles auf einmal, nicht richtig. Die sowjetische Nachkriegs-Legende vom Untergang der deutschen Panzertruppe bei Kursk ist auch lange widerlegt.
 
Mit der Operation Zitadelle versuchte die deutsche Führung mE an die höchst erfolgreichen Kesselschlachten im Verlauf der Operation Barbarossa anzuknüpfen, wobei ich hier im Besonderen an den Kessel von Minsk denke. Irgendwie hat man dann aber vergessen, dass sich mittlerweile die Situation maßgeblich verändert hatte.

Man hatte die Initiative und das Überraschungsmoment längst verloren. Auch die fast vollkommene Luftüberlegenheit aus dem Jahr 1941 war nur noch eine schöne Erinnerung. Desweiteren ging man nicht gegen immer noch geschockte und überraschte Truppen vor, sondern gegen einen gut vorbereiteten und tief eingegrabenen Gegner, der über eine Fülle von Defensivmitteln verfügen konnte. Die Rote Armee verfügte zudem über eine wesentlich stärkere Panzerwaffe als noch 2 Jahre zuvor, man denke nur an den T-34 und dessen gewaltige Produktionszahlen.

Ein Erfolg a la Minsk konnte also schon im Voraus ausgeschlossen werden.

Man hatte es ja auch nicht mit einer klassischen Blitzkriegssituation zu tun, in der schnelle Panzerverbände den Gegner umfassen, sondern brach in einen vorgeschobenen Frontbogen ein und versuchte diesen in den Flanken einzudrücken. Von daher erinnert das Vorgehen schon eher an die Schlachten des Ersten Weltkrieges wie z.B. vor Verdun.
 
Von daher erinnert das Vorgehen schon eher an die Schlachten des Ersten Weltkrieges wie z.B. vor Verdun.
Ich würde sogar noch weiter gehen. Es war von deutscher Seite ein exemplarisches Beispiel von Dummheit. Sozusagen gegen besseren Wissens. Man verheizte unersetzliche Soldaten, Tiger und Panther. Letztere fuhren sich in Minenfelder fest. Nie wieder konnte man diese Verluste ausgleichen.
Ich habe mal (vor etlichen Jahren) einen sowjetischen Film über diese Schlacht gesehen. Da fuhr ein deutscher Panzergeneral(?) vor und sagte: "Der Russe wirft seine Reserven in die Schlacht. Ich habe keine."
 
Es wurden durchschnittlich ca. 1500 Antipanzer- und ca. 1500 Anti-Personal-Minen im Vorfeld von Zitadelle verlegt.
siehst Du hier:fs:
WWII Battle of Kursk: Mine/Countermine operations

Planerisch war Zitadelle sicherlich umstritten. Ob die Alternative, wie Mannstein es vorgeschlagen hatte, die Operation zeitnäher anlaufen zu lassen, erfolgreicher gewesen wäre, sei dahingestellt. Auch im April 43 hatte die RA im Kursker Abschnitt fast das gleiche prozentuale Verhältnis zur WM wie im Juli 43. Ein Angriff im Mai 43 wäre auch ein schwieriges Unterfangen gewesen, zumal sich die HG MItte, soweit ich mich erinnern kann, zu einer Unterstützung von Norden außer Stande sah.

Und bevor Silesia darauf hinweist, dass die "immensen" Panzerverluste ein Teil der Mythenbildung durch die "Frontenbefehlshaber" der Roten Armee bildet (von wegen "Schwanengesang" etc.), nochmals kurz der Hinweis z.B. auf Zetterling (Silesia hatte bereits auf die Fundstellen und die neueren Ergebnisse hingewiesen):pfeif:.

Es werden dort u.a. auch die Ursache für "Verlust" (Mine war selten Totalverlust, da durch Bergung die Panzer relativ schnell wieder einsatzfähig waren) angegeben und der Ausfall durch Mine war nicht besonders hoch, wie insgesamt die prozentualen Ausfälle, gemessen an den Verlusten bei Panzern der Roten Armee während der "heißen Phase" von Zitadelle eher gering waren.

Ähnlich gravierend wie das Minenproblem war die "Neigung" der Panther zur "Selbstzerstörung". bereits im Anmarsch haben sich mindestens 6 Panther selber in die Luft gesprengt, da die Kühlung der Motoren und die Dichtung von Betriebsmitteln den Panzer "sensibel" machten gegen "Selbstinzündung"

Im Verlauf von Zitadelle, konnte die Anzahl der einsatzbereiten Panzer in den Panzerdivisionen sogar noch wieder erhöht werden.

Die Panzerverluste traten verstärkt in den folgenden Monate, nach Zitadelle, auf, zu einem Zeitpunkt als die Panzerwaffe nicht mehr konzentriert eingesetzt wurde, sondern als "Feuerwehr" Einbrüche abriegeln mußte, was nicht immer gelang. Defekte Panzer konnte als Folge nicht mehr geborgen werden und gingen auf diese Weise unwiederbringlich verloren.
 
Ein Erfolg a la Minsk konnte also schon im Voraus ausgeschlossen werden.

Man hatte es ja auch nicht mit einer klassischen Blitzkriegssituation zu tun, in der schnelle Panzerverbände den Gegner umfassen, sondern brach in einen vorgeschobenen Frontbogen ein und versuchte diesen in den Flanken einzudrücken. Von daher erinnert das Vorgehen schon eher an die Schlachten des Ersten Weltkrieges wie z.B. vor Verdun.

Manches ist an deiner Bewertung sicherlich richtig. Und von Model wurde ja auch ausführlich auf die ungewöhnlich starke Befestigung hingewiesen in Zusammenarbeit mit Fremde Heere Ost.

Frieser stellt die Frage, ob historisch betrachtet, die Einschätzung von Hitler, der mal wieder die "Hosen voll hatte" - wie schon bei Dünkirchen - die Operation sei nicht mehr zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, oder ob Mannsteins Einschätzung eines verlorenen Sieges eine angemessene Beschreibung der damaligen Situation sei.

Und seine Antwort fällt zugunsten von Mannstein aus. Im Gegensatz zur Roten Armee, bei der bereits die Einheiten der "Steppen Front", die ja als Reserve angesehen wurden, hatte Mannstein ein Panzer-Korps noch gar nicht eingesetzt. Etwa zeitgleich zum Abbruch wollte Mannstein diese PZ-Korps zum Einsatz bringen.

Die Erfolgschance für diesen Einsatz wären vermutlich auch nicht schlecht gewesen, da die HGR Süd sich bereits durch die sehr tiefen und hervorragenden Befestigunge der ersten und der zweiten Linie der RA durchgekämpft hatte.

Es gab zwar noch eine dritte Linie, die verlief aber parallel zur Gesamtfront und hatte somit keine direkte Bedeutung für die Kämpfe im Kursker Bogen.
 
Bei der Operation Zitadelle zeigte sich wieder einmal der Mangel an schwerer Artillerie auf deutscher Seite. Während die Rote Armee über wahre Massen an schwerer Artillerie und Salvengeschützen verfügte, konnte die Wehrmacht hier bei weitem nicht dieselben Mengen und vor allem nicht in derselben Qualität aufbringen. Vor allem die hervorragende russische 152 mm ML20 und die hochmobilen Katyushas brachten die deutsche Infanterie immer wieder in Schwierigkeiten.

Der Usprung dieses Problems geht aber auf die Konzeption des Blitzkriegs an sich zurück, anfangs sah man die Notwendigkeit von schwerer Artillerie gar nicht. Die schweren unbeweglichen Geschütze hätten den Vormarsch nur unnütz aufgehalten. Als Ersatz für die schwere Artillerie war von Anfang an der Stuka bzw. die Luftwaffe an sich vorgesehen.

Doch wie ich ja bereits erwähnt hatte, war die absolute Lufthoheit über Kursk nicht vorhanden und auch die Leistungsfähigkeit der Flugzeuge der Luftwaffe in diesen Jahren bereits recht eingeschränkt. Außerdem rieben sich die KGs an zu vielen Aufgaben auf.

Für ein Unternehmen wie der Operation Zitadelle ist anhaltender und präziser Artilleriebeschuss unverzichtbar, um die Verteidgungstellung "aufzuweichen" und den Feind in Deckung zu zwingen. Desweiteren sollten die Geschütze in der Lage sein, auch tiefe Stellungen entscheidend zu schwächen oder zu zerstören, und dafür ist die leichte und mittlere Artillerie denkbar ungeeignet.
 
kleiner literatur-review der amerikanischen übersichtswerke

Nachdem die neuesten Erkenntnisse zu Wort gekommen sind, noch ein Blick auf die Wahrnehmung von „Zitadelle“ in der älteren und teilweise auch neueren angloamerikanischen Darstellung zu diesem Thema. Es finden eher Übersichts- und keine Spezialwerke eine Berücksichtigung. Die Auswahl ist sicherlich subjektiv, aber berücksichtigt auch Standardwerke.

J.F.C. Fuller: Der Zweite Weltkrieg: 1950, S. 324-327: Eine kurze Darstellung, die entsprechend dem Zeitpunkt des Erscheinens keine wesentlichen Fakten bietet. Interessant ist jedoch die Wahrnehmung, das die deutsche Niederlage eine vergleichbare Dimension zu Stalingrad hatte. Unbrauchbar.

W. Churchill: Der Zweite Weltkrieg: 1948, S. 822-823: Kursk wird sehr kurz im Rahme der „Arktischen Geleitzüge“ abgehandelt. Völlig unbrauchbar

A. Seaton: Der russich deutsche Krieg 1941-1945. 1971, S. 269-278. Er behandelt es als eigenständiges Kapitel. Insgesamt eine kompetente Darstellung der Planungen, der Schlacht und der Konsequenzen. Hat die relevante Quellen (auch den „Klink“) einbezogen. Insgesamt eine gute Darstellung, die sich um die notwendige Objektivität bemüht. Für die damalige Zeit vermutlich eine der besten Kurz-Darstellungen.

J. Erickson: The Road to Berlin: 1983, S. 97-112. Eine sehr gute Darstellung des Schlachtverlaufs. Die Ziele und die Planungen kommen ein wenig zu kurz. Seine Angaben über die Verluste an Tanks scheint die Quelle zu sein, auf die sich Keegan und Overy gestützt haben. Darstellung hat Licht und Schatten, aber der Verlauf wird hervorragend dargestellt.

J. Keegan: The Second World War: 1989, S. 458-471. Er behandelt Kursk relativ ausführlich. Er stellt beide Seiten angemessen dar in Bezug auf die Planungen. Die Beurteilung des Abruchs der Schlacht, die Gründe und die materiellen Auswirkungen werden jedoch nicht angemessen dargestellt (gemessen an der Beurteilung durch Frieser). Dennoch für ein Überblickswerk ganz akzeptabel.

G.L. Weinberg: Eine Welt in Waffen: 1994, S.641-644. Eine sehr kurze Darstellung von Zitadelle. Die Vorgeschichte wird entstellend kurz dargestellt und die politischen und militärische Ziele nicht angemessen dargestellt. Aus meiner Sicht noch nicht mal mittelmäßig

R. Overy: Die Wurzeln des Sieges: 1995, S. 120-131. Er stellt die Planungen dar und die Potentiale beider Seiten. Er geht auf das Schlachfeld und die beteiligten Einheiten ein. Die Darstellung des Abbruchs ist auch bei ihm eher unterdurchschnittlich. In der Beurteilung liegt es etwa auf dem Niveau von Keegan.

Interessant ist, das die Mythenbildung über den Untergang der Panzerwaffe in den Übersichtswerken fortgeführt wird. Problematisch ist der Vergleich teilweise auch dadurch, dass gepanzerte Fahrzeuge und Panzer nicht deutlich getrennt werden in der sprachlichen Bewertung.
 
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Bei der Operation Zitadelle zeigte sich wieder einmal der Mangel an schwerer Artillerie auf deutscher Seite. Während die Rote Armee über wahre Massen an schwerer Artillerie und Salvengeschützen verfügte, konnte die Wehrmacht hier bei weitem nicht dieselben Mengen und vor allem nicht in derselben Qualität aufbringen. Vor allem die hervorragende russische 152 mm ML20 und die hochmobilen Katyushas brachten die deutsche Infanterie immer wieder in Schwierigkeiten.

Der Usprung dieses Problems geht aber auf die Konzeption des Blitzkriegs an sich zurück, anfangs sah man die Notwendigkeit von schwerer Artillerie gar nicht. Die schweren unbeweglichen Geschütze hätten den Vormarsch nur unnütz aufgehalten. Als Ersatz für die schwere Artillerie war von Anfang an der Stuka bzw. die Luftwaffe an sich vorgesehen.

Doch wie ich ja bereits erwähnt hatte, war die absolute Lufthoheit über Kursk nicht vorhanden und auch die Leistungsfähigkeit der Flugzeuge der Luftwaffe in diesen Jahren bereits recht eingeschränkt. Außerdem rieben sich die KGs an zu vielen Aufgaben auf.

Für ein Unternehmen wie der Operation Zitadelle ist anhaltender und präziser Artilleriebeschuss unverzichtbar, um die Verteidgungstellung "aufzuweichen" und den Feind in Deckung zu zwingen. Desweiteren sollten die Geschütze in der Lage sein, auch tiefe Stellungen entscheidend zu schwächen oder zu zerstören, und dafür ist die leichte und mittlere Artillerie denkbar ungeeignet.

Das was Du beschreibst sind Folgeprobleme einer unsinnigen Planung. Frieser hat es in: "Gezeitenwechsel im Zweiten Weltkrieg" eigentlich schön beschrieben, indem er feststellte, die Deutschen wußten, dass die Russen wußten, wo sie angreifen.

Und der Wahnsinn war, dass Zitadelle so durchgeführt wurde, wie die Russen es erwartet haben. Dabei gab es Varianten (ebd, S. 111).

Alternativ hatte man über eine exzentrische Lösung nachgedacht, die direkt in die Nahstelle der beiden russichen "Fronten" (Zentral und Woronesch) abzielte, aber fallengelassen wurde, da die Umgruppierung Zeit gekostet hätte.

Wesentlich besser wäre die zweite Möglichkeit gewesen, die direkt auf die Steppenfront, also die strategische Reserve, abzielte. In diesem Fall hätte man die stark befestigten Gebiete umgangen und auch die 9te Armee wäre nicht sofort an Höhe 279 (oder so ähnlich) hängengeblieben und wäre tiefer vorgestoßen. Es ist dabei schon eine gewissen Ironie, dass die "Ferdinands" ausschließlich an der Nordseite zum Einsatz kamen. Dabei wäre ihr Einsatz an der Südseite so hilfreich gewesen.

Nebenbei war Guderian erneut der schärfste Kritiker dieser "verteilten Lösung". Er hätte die Panzerdivisionen gerne nach dem "Nicht kleckern, sondern klotzen-Prinzip" eingesetzt.

Die zweite Variante hätte mehr Bewegungsfreiheit für die deuschen Panzer-Korps bedeutet, hätte aber die gravierende numerische Unterlegenheit dennoch nicht wirklich gelöst.

Es war und es blieb eine "Verzweiflungstat" ohne wirklich strategische Konsequenzen. Unter rein militärischen Gesichtspunkten hatte die Panzerwaffe ein letztes Mal ihre Brillanz bewiesen.

Das Nachspiel und die russischen Offensiven bestätigten die Befürchtungen von Guderian, dass es notwendig gewesen wäre, die Panzerwaffe für die defensive, aber vor allem mobile Kriegsführung intakt zu halten.

Und es bestätigt einmal mehr, dass das "Schlagen aus der Vorderhand" wie es Hitler vermutlich aufgrund politischer Überlegungen präferierte, die Abnutzung der militärischen Ressourcen des deutschen Reichs dramtisch beschleunigt hat.

Die kräfteschonende Alternative, die Mannstein vertreten hatte, indem er die freiwillige Räumung des Donez-Beckens vorschlug und die vorstoßenden Russen der Süd- und Südwest-Front einkesseln wollte, trafen auf den Sachverstand eines Grabenkämpfers des ersten Weltkriegs, der überfordert war mit den dramtisch anwachsenden Problemen eines Mehrfrontenkrieges.

Befremdlich wirkt für mich persönlich die Dokumentation der Ereignisse an der Ostfront zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der Kriegstagebücher des OKW. Sehr ausführlich wird auf die Landung in Sizilien eingegangen und auf die Bekämpfung der "Banden" auf dem Balkan. Aber nur kursorisch auf den Osten und auf "Zitadelle".
 
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