La Gloire – Der Anfang vom Ende der französischer Seemacht

Köbis17

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Mit dem Bau dieses Panzerschiffes leitete die französische Marine ein neues Zeitalter im Kriegsschiffbau ein.

Vorangegangen war ein scharfes Wettrüsten zur See in der Zeit nach der Neuordnung Europas in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts zwischen England und Frankreich. Dieses Wettrüsten resultierte aus der neuen Situation, das technologische Neuerungen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Ausnahme darstellten, sondern zum „Alltagsgeschäft“ übergingen. Das Industriezeitalter ergab die neue strategische Möglichkeit, durch technische Überlegenheit der Waffen einen Krieg zu gewinnen, anstatt der überlegenen Feldherrnkunst.

England hatte mit der Royal Navy nach den napoleonischen Kriegen einen sehr hohen quantitativen Vorsprung, der es als Seemacht Nr. 1 befähigte. Diesen Umstand in der Rivalität zwischen England und Frankreich um das Seemachtstreben ließ schon bald Stimmen in Frankreich laut werden, die technischen Neuerungen im Kriegsschiffbau aufzugreifen, um so die zahlenmäßige Überlegenheit der Royal Navy zu kompensieren.
Bereits 1822 prüfte Henri-Joseph Paixhans den damaligen Stand der maritimen Technologie, um hier spürbare Verbesserungen der militärischen Fähigkeiten für Frankreich aufzugreifen. Auch wenn es mögliche Steigerungen in der Bedienung der Ausrüstung und Ausbildung des Personals gab, war schnell klar, daß die Qualitätssteigerung nicht zum gewünschten Ziel, der entscheidenden Überlegenheit, führen würden. Nur neue Technologien, wie die Sprenggranate und der Dampfantrieb, versprachen Aussicht auf Erfolg. Paixhans glaubte damals schon daran, daß kleine, billige und stark bewaffnete Schiffe das Schlachtschiff/Linienschiff (ship-of-the-line) „hinwegfegen“ würden, so wies später die Anhänger der Jeune Ecole darstellten.

In den 1840iger Jahren wird die Thematik der technologischen Vorsprungs durch dampfgetriebene Kriegsschiffe vom Befehlshaber der Flotte, dem Prinzen de Joinville aufgegriffen. Er behauptete zum Schrecken der britischen Öffentlichkeit, mit den dampfgetriebenen Einheiten einen verwegenen Aggressionskrieg führen zu können und schon 1846 stimmte die französische Kammer für eine erhebliche Steigerung des Marinehaushaltes.

In der Zeit ab 1850 befand sich der französische Schiffbau an der Spitze der technologischen Entwicklung, vor allem mit dem 1857 zum Direktor der Schiffsbauten ernannten Dupuy de Lôme.
Dennoch konnte der französische Panzerschiffbau das Streben nach der technologischen Spitzenstellung nicht hervorbringen, so schien die Flotte im Vergleich mit dem Rivalen Großbritannien schon 1865 zur Unterlegenheit verdammt zu sein.

In der Zeit von 1860 bis1880 wurde dennoch eine Panzerschiffflotte mit Schiffen 1. und 2. Ranges aufgebaut, die nur durch die Royal Navy, als direkten Konkurrenten einen Gegner hatte.
Betrachtet man dabei die Typologie der einzelnen Panzerschiffe und ihre strategische Konzeption, so waren die 1860iger Jahre noch von massiven Einheits-Klassen geprägt, wie z.B. der Provence – Klasse mit 10 Einheiten, während es mit der weiteren Entwicklung in den 70igern bis zu den 80igern immer mehr einzelne Prototypen waren, die nicht nur bei der französischen Flotte das Groß der Geschwader bildeten.
Zudem wurde die Taktik und Strategie für den Einsatz dieser Panzerschiffe immer komplizierter und von verschiedensten Faktoren getrieben, die meist jeglicher Grundlagen entbehrten, meist aus Unkenntnis.
Dieser Umstand wiederum führte dazu, daß der Panzerschiffbau zu einer äußerst materiellen und finanziellen Belastung wurde, vor allem für Frankreich. Hinzu kamen noch die politischen Veränderungen in den 80iger und 90iger Jahren, sowie das Aufstreben neuer Seenationen, wie z.B. gerade im Mittelmeer mit Italien.

Von 1880 bis 1890 tendierte deshalb die französische Admiralität auch dazu, neue Seekriegsdoktrin bis zur letzten Konsequenz zu befolgen, allen voran der Jeune Ecole, was letztlich zum massiven Aufbau in der Flotte mit Torpedobooten und dem Kreuzer als Handelszerstörer führte, während sich mit der Bildung des Einheitsschlachtschiffes bzw. Einheitslinienschiffes gerade durch die Royal Navy der Trend zum Kern großer homogener Geschwader herauskristallisierte. Die Seemacht errungen durch die alles entscheidende Seeschlacht, dokumentiert durch den damaligen Bestseller des Alfred Thayer Mahan, The Influence of Sea Power upon History.


War diese falsche Interpretation von See-Strategie der einzige Grund, für das Scheitern der französischen Seemacht zum Anfang des 20. Jahrhunderts?

Quelle:
Großkampfschiffe des Ersten Weltkrieges 1972/ A. Preston
Maritimer Imperialismus 2004 / R. Hobson
Die Brandenburg-Klasse 2002 / D. Nottelmann
Das schwimmende Flottenmaterial der Seemächte 1881 / J.F. von Kronenfels
 
Zuletzt bearbeitet:
Welche Rolle spielte Pelletan bei dem Niedergang der französischen Seeherrschaft?
Nachdem er 1902 zum Marineminister ernannt wurde, löste er den enerigischen Lanessan ab, der die französische Flotte um die 1900 wieder schlagkräftig aufgebaut hatte. Doch mit Pelletan viel die Marine aufgezwungen von falsch bewerteten Doktrin noch tiefer.
Pelletan verkündete den Tod des Schlachtschiffes und sah das Uboot als einzig wahre Waffe im Seekrieg an.
Das führte soweit, daß für 1903 die Manöver gestrichen wurden, sowie die Kohlezuteilung so reduziert wurde, daß lange Fahrten der Flotte unmöglich waren und den Zustand des Materials, wie auch die Ausbildung der Mannschaften nachhaltig negativ beeinflussten.
Zudem hatte Pelletan einen großen Englandhaß, obwohl genau iin seiner Amtszeit der Bildung der Entente 1904 viel. War die Entente die politische Rettung der Seehoheit der französichen Flotte?
 
Hallo Zusammen,

ich hoffe nochmals hier im Forum, Spezialisten zu diesem Thema zu motivieren und einen geistigen Austausch in einer Diskussion anzuregen.

Frankreich als Seemacht spielte viele Jahrhunderte eine der wichtigsten Rollen und "verzockte" nur mit falscher Strategie und Innenpolitik sowie Außenpolitik mit Beginn des Zeitalters des Panzerschiffbaus diese starke Position?

Oben habe ich schon eine Gedanken dazu dargelegt, was als Ansatz zu dieser Thematik dienen soll.
Gibt es hier wirklich niemanden, der sich auch in dieser Themaik auskennt?
 
Gibt es hier wirklich niemanden, der sich auch in dieser Themaik auskennt?
Sicher kennen sich einige aus, aber die sind vielleicht z.Z. in andere Themen "verstrickt". :winke:
Ich bin kein Experte, kann aber zunächst Deinen Befund verstärken:
Es gab vor der Jahrhundertwende in Frankreich "keine definierte Marinepolitik [allein] wegen der häufigen Wechsel der Marineminister. Jeder von ihnen versuchte seine eigenen Ideen zu verfolgen, wie man Großbritannien zur See schlagen könnte - das zu dieser Zeit als Hauptfeind betrachtet wurde. Weil die britische Industrie stärker war, versuchten die Franzosen eine Marine aufzubauen, bestehend aus kleinen aber sehr zahlreichen Küstenverteidigungskräften wie Torpedobooten und Unterseebooten. Und die großen Geschützten Kreuzer waren dazu bestimmt, als Handelsstörer zu operieren, um britische Schiffe zu zerstören.

Zwischen 1898 und 1909 haben verschiedene Politiker vom Typ Charles Pelletan (von manchen als 'Abwracker der Marine' bezeichnet) sehr effektiv Frankreich als große Seemacht zerstört. Ihr Hauptziel beim Eintritt in ihr Amt war es vermutlich, die Arbeit ihres [jeweiligen] Vorgängers rückgängig zu machen. Sie vermochten nicht zu sehen, dass Frankreich mit seiner ausgedehnten Küstenlinie und seinem weltweiten Kolonialreich eine starke Marine als integralen Bestandteil der bewaffneten Macht benötigte." [1]
Die Lehren des Mahan fielen also auf wenig fruchtbaren Boden - die Gründe wären, so verstehe ich die Fragestellung - näher zu spezifizieren.

[1] Conway's All The World's Fighting Ships 1906-1921. London 1985, S. 190 (von mir selbst - eher unvollkommen - übersetzt).

PS: Habe auch schon ein Buch gefunden, dass viele Fragen zu beantworten verspricht:
The development of a modern navy ... - Google Books - müsste es aber erstmal lesen...:pfeif:
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gab vor der Jahrhundertwende in Frankreich "keine definierte Marinepolitik [allein] wegen der häufigen Wechsel der Marineminister. ...
Zwischen 1898 und 1909 haben verschiedene Politiker vom Typ Charles Pelletan (von manchen als 'Abwracker der Marine' bezeichnet) sehr effektiv Frankreich als große Seemacht zerstört.

Die Beurteilung von Conways ist etwas hart, ich halte es auch für falsch. Man findet auch gegenteilige Meinungen. Aber vorweg:

Den Einschnitt 1906 sollte man einmal gesondert betrachten, und für den gesamten Zeitraum ist bedeutsam, dass über die weiteren Entwicklungen, zB Torpedowaffe, große Unsicherheiten über die künftig richtige Komposition der Flotten bestand. Natürlich kann man das als "Strategie des Schwächeren" bezeichnen, indem die überlegene britische Flotte im Kriegsfall durch die frz. Kreuzerflotte dispersiert werden sollte. Aber selbst in GB bestand Streit, in extremen Darstellungen wurde der Verzicht auf Schlachtschiffe gefordert, die den Kreuzern nur hinterherfahren würden.

Das Gegenbeispiel Nordsee 1914-16 halte ich nicht für aussagekräftig, da hier die Kontrahenten "in der Badewanne" schwammen und sich der Krieg der Flotten im nassen Dreieck abspielen sollte. Die Eingrenzungen stützen die Funktion der Schlachtflotte als Rückgrat der Blockade.

Es gibt eine interessante Darstellung zum französischen Programm vor dem dreadnought-Sprung, und das sieht nicht nur kreuzergestützt aus - Naval Anual 1906 (war dann für den Papierkorb, aber das lag an anderen Gründen):
 

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Ich habe mich mit diesem Thema nicht befasst. Aber kann es nicht schlicht sein, dass Frankreich nicht die Mittel für eine Teilnahme an der damaligen Wettrüstung zur See hatte bzw. politisch kein Wille bestand solche bereitzustellen?

Nach 1871 war ja der Hauptfeind das Deutsche Reich, gegen das eine Flotte wenig nutzte (zumindest nach der Erfahrung aus dem vorangegangenen Krieg) und den man sowieso viel Geld als Kriegsentschädigung hatte zahlen müssen.

Frankreich investierte danach gewaltige Mittel um die neuen Grenzen zu sichern, nur um dann mit der Brisanzkrise festzustellen, dass die meisten gebauten Forts für die Tonne waren.

Man investierte eine zweite gewaltige Tranche um einige dieser Forts zu modernisieren und dazu noch weitere nach neuen Muster zu bauen.

Gleichzeitig unterhielt F. das -an seiner Bevölkerung gemessene- größte Landheer Europas was m.W. die höchsten Militärausgaben gemessen am Bruttoinlandprodukt mit sich führte.

Viel dürfte dabei nicht für die Flotte übrig geblieben sein.
 
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Ich habe mich mit diesem Thema nicht befasst. Aber kann es nicht schlicht sein, dass Frankreich nicht die Mittel für eine Teilnahme an der damaligen Wettrüstung zur See hatte bzw. politisch kein Wille bestand solche bereitzustellen?

Die französische Staatsverschuldung blieb vor 1914 relativ konstant (im Gegensatz zu anderen). Wir hatten diese Aspekte mal hier randweise gestreift:

http://www.geschichtsforum.de/f60/wie-stabil-war-die-dritte-franz-sische-republik-28666/#post434469
http://www.geschichtsforum.de/f39/franz-sische-wirtschaftsgeschichte-1860-1945-a-32155/

Der französische Kapitalmarkt war zwar äußerst leistungsfähig, aber natürlich muss man die übrigen Engagements sehen, die sich in langen Entwicklungen im Auslandsvermögen 1914 bilanziert abbilden. An weiteren Hunderte Millionen für die Marine wäre wohl nichts gescheitert.

Ein ganz anderer Aspekt ist die industrielle Leistungskraft, die für die frz. Marine im internationalen Vergleich mE entscheidender war als die finanziellen Ressourcen.
 
Die französische Staatsverschuldung blieb vor 1914 relativ konstant (im Gegensatz zu anderen). Wir hatten diese Aspekte mal hier randweise gestreift:

http://www.geschichtsforum.de/f60/wie-stabil-war-die-dritte-franz-sische-republik-28666/#post434469
http://www.geschichtsforum.de/f39/franz-sische-wirtschaftsgeschichte-1860-1945-a-32155/

Der französische Kapitalmarkt war zwar äußerst leistungsfähig, aber natürlich muss man die übrigen Engagements sehen, die sich in langen Entwicklungen im Auslandsvermögen 1914 bilanziert abbilden. An weiteren Hunderte Millionen für die Marine wäre wohl nichts gescheitert.

Ein ganz anderer Aspekt ist die industrielle Leistungskraft, die für die frz. Marine im internationalen Vergleich mE entscheidender war als die finanziellen Ressourcen.


Die Bauzeiten der französischen Kriegsschiffe bis 1914 sind jedenfalls exorbitant länger als die der anderen Staaten.
Insofern bin ich bisher davon ausgegangen, dass dies Etatgründe hatte.
 
In der Zeit ab 1850 befand sich der französische Schiffbau an der Spitze der technologischen Entwicklung...
Die Themenüberschrift nimmt ja ausdrücklich Bezug auf die im August 1860 fertiggestellte "Gloire"; ihr stellten die Briten 14 Monate später die ungleich größere "Warrior" entgegen. Es ist sicher berechtigt, das Wettrüsten zur See zu dieser Zeit primär auf diese beiden Länder zu beziehen. In einer groben Skizze liest sich das so [1]:
"Für alle Jahre, außer den wenigen letzten, der oben genannten Periode [1860-1905] war Frankreich fraglos die zweite Seemacht nach Großbritannien, und es gab Zeiten in den 1860er und nochmal in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren, in denen es schien, dass die französische Marine die erste [Seemacht] sein könnte."
Besteht bis dahin Konsens?

Aber kann es nicht schlicht sein, dass Frankreich nicht die Mittel für eine Teilnahme an der damaligen Wettrüstung zur See hatte bzw. politisch kein Wille bestand solche bereitzustellen?
Die Willens-Frage kurz zurückstellend, lohnt es sich, einen Blick auf die Entwicklung des Bruttosozialprodukts im fraglichen Zeitraum zu werfen. Ich zitiere Paul Kennedy [2]:
1860/ 1870/ 1880/ 1890 in Mrd. $ (zu Marktpreisen von 1960)
13,3 / 16,8 / 17,3 / 19,7 FR
16,0 / 19,6 / 23,5 / 29,4 GB
12,7 / 16,6 / 19,9 / 26,4 DE (nachrichtlich)
Man sieht, dass die Finanz-Schere zwischen FR und GB sich nach 1870 stark öffnet, was aber noch nicht die Frage beantwortet, wie das auf die Flottenrüstung durchschlug.


[1] Conways... 1860-1905, S. 282 (von mir übers.)
[2] Aufstieg und Fall der großen Mächte. Frankfurt 1989, S. 268 mit Verweis auf Bairoch.
 
"Für alle Jahre, außer den wenigen letzten, der oben genannten Periode [1860-1905] war Frankreich fraglos die zweite Seemacht nach Großbritannien, und es gab Zeiten in den 1860er und nochmal in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren, in denen es schien, dass die französische Marine die erste [Seemacht] sein könnte."
Besteht bis dahin Konsens?
Unten sich die britischen Marine-Ausgaben dargestellt. Die französischen lagen darunter, so dass ein Aufholen finanziell - nach den Etats - eigentlich nicht machtbar war.

Was als Faktor hierbei nicht berücksichtigt wird: die den Welthandel beherrschende britische Handelsflotte.

Die Willens-Frage kurz zurückstellend, lohnt es sich, einen Blick auf die Entwicklung des Bruttosozialprodukts im fraglichen Zeitraum zu werfen. Ich zitiere Paul Kennedy [2]:
1860/ 1870/ 1880/ 1890 in Mrd. $ (zu Marktpreisen von 1960)
13,3 / 16,8 / 17,3 / 19,7 FR
16,0 / 19,6 / 23,5 / 29,4 GB
12,7 / 16,6 / 19,9 / 26,4 DE (nachrichtlich)​

Eine plakative Verkürzung von Kennedy. Die Zahlen werden nur eingesetzt, um den Abstand zu verdeutlichen; den Zeitvergleich und die Kennzahl BSP für Großbritannien zwecks Abstandsmessung zu Frankreich halte ich für ökonomisch zweifelhaft (Imperialismus). Für den Trend sollte man bereits 1860 einen weiten Abstand zu Frankreich sehen, insofern wirkt das sogar verzerrend.

Hier die britischen Etats (die frz. lagen in den 1870ern und 1880ern bei umgerechnet 6-8 Mio. Pfund) - zudem der Kreuzervergleich Mitte der 1880er.​
 

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Ich habe gestern noch kurz in den Weyer 1914 geschaut.
Bis ca. 1910 waren die Bauzeiten der Franzosen drastisch höher als bei den anderen Seemächten, allgemein wurden bei Panzerschiffe ca. 20-30 Monate von der Kielegung bis zur Indienststellung gerechnet.
Die Franzosen brauchten zwischen 50 und 60 Monaten.

Dies ändert sich aber ab ca. 1911 auf die üblichen Zeiten. Allgemein beginnen die Franzosen da ein riesiges Bauprogramm, bis 1918 wäre die Flotte nominal gleichstark wie die deutsche gewesen. So dieses Programm durchgezogen worden wäre.
 
Die Themenüberschrift nimmt ja ausdrücklich Bezug auf die im August 1860 fertiggestellte "Gloire"; [...]

Nein, nicht ausdrücklich, daß Schiff habe ich gewählt, weil es als erstes Panzerschiff eine neue Ära im Kriegsschiffbau einläutete. Bis dahin war Frankreich immer auf der gleichen Höhe, wie Großbritannien und das letzte Wettrüsten war noch garnicht solang her. Doch konnte Frankreich sich finanziell nicht länger in dem Wettrüsten halten, das in dne 1830-50iger Jahren stattfand.
Mit den neuen Techniken aus dem Krimkrieg und der Zusammenarbeit mit der Royal Navy enstand eine neue Situation. Frankreich erhoffte sich mit dem Bau von hochseefähigen Panzerschiffen einen Vorsprung zu den quantitatven Größe der RN zu sichern. Doch leigt hier das Problem der französischen Seerüstung begraben, daher die Gloire...

Immerhin konnte Frankreich im Panzerschiffbau ab den 1860 bis zum Ende der 1870iger den Briten immernoch Paroli bieten. Bis dahin dienten die Panzerschiffe in ihrer Taktik noch wie die alten Segellinienschiffe. Doch als die Briten auch im Panzerschiffbau die Franzosen zahlenmäßig überholten, gingen die Franzosen abermals einen Neuen Weg und versuchten den Nachteil über die Strategie zu kompensieren.

Großbritannien war ab der Mitte des 19.Jahrhunderts komplett vom Import aller möglichen Materialien abhängig und das wollten sich die Franzosen mit einem Handelskrieg gegen Großbritannien nutzen.

Doch setzte sich nicht der Handelskrieg durch, sondern die Entscheidungsschlacht ...
 
Bis ca. 1910 waren die Bauzeiten der Franzosen drastisch höher als bei den anderen Seemächten, allgemein wurden bei Panzerschiffe ca. 20-30 Monate von der Kielegung bis zur Indienststellung gerechnet. Die Franzosen brauchten zwischen 50 und 60 Monaten.

Das kann allerdings viele Ursachen haben. Die deutschen Bauzeiten waren auch durchweg schlechter als die britischen.

Kritisch waren zB die zu beschaffenden großkalibrigen Geschütze und Türme, sowie Panzerplatten, Kesselsysteme.
 
Das kann allerdings viele Ursachen haben. Die deutschen Bauzeiten waren auch durchweg schlechter als die britischen.

Kritisch waren zB die zu beschaffenden großkalibrigen Geschütze und Türme, sowie Panzerplatten, Kesselsysteme.


Das ist klar.
Bei relativ kurzen Bauzeiten erwähnt der Weyer auch jeweils die lange "Materialanhäufung" zuvor.

Es ändert sich aber bei den Franzosen praktisch von "jetzt auf gleich", deshalb würde ich schon einen "Willen zum Flottenbau" unterstellen, der zuvor nicht da war.
 
Eine plakative Verkürzung von Kennedy. Die Zahlen werden nur eingesetzt, um den Abstand zu verdeutlichen; den Zeitvergleich und die Kennzahl BSP für Großbritannien zwecks Abstandsmessung zu Frankreich halte ich für ökonomisch zweifelhaft (Imperialismus).
Kann ich Dich so verstehen, daß beim GB-"BSP" die Kolonialgebiete anders einbezogen werden als bei Frankreich? Oder wieso sonst sollte "Imperialismus" hier den Vergleich verzerren?
Und was soll am "Zeitvergleich" ökonomisch zweifelhaft sein?

Und vor allem: Gibt es bessere Zahlen?
Ich finde solche Abschätzungen sehr spannend und wäre für Informationen dazu sehr dankbar.
 
Kann ich Dich so verstehen, daß beim GB-"BSP" die Kolonialgebiete anders einbezogen werden als bei Frankreich? Oder wieso sonst sollte "Imperialismus" hier den Vergleich verzerren?
Und was soll am "Zeitvergleich" ökonomisch zweifelhaft sein?

Und vor allem: Gibt es bessere Zahlen?
Ich finde solche Abschätzungen sehr spannend und wäre für Informationen dazu sehr dankbar.

Darauf komme ich nochmal zurück.:winke:

Aus Zeitgründen nur ein Hinweis: die Bauzeiten scheinen ab den 1890ern am Vergabesystem und an der - damit verbundenen - besseren britischen Auslastung der Werften gelegen zu haben. Auch dazu später noch eine Ergänzung.
 
[Die Gloire] habe ich gewählt, weil es als erstes Panzerschiff eine neue Ära im Kriegsschiffbau einläutete.
Also die Gloire war insofern "der Anfang vom Ende", als die dadurch eingeleitete technologische Entwicklung und die damit verbundenen Kostensteigerungen es FR immer schwerer machen musste, mit dem ökonomisch potenteren GB mitzuhalten - OK so?

Immerhin konnte Frankreich im Panzerschiffbau ab den 1860 bis zum Ende der 1870iger den Briten immernoch Paroli bieten.
Unten sich die britischen Marine-Ausgaben dargestellt. Die französischen lagen darunter, so dass ein Aufholen finanziell - nach den Etats - eigentlich nicht machtbar war. Hier die britischen Etats (die frz. lagen in den 1870ern und 1880ern bei umgerechnet 6-8 Mio. Pfund) - zudem der Kreuzervergleich Mitte der 1880er.
Was den Abstand zwischen GB und FR betrifft [1], sollen die von mir zitierten BSP-Angaben für unsere Diskussion als Indiz zur Beantwortung der Frage dienen: Wann war der Punkt erreicht, an dem die "Nichtmachbarkeit" evident wurde. Dazu nochmals eine andere Zusammenfassung [2]:
"Frankreich war [um 1880] die einzige Macht, deren Marine-Ausgaben die Hälfte der britischen überstiegen. In 1884 erhielt die französische Marine 7,8 Mio. Pfund, 68.2 % der 11.4 Mio Pfund der britischen. [...] In den frühen 1880er Jahren war er [der frz. Anteil] auf über 70 % des britischen Levels gekrochen und erreichte 83.6 % in 1883. Nach 1883 jedoch nahm die finanzielle Situation in FR eine Wende zum Schlechteren, und für den Rest des Jahrzehnts blieben die Zahlen bei 70 % oder darunter. Freilich sanken die Zahlen in den drei letzten 1880er Jahren [sogar] auf weniger als 60 % des Rivalen [GB]."
Doch setzte sich nicht der Handelskrieg durch, sondern die Entscheidungsschlacht ...
Ich hoffe, dass ich das richtig verstehe: "Durchsetzen" bezieht sich auf den "Kampf der Doktrinen", der in FR zunächst anders ausging als in anderen Staaten.


[1] Dank für die drei Tabellen, silesia! Die Gegenüberstellung der Kreuzer zeigt einen geringen Abstand (GB 39, FR 35 - Bezugsjahr?). Aber auf die Kreuzer entfiel ja der kleinere Anteil der Marine-Ausgaben insgesamt aus, oder?
[2] Beeler (1997) = British naval policy in the ... - Google Books (eigene Übers.)
 
Also die Gloire war insofern "der Anfang vom Ende", als die dadurch eingeleitete technologische Entwicklung und die damit verbundenen Kostensteigerungen es FR immer schwerer machen musste, mit dem ökonomisch potenteren GB mitzuhalten - OK so?

Ich hoffe, dass ich das richtig verstehe: "Durchsetzen" bezieht sich auf den "Kampf der Doktrinen", der in FR zunächst anders ausging als in anderen Staaten.

Zweimal ja, jschmidt.

Aber ich möchte hier zur Finanzdiskussion etwas einwerfen. Ich finde die Betrachtung der Finanzausgaben im direkten Vergleich GB und FR zwar sinnvoll, aber ich sehe auch die Typologie der neuen Panzerschiffe in der Zahl von homogenen Kampfeinheiten.

Sicherlich war die RN an der Zahl von Panzerschiffen bald wieder auf Rang eins, doch von den Typen des Panzerschiffes hatten die Franzosen gut aufgestellte Geschwader und bauten auch gleich mehrere Serien, was bei der RN noch lange dauerte. Im Grunde genommen haben wir hier eine komplett gegensätzliche Entwicklung, während die Franzosen bis zu den 80iger Jahren einigermassen homogene Geschwader aufstellen konnten und dannach auf den Prototypenbau umschlugen, waren die Briten ab den 80iger Jahren zum Serienbau übergegangen. Und dieses Problem resultiert aus den verschiedenen Doktrin für die neue Flotte ab den 80iger Jahren.

Unabhängig von Bauzeit der Schiffe oder der Kostenfrage.
 
Also die Gloire war insofern "der Anfang vom Ende", als die dadurch eingeleitete technologische Entwicklung und die damit verbundenen Kostensteigerungen es FR immer schwerer machen musste, mit dem ökonomisch potenteren GB mitzuhalten - OK so?
Man kann davon ausgehen, dass die Innovation "La Gloire" auch von anderen Nationen verfolgt wurde, und eine ähnliche Entwicklung genommen hätte, ob Frankreich nun dieses Schiff baut oder nicht oder später.

Das Ganze ist eher symbolisch an der "La Gloire" aufzuhängen, ähnlich wie bei der dreadnought, deren direkte Wurzeln - gesehen als an die späteren Akteure gebundene Konzeptidee - mehr als 10 Jahre zurücklagen und auf die tea times bei der Mittelmeerflotte auf Malta zurückgehen.

Die Gegenüberstellung der Kreuzer zeigt einen geringen Abstand (GB 39, FR 35 - Bezugsjahr?). Aber auf die Kreuzer entfiel ja der kleinere Anteil der Marine-Ausgaben insgesamt aus, oder?
Die Masse machts; manche von den Panzerkreuzern standen den Schlachtschiffen an Kosten nichts nach (ebenso wie viel später die Schlachtkreuzer zT teuer wurden als die Schlachtschiffe).

Ich habe irgendwo mal eine Kostentabelle der frz. Marine gesehen. Bringe ich ein, wenn ich es wiederfinde.

Die Tabelle ist von 1886/87.

Den technologischen Vorsprung bei der Qualität der Geschütze, der Munition und der Panzerplatten hatte Frankreich Anfang der 1890er verloren. Das korrespondiert zeitlich schon mit der Kreuzerkrieg-Konzeption, aber der Nachweis einer kausalen Verknüpfung fehlt.
 
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