Landwirtschaft 1880 - 1920

Andrea97

Neues Mitglied
Hallo ,
ich muss ein 10 - 15 min. referat über die landwirtschaft zwischen 1880 und 1920 in deutschland halten.
leider finde ich im internet nichts zu den tieren, die damals gehalten wurden und wie sie gehalten wurden .
kann mir hier vielleicht jemand weiterhelfen?
bin neu hier und kenn mich noch nicht so gut aus :red:
danke im voraus :winke:
 
Landwirtschaft

Hallo


Warum fragst du nicht

a. eine Bauern, oder dessen Vater
b. die entsprechende Landwirtschaftskammer, bzw. den reg. Bauernverband

bei b sollte man auch Lit. auftreiben können.

Zum zweiten google doch einfach mal nach landwirtschfatl Revolution, oder Landmaschinen im 19.Jh., obwohl meines Wissens erst nach 1900 dampfangetriebene Dreschmaschinen in Deutschland eingesetzt wurden, die 1. Landmaschinenfabrik in Dt. war afaik Lanz, 1903.

mfg
schwedenmann
 
Tiere: Sicher mehr Arbeitspferde und Esel als heute, dafür weniger Lamas/Alpakas, Straußen. Ansonsten wohl dieselben, die wir auch heute noch auf Bauernhöfen finden, wenn auch in anderen Stückzahlen: Rinder, Schweine, Geflügel, ggf. Schafe und Ziegen, wobei Ziegen ("Milchkuh des kleinen Mannes") auch gerne in Arbeitersiedlungen gehalten wurden.
 
Tiere: Sicher mehr Arbeitspferde und Esel als heute, dafür weniger Lamas/Alpakas, Straußen. Ansonsten wohl dieselben, die wir auch heute noch auf Bauernhöfen finden, wenn auch in anderen Stückzahlen: Rinder, Schweine, Geflügel, ggf. Schafe und Ziegen, wobei Ziegen ("Milchkuh des kleinen Mannes") auch gerne in Arbeitersiedlungen gehalten wurden.

so, so
mal rausschaut Lamas/Alpakas und Strauße net gesichtet!

nu gut:
Landwirtschaft um 1900
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Deutschland nach wie vor ein agrarisch geprägter Staat. Die Zahl der Bauern machte zirka 60 Prozent der Bevölkerung aus. Mehr als die Hälfte wirtschaftete auf einem Parzellenbetrieb, der nicht größer als zwei Hektar war. Dem folgten die Klein- und Mittelbauern, deren Betriebe eine Größe zwischen zwei und 20 Hektar hatten. Zu den Großgrundbesitzern zählten lediglich fünf Prozent aller Höfe. Geografisch wies die landwirtschaftliche Produktionsweise, die als Folge einer generationenübergreifende Erbteilung entstanden war, zwischen Nord und Süd sowie West und Ost große Unterschiede auf. In Baden, Württemberg und Hessen wurde die Realteilung praktiziert. Jedes männliche Kind erbte, was zu einer Zersplitterung der Anbauflächen führte. In Hannover, Westfalen, Schleswig-Holstein dagegen galt das Prinzip der ungeteilten Hoffolge, das heißt es gab nur einen Erben, der den gesamten Grundbesitz bewirtschaften konnte. In Ost- und Westpreußen, Pommern, Posen und Schlesien existierten große Gutsherrschaften, deren Besitzer oftmals einen Adelstitel führten.

vielleicht hilft dir das weiter:

http://www.ima-agrar.de/fileadmin/redaktion/download/pdf/materialien/Sek_I_web.pdf

en hessischer mondscheinbauer :winke:
 
Die Tierhaltung dürfte je nach Gebiet recht unterschiedlich gewesen sein.
Im Fränkischen waren die Höfe kleiner als zum z. B. in Oberbayern, so dass auch die Tierhaltung unterschiedlich gewesen sein dürfte.
Die Hausgemeinschaften (denn das waren die Bauern mit ihren Dienstboten damals) in Franken hielten eine Vielfalt an Tieren, so z. b. keine Schweinezucht, wohl aber Schweine, Ziegen, Gänse für den Eigenbedarf.

Mariä Lichtmess und das Dienstbotenleben | Wolf und Trina
 
so, so
mal rausschaut Lamas/Alpakas und Strauße net gesichtet!

...

Weil Du in der falschen Gegend lebst.

Ich dachte schon ich spinne, als mir vor ein paar Jahren in Mecklenburg ein Ñandú über den Weg lief, ein südamerikanischer Strauß. Später habe ich mitgekriegt, dass einige in bester Chicken-Run-Manier aus einem Bauernhof geflohen sind und seit dem in freier Wildbahn anzutreffen sind. Man dachte zuerst die würden im Winter eingehen, dachte aber offenbar nicht daran, dass es in Patagonien auch so kalt wird und dort ebenfalls diese Viecher leben.

Und in Brandenburg ist es nicht so selten auf den Bauerhöfen Lamas vorzufinden: MLH - Märkischer Lamahof - Anita Selig-Smith
 
Weil Du in der falschen Gegend lebst.

jo, ist durchaus möglich.
Aber auch hier ist der Fortschritt eingekehrt! Paar Dörfer weiter hab ich auch schon Lamas gesichtet. Ist aber net so mein Ding. meine Mutterkuhherde und die Pensionsferde, im Nebenerwerb, reichen mir.
Bewirtschafte 30 ha, davon hätten früher 3 Generationen und das gesamte Gesinde gelebt. So ändern sich die Zeiten.

en hesse :winke:
 
jo, ist durchaus möglich.
Aber auch hier ist der Fortschritt eingekehrt! Paar Dörfer weiter hab ich auch schon Lamas gesichtet. Ist aber net so mein Ding. meine Mutterkuhherde und die Pensionsferde, im Nebenerwerb, reichen mir.
Bewirtschafte 30 ha, davon hätten früher 3 Generationen und das gesamte Gesinde gelebt. So ändern sich die Zeiten.

en hesse :winke:

Jetzt hoffe ich mal das Du auch ne Frau hast ?

Oder sehen wir Dich demnächst beim Deutschen "Intelligenzsender" RTL bei Bauer sucht Frau ?

Bitte mein obiges Geschreibsel nicht ernst nehmen,...ich konnte grad nicht anders :winke:
 
Jetzt hoffe ich mal das Du auch ne Frau hast ?

Oder sehen wir Dich demnächst beim Deutschen "Intelligenzsender" RTL bei Bauer sucht Frau ?

Bitte mein obiges Geschreibsel nicht ernst nehmen,...ich konnte grad nicht anders :winke:

Hab ich, also keine Angst werde dort nicht zu sehen sein.
Frauen gibt es hier zuviel auf dem Hof :scheinheilig:
Wo Pferde sind da sind die Frauen :rofl:

en hesse
 
Und die Mechanisierung der Landwirtschaft war nicht so weit. Kein Mähdrescher, kein Trecker.... . Die Lokomobile kann man als einstieg in die Mechanisierung der Landwirtschaft sehen.
Und sehr viel mehr Leute auf dem Hof. Knechte gab es auch noch, ab welcher Hofgröße weis ich leider nicht. Und bei den Nutzpflanzen gab es andere Sorten als Heute, zum Teil wurde auch anderes Gemüse angebaut.
Bei Tieren einfach mal nach alten Nutztierrassen googeln, z.B. Bentheimer Protestschweine, oder Totleget.

Apvar
 
Hallo Andrea,

es sind ja schon gute Hinweise gefallen. Es ist schon gesagt worden, dass der Durchschnittsbauer in der fraglichen Zeit viele verschiedene Nutztiere hielt, von jeder Art allerdings nur ein paar Stück, ebenso auf seinen für heutige Maßstäbe beschaulichen Flächen eine Fülle von unterschiedlichen Feldfrüchten anbaute. Während wir heute überwiegend spezialisierte Betriebe kennen, die entweder nur Milchvieh oder nur Mastvieh oder nur Geflügel halten oder nur Ackerbau betreiben oder oder oder hat der kleine Bauer damals von allem etwas gehalten und angebaut. Vielleicht so, wie wir uns heute einen arbeitsreichen Selbstversorger-Hof vorstellen mit ein paar Kühen oder Ziegen, ein paar Schweinen und Schafen, Hühnern und Gänsen, einem großen Gemüsegarten, einem kleinen Kartoffelacker, Getreideäckern usw. usf.

Die alten Nutztierrassen waren ebenfalls nicht so spezialisiert wie heute. Ich kann leider nur für Nordhessen sprechen: Da kannte man keine spezielle Milchkuh-Rasse und keine spezielle Fleischrind-Rasse, sondern man hielt rote Rinder (genannt Rotes Höhenvieh oder Vogelsberger Rind) als Dreinutzungsrasse: Milch, Fleisch und Arbeitskraft (Pflügen, Karren-Ziehen usw.). Weder gaben die so viel Milch wie heutige Rassen, noch haben die soviel Fleisch gehabt, aber alles in allem hat diese robuste Rasse dem Bauern von allem etwas geliefert (und hat das Futter viel besser verwertet, auch schlechteres gefressen und ist weniger krank gewesen). Im süddeutschen Raum könnte meiner Einschätzung nach das Fleckvieh oder dessen Ahnen typisch gewesen sein (vielleicht auch das Simmentaler Rind oder so). Ebenso bei Geflügel: Hat der Geflügelbauer heute entweder Legehybriden (mit 300 Eiern im ersten Legejahr; nach zwei Jahren in die Tonne mit den ausgemergelten Viechern und neue geholt) oder aber Masthybriden (nach 3 Monaten fett und schlachtreif), hielt man damals Hühnerrassen, die sowohl durch viele Jahre hindurch ausreichend Eier legten (je nach Rasse schätzungsweise so 150-190 im Jahr) als auch einen guten Braten ablieferten (wenn sie dafür auch ein halbes Jahr und mehr Wachtumszeit benötigten). Bei uns in Nordhessen waren das um 1900 vorwiegend die rebhuhnfarbigen Italienerhühner.
All diese alten Rassen können, wenn man sich nur eine spezielle Leistung anschaut (also nur Milch, nur Eier, nur Fleisch usw.), nicht mit den heutigen Rassen und Hybridzüchtungen mithalten und wären deshalb in unserer heutigen arbeitsteiligen Gesellschaft sehr viel uneffizienter. Aber ich will mal behaupten, dass die Arbeitsteilung damals in der Landwirtschaft längst nicht so weit fortgeschritten war und die alten Mehrnutzungsrassen für den damaligen Bauer deshalb viel vorteilhafter waren. Heute ist es für z. B. einen Milchbauern beinah billiger (erst recht, wenn man die Arbeit mit einrechnet), wenn er sich die Eier für seinen Eigenbedarf aus dem Supermarkt holt, die aus einem Massen-Lege-Betrieb stammen und deshalb günstig produziert werden können. Früher hat es sich noch gerechnet, wenn man so viel Verschiedenes wie möglich selbst auf seiner Fläche gehalten hat.
> Also: Nutztier-Vielfalt und Mehrnutzungsrassen um 1900 in bäuerlichen Durchschnitts-Betrieben (zumindest als Tendenz).

Mit der industriellen Revolution hat aber andererseits auch bald eine "landwirtschaftl. Revolution" eingesetzt. Ich habe hier ein Buch mit dem Titel "Das Ganze der Landwirtschaft" von Wilhelm Hamm von 1872, in dem neben all der herkömmlichen Landwirtschaft auch eine Menge technischer Neuerungen (vorwiegend aus England) angepriesen werden, wie Dampf-Zugmaschinen als erste Schlepper oder Dampf-Pflugmaschinen usw. Spezialisierung, Rationalisierung und Vorformen der Massentierhaltung und Monokultur werden darin als die Zukunft erkannt und gelobt. Inwiefern und in welchem Maße sich dieser Fortschritt schon vor 1920 in Deutschland durchgesetzt hat, weiß ich nicht. Aus Erzählungen weiß ich jedoch, dass das alles hier in den Dörfern erst mehrere Jahrzehnte später langsam, allmählich und stückchenweise Einzug gehalten hat. Diese "Revolution" betraf dann wahrscheinlich in der von Dir gefragten Zeit eher ausschließlich elitäre Großbetriebe. Es wäre vielleicht aber auch nicht uninteressant zu schauen, ob und wie das Aufkommen von Groß-Molkereien und Groß-Schlachtbetrieben den Preis generell so gedrückt hat, dass sich auch der Kleinbauer zwangsläufig auf mehr Effizienz in der Produktion seines Haupt-Verkaufsproduktes konzentrieren musste. Mag in jener Zeit schon begonnen haben. Weiß ich aber nichts drüber.

Das erwähnte Buch von 1872 wäre vielleicht generell für Dich interessant. Darin sind die damals geläufigen Nutztierrassen, Gemüse- und Getreidearten, Obstsorten, Futterpflanzen usw., außerdem die landwirtschaftlichen Geräte, Bodenbearbeitungsschritte und -methoden, Tierhaltungsformen und vieles mehr beschrieben. Leider finde ich auf google-books keine vollständig einsehbare Version. Gemeint ist zumindest das Buch hier: Das Ganze der Landwirthschaft in Bildern: ein Bilderbuch zur Belehrung und ... - Wilhelm Hamm - Google Books.
Ist aber als Nachdruck (1997) auch heute im Handel erhältlich.

Da die Landwirtschaft 1880-1920 insgesamt ein sehr weites Feld ist, würde ich Dir letztlich das gleiche raten wie Schwedenmann: Suche Dir einen alten, gesprächigen, aber gescheiten Landwirt vor Ort, der weiß, wie die Landwirtschaft zu seiner und zu Vaters Zeiten abgelaufen ist. Interviewe ihn: Wer lebte und arbeitete damals alles auf dem Hof? Wie groß war die bewirtschaftete Fläche, wie viel davon Acker, wie viel Wiese und Weide? Was hat der Vater für Tiere gehabt und für Feldfrüchte angebaut? Was davon war vorwiegend für den Eigenbedarf bestimmt? Was davon war vorwiegend für den Weiterverkauf bestimmt und wie sahen damals die gängigen Vertriebswege aus? Was wurde alles von Hand gemacht und wofür hatte man schon Maschinen? Wie sah ein typischer Arbeitsalltag aus? ... und was Dir sonst noch so an Fragen einfällt.
Wenn die Antworten auch nur einigermaßen repräsentativ für die damalige Landwirtschaft in Eurer Gegend sind, dann kannst Du im Referat am Beispiel dieses einen Hofes eine oberspannende und anschauliche Schilderung hinzaubern - angereichert mit ein paar allgemeinen und generellen Informationen zur Landwirtschaft zw. 1880 und 1920 wie sie z. b. letztergisone geboten hat. Viel Erfolg!
 
jo, ist durchaus möglich.
Aber auch hier ist der Fortschritt eingekehrt! Paar Dörfer weiter hab ich auch schon Lamas gesichtet. Ist aber net so mein Ding. meine Mutterkuhherde und die Pensionsferde, im Nebenerwerb, reichen mir.
Bewirtschafte 30 ha, davon hätten früher 3 Generationen und das gesamte Gesinde gelebt. So ändern sich die Zeiten.

en hesse :winke:

Ein Ur-Hesse, würde ich fast sagen!
 
Hallo Andrea,

es sind ja schon gute Hinweise gefallen. Es ist schon gesagt worden, dass der Durchschnittsbauer in der fraglichen Zeit viele verschiedene Nutztiere hielt, von jeder Art allerdings nur ein paar Stück, ebenso auf seinen für heutige Maßstäbe beschaulichen Flächen eine Fülle von unterschiedlichen Feldfrüchten anbaute. Während wir heute überwiegend spezialisierte Betriebe kennen, die entweder nur Milchvieh oder nur Mastvieh oder nur Geflügel halten oder nur Ackerbau betreiben oder oder oder hat der kleine Bauer damals von allem etwas gehalten und angebaut. Vielleicht so, wie wir uns heute einen arbeitsreichen Selbstversorger-Hof vorstellen mit ein paar Kühen oder Ziegen, ein paar Schweinen und Schafen, Hühnern und Gänsen, einem großen Gemüsegarten, einem kleinen Kartoffelacker, Getreideäckern usw. usf.

Die alten Nutztierrassen waren ebenfalls nicht so spezialisiert wie heute. Ich kann leider nur für Nordhessen sprechen: Da kannte man keine spezielle Milchkuh-Rasse und keine spezielle Fleischrind-Rasse, sondern man hielt rote Rinder (genannt Rotes Höhenvieh oder Vogelsberger Rind) als Dreinutzungsrasse: Milch, Fleisch und Arbeitskraft (Pflügen, Karren-Ziehen usw.). Weder gaben die so viel Milch wie heutige Rassen, noch haben die soviel Fleisch gehabt, aber alles in allem hat diese robuste Rasse dem Bauern von allem etwas geliefert (und hat das Futter viel besser verwertet, auch schlechteres gefressen und ist weniger krank gewesen). Im süddeutschen Raum könnte meiner Einschätzung nach das Fleckvieh oder dessen Ahnen typisch gewesen sein (vielleicht auch das Simmentaler Rind oder so). Ebenso bei Geflügel: Hat der Geflügelbauer heute entweder Legehybriden (mit 300 Eiern im ersten Legejahr; nach zwei Jahren in die Tonne mit den ausgemergelten Viechern und neue geholt) oder aber Masthybriden (nach 3 Monaten fett und schlachtreif), hielt man damals Hühnerrassen, die sowohl durch viele Jahre hindurch ausreichend Eier legten (je nach Rasse schätzungsweise so 150-190 im Jahr) als auch einen guten Braten ablieferten (wenn sie dafür auch ein halbes Jahr und mehr Wachtumszeit benötigten). Bei uns in Nordhessen waren das um 1900 vorwiegend die rebhuhnfarbigen Italienerhühner.
All diese alten Rassen können, wenn man sich nur eine spezielle Leistung anschaut (also nur Milch, nur Eier, nur Fleisch usw.), nicht mit den heutigen Rassen und Hybridzüchtungen mithalten und wären deshalb in unserer heutigen arbeitsteiligen Gesellschaft sehr viel uneffizienter. Aber ich will mal behaupten, dass die Arbeitsteilung damals in der Landwirtschaft längst nicht so weit fortgeschritten war und die alten Mehrnutzungsrassen für den damaligen Bauer deshalb viel vorteilhafter waren. Heute ist es für z. B. einen Milchbauern beinah billiger (erst recht, wenn man die Arbeit mit einrechnet), wenn er sich die Eier für seinen Eigenbedarf aus dem Supermarkt holt, die aus einem Massen-Lege-Betrieb stammen und deshalb günstig produziert werden können. Früher hat es sich noch gerechnet, wenn man so viel Verschiedenes wie möglich selbst auf seiner Fläche gehalten hat.
> Also: Nutztier-Vielfalt und Mehrnutzungsrassen um 1900 in bäuerlichen Durchschnitts-Betrieben (zumindest als Tendenz).

Mit der industriellen Revolution hat aber andererseits auch bald eine "landwirtschaftl. Revolution" eingesetzt. Ich habe hier ein Buch mit dem Titel "Das Ganze der Landwirtschaft" von Wilhelm Hamm von 1872, in dem neben all der herkömmlichen Landwirtschaft auch eine Menge technischer Neuerungen (vorwiegend aus England) angepriesen werden, wie Dampf-Zugmaschinen als erste Schlepper oder Dampf-Pflugmaschinen usw. Spezialisierung, Rationalisierung und Vorformen der Massentierhaltung und Monokultur werden darin als die Zukunft erkannt und gelobt. Inwiefern und in welchem Maße sich dieser Fortschritt schon vor 1920 in Deutschland durchgesetzt hat, weiß ich nicht. Aus Erzählungen weiß ich jedoch, dass das alles hier in den Dörfern erst mehrere Jahrzehnte später langsam, allmählich und stückchenweise Einzug gehalten hat. Diese "Revolution" betraf dann wahrscheinlich in der von Dir gefragten Zeit eher ausschließlich elitäre Großbetriebe. Es wäre vielleicht aber auch nicht uninteressant zu schauen, ob und wie das Aufkommen von Groß-Molkereien und Groß-Schlachtbetrieben den Preis generell so gedrückt hat, dass sich auch der Kleinbauer zwangsläufig auf mehr Effizienz in der Produktion seines Haupt-Verkaufsproduktes konzentrieren musste. Mag in jener Zeit schon begonnen haben. Weiß ich aber nichts drüber.

Das erwähnte Buch von 1872 wäre vielleicht generell für Dich interessant. Darin sind die damals geläufigen Nutztierrassen, Gemüse- und Getreidearten, Obstsorten, Futterpflanzen usw., außerdem die landwirtschaftlichen Geräte, Bodenbearbeitungsschritte und -methoden, Tierhaltungsformen und vieles mehr beschrieben. Leider finde ich auf google-books keine vollständig einsehbare Version. Gemeint ist zumindest das Buch hier: Das Ganze der Landwirthschaft in Bildern: ein Bilderbuch zur Belehrung und ... - Wilhelm Hamm - Google Books.
Ist aber als Nachdruck (1997) auch heute im Handel erhältlich.

Da die Landwirtschaft 1880-1920 insgesamt ein sehr weites Feld ist, würde ich Dir letztlich das gleiche raten wie Schwedenmann: Suche Dir einen alten, gesprächigen, aber gescheiten Landwirt vor Ort, der weiß, wie die Landwirtschaft zu seiner und zu Vaters Zeiten abgelaufen ist. Interviewe ihn: Wer lebte und arbeitete damals alles auf dem Hof? Wie groß war die bewirtschaftete Fläche, wie viel davon Acker, wie viel Wiese und Weide? Was hat der Vater für Tiere gehabt und für Feldfrüchte angebaut? Was davon war vorwiegend für den Eigenbedarf bestimmt? Was davon war vorwiegend für den Weiterverkauf bestimmt und wie sahen damals die gängigen Vertriebswege aus? Was wurde alles von Hand gemacht und wofür hatte man schon Maschinen? Wie sah ein typischer Arbeitsalltag aus? ... und was Dir sonst noch so an Fragen einfällt.
Wenn die Antworten auch nur einigermaßen repräsentativ für die damalige Landwirtschaft in Eurer Gegend sind, dann kannst Du im Referat am Beispiel dieses einen Hofes eine oberspannende und anschauliche Schilderung hinzaubern - angereichert mit ein paar allgemeinen und generellen Informationen zur Landwirtschaft zw. 1880 und 1920 wie sie z. b. letztergisone geboten hat. Viel Erfolg!

Sehr gut!
Ich möchte nur ein paar kleine Gedanken einwerfen, die ich im Quellenstudium beobachtet habe (betr. ebenfalls Hessen):

- die von dir angesprochenen Neuerungen drückten sich auch in anderer Weise aus. So bekamen einige Länder - geradezu typisch für das 19. Jahrhundert - zentrale landwirtschaftliche Vereine, die ihrerseits recht umfangreiche Zeitschriften produzierten, um neue Techniken zu verbreiten. Ein großes Thema um 1900 war hier in der Gegend die "Meliorisation", also die gemeinsame Verbesserung der Böden vor allem durch diverse Bewässerungstechniken.

- die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Zeit der Kleinindustrien. Immer weniger Bauern konnten alleine von den landwirtschaftlichen Erträgen leben und betrieben kleine Handwerke. Dies betraf meist die kleineren und mittleren Betriebe. Wiederum viele davon produzierten für den externen Bedarf, zum Beispiel Nägel, Ziegel, Geschirr. In der Regel übernahmen die Bauern auch die Vermarktung dieser Güter selbst, indem sie im Winter mit ihren Waren in große Städte wanderten und sie dort verkauften.

- auch das gesamte politische und gesellschaftliche Leben des Dorfes war von der Landwirtschaft durchdrungen. Dies war zwar vorher auch schon so, doch die verwaltungsmäßige Durchdringung, z.b. mit der Einführung der Gemeindeordnungen in vielen deutschen Staaten im frühen 19. Jahrhundert, sorgte hier für Neuigkeiten. Ein großer Teil der Ausgaben der Gemeinden stützte im Prinzip die Landwirtschaft. So wurden Gemeindebullen gehalten. Viele der nachrangigen und temporären Gemeindebediensteten erbrachten Leistungen für die Bauern, so wurden Gänse- und Schweinehirten angestellt oder die Feldhüter. Viele der Bürgermeister aus den hessischen Dörfern kamen aus den Familien mit den größten Höfen.

- eine Neuigkeit um die Jahrhundertwende war auch die Fleischbeschau. Ebenso die Einführung großer Abdeckereien, deren Ansiedlung oft zwischen mehreren Dörfern umstritten war, weil sie niemand im Ort haben wollte.
 
Die Frage von Andrea und die zum Teil recht detaillierten Antworten machen deutlich, w i e schnell sich das Rad dreht. Das Ganze ist ja gerade mal 100 Jahre her.
Da ist ein Prozess im Gange, den man nur mit etwas Abstand deutlich wahrnimmt und der bis in unsere Zeit weiter wirkt.


Schon seltsam, er hat so beides: Einerseits konnte damit die stark wachsende Bevölkerung gut ernährt werde (im Gegensatz zu China, das im ausgehenden 19. Jahrhundert aufgrund der Bevölkerungsexplosion auf katastrophale Hungerkatastrophen zulief).
Dann aber auch, dass diese fortschreitende Industrialisierung unsere Grundlagen zerstört (und das nicht nur ökologisch)

https://kirkes.wordpress.com/2012/10/13/virtuelles-gewebe/
 
Anmerkungen aus dem wahren Hessen:

Ich bezeihe mich hier nur auf die Betreibe die in der Lage waren sich selbst zu ernähren. Wie schon oben erwähnt gab es kleinere die sich nicht sich davon ernähren konnten. Die Tätigkeiten dieser war vielfältig: Waldarbeiter, Schaf- oder Kuhhirte, bis ca. 1900 gab es noch eine Gänsehirtin u.s.w..
Bei den bäuerlichen Betreiben war der Ackerbau bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts das Hauptelement landwirtschaftlicher Tätigkeit. Danach ist erst von bedeutsamen Veränderungen im Ackerbau und der Ziehzucht reden.
Das Zugvieh war ein notwendiges Übel. Es musste um den Ackerbaues Willen gehalten werden, zur Deckung des Eigenbedarfes an Fleisch, als Düngerlieferant und als Zugkraft.
Als Zugkraft wurden Zugochsen vor dem Pflug und Wagen angespannt, Pferde kamen vereinzelt ab Mitte 1850 vor. Ab 1900 wurden Pferde stärker zur Anspannung herangezogen.
Ab ca. 1850 gab es dann, wie schon oben erwähnt, die Gemeindebullen (Faselochsen). Vorwiegend waren hier unserem Landstrich die Simmentaler und Vogelsberger Rasse. Diese wurden erst in den 30er oder 40er Jahren von den Rot- Schwarzbunten abgelöst.
Hinzu kamen Schweine, Schafe, Ziegen, Gänse und Hühner.
Angebaut wurde: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Speiseerbsen, Kartoffeln, Futterrüben, Flachs.

Hier ein Vergleich:

1.2 Jahrhundertvergleich

en hesse
 
Und was wir alle übersehen haben, bisher, das wird die Entwicklung der Agro-Chemie sein. Also Düngung mit Kunstdünger und Pflanzenschutz.
Begründet von Justus von Liebig.
Wie schnell sie sich durchsetzte und welche Verbesserungen wann ankamen kann ich leider nicht sagen, da Agro-Chemie nicht mein Thema ist.

Apvar
 
Zurück
Oben