lebendige Geschichtsmythen

tela

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Beim dem lesen des aktuellen Geo-Epoche über die römische Kaiserzeit habe ich folgendes im Bericht über die Spiele gelesen.

Die Gladiatoren waren in Rom sehr beliebt, was sich u.a. auch an der in Pompeji in der Gladiatorenkaserne gefundenen, offenkundigen reichen Frau wiederspiegelt, die hier beim Stell-dich-ein mit einem Gladiator vom Vesuvausbruch überrascht wurde und umkam.

Dies gibt den archäologischen Befund aber nicht korrekt wieder, denn (1) waren im Raum noch deutlich mehr Personen zu finden, was gegen ein intimes Treffen sprechen würde und (2) war die reiche Frau in der Nähe der Tür aufgefunden worden, was eher zu einem späteren hinzukommen passen könnte.

Dennoch ist die Geschichte so schön, dass sie offenbar immer wieder erzählt wird.

Kennt jemand weitere solcher Geschichten, die entgegen den Befunden dennoch am Leben bleiben?
 
Dazu gibts ja ein Haufen Beispiele.

Das Recht der ersten Nacht ist wohl eines der Bekanntesten.

Der Mythos das im Mittelalter in Europa die Gelehrten von einer flachen Form der Erde ausgingen.
 
Beiläufig werden auch immer wieder gern die 354 Kinder August dem Starken angedichtet, welche Wilhelmine von Bayreuth prominent in die Welt setzte. In der seriöseren Literatur und in den besseren Fernsehdokus wird das relativiert, indem man auf die Quelle und die Unglaubwürdigkeit hinweist. Aber es kommt doch immer noch dann und wann vor, dass diese enorme Zahl unkommentiert einfach so wiederholt wird.

Dabei stand August der Starke einem gewissen Teil seiner Zeitgenossen an Zahl seiner Mätressen sicherlich nicht nach - ohne dass ich diese als allgemein üblich hinstellen möchte.
 
Dazu gibts ja ein Haufen Beispiele.

Das Recht der ersten Nacht ist wohl eines der Bekanntesten.

Der Mythos das im Mittelalter in Europa die Gelehrten von einer flachen Form der Erde ausgingen.
An solche eher allgemeinen Mythen hatte ich auch am Anfang gedacht. Ich kam dann aber durch telas gutes konkretes Beispiel eher darauf, dass etwas in der Richtung wie die speziellere Geschichte mit dem Gladiator gemeint ist.
 
Die Gladiatoren waren in Rom sehr beliebt, was sich u.a. auch an der in Pompeji in der Gladiatorenkaserne gefundenen, offenkundigen reichen Frau wiederspiegelt, die hier beim Stell-dich-ein mit einem Gladiator vom Vesuvausbruch überrascht wurde und umkam.

Vor wenigen Tagen kam auf PHOENIX just eine neuere Doku über den Vesuvausbruch und den Untergang Pomejis, natürlich mit den heute obligatorischen Schauspieleinlagen. Da wurde die reiche Römerin als Frau eines Tuchhändlers dargesetellt, die von ihrem Mann im Stich gelassen wurde und sich dann allein durch die Stadt aufmachte. Als das Gestein vom Himmel fiel wurde sie bei der Gladiatorenschule von einem der Gladiatoren gerettet, dessen Freund eben durch durch den Gesteinsregen gestorben war. Kurz vor der großen pyroklastischen Welle verlieben sie sich und sterben dann Arm in Arm und 2000 Jahre später werden ihre Skelette ausgegraben.
 
Soweit ich weiß, wurde Pompeji gar nicht von der pyroklastischen Welle erfaßt, sondern vom Ascheregen verschüttet. Die Welle fegte über Herculaneum hinweg, weswegen dort die Ausgrabungen viel schwerer sind als in Pompeji.

Um aber in der Antike zu bleiben: Die Vorstellung, daß Nero Rom anzünden ließ, läßt sich auch nicht mehr komplett löschen, obwohl vieles dagegen spricht. Ein Mythos, der auch gut in Szene gesetzt werden kann. Und der gesenkte Daumen, der den Tod des Gladiators forderte, ist ebenso modernes mythologisches Gemeingut.
 
Oh, bei konkretem Kappes, fallen mir die Hofdamen der Maria de Medici ein. Wenn man einer erschlagenden Vielfalt von "Quellen" glauben darf, so schrieb sie ihnen vor, dass ihr Taillenumfang 30cm nicht überschreiten durft...
Nehmt euch mal ein Maßband und legt einen Ring von 30cm. Ich bin keine Medizinerin und habe von Anatomie keine Ahnung, aber da passt doch höchstens gerade so ein Rückgrat rein ;)
Ich denke dass das entweder komplett frei erfunden ist oder dass es sich um einen Übertragungsfehler handelt und ursprünglich mal von 30 Zoll die Rede gewesen ist. Das wären dann ca. 75cm (je nach Art der Zoll, bei frz. sogar noch mehr) was nicht übertrieben wenig ist, aber je nach Oberweite und sonstigem Leibesvolumen auch sehr wenig sein kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh, bei konkretem Kappes, fallen mir die Hofdamen der Maria de Medici ein. Wenn man einer erschlagenden Vielfalt von "Quellen" glauben darf, so schrieb sie ihnen vor, dass ihr Taillenumfang 30cm nicht überschreiten durft...
Nehmt euch mal ein Maßband und legt einen Ring von 30cm. Ich bin keine Medizinerin und habe von Anatomie keine Ahnung, aber da passt doch höchstens gerade so ein Rückgrat rein ;)
Ich denke dass das entweder komplett frei erfunden ist oder dass es sich um einen Übertragungsfehler handelt und ursprünglich mal von 30 Zoll die Rede gewesen ist. Das wären dann ca. 75cm (je nach Art der Zoll, bei frz. sogar noch mehr) was nicht übertrieben wenig ist, aber je nach Oberweite und sonstigem Leibesvolumen auch sehr wenig sein kann.


Auch Elisabeth von Österreich-Ungarn wird eine Wespentaille nachgesagt.
passend zu beiden Beispielen ein Ausschnitt


"Legenden

Es gibt viele Aussagen über Korsetts, zum Teil sogar aus vertrauenswürdig erscheinenden Quellen, die falsche oder zumindest sehr zweifelhafte Aussagen über Korsetts verbreiten. Manche beruhen auf falscher Interpretation zeitgenössischer Quellen, manche auf Quellen, die – aus welchem Grund auch immer – übertreiben.
Die meisten Legenden ranken sich – wie könnte es anders sein – um besonders kleine Taillenmaße. Die "älteste" (d.h. am weitesten zurückreichende) und extremste ist die, daß Katharina de' Medici, Königin von Frankreich im späten 16. Jh., von ihren Hofdamen eine Taillenweite von 13 Zoll verlangt haben soll. Da diese Maßeinheit in Europa nicht einheitlich war, kann das 30 bis 39 cm bedeuten. Die extremste heutige Exponentin des Engschnürens, Cathy Jung, schafft eigenen Angaben zufolge gerade mal 15 britische Zoll, also 38 cm - mit einem Sanduhrkorsett. Mit einem konischen Korsett des 16. Jh. ist solches selbst dann nicht zu erreichen, wenn man davon ausgeht, daß die Frauen damals kleiner waren. Die Frage, ob so etwas schön ist, lassen wir hier mal lieber beiseite.
Die Taille der Kaiserin Sisi wird mal mit 40, mal mit 47, mal mit 50 cm angegeben. Schon allein diese Schwankungsbreite sollte Anlaß zu Zweifeln geben. Daß sie ein Opfer ihrer Eitelkeit war, steht allerdings heute außer Frage.
Einige frühe Fotos zeigen Frauen – meist Schauspielerinnen – mit extremen Taillen. Teilweise zeigt die unnatürliche Körperhaltung, daß das nicht der Normalzustand war (d.h. die Extremschnürung wurde nur kurzzeitig fürs Foto gemacht), teilweise wurde durch Retuschieren nachgeholfen, oder beides zusammen. Retuschieren war in der Frühzeit der Fotografie weit verbreitet und brachte wahre Künstler hervor, deren Leistungen heutigen Computeranimierern in nichts nachstehen. Nacktfotos der gleichen Zeit zeigen Frauen, die man heute nicht als schlank bezeichnen würde. Auf Souvenirfotos sieht man Frauen, die selbst mit Korsett für das heutige Auge eher stämmig wirken. Die Mini-Taille war also offenbar eher die Ausnahme"



der ganze Text bei Eine kurze Geschichte des Korsetts
 
Hmm also in dieser Rubrik passen auch wunderbar die "mittelalterlichen Zwerge" die immer wieder gerne erwähnt werden bei div. Führungen, seltsamerweise zeigen aber Skelett-Funde aus dem Mittelalter ähnlich wie heute auch eine vielfalt an Körpergrößen, von kleinwüchsigen bis hin zu Leuten von über 2m Körperlänge, aber der Mythos der mittelalterlichen Lilliputaner hält sich hartnäckig. Beliebter "Beweis" für die mittelalterlichen Zwerge sind die niedrigen Haustüren, das die aus einem anderen Grund so niedrig sind als wegen der Größe der Einwohner kommt nicht in den Sinn, das zum Beispiel eine niedrige Tür mit hilft das warme Luft nicht so leicht entweicht.....naja meine Frau hält mir des öfteren den Mund zu bei Burgenführungen......:rofl:
 
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