Lebensreformbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Ich meinte die Ökobewegung seit den 1980er Jahren, zu der auch Leute wie Baldur Springmann gehörten.

Das Thema gefällt mir zunehmend.
Von Rudolf Steiner ? Wikipedia hatte ich nur noch seine Waldorfschulen, biol.-dyn. Anbau und ein gewisses "Geschmäckle" im Kopf.
Durch den Wikiartikel weht ein Hauch des Zeitgeists jener 1. grünen Welle und ja, der wehte auch manchmal von rechts, vielleicht nannte man es damals noch nicht so.
Vielleicht waren sogar die Anfänge der 2. grünen Welle richtungsmäßig diffus, so verstehe ich auch deinen Hinweis auf Baldur Springmann.
 
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass man eine gesellschaftliche (und damit politsche) Wirkung einer Geisteshaltung nicht auf ein Kreuzchen auf einem potenziellen Wahlzettel reduzieren kann. Es handelt sich hier verschiedene Ebenen der gesellschaftlichen Entwicklung, auch bezüglich der Zeitskala.

Welchen Kandidaten hat Dürer für das Amt des Bürgermeisters von Nürnberg favorisiert ? Keine Ahnung, der war doch unpolitisch, hat nur rumgepinselt, die Menschen seiner Epoche das Sehen gelehrt, die Renaissance vorangetrieben und den in einer göttlichen Ordnung funktionierenden Menschen zum eigenverantwortlichen Individuum gemacht.

Genau so bildet die Unterscheidung von "rechten" und "linken" Grünen ein Schubladendenken ab, das dem gesellschaftlichen Megatrend nicht gerecht wird. Seit dem Spanischen Bürgerkrieg sollten wir eigentlich durchschaut haben, das die Einteilung in links (= im Dienste von Stalins Imperialismus) und rechts (= im Dienste von Hitlers Imperialismus) nicht der richtige Gegensatz ist, mit dem die innerspanische Situation von individualistisch-emanzipatorisch-anarchistischen Bauern gegen die Bewahrer des mittelalterlichen Feudalismus gerecht wird.

Aber unsere Schubladen sind ja soo praktisch !
 
Aber unsere Schubladen sind ja soo praktisch !

Umso wichtiger, immer wieder die Schubladen im eigenen Kopf zu überprüfen.
Ich kann das nur, indem ich mich mit einer konkreten Fragestellung beschäftige. Die Geschichte der ökologischen Bewegung ist da hervorragend geeignet.
Lebensreformbewegung möchte ich es nicht weiter nennen, soweit hat mich der Thread schon gebracht.
 
Ich möchte der Ansicht entgegentreten, politisches Handeln habe zwingend etwas mit dem Streben nach Macht zu tun. Zum einen kann die tollste parlamentarische Initiative inklusiv Gesetz ins Leere laufen, wenn die Menschen sich nicht darum kümmern, was "da oben" bestimmt wird. Politische Wirklichkeit wird es also erst durch die praktische Umsetzung im realen Leben.

Zum anderen finde ich es höchst politisch, wenn sich jemand öffentlich anders verhält, als dies alle anderen von ihm erwarten, besonders in einer Gesellschaft, die wenig tolerant ist. Wir leben hier und heute in einer ungewöhnlich liberalen Zeit, in der eine große Vielfalt im Alltag toleriert, mitunter sogar akzeptiert wird. Das sollte uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies leider nur ein zeitlich seltener und geografisch eng begrenzter Glücksfall ist. Der eine, der ganz friedlich und ohne Aufhebens davon zu machen, sich anders verhält, als man es für völlig selbstverständlich hält, kann damit eine große Wirkung erzielen.
 
Ich würde gern auf den Inhalt der Reformbewegung näher eingehen wollen. Wir hatten schon erwähnt, dass sie offenbar als Gegenbewegung zur Industrialisierung bzw. deren Folgen zu sehen ist, und dass sie periodisch immer wieder auflebt (Wandervogel - Hippies - Grüne).

Mir fällt dazu der Begriff der "Selbstdomestizierung" des Menschen von Konrad Lorenz (Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit) ein. Diese ruft lt. Lorenz ähnliche Folgen bei den zivilisierten Menschen hervor wie die Domestizierung von Wild- zu Haustieren (Domestizierung ? Wikipedia).

Gerade lese ich ein Buch über Epigenetik (Der zweite Code: Epigenetik - oder Wie wir unser Erbgut steuern können: Amazon.de: Peter Spork: Bücher) und stoße hier auf erstaunliche Parallelen zwischen dem, was die biochemische Wissenschaft z. B. als förderlich für Gesundheit & hohes Alter herausgefunden hat und der "esotherischen" Sichtweise zum selben Thema. Mit einem etwas anderen Zungenschlag wird die Harmonie von Körper, Geist und Seele, der Einfluss der Ernährung auf das Sein, die Stimmungslage der werdenden Mutter u. v. m. neu (aber nicht anders) beleuchtet. Auch bekommt man eine Ahnung davon, dass die linearen Ursache-Wirkungsbeziehungen unseres technokratischen Erklärungsmodells nicht in der Lage sind, die komplexen Wechselbeziehungen der Körperfunktionen mit der Umwelt und den Gefühlen zu verstehen, weil alles mit allem zusammenhängt.

Wenn man die Reformbewegung nun als Ausdruck der diffusen Ahnung versteht, dass die Industrialisierung (die ja letztlich aus der abendländischen Aufklärung hervorgegangen ist) dem Wesen des Menschen zuwiderläuft, dann ergibt dies einen interessanten gesellschaftlichen Dipol.

Es wäre lohnend, diesen "Megatrend" etwas näher zu analysieren.
 
Ich möchte gern noch bei den Einzelschicksalen bleiben, um die Lebenshaltung und die Entwicklung der politischen Einstellung jener Zeit zu verstehen.
Ashigaru hat in http://www.geschichtsforum.de/503999-post4.html eine Lithographie von A. Paul Weber ? Wikipedia verlinkt. Weber war nach dem Wikiartikel in seiner Jugend Wandervogel. Sein politisches Interesse scheint sich erst durch den Kontakt zu Ernst Niekisch ? Wikipedia und seine Beteiligung an der Zeitschrift Widerstand. Zeitschrift für nationalrevolutionäre Politik ? Wikipedia herausgebildet zu haben. Das war lange nach dem 1. WK gegen Ende der 20er Jahre.

Wenn man die Reformbewegung nun als Ausdruck der diffusen Ahnung versteht, dass die Industrialisierung (die ja letztlich aus der abendländischen Aufklärung hervorgegangen ist) dem Wesen des Menschen zuwiderläuft, dann ergibt dies einen interessanten gesellschaftlichen Dipol.

Es wäre lohnend, diesen "Megatrend" etwas näher zu analysieren.

Da stellt sich mir die Frage, ob die Industriealisierung denn die erste Entwicklung ist, die dem Wesen des Menschen zuwiderläuft. Interpretiert mancher die erhaltenen römischen Schriften über Barbaren und Germanen nicht auch als innerrömische Kritik an einer erstarrten oder überreglementierten Gesellschaftsstruktur.

Zu deiner These von der Selbstdomestizierung des Menschen, die in unregelmäßigen Abständen einen diffusen Abwehrmechanismus hervorruft, möchte ich die mE genauso wichtige Korrektur der Besitzstände hinzufügen. Vielleicht hängt das aber auch zusammen? :fs:
 
Zu deiner These von der Selbstdomestizierung des Menschen, die in unregelmäßigen Abständen einen diffusen Abwehrmechanismus hervorruft, möchte ich die mE genauso wichtige Korrektur der Besitzstände hinzufügen. Vielleicht hängt das aber auch zusammen? :fs:
Ich denke, dass diese beiden Phänomene auf einem jeweils andere Blatt stehen und daher auch getrennt diskutiert werden sollten.

Zur periodischen Korrektur der Besitzstände habe ich mal im Zusammenhang mit dem Niedergang des Römischen Reichs (bzw. dessen Nicht-Niedergangs durch Neuverteilung) etwas geschrieben : http://www.geschichtsforum.de/489891-post19.html.

Dies hat etwas mit der Verteilung von Reichtum zu tun, es geht also um das Verhältnis der Menschen untereinander.

Bei der Lebensreformbewegung hingegen geht es um einen tiefer sitzenden Beweggrund, nämlich das Gefühl, dass unsere Lebensweise nicht mehr unserer menschlichen bzw. animalischen Natur entspricht.

Da geht es also um das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt.
 
Hier ein interessantes Zeitdokument von 1925, der Kulturfilm YouTube - Wege zu Kraft und Schönheit 1/9 (in neun Teilen bei YouTube), der vielleicht ein Bisschen von dem Lebensgefühl der Reformbewegung vermittelt.

(Ich dachte immer, der Film sei von Leni Riefenstahl, aber die ist nur eine der auftretenden Tänzerinnen)
 
Hier ein interessantes Zeitdokument von 1925, der Kulturfilm YouTube - Wege zu Kraft und Schönheit 1/9 (in neun Teilen bei YouTube), der vielleicht ein Bisschen von dem Lebensgefühl der Reformbewegung vermittelt.

Da muß ich Asso-kette spielen. :winke: Bei den Filmchen dachte ich an Eurythmie ? Wikipedia, schon ein sehr künstlicher Tanz- und Bewegungsablauf. Und durch die Eurythmie lande ich wieder bei Steiner und der Waldorfschule ? Wikipedia.

Sportliche Versatzstücke der Lebensreformbewegung haben die Nazis sogar in ihre Kraft durch Freude ? Wikipedia -Aktionen eingebaut.
Die den Individualismus fördernden Waldorfschulen dagegen haben sie geschlossen.
Die Waldorfschulen vor dem 2.WK zeigen mE deutlich, dass die Reformanhänger eher im gebildeten Bürgertum angesiedelt waren und die angestrebten Veränderungen nicht die politischen Macht- und Besitzverhältnisse betrafen.

Ich denke, dass diese beiden Phänomene auf einem jeweils andere Blatt stehen und daher auch getrennt diskutiert werden sollten.
Bei der Lebensreformbewegung hingegen geht es um einen tiefer sitzenden Beweggrund, nämlich das Gefühl, dass unsere Lebensweise nicht mehr unserer menschlichen bzw. animalischen Natur entspricht.
Da geht es also um das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt.
Diese Trennung überzeugt mich noch nicht. Gerade der zeitlich lange Weg der Reformbewegung von den "abgehobenen" manchmal esoterischen Frühreformern wie Steiner zum konsensfähigen, auch politischen Ansatz zeigt doch, dass solche Reformen ohne eine breite Bevölkerungsmehrheit keine durchgreifende Veränderung bewirken. Und die Mehrheit in allen Schichten erreicht man nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Hippies zur Kaiserzeit?
Da passt doch wohl auch August Engelhard und sein Sonnenorden dazu: Der "Kokovorismus" ...

Ein wunderbares Beispiel für einen esoterischen "Spinner", solche extremen Persönlichkeiten waren aber auch damals nicht massentauglich aber vielleicht ein Denkansatz.
Die ökologische Landwirtschaft hat sich ja auch nicht direkt aus dem einfachen vorindustriellen Landbau entwickelt, sondern sie ging den Umweg über Herrn Steiners anthroposophische biol. dynamische Wirtschaftsweise und entwickelte erst in den 70ern mithilfe der Schweiz wieder mehr Bioland-Bodenhaftung und wurde damit massentauglicher. Ökologische Landwirtschaft ? Wikipedia
 
El Q. Aussage zum FKK-Gefälle in http://www.geschichtsforum.de/572354-post782.html hat mich kurz stutzen lassen und an dieses alte Thema erinnert.

Nackt zu baden, um sich zu reinigen, war und ist der Normalfall. Das liegt in der Natur der Sache und findet heute idR im privaten Bereich statt.
Bei der FKK-Bewegung kommen weitere kulturelle und soziale Aspekte hinzu und der nackte Aufenthalt wird in die Öffentlichkeit verlegt. Freikörperkultur ? Wikipedia Der Beginn dieser Mode liegt in der Zeit der Lebensreformbewegung, im 3. Reich wurde FKK verboten. Nach 68 wurde auch in der BRD an vielen Seen wieder nackt gebadet, ohne besonderen ideologischen Hintergrund. In der DDR soll FKK noch verbreiteter gewesen sein.
War das ein gemeinsamer Zeitgeist, Lebensreformrevival hüben und drüben oder hatte die FKK-Beliebtheit in der DDR andere Gründe?
 
In der DDR soll FKK noch verbreiteter gewesen sein.
War das ein gemeinsamer Zeitgeist, Lebensreformrevival hüben und drüben oder hatte die FKK-Beliebtheit in der DDR andere Gründe?

Ich denke, die Wartezeiten beim Badekleider-Kombinat waren etwa ähnlich lang wie bei den Auto-Kombinaten...:pfeif::D

Nein, im Ernst: im von Dir zitierten Wiki-Artikel gibt es einen eigenen DDR-Abschnitt:
Freikörperkultur ? Wikipedia

Dort drin hat's übrigens eine besonders lustige Anekdote betreffend Anna Seghers.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Beginn dieser Mode liegt in der Zeit der Lebensreformbewegung, im 3. Reich wurde FKK verboten.
:confused: Wie kommst du drauf, dass FKK im Dritten Reich verboten worden wäre? Der FKK-Verbot war aus der Zeit der Weimarer Republik, die Nazis lockerten die Bestimmungen sukzessive, entsprechende Konsequenzen hatte FKK, solange nicht unbedingt am Marktplatz der Stadt, ohnehin kaum noch. Ein Stichwort hierzu wäre Hans Surén.
 
:confused: Wie kommst du drauf, dass FKK im Dritten Reich verboten worden wäre?

Da habe ich Wiki ungenau gelesen, wie ich eben festgestellt habe.

Der FKK-Verbot war aus der Zeit der Weimarer Republik, die Nazis lockerten die Bestimmungen sukzessive,

Du hast Recht, das Verbot des Nacktbadens außerhalb von Vereinsgeländen ist von 1931, also WR. Der 2. Halbsatz von der Auflösung und Eingliederung der FKK-Vereine nach 1932? hat mich auf die falsche Spur gebracht. FKK Historie & Geschichte

Allerdings fehlt mir die Begründung für das allgemeine FKK-Verbot 1931.
Die Zeittafel auf dieser privaten Seite muß nicht vollständig sein, da fehlt das Verbot.
Möglicherweise war das eine wenig beachtete Verordnung, da die Menschen in den 20ern ja auch nicht nackt in der Innenstadt spazieren gingen.

In der Zeittafel wird eine Verfügung von Göring vom 03.03.1933 angeführt, in der die sittliche Gefährdung der deutschen Kultur durch Nacktheit, verhindert werden soll.

Einige Aspekte der Lebensreformbewegung finden sich aber in der NS-Ideologie wieder, bei Sport und Körperkultur.

entsprechende Konsequenzen hatte FKK, solange nicht unbedingt am Marktplatz der Stadt, ohnehin kaum noch. Ein Stichwort hierzu wäre Hans Surén.

Dessen Buch von 1924 im Jahre 1936 in einer der NS-Ideolgie angepaßten Neuauflage erscheint, wie ich der Zeittafel entnehme.
 
Ich finde es immer wieder verblüffend bis deprimierend, wie beinahe jede Debatte hier beim neurotischen NS-Komplex landet.

Das ist umso enttäuschender, da sich gerade im Kontext der Lebens-Reformbewegung einiges Spannende neu entdecken lässt. Dresden-Hellerau steht hierfür als Paradigma, wo baulicher Ausdruck, neue Organisationsformen, neue Postulate in Arbeit und Lebensverständnis und neuer künstlerischer Ausdruck ihre kreative Schnittmenge fanden (wesentliches Verständnis hier das Verdichten zum Gesamtkunstwerk).

Momente sind hier die von Ebenezer Howard ausgehende Gartenstadtbewegung, die in die deutsche Gartenstadtbewegung im Kaiserreich mündeten und insbesondere alskünstlerischer Ausdrucksort das von Heinrich Tessenow entworfene Festspielhaus in Hellerau. Dieses Haus wurde nicht für das Steinersche Verständnis von Eurythmie, sondern gezielt für den Bewegungstanz nach den dramaturgischen Vorstellungen von Émile Jaques-Dalcroze errichtet.

Der Werkbund Sachsen (die gesamte noch immer hochspannende Werkbundbewegung gehört auch unmittelbar zur 'Lebensreform'), der in Hellerau so gar nicht grundlos verortet ist, hat kürzlich eine wunderschöne Lesung mit Briefen norwegischer Tänzerinnen initiiert, die in der Gründungszeit als Schülerinnen und Lehrer in die dichte Arbeits- und Lebenswelt von Hellerau eintauchten:

„Fast ein Leben im Märchen in unserer kleinen Märchenstadt, die ganz in Musik und Schönheit getaucht ist. (…) Es ist zu schön hier, als dass auch nur die kleinste Disharmonie der Seelen eine Sekunde wagen dürfte, sich hörbar zu machen.“ Ragna Jacobi an die Familie, Hellerau, den 12. August 1911

Publikationen*::*Deutscher Werkbund Sachsen mit Sitz in Dresden-Hellerau*::*Deutscher Werkbund
 
Ich finde es immer wieder verblüffend bis deprimierend, wie beinahe jede Debatte hier beim neurotischen NS-Komplex landet.

Das ist umso enttäuschender, da sich gerade im Kontext der Lebens-Reformbewegung einiges Spannende neu entdecken lässt.

Bitte erläutere die Eingangspassage deines Beitrags, denn schon von der zeitlichen Abfolge, erst Lebensreform, dann NS-Zeit, verstehe ich deine Aussage nicht.



Dresden-Hellerau steht hierfür als Paradigma, wo baulicher Ausdruck, neue Organisationsformen, neue Postulate in Arbeit und Lebensverständnis und neuer künstlerischer Ausdruck ihre kreative Schnittmenge fanden (wesentliches Verständnis hier das Verdichten zum Gesamtkunstwerk).

Momente sind hier die von Ebenezer Howard ausgehende Gartenstadtbewegung, die in die deutsche Gartenstadtbewegung im Kaiserreich mündeten und insbesondere alskünstlerischer Ausdrucksort das von Heinrich Tessenow entworfene Festspielhaus in Hellerau. Dieses Haus wurde nicht für das Steinersche Verständnis von Eurythmie, sondern gezielt für den Bewegungstanz nach den dramaturgischen Vorstellungen von Émile Jaques-Dalcroze errichtet.

Der Werkbund Sachsen (die gesamte noch immer hochspannende Werkbundbewegung gehört auch unmittelbar zur 'Lebensreform'), der in Hellerau so gar nicht grundlos verortet ist, hat kürzlich eine wunderschöne Lesung mit Briefen norwegischer Tänzerinnen initiiert, die in der Gründungszeit als Schülerinnen und Lehrer in die dichte Arbeits- und Lebenswelt von Hellerau eintauchten:

„Fast ein Leben im Märchen in unserer kleinen Märchenstadt, die ganz in Musik und Schönheit getaucht ist. (…) Es ist zu schön hier, als dass auch nur die kleinste Disharmonie der Seelen eine Sekunde wagen dürfte, sich hörbar zu machen.“ Ragna Jacobi an die Familie, Hellerau, den 12. August 1911

Publikationen*::*Deutscher Werkbund Sachsen mit Sitz in Dresden-Hellerau*::*Deutscher Werkbund

Ja, Hellerau ist ein schönes und berühmtes Beispiel der Gartenstadtbewegung. Da sehe ich keinen Zusammenhang zur NS-Zeit.
 
Momente...

Bitte erläutere die Eingangspassage deines Beitrags, denn schon von der zeitlichen Abfolge, erst Lebensreform, dann NS-Zeit, verstehe ich deine Aussage nicht.

Die Bemerkung ist ein Bezug zur Debatte oben über die Datierung des FFK-Verbotes in der NS-Zeit oder zur Zeit der Weimarer Republik... Dazu wird vieles durch die Brille der NS-Ideologie gelesen (siehe auch Beitrag 11, 12 u.a.).

Im Prinzip hat das nichts oder bei sehr gutem Willen sehr entfernt mit der faszinierenden Dynamik der Lebensreformbewegung zu tun, die alle Lebensbereiche erfasste.... Gott sei Dank schrammt man dann an einer Debatte über das 'Völkische' bei Steiner haarscharf vorbei, puh....

Die Reformbewegung erhält schon in der Blütezeit des Kaiserreiches einen kräftigen Durchlaufserhitzer mit ersten Darmstädter Ausstellung auf der Mathildenhöhe (Vorbereitung ab 1899, Eröffnung 1901, gilt als erste Internat. Bauausstellung), Dramaturgen und Architekten J. Olbricht, Peter Behrens u.a. , Claim „Seine Welt zeige der Künstler, die niemals war noch jemals sein wird“. Beide Kuratoren zeigen sich in der Folge als völlig zerstritten...

Die gesamte spannende Anlage ist aber in ihrem umfassenden Anspruch ein noch heute sichtbares unmittelbares Zeugnis der Lebensreformbewegung und ihres Verständnisses vom Ergreifen und kulturellen Durchdringen aller Lebensbereiche bis zur Implantierung und Inszenierung des 'Gesamtkunstwerkes'.


Grüße Vitruv
 
Die Bemerkung ist ein Bezug zur Debatte oben über die Datierung des FFK-Verbotes in der NS-Zeit oder zur Zeit der Weimarer Republik... Dazu wird vieles durch die Brille der NS-Ideologie gelesen (siehe auch Beitrag 11, 12 u.a.).

Dann sind wir uns also einig, dass die Lebensreformbewegung nichts mit dem 3. Reich zu tun hat?
Einige Aspekte wurden von der NS-Ideologie vereinahmt und im Sinne ihrer menschenverachtenden Politik umgewidmet.
 
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