Römisches Marschlager von Wilkenburg b. Hannover
Daraus kann man anscheinend schließen, dass das Leinetal und die unteren Ausläufer also tatsächlich eine möglicherweise dauerhafte römische Präsenz bzw. Besatzung hatten.
Na wahrscheinlich kann man das nicht sagen
Letzteres. Ein Marschlager ist eben ein Lager, das vielleicht nur für eine Nacht oder nur für einen sehr kurzen Zeitraum von wenigen Tagen angelegt wurde.
 
Hallo zusammen,

zurück zur Religiosität der Germanen.
Hier wurden von Euch ja beide Ansichten vertreten:

1.) Religiosität, Spiritualität und der Glaube an die kontinentalgermanische Götterwelt überhaupt keine Rolle im Alltag der einfachen Bauern. Dafür war der Überlebenskampf in der Eisenzeit einfach zu hart, dass man sich so einen Luxus wie z.B. Pferdeopfer etc. überhaupt nicht leisten konnten. Also ein reiner Pragmatismus. Es zählte nur das Hier und Jetzt sowie das Überleben für den nächsten Tag. Ich neige dazu, mich dieser These anzuschließen. Religion war das Plaisier der Edlen, die dafür Zeit und Muße besaßen. Also Bruder 1 wird Gefolgschaftsführer und Bruder 2, der auch nichts erben würde, als Notnagel Priester, überspitzt formuliert.

2.) Religiösität, Aberglaube, Spiritualität spielten eine zentrale Rolle im germanischen Alltag. Ein einfacher Bauer kann aber nicht in Kontakt mit den Göttern treten, er braucht dazu den germanischen Priester als Mittler als Medium zwischen Körper und Geist. Alles was der Bauer tut ist an Vorzeichen, Prophezeiungen, Beschwörungen etc. gebunden. Er würde niemals seinen Ochsen an den Pflug schnallen, weil es das Wetter zulässt, sondern weil es sein Priester/Dorfpastor durch eine günstige Weissagung "erlaubt".

Mich würde Eure Meinung dazu sehr interessieren.

Grüße

PS: Ich hoffe, ich habe diese Frage noch nicht in dieser Form gestellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die ??Härte im Überlebenskampf?? (die ich mal in Fragezeichen setzen würde), ist kein hinreichendes Kriterium für eine geringere Religiosität. Gerade in "harten" Zeiten wenden sich viele Menschen der Spiritualität zu. Es ist also gerade dann, wenn Naturkatastrophen und Hungersnöte über die Menschen hereinbrechen mit einer verstärkten Religiosität zu rechnen und somit auch mit Opfergaben (sofern dies denn der Religion entspricht, aber do ut des* ist eigentlich weit verbreitet).
Wenn du schreibst, dass hier die Ansicht vertreten wurde, dass Religiosität keine Rolle gespielt habe und ein Plaisier der Eliten gewesen sei, dann will ich nicht behaupten, dass das niemand vertreten habe, aber ich glaube nicht, dass dies mehrheitsmeinungsfähig wäre.

*do ut des = ich gebe, dass du gibst
 
Okay, das mag sein und das verstehe ich ja auch. Bei WP lese ich
do ut des beschreibt die Gegenseitigkeit als grundlegende Strategie sozialen Verhaltens. [...] In der römischen Antike bezeichnete die Formel ursprünglich das Verhältnis zu den Göttern im Opferdienst: Es wurde den Göttern geopfert und dafür eine Gegengabe oder ein Gegendienst erwartet, der ohne das Opfer nicht denkbar wäre. Diese archaische Denkstruktur liegt anthropologischen Vermutungen nach jedem Opferritual zugrunde.
Wotan mit knurrendem Magen ein Pferdeopfer dazureichen, ist sicherlich ein richtiges Opfer als in fetten übersättigten Zeiten.
 
zurück zur Religiosität der Germanen.
hast du die Literaturempfehlung (RGA Sonderband) #151 mal angeschaut?

Ich halte Spekulationen darüber, ob (verkürzt gesagt) "Religion bei den Germanen" eine große oder eine kleine Rolle spielte für nutzlos solange man nicht nachgeschaut hat, was man über deren Religion sicher weiß. Und das ist leider sehr wenig! Grenzt man nun obendrein wie im Fadentitel das auch noch eng ein, nämlich bezogen auf die Cherusker, reduziert sich das wenige nochmals...

Aber wenn du neue Infos, die über den RGA Sonderband hinausgehen, hast: dann immer her damit!:)
 
Ja stimmt, da war ja was.
Heinrich Beck , Detlev Ellmers und Kurt Schier: Germanische Religionsgeschichte. Quellen und Quellenprobleme, De Gruyter 1992 für € 410,- gibt es aber sicherlich in gut sortierten Bibliotheken.
Absolut richtig, bevor man Behauptungen aufstellt, sollte man natürlich den aktuellen Wissensstand kennen, da ist ja auch nichts daran zu rütteln.

Da ich mich aber nicht beruflich mit den Geschichtswissenschaften beschäftige, denke ich, es ist verständlich und natürlich, dass ich immer wieder Allgemeinplätze aufnehme, über die sich hier anscheinend so mancher aufregt.
Natürlich kannst Du Dich darüber lustig machen und den Kopf schütteln aber es gibt nun mal Menschen, die nicht den gleichen Wissensstand haben.
Mich hindert das jedoch nicht, immer wieder dumm-dusselige Fragen zu stellen, die ich mir nicht erklären kann. Immerhin ist es ja ein Geschichtsforum auch für Interessierte und nicht nur Professionelle.
 
Natürlich kannst Du Dich darüber lustig machen
@BerndHH ich bin mir sehr sicher, dass du gerade was in den falschen Hals gekriegt hast - sei sicher, meine letzten beiden Beiträge machen sich nicht über dich lustig.

Dass der Sonderband ärgerlich kostspielig ist, weiß ich: ich habe ihn auch nicht, hatte ihn aber mal interessehalber aus der UB entliehen und ein paarmal im Lesesaal drin nachgelesen. Ich verrate dir auch den Grund: nachdem ich in Bayreuth den kompletten Ring in der Rosalie-Inszenierung mit Polaski*) als stählerner Brünnhilde und einem klanglich sehr aufbrausenden Levine am Pult gehört/gesehen hatte, begann ich mich zunächst für die "literarischen" Hintergründe des Ringlibrettos zu interessieren (die musikalischen waren mir bekannt) und das weitete sich dann aus zu (m)einem Hobbyinteresse an allerlei im Kontext der Spätantike, der Völkerwanderungszeit, des Frühmittelalters. Und zu diesem Themenkomplex gehört auch "germanische Religionsgeschichte" - was es mit den paar überlieferten Götternamen, Sprachtrümmern, Artefakten etc auf sich hat, das wollte ich, so weit möglich, wissen. Das ist nun über 20 Jahre her, und in dieser Zeit habe ich sehr vieles, auch heterogenes, zu diesem Themenkomplex gelesen - mit der Zeit wird man, wenn man das so macht, hellhörig bei möglichen Anklängen an völkisch-rechtslastiges Neuheidentum (was ich dir nicht unterstelle!) und bei salopp-oberflächlichen Verallgemeinerungen.

Und selbstredend habe ich dabei das Manko, weder Historiker noch Religionswissenschaftler zu sein. Da sitzen wir im selben Boot. Da wir aber im selben Gewässer umherschippern, können wir dieselben Häfen ansteuern: es gibt Häfen, in denen sich das findet, was uns interessiert, und es gibt Häfen, die das nicht vorrätig haben. Mein Tipp war, den "Hafen" RGA Sonerband anzusteuern (Fernleihe, Lesesaal etc), um einen Überblick über das zu bekommen, was man über die Religion der "Germanen" von frühen Steinritzungen, Pfahlgötzen etc bis zu dem, was man aus christlichen (früh)mittelalterlichen Quellen und Edda/Sagas sicher erschließen kann, tatsächlich sicher wissen kann. Damit man für weitergehende Überlegungen einen festen Boden hat.

Ganz knapp zusammengefasst: für die frühe Zeit (ganz grob von Caesar über Tacitus bis in die Markomannenkriege) haben wir aus lateinischen Quellen nur ein paar wenige Götternamen, einige davon sind (Interpretatio Romana) als römische Götter (Mars, Merkur etc) benannt - da wird dann die Rückübertragung (Merkur = Odin/Wodan (?), Mars = Tyr/Ziu) - heikel, weil zwischen den frühen lateinischen Quellen und den späteren kirchlichen und teils "germanischen" (z.B. Merseburger Zaubersprüche) Götternamen eine Überlieferungslücke von mehreren Jahrhunderten klafft. Es ist nämlich keinesfalls sicher, dass der bei Tacitus (Germania) genannte Merkur wirklich Odin/Wodan meint. Außerdem tauchen bei Tacitus Gottheiten auf, die sich rasch danach verlieren: z.B. die Göttin https://de.wikipedia.org/wiki/Nerthus samt ihren absonderlichen Ertränkungsopfern, die mit dem späteren Njörd gleichzusetzen eher Spekulation ist. - - ich erwähne das, weil es die Frühzeit und damit die Cherusker, die dich interessieren, zumindest zeitlich betrifft.

Und zur Religion speziell der Cherusker gibt es nahezu nichts greifbares, umso weniger können wir ernsthaft darüber spekulieren, ob sie eher sehr oder kaum religiös waren. Hier haben wir nur die Möglichkeit, mit Wahrscheinlichkeiten und Annahmen zu operieren: die erste wäre, davon auszugehen, dass die Germanenstämme/verbände, die von Caesar bis Tacitus samt einiger ihrer Eigenarten erwähnt werden, ungefähr dieselbe Religion hatten. In diesem Sinn müssten wir dann spekulieren, dass die Cherusker an die Gottheiten glaubten, die Tacitus für allerlei Semnonen und wie sie alle heißen erwähnt. Aber die bekannten, mit "germanisch" assoziierten Götter wie Odin, Thor, Freya, finden wir quellenmäßig gesichert nicht im 1. und 2. Jh. (deswegen hatte ich dir den neuen Fund des bislang ältesten Odin-Nachweises verlinkt, den man natürlich nicht im schon etwas bejahrten RGA Sonderband finden kann - und der datiert aus der Völkerwanderungszeit, also einige Jahrhunderte nach den Cheruskern)

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*) ich gestehe sogar, mag das auch als skurril oder peinlich angesehen werden, dass mich anfangs speziell diese Gestalt - die "Walküre" und die gleichnamige Oper - interessiert hatte und der Anfang meines Interesses galt speziell diesen, übrigens vor Wagner von Heine sehr schön dargestellten "Halbgottheiten"
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Morgen liebe Leute,

ich würde gerne noch einmal auf den Aspekt der kontinentalgermanischen Religion zu sprechen kommen, wenn Euch das nicht zu sehr auf den Geist geht.

Wir haben ja gelernt, dass die besser bekannte nordische Religion und deren Sagas (wahrscheinlich) nicht mit der kontinentalgermanischen Religion deckungsgleich war. Die Rhein-Weser-Germanen hatten anscheinend nicht das gleiche Partheon/Panthenon (es gibt da so einen schönen Begriff für Götterwelt, der mir leider entfallen ist) wie die skandinavischen Völker inkl. deren Begrifflichkeiten von Asen, Wanen, Midgard, etc.
Wie von Euch ja bereits dargelegt wurde, ist man sich noch nicht einmal sicher, ob die Götterwelt Wotan, Donar, Tyr, Loki etc. von den Rhein-Weser-Germanen i.d. Zeit der Augusteischen Germanenkriege verehrt wurde oder ob das später kam. Jedenfalls ist diese Aussage aus Mangel an Quellen äußrest schwammig.
Wenn es diesen Ubieraltar, den Ara Ubiorum in Köln, gab, wo ein cheruskischer Adeliger Priester werden konnte, dann müssen die Römer ja sehr viel nähere Kenntnisse über das germanische Religionsgeschehen bekommen haben, weil es nicht in entfernten Wäldern, sondern in ihrer direkten Nähe stattfand.
Für mich passt das alles nicht zusammen, daraus aus römischer Sicht abzuleiten Jupiter = Wotan; Merkur = Donar, etc. abzuleiten ist doch eine starke Vereinfachung. Vielleicht waren es ja Tuisto/Mannus und andere namentlich nicht bekannte Götter. Ich tappe da im Dunkeln.

Ist es nicht so, dass die germanische Religion neben ihrer Götterwelt im Gegensatz zu den sogenannten Offenbarungsreligionen (Islam, Christentum) auch starke animistische Bestandteile hatte? Sprich der Glaube an die belebte Natur. Gut, Schamanen gab es bei den Germanen nicht, wohl aber heilige Orte: Quellen, Flüssen, Haine ...

Lessons to learn.
Das Folgende habe ich aus einem Mittelalter Fandom Wiki - ist also keine valide Quelle, erscheint mir aber als glaubhaft.
Germanischer Priester aus dem Adelsstand als Leiter religiöser Handlungen, zuständig für den Opferdienst, Hüter d. Heiligtums, Befragung des Orakels, Rechtspflege und obskurerweise auch Strafvollzug.
Eigenartig, dass letzteres nicht von den Anführern durchgeführt wurde.
Westgermanische Begrifflichkeiten: Ewart = Gesetzteshüter Esago = Gesetzessprecher wahrscheinlich fränkische Begriffe, die auf Cheruskisch wieder völlig anders hießen
Bei den Ostgermanen heiß der Gottesdiener (Gotisch?) Gudja

Zu den Tätigkeiten eines germanischen Priester gehörten:
- Opfertiere schlachten
- Kultgemeinde mit dem Blut des Opfertieres besprengen
- Opfermahl und Minnetrunk (Minnetrunk das wird wohl Frühmittelalter sein)
- Thingeröffner und Bewahrer des Thingfrieden - heißt wohl übersetzt, dass Blutrache während eines Things zu ruhen hatte

Über die Feste der Kontinentalgermanen wissen wir mal wieder leider nichts. Blót - germanisches Opferfest, eher Nordgermanen/Skandinavier, Mittwinter, Rauhnächte, Winter-/Sommersonnenwende - wie das bei den Cheruskern war und vor allem welche Namen diese bei ihnen trugen - TERRA ICOGNITA.

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Ob Religion oder Lebensweise - mir geht es einfach nicht in den Kopf hinein, wie ein Volk/Stamm/Ethnie wie die Cherusker einfach so sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden konnte ohne irgendwelche Hinterlassenschaften gehabt zu haben.
Selbst im Stammesverband der Sachsen (Engern, Ost-/Westfalen) muss es doch gewisse Überbleibsel gegeben haben, die über die Jahrhunderte Bestand hatten und wenn es nur der Name einer Quelle gewesen war. Aber überhaupt nichts? Nada, Niente?

Meine persönliche Erklärung ist, dass sich die Sachsen sehr wohl noch an ihre Vorfahren, Cherusker, Brukterer, Marser, etc. erinnerten und dass die "Heldentat" des großen Sieges über die Römer in der Varusschlacht sehr wohl in Heldengesängen überliefert wurde. Wer, wann, wie und wo. Das Geschlecht der Segimer ging in die Familie/Sippe XX auf und so weiter. Ich denke schon, dass man die Erinnerung gepflegt hat, nur dann durch die Unterwerfung durch die Franken 805 n.Chr.
Klingt das für Euch plausibel oder ist das Unfug? Was meint Ihr, bin da sehr gespannt?

Viele Grüße und angenehme Osterfeiertage!
 
Wenn es diesen Ubieraltar, den Ara Ubiorum in Köln, gab, wo ein cheruskischer Adeliger Priester werden konnte, dann müssen die Römer ja sehr viel nähere Kenntnisse über das germanische Religionsgeschehen bekommen haben, weil es nicht in entfernten Wäldern, sondern in ihrer direkten Nähe stattfand.

Nein, die Ara Ubiorum diente dem römischen Kaiserkult, dem Divus (vergöttlichten) Augustus. Das hat also nichts mit der ursprünglichen Religion der Ubier oder anderer zeitgenössischer Germanen zu tun.

Ob Religion oder Lebensweise - mir geht es einfach nicht in den Kopf hinein, wie ein Volk/Stamm/Ethnie wie die Cherusker einfach so sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden konnte ohne irgendwelche Hinterlassenschaften gehabt zu haben.
Selbst im Stammesverband der Sachsen (Engern, Ost-/Westfalen) muss es doch gewisse Überbleibsel gegeben haben, die über die Jahrhunderte Bestand hatten und wenn es nur der Name einer Quelle gewesen war. Aber überhaupt nichts? Nada, Niente?
Die Cheruskern verschwinden als Stamm aus den Quellen, das heißt natürlich nicht, dass die Menschen alle weg waren.

Was die Erinnerung an die Taten der Cherusker anbelangt, so schreibt Tacitus ungefähr 80 Jahre später, dass sie sich zu seiner Zeit noch daran in Liedern erinnerten. Oder hat er das von Plinius abgeschrieben? Dann beschreibt das einen Sachverhalt 30 Jahre nach der Schlacht. Und ob das wiederum stimmt, ist auch fraglich, woher sollten die Römer die (antirömischen) Heldenlieder der Germanen kennen?
Der sächsische Geschichtsschreiber Widukind scheint wiederum die römisch-germanischen Konflikte nur aus einer lateinischen Fassung des Jüdischen Kriegs von Flavius Josephus kennen:

Caeterum gentem antiquam et nobilem fuisse non ambigitur; de quibus et in contione Agrippae ad Iudaeos in Iosepho oratio contexitur...
Agrippa (Herodes Agrippa II.) soll den Juden am Bsp. der Germanen die Aussichtslosigkeit des Aufstands vor Augen zu führen versucht haben.

 
Die Rhein-Weser-Germanen hatten anscheinend nicht das gleiche Partheon/Panthenon (es gibt da so einen schönen Begriff für Götterwelt, der mir leider entfallen ist) wie die skandinavischen Völker inkl. deren Begrifflichkeiten von Asen, Wanen, Midgard, etc.

Du meinst sicher das Pantheon, also im übertragenen Sinn die Götterwelt einer Kultur. Der Parthenon ist ein Athene geweihter Tempel auf der Akropolis der gleichnamigen Stadt. Man verwechselt das vielleicht manchmal, weil in Rom eine Kirche - ein früherer Tempel aus augusteischer bzw. hadrianischer Zeit - steht, die ebenfalls Pantheon heißt. Als Pantheon bezeichnete man in der Antike meines Wissens generell Tempel oder andere Heiligtümer, die der ganzen Göttergemeinschaft geweiht waren.
 
Ganz genau. Besten Dank!

@Quijote: Die Tatsache, dass Römer mit (antirömischen) Heldenliedern der Germanen nichts zu tun haben wollen, leuchtet mir absolut ein.
 
@Quijote: Die Tatsache, dass Römer mit (antirömischen) Heldenliedern der Germanen nichts zu tun haben wollen, leuchtet mir absolut ein.
Nun, ich meinte eher, dass weder die Römer verstanden, was die Germanen sangen, wenn sie sangen, noch, dass die Germanen auf die Idee kamen, den Römern zu erzählen, dass sie antirömische Heldenlieder im Repertoire hatten. Ergo ist die - vielleicht von Plinius abgepinnte - Behauptung Tacitus‘, dass die Germanen an die Varusschlacht in Heldenliedern erinnerten wahrscheinlich nichts weiter als eine begründete Vermutung.
 
Bei der Person Plinius Maior halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass er sich in seiner Militärzeit in linksrheinischen germanischen Gebieten mit der Nachwirkung von Arminus beschäftigt hat. Durch die materielle Kultur der römerzeitlichen Funde wissen wir, dass die Einheimischen am Niederrhein häufig an der germanischen Lebensweise festhielten. Obendrauf kommt dann der Feldzug des Gnaeus Domitius Corbulo gegen Chauken und Cherusker. Über die Chauken berichtet dann Plinius Maior

https://de.wikipedia.org/wiki/Chauken#Ca._77_n._Chr.

Da aber im selben Feldzug auch gegen die Cherusker gekämpft wurde, ist also ein persönlicher Kontakt von Plinius mit cheruskischen Gefangenen oder Unterhändlern nicht abwägig. Nach einem Arminus gefragt, sind dann mehrere Reaktionen möglich. "Nie was von dem Menschen gehört", "Klar, der wird heute noch im Stamm verehrt", "Kenne ich, ein ganz furchtbarer Mensch, hat unsere römischen Freunde hintergangen".

Müsste man ein Doku über die Cherusker für ARTE oder Phönix drehen, wäre so eine Szene gar nicht so abwägig.

Und von Plinius maior über seinem Adoptivsohn Plinius minor zu Tacitus ist es nun wirklich ein kurzer Weg.
 
Aber was mir dabei nicht in den Kopf will, dass man nicht eingesehen hat, dass vereinigte koalierte Kräfte der Germanen unter guter taktischer Führung tatsächlich ein Pfund waren.+
Allein schon diese Erfolgsgeschichte.

Es wurde ja berichtet, dass die Germanen diesen Erfolg, den sie auch gesehen haben müssten, bei der nächsten Gelegenheit wieder wegwarfen und die Hoffnung auf kurzfristige Beute, indem man sich über den Troß hermacht, bedeutungsvoller war.
Daraus kann man ja schließen, dass nur die Raubgier sie für eine einmalige Kampagne einte und sie danach wieder auseinander treiben ließ. Kein Hunger auf etwas Größeres, auf weitere Erfolge. Gemeinsam sind wir stark etc. Zuerst Varus und dann Germanicus mit einer sehr ähnlichen Taktik.

Aber das sind nur meine 5 Cents dazu.
 
Außerdem mussten die Teilnehmer der Varusschlacht Cherusker, Brukterer, Marser dann doch eingesehen haben, dass es sinnvoller und lohnenswerter sein könnte, mit vereinten Kräften und Beutewaffen wieder nach Gallien einzufallen, wo es tatsächlich etwas zu holen gab anstatt wieder im Klein-im-Klein weiterzumachen und im nächsten Sommer wieder das nächste Chattendorf zu überfallen, um deren Rinder zu stehlen ... obwohl die in Gallien doch vielleicht viel besser ernährt waren. Jetzt mal überspitzt gesagt.
 
Aber was mir dabei nicht in den Kopf will, dass man nicht eingesehen hat, dass vereinigte koalierte Kräfte der Germanen unter guter taktischer Führung tatsächlich ein Pfund waren.
Allein schon diese Erfolgsgeschichte.

Es wurde ja berichtet, dass die Germanen diesen Erfolg, den sie auch gesehen haben müssten, bei der nächsten Gelegenheit wieder wegwarfen und die Hoffnung auf kurzfristige Beute, indem man sich über den Troß hermacht, bedeutungsvoller war.
Daraus kann man ja schließen, dass nur die Raubgier sie für eine einmalige Kampagne einte und sie danach wieder auseinander treiben ließ. Kein Hunger auf etwas Größeres, auf weitere Erfolge. Gemeinsam sind wir stark etc. Zuerst Varus und dann Germanicus mit einer sehr ähnlichen Taktik.

Außerdem mussten die Teilnehmer der Varusschlacht Cherusker, Brukterer, Marser dann doch eingesehen haben, dass es sinnvoller und lohnenswerter sein könnte, mit vereinten Kräften und Beutewaffen wieder nach Gallien einzufallen, wo es tatsächlich etwas zu holen gab anstatt wieder im Klein-im-Klein weiterzumachen und im nächsten Sommer wieder das nächste Chattendorf zu überfallen, um deren Rinder zu stehlen ... obwohl die in Gallien doch vielleicht viel besser ernährt waren. Jetzt mal überspitzt gesagt.

Tja, nun versetz dich mal in die Lage eines germanischen Kriegers, du hast doch sonst immer recht plastische Voratellungen. Du bist Teilnehmer an einer Schlacht und willst deinen Anteil an der Beute haben. Nun sind da aber außer dir noch 20.000 andere, von denen einige vielleicht nicht einmal eine Waffe mit dem Gegner gekreuzt haben. Und du hast Angst am Ende nix abzubekommen, weil andere, die vielleicht nicht eine Waffe mit dem Gegner gekreuzt haben, sich bereits über die Beute hermachen, während du deiner Pflicht nachgehst und den Gegner verfolgst... Reichlich verlorengeglaubte Schlachten konnten noch gedreht werden, weil Teile der scheinbar siegreichen Partei zu früh in die Plünderung übergegangen sind.

Und mit den Römern muss den Germanen das wie mit Wespen vorgekommen sein: Erschlägst du eine kommen sieben zur Beerdigung. Drei Legionen des Varus vernichtet, kamen acht neue Legionen und haben das Land verheert. Für den germanischen Bauern, der vielleicht gerade erst mit seiner Sippe sein Haus gebaut hatte (genug Eichenstämme für den Hausbau zu finden war nicht immer ganz einfach), musste Haus und Hof aufgeben oder bekam diesen über dem Kopf abgefackelt, blöde Idee sich mit den Römern anzulegen, wenn das Resultat am Ende so aussieht.
 
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