Lehensverhältnisse

@ Ashigaru
Danke, dass Du mit konkreteren Jahreszahlen gekommen bist. :yes:

Gibt es eine Übersicht darüber, wann die Lehensverhältnisse wo verschwanden? Mir geht es natürlich ausschließlich um das Mittelalter bis zum Ende des HRR (1803/06).

Neben Hessen-Kassel scheint es mir auch andere Fürstentümer (von Reichsfürsten) gegeben zu haben, wo der Adel seine herausragende Rolle als Lehensnehmer lange behaupten konnte.

Leider kann ich da keine richtige Antwort drauf geben, da ja die Territorialverhältnisse im HRR wahnsinnig komplex sind, und ich schon froh bin, wenigstens in manchen Regionen langsam einen Überblick zu gewinnen.
Grundsätzlich würde ich aber in allen Gegenden, wo es noch lange kleinere selbständige Herrschaften, wie Reichsritterschaften, gab, auch ein ausgiebiges Lehnswesen erwarten.
 
Das kann ich so nicht bestätigen. Ich hatte in letzter Zeit viel mit kleineren Familien wie Reichsrittern, niederadligen Herren etc. zu tun, und auch diese nahmen Lehen z.B. von den hessischen Landgrafen entgegen. Es kam in diesem Rahmen auch zu ähnlichen Streitigkeiten wie auf der "großen" Reichsebene.

Ich habe nirgendwo von Reichsrittern gesprochen!

Reichsritter waren reichsunmittelbar und damit nicht Bestandteil eines landesfürstlichen Territoriums, besaßen allerdings keine Reichsstandschaft. Hier gab es aber durchaus lehnsrechtliche Bindungen an einen benachbarten Landesherrn, ohne dass die betreffende Reichsritterschaft in dessen Territotium inkorporiert gewesen wäre. Eine der großen Reichsritterschaften in Hessen waren z.B. die Riedesel mit Besitz um Lauterbach, die srändig mit den Fürstäbten von Fulda im Streit lagen.

Wer seine Reichsunmittelbarket nicht bewahren konnte, wurde von einem landesherrlichen Territorium aufgesogen, damit landsässig und konnte seine Stimme nur noch in der Ständeversammlung des Fürstentums zu Geltung bringen.

Davon war aber oben nicht die Rede, sondern von landsässig gewordenen Adligen. Und die hatten im frühneuzeitlichen Landesfürstentum keine lehnsrechtlichen Bindungen an den Landesherrn mehr. Ich darf dazu nochmals den Beitrag aus dem Lexikon des MA zitieren:

Ganz anders verlief die Entwicklung bei den Territorien, in denen sich die modernen Verwaltungsstrukturen durchsetzten. Ämterwesen und besoldete Beamte machten die Wahrnehmung der öffentlichen Funktionen durch Lehnsträger überflüssig.

(Lexikon des Mittelalters, Band V, München 2003, S. 1809)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe nirgendwo von Reichsrittern gesprochen!

Reichsritter waren reichsunmittelbar und damit nicht Bestandteil eines landesfürstlichen Territoriums, besaßen allerdings keine Reichsstandschaft. Hier gab es aber durchaus lehnsrechtliche Bindungen an einen benachbarten Landesherrn, ohne dass die betreffende Reichsritterschaft in dessen Territotium inkorporiert gewesen wäre. Eine der großen Reichsritterschaften in Hessen waren z.B. die Riedesel mit Besitz um Lauterbach, die srändig mit den Fürstäbten von Fulda im Streit lagen.

Wer seine Reichsunmittelbarket nicht bewahren konnte, wurde von einem landesherrlichen Territorium aufgesogen, damit landsässig und konnte seine Stimme nur noch in der Ständeversammlung des Fürstentums zu Geltung bringen.

Davon war aber oben nicht die Rede, sondern von landsässig gewordenen Adligen. Und die hatten im frühneuzeitlichen Landesfürstentum keine lehnsrechtlichen Bindungen an den Landesherrn mehr. Ich darf dazu nochmals den Beitrag aus dem Lexikon des MA zitieren:

Es gab die Lehnsvergabe in Hessen-Kassel aber auch noch in der Frühneuzeit an solche niederadligen Familien, die nicht reichsunmittelbar waren. Ein Beispiel wäre die Familie von Günderrode (die mit der Karoline), die sowohl in Hessen-Kassel als auch Hessen-Darmstadt kleinere Lehen erhielt.
 
Jetzt ein Gedanke von mir: Das Umschalten von Vergabe von Lehen auf Ämtervergabe kam deshalb zustande, weil sich wieder eine Geldwirtschaft entwickelte. Im Früh- bis Hochmittelalter herrschte die Naturalwirtschaft vor, also musste die Bezahlung der Amtsträger mit naturalwirtschaftlichen Waren erfolgen, also Land, was soviel wie Nahrung und Holz bedeutete. Später als dann die Geldwirtschaft aufkam, mussten die Landesherren nicht mehr mit Land bezahlen, sondern konnten sich die sicherere Variante aussuchen, indem sie sich treue, bürgerliche Untertanen herauspickten, die sie mit Geld bezahlen konnten.
Stimmt mein Ansatz da?

Nicht ganz!

Das Bemühen der geistlichen und weltlichen Reichsfürsten, innerhalb der ihnen durch das Lehnrecht eingeräumten Herrschaftsgebiete eine eigenständige Herrschaftsgewalt aufzurichten, führte zur Entstehung der Landesherrschaft. Die Fürsten suchten sich von der Reichsgewalt weitgehend unabhängig zu machen. Zugleich waren sie bestrebt, gegenüber ihren Untertanen eine einheitliche Staastgewalt auszubauen. Was dem Königtum in Deutschland versagt blieb, nämlich eine einheitliche zentrale Staatsgewalt aufzurichten, haben die Landesherren erreicht.

Die verschiedenartigsten in der Hand der Landesherren befindlichen Rechte wurden zum Ausbau der Landesherrschaft zusammengefasst und bildeten später die Bestandteile landesherrlicher Staatsgewalt: vor allem Bannrechte, grundherrliche Rechte, Vogteirechte, die Gerichtsgewalt, insbesondere die Hochgerichtsbarkeit und Blutgerichtsbarkeit sowie Lehnrechte. Schließlich die königlichen Hoheitsrechte, die aus der Hand des Königs im Verlauf der Entwicklung an die aufstrebenden Landesherren gefallen waren, wie das Münz- und Zollrecht, das Geleitregal, das Forst-, Jagd- und Fischereirecht, das Befestigungsrecht und sonstige Regalien.

Zu Beginn der Neuzeit gab es in den meisten Landesherrschaften keine konkurrierendden Gewalten mehr, die die die zentrale Staasgewalt des Füsrten beeinträchtigen konnten. Die Landesherren haben in dieser Zeit die verschiedenartigsten Rechte zu einer Einheit verbunden und an die Stelle der feudalen Organisation des Staates einen Beamtenstaat mit einer straffen Verwaltungsorganisation gesetzt. Der neue Staat umfasste ein Gebiet, innerhalb dessen der Landesherr jede von außen kommende Gewalt ausschließen wollte. Der Staat der Landesherren wurde damit zum Gebiets- und Flächenstaat.

Bis zum Ende des Alten Reichs wurde die Vollendung des Flächenstaats jedoch nicht vollständig erreicht. Vielfach umschloss die Landesherrschaft winzige Gebiete der Reichsritterschaft, die reichsunmittelbar und somit dem Zugriff des Landesherrn entzogen war. Auch gab es oft kleine souveräne Reichsgrafschaften, Reichsabteien oder Reichsstädte, die - inmitten einer Landesherrschaft gelegen - das einheitliche Bild störten und das Territorium zerklüfteten.

Im Innern war die Herrschaft des Landesherrn nicht unbeschränkt, denn die Länder waren Ständestaaten, in denen die Stände an der Gesetzgebung und Landesverwaltung teilhatten. Sie wirkten auf Landtagen bei den Entscheidungen in Angelegenheiten des Landes mit.

Man muss sich allerdings vor Augen halten, dass diese Territorialisierung eine allmähliche Entwicklung war, die im 12. Jh. begann und etwa im 16. Jh. weitgehend abgeschlossen war. Ferner verlief die Entwicklung in einzelnen Territorien unterschiedlich. Während Bayern schon sehr früh ein geschlossenes Territorium ausbilden konnte, war die Situation in den sächsich-thüringischen Herzogtümern erheblich komplizierter.
 
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