Lehnsherr oder Gutsherr

Paapbiischt

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Wo liegt eigentlich der Unterschied? Hab dazu einige Punkte, konkrete Fragen anhand von beispielen:

- Beide sind adlig oder?
- Der Gutsherr besitzt das Land, der Lehnsherr erhält es als Vasall vom Kaiser/König?
- Beide können das Land weitervergeben an Bauern. Wer kriegt, im Falle einer Weitervergabe dann den Zins, Schutzgebühr, Gebühr für Nutzung der Geräte wie Mühle? Der adlige Lehnsherr oder der Kaiser/König?

Ausserdem:
- Der Adlige bietet dem Kaiser/König ja (passiven) Kriegsdienst an im Gegenzug gegen das Land. Der Bauer wird jedoch vom Kriegsdienst befreit wenn er in die Leibeigenschaft geht. Wen "vergibt" der Adlige dann an den Kaiser/König um diesen Kriegsdienst zu leisten? (Lehnsvergabe an bauern gibt es ja schon vor der entstehung des Rittertums, oder?).
- Und: Wer waren dann eigentlich die Knechte welche die Krieger (Ritter) nachher begleiteten? Freie Bauern?


Danke
 
Ein Lehnsherr vergibt Lehen, ein Gutsherr "bewirtschaftet" ein Gut.
Allgemein ist ein Lehnsherr adelig, er vergibt Lehen zum Nießbrauch an seine Vasallen, die es dann entweder weitervergeben , "verpachten" oder selbst nutzen.
Das Einkommen aus dem Lehen steht dem Vasallen zu.
 
Wo liegt eigentlich der Unterschied? Hab dazu einige Punkte, konkrete Fragen anhand von beispielen:

Wie oben schon gesagt, ist ein Lehnsherr in das hochmittelalterliche Lehnsrecht eingebunden. Er belehnte einen Lehnsmann (Vasall) mit einem Stück Land, wofür der ihm zu Treue, Dienst und Gehorsam verpflichtet war. Beide waren eingebunden in das hochmittelalterliche Lehnsrecht: der König stand an der Spitze der Lehnspyramide, im zweiten und dritten Heerschild folgten die geistlichen und weltlichen Fürsten, weitere Heerschilde besaßen die Grafen, freien Herren und die einfachen Adligen, welche selbst nur mehr passiv lehnsfähig waren.

Die Gutherrschaft entwickelte sich seit dem 13. Jh. vor allem in den Gebieten der ostdeutschen Kolonisation und im Spätmittelalter in der Mark Brandenburg, in Mecklenburg, Pommern, in der Lausitz und in Schlesien. Sie hat mit dem oben beschriebenem Lehnswesen nichts zu tun, sondern bedeutet allein die Herrschaft eines adligen Grundherrn über ihm untertänige Bauern. Die dem Adel angehörenden Grundherren waren im Besitz des gutsherrschaftlichen Niedergerichts oder erlangten durch Privilegien des Landesherrn solche juristischen und administartiven Kompetenzen.

Im Gegensatz zur Grundherrschaft mit hörigen Bauern, die ein Stück Land in eigener Regie gegen Abgaben bewirtschafteten, bewirtschaftete der Gutsherr sein Land selbst mit Hilfe seiner gutsuntertänigen Bauern. Für die untertänige Bevölkerung bedeutete dies eine Beschneidung ihrer Freiheiten, verbunden mit Schollenbindung und ungemessenen Herrendiensten, streckenweise sogar der Einführung des Gesindezwangdienstes für die hörigen Kinder.

Eine schöne Zusammenfassung des Begriffs Gutsherrschaft findest du hier:

Gutsherrschaft (Begriff) - EEO
 
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War Geburtsadel immer notwendig? Es gab auch Kirchengüter. Und nach 1871 verkauften verarmte Junker mitunter Titel und Gut an bürgerliche Neureiche. Das sah man in Adelskreisen natürlich nicht gern, wenn man plötzlich nicht einen "geborenen", sondern einen "gewissen" zum Nachbarn hatte.
 
War Geburtsadel immer notwendig? Es gab auch Kirchengüter. Und nach 1871 verkauften verarmte Junker mitunter Titel und Gut an bürgerliche Neureiche. Das sah man in Adelskreisen natürlich nicht gern, wenn man plötzlich nicht einen "geborenen", sondern einen "gewissen" zum Nachbarn hatte.

Mit den Agrarreformen in Preußen wurde 1807 auch die Erbuntertänigkeit aufgehoben, auf der die strenge Gutsherrschaft basierte, und die Bauern wurden persönlich frei. Dass der Landadel und die Junker dagegen protestierten, leuchtet jedem ein.

Bis 1807 waren die Bauern durch die Erbuntertänigkeit leibeigen. Sie wurden durch Frondienste und Abgaben belastet. Das Oktoberedikt vom 9. Oktober 1807 stand zeitlich am Beginn der Reformpolitik in Preußen. Es hob alle bislang bestehenden Berufsschranken auf, beseitigte die Erbuntertänigkeit der Bauern und gab den Güterverkehr frei. Die Bauern waren seither persönlich frei. Auch ihre Freizügigkeit wurde durch die Abschaffung der Loskaufsgelder und des Gesindezwangsdienstes hergestellt. In dem Edikt hieß es: „Mit dem Martini-Tage Eintausend Achthundert und Zehn hört alle Guts-Unterthänigkeit in Unseren sämtlichen Staaten auf. Nach dem Martini-Tage 1810 gibt es nur freie Leute …“ Damit eng verbunden waren das Recht auf freien Eigentumserwerb und die Freiheit der Berufswahl für alle preußischen Bürger. Damit konnten Bauern in die Stadt abwandern, Bürger konnten Landgüter erwerben, und Adeligen, die zuvor nur standesgemäßen Tätigkeiten nachgehen konnten, war es nun möglich, bürgerliche Berufe zu ergreifen.

Mit der persönlichen Freiheit der Landbevölkerung entfiel auch die bisherige Pflicht, vom Gutsherren einen Ehekonsens zu erwirken. Die Freiheit der Eheschließung führte zu einer Erhöhung der Geburtenziffer und letztlich zum Wachstum besonders der ländlichen Bevölkerung. Die Reform brachte durch die Art Ihrer Umsetzung für die Landbevölkerung aber auch gravierende Nachteile. Der freie Güterverkehr beseitigte die bisherigen Einschränkungen des Bauernlegens. Nunmehr konnten die Gutsbesitzer Bauernland, wenn auch staatlich kontrolliert, einziehen. Außerdem entfiel die Pflicht der Gutsherren, für Unterkunft bei Invalidität oder Alter der ehemals gutsuntertänigen Personen aufzukommen.

Der gegenüber dem Bürgertum abgeschlossene Stand der adeligen Gutsbesitzer wurde tendenziell zu einer Wirtschaftsklasse von bürgerlichen und adeligen Gutsunternehmern.

Wie der letzte Absatz zeigt, hatte das Auswirkungen auf den Geburtsstand der Gutsherren, die künftig auch dem wohlhabenden Bürgertum entstammten. Dass die allerdings einen Briefadel anstrebten, liegt auf der Hand. :D
 
"Bis 1807 waren die Bauern durch die Erbuntertänigkeit leibeigen. Sie wurden durch Frondienste und Abgaben belastet. Das Oktoberedikt vom 9. Oktober 1807 stand zeitlich am Beginn der Reformpolitik in Preußen. Es hob alle bislang bestehenden Berufsschranken auf, beseitigte die Erbuntertänigkeit der Bauern und gab den Güterverkehr frei. Die Bauern waren seither persönlich frei. Auch ihre Freizügigkeit wurde durch die Abschaffung der Loskaufsgelder und des Gesindezwangsdienstes hergestellt. In dem Edikt hieß es: „Mit dem Martini-Tage Eintausend Achthundert und Zehn hört alle Guts-Unterthänigkeit in Unseren sämtlichen Staaten auf. Nach dem Martini-Tage 1810 gibt es nur freie Leute …“ Damit eng verbunden waren das Recht auf freien Eigentumserwerb und die Freiheit der Berufswahl für alle preußischen Bürger. Damit konnten Bauern in die Stadt abwandern, Bürger konnten Landgüter erwerben, und Adeligen, die zuvor nur standesgemäßen Tätigkeiten nachgehen konnten, war es nun möglich, bürgerliche Berufe zu ergreifen.

Echt Klasse, solche Geschichtsschreibung. Dieses Edikt gilt allerdings nur für Preußen.
In anderen Gegenden Deutschlands konnten auch andere, wie z.B. Städte, Grundbesitz erwerben, die Bauern waren persönlich schon lange frei etc.
Aber ich finde es spannend, wieso die Bauern 1807 frei gewesen sein sollen, wenn in dem Edikt Martini 1810 steht. DAS fand ich schon in der Schule "Toll", heißt ,glaube ich, Hardenbergsche Reformen. Die Ablösung der Hand und Spanndienste durch Geldpacht hat Herr von Hardenberg auf dem Gut in Essenrode bei seinem Onkel als junger Mann erlebt, wo sie sich bewährt hat ;-).

Ironie an:
Wenn die Preußen alle Neuerungen eingeführt haben, -Kartoffeln, Bauernbefreiung, Schulpflicht,Wehrpflicht, etc-, WER hat die Preußen eingeführt?
Ironie aus
 
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