Leni Riefenstahl - warum immer noch tabu?

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Ich will hier mal ein bisschen Pfeffer ins Forum streuen. Fast jeder hat von Leni Riefenstahls NS-Propagandafilmen "Triumph des Willens" und Olympia 1936 gehört und womöglich (sehr) kurze Ausschnitte im TV gesehen.
Offiziell sind diese Werke in Deutschland verfemt, sie wurden auch noch nie im TV gezeigt und sind nicht legal erhältlich. Es heißt, Frau Riefenstahl hat Filmgeschichte geschrieben betr. Bildsprache, Kameraführung usw. - aber in Deutschland sind die Filme nach wie vor im Giftschrank.

Ich finde dies erstaunlich, begann man doch schon in den 1970ern alte Wochenschauen ("Vor 40 Jahren.") in den 3.Programmen zu zeigen.

Meine persönliche Meinung ist, nach nunmehr 70 Jahren ist es an der Zeit, diese Filme uns Deutschen zu zeigen, natürlich nicht unkommentiert. Soll meinetwegen Guido Knopp sich dessen annehmen. Ansonsten fühle ich mich nämlich entmündigt, oder soll uns das noch weitere 70 Jahre vorenthalten werden, aus Angst wir wählen dann alle braun?

Meinungen zu diesem Thema???
 
Na, ob diesem Thema ein langes Leben hier beschieden ist?!? ;)

nach nunmehr 70 Jahren ist es an der Zeit, diese Filme uns Deutschen zu zeigen, natürlich nicht unkommentiert. (...) Ansonsten fühle ich mich nämlich entmündigt

So wie es sich liest, hast du es sicher nicht gemeint, aber schon interessant, es so zu lesen. Ich interessire mich garnicht für die Filme, aber wie mündig bin ich denn, wenn mir da was vorkommentiert werden muß!?! :motz: :motz: :motz:

(Das motzen, auch neulich, ist natürlich nicht gegen dich, lieber bb!) ;)
 
@BB Da bin ich völlig deiner Meinung.
Leni hat das nicht verdient.
Sie war ein "Kind ihrer Zeit"
Sie hat mit Kameraeinstellungen den Film revolutioniert.
Das sie nun Adolfs Liebling war, na gut, das war Max Schmeling auch.
Ich würde auch gerne alle ihre Arbeiten mal komplett sehen.

Und hübsch war sie:cool:
 
Zuletzt bearbeitet:
@tekker:...aber wie mündig bin ich denn, wenn mir da was vorkommentiert werden muß!?!

Ohne eine Begleitsendung dazu wäre das im Deutschen Fernsehen nicht durchsetzbar. Du und ich können das werten, manche Idioten aber nicht.
Ich erinnere mich an den Riesenzirkus um die 4teilige Holocaust-Reihe in den 70ern - damals ein Politikum.
 
Zumindest den Olympiafilm gibt es als gekürzte ("entnazifizierte") Version, wenn ich recht erinnere (ich meine, den während des Studiums gesehen zu haben). Was die Technik angeht: Tatsächlich Meilensteine (Überblenden, Schnitte, Kameraeinstellungen etc.), der Zeit voraus...die Ästhetik allerdings: faschistisch
 
... Ansonsten fühle ich mich nämlich entmündigt, oder soll uns das noch weitere 70 Jahre vorenthalten werden, aus Angst wir wählen dann alle braun? ...

Demnach müsste der Film ja mehr wie brillant sein, wenn ein Film in der Lage ist mehr wie 60 Jahre gelebte Demokratie in Frage zu stellen.

Da ich den Film nicht kenne, - auch nicht auszugsweise - kann ich nicht beurteilen warum der "noch" auf dem Index steht.

Über die Bildführung und Regie gab es mal eine Dokumentation zum Anlass des 100 Geburtstages von Leni Riefenstahl. Also kann der Film nicht ganz so gefährlich sein, sonst hätte man das eher totgeschwiegen.
Vielleicht hat ja jemand hier aus dem Forum diese Reportage gesehen und kann etwas darüber erzählen. Ich selber habe sie seinerzeit leider verpasst.

Das man die Werke von Riefenstahl aber auf eine Stufe stellt mit Veit Harlan und den anderen Spießgesellen kann ich mir nicht vorstellen. Ich denke das war doch eher ein anderes Kaliber.
 
Zumindest den Olympiafilm gibt es als gekürzte ("entnazifizierte") Version, wenn ich recht erinnere

naja. Was heisst denn heute "entnazifiziert"?

Ich denke, nach so langer Zeit kann man das ruhig im Original senden.
Schliesslich macht auch keiner halt davor eine Massenerschiessung vor einem Graben so zu zeigen , wie es damals aufgenommen wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
... Was heisst denn heute "entnazifiziert"?
...

Entnazifiziert muss ja nicht unbedingt "optisch" gemeint sein.
Vielleicht wurden Parolen und Lieder ausgeblendet bzw. geschnitten?

Alleine das Summen des "Horst Wessel" Liedes in der Öffentlichkeit ist in Deutschland verboten. (Im Rahmen des Unterrichtes soll es jedoch zulässig sein wenn ich mich nicht irre. Gibt da aber ganz klare Richtlinien)
Ein Verstoß wird auch nicht als Ordnungswidrigkeit angesehen sondern regulär als Straftat.

Vielleicht hat man besagten Film in diese Richtung entnazifiziert :grübel:
 
Leni Riefenstahl war, meiner Meinung nach, eine sehr talentierte Regisseurin. "Triumph des Willens" und "Fest der Völker" revolutionierten die Kameraführung. Eine späte Hommage an Leni Riefenstahl findet sich noch in Ridley Scotts "Gladiator" mit dem Einzug des Commodus in Rom.

Zugleich schuf Riefenstahl so etwas wie eine Ästhetik des Faschismus, die bis heute nachwirkt. Respekt vor ihrer Arbeit hat man ihr eigentlich immer gezollt, und als Dokumentarfilmerin startete sie mit ihrem Afrikafilm noch einmal ein spätes Comeback.

Leni Riefenstahl war zweifellos stark fasziniert von Hitler, war eine Mitläuferin, die sich dann ihre eigene Realität aufbaute und sich unschuldig verfolgt und als Opfer fühlte. Sie behauptete bis zuletzt ihre Propagandafilme seien Dokumentarfilme, zu denen sie gedrängt worden sei. Als Komparsen besorgte man ihr einmal Roma, als sie exotische Statisten haben wollte. In Polen wurde sie einmal Zeugin, wie Juden exekutiert wurden, was sie schockierte. Es haben viele Regisseure dann auch nach dem Krieg Filme drehen können, wenn sie sich vom Aufwand und dem Budget auch beschränken mußten.


Ihre Sicht der Realität war psychologisch verständlich, es wäre ihrem Ansehen aber förderlicher gewesen, wenn sie etwas mehr Reflexion zu ihrem Verhältnis mit Hitler gezeigt hätte.

Nun, wo sie tot ist, wird ihr Ruhm wahrscheinlich noch wachsen, und ihre Filme werden ebenso als Meilenscheine der Filmgeschichte erhalten bleiben, wie Griffith Meisterwerk "Birth of a Nation", ein weiß Gott nicht "politisch korrekter" Film, der den Ku Klux Klan verherrlicht.
 
naja. Was heisst denn heute "entnazifiziert"?

Ich denke, nach so langer Zeit kann man das ruhig im Original senden.
Schliesslich macht auch keiner halt davor eine Massenerschiessung vor einem Graben so zu zeigen , wie es damals aufgenommen wurde.

Heißt in diesem Fall schlicht: Gekürzt, weil geschnitten. Eine Art "Directors Cut without Director"....ich weiß nicht, was rausgeschnitten wurde (vielleicht allzu heftiges SiegHeil o.ä.)
 
Die Filme in Deutschland zu ignorieren ist ein Anachronismus. Wir leben schließlich im Zeitalter internationaler Versandhandel und Online-Videoplattformen und nicht in der DDR. Wer es wirklich will, kriegt es auch - auch wenn es Onkel Wolfgang nicht passt.
 
Balticbirdy schrieb:
Es heißt, Frau Riefenstahl hat Filmgeschichte geschrieben betr. Bildsprache, Kameraführung usw. - aber in Deutschland sind die Filme nach wie vor im Giftschrank.

Sicher? Hat es nicht zumindest vom Olympia-Film eine Art Neuschnitt in den 80er Jahren gegeben, unterlegt mit Musik von Giorgio Moroder (bin mir aber wirklich nicht sicher)?

Bei einem Professoren an der Uni haben wir in den Vorlesungen viele der "klassischen" Nazifilme (von denen es im Grunde nur eine Handvoll gab) gesehen. Ich muss sagen, dass ich am meisten über "Kolberg" nachgedacht habe. Mit unserem Wissen ist es klar, das wir sagen: "Da, Durchhalteparolen, und schau mal hier, dass sind ein paar geklaute Goebbels-Passagen). Tatsächlich folgte die Dramaturgie aber sehr dem Konzept heutiger Hollywood-Blockbuster, zumal im Action- und Thriller-Bereich - wo sich mir dann die Frage stellte: wie viel faschistoides steckt eigentlich in den heutigen Filmen, insbesondere im Heldenbild?
 
Fielen ihre kameratechnischen Innovation überhaupt noch auf? Wenn diese so toll waren, haben sich bestimmt viele spätere Regisseure daran orientiert, sodass es heute vermutlich schon Standard ist.
 
...und sind nicht legal erhältlich...

Stimmt so nicht.

So ziemlich alle Filme der Riefenstahl sind erhältlich.

Darunter sind auch "Triumph des Willens", "Sieg des Glaubens", die Olympiafilme und auch das berüchtigte "Tiefland".
 
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@Jacobum: So ziemlich alle Filme der Riefenstahl sind erhältlich.

Was den Olympiafilm betrifft ja, habe mich schon korrigiert. "Reichsparteitag" findet aber nur über Auslandsversand statt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@BB Da bin ich völlig deiner Meinung.
Leni hat das nicht verdient.
Sie war ein "Kind ihrer Zeit"
Sie hat mit Kameraeinstellungen den Film revolutioniert.
Das sie nun Adolfs Liebling war, na gut, das war Max Schmeling auch.
Ich würde auch gerne alle ihre Arbeiten mal komplett sehen.

Und hübsch war sie:cool:


Allzusehr kann Hitler aber Max Schmeling dann doch nicht gemocht haben, da er sich nicht von seinem jüdischen Manager trennen wollte, und nach seiner Niederlage gegen Joe Louis war er sozusagen persona non grata. Jedenfalls mußte er, sehr ungewöhnlich für einen Spitzensportler an die Front und war als Fallschirmjäger bei dem Himmelsfahrtskommando der Eroberung Kretas beteiligt.
 
Sicher? Hat es nicht zumindest vom Olympia-Film eine Art Neuschnitt in den 80er Jahren gegeben, unterlegt mit Musik von Giorgio Moroder (bin mir aber wirklich nicht sicher)?

Bei einem Professoren an der Uni haben wir in den Vorlesungen viele der "klassischen" Nazifilme (von denen es im Grunde nur eine Handvoll gab) gesehen. Ich muss sagen, dass ich am meisten über "Kolberg" nachgedacht habe. Mit unserem Wissen ist es klar, das wir sagen: "Da, Durchhalteparolen, und schau mal hier, dass sind ein paar geklaute Goebbels-Passagen). Tatsächlich folgte die Dramaturgie aber sehr dem Konzept heutiger Hollywood-Blockbuster, zumal im Action- und Thriller-Bereich - wo sich mir dann die Frage stellte: wie viel faschistoides steckt eigentlich in den heutigen Filmen, insbesondere im Heldenbild?


"Metropolis" wurde von Moroder neu vertont (nicht neu geschnitten).

Es ist so eine Sache mit "Propagandakunstwerken". Künstlerisch und kunsthistorisch hochinteressant, sind sie politisch nicht zumutbar, da ihre Botschaft sich klar gegen Grundprinzipien unseres Staatswesens (.de, .eu) richtet. Also sind sie für einen Intendanten eines öffentlich-rechtlichen Senders eine geeignete Wahl für den Selbstmord.

Als der alberne Cartoon "Popetown" auf MTV (privat) gesendet wurde gab es ein Riesenbuhei wegen verletzter Gefühle (obwohl die Serie so schlecht war, dass sie nicht einmal als Satire durchging). Es gab eine öffentliche Diskussion, eine Diskussion im Sender, eine Podiumsdiskussion davor und danach und ein Verschlafen der restlichen Sendungen.

Wie würde man konsequenterweise "Olympia" ins Fernsehen bringen? Diskussion, ja, davor und danach, ja, aber dieser Film ist handwerklich gut, hat packende Bilder, einen guten Schnitt, tritt ernsthaft auf und bringt sicher den einen oder anderen dazu, wieder von Autobahnen, stolzer Rasse und es-war-nicht-alles-schlecht zu träumen. Das geht einfach nicht.

Walter Grasskamp hat einmal einen schönen Vortrag gehalten anlässlich der ersten Arno-Breker-Ausstellung nach dem Krieg. Er sagte darin sinngemäß: "Ja, Arno Breker gehört ins Museum. Ins historische Museum." Und da hin gehören auch die Filme Riefenstahls. Sie unbearbeitet auszustrahlen hieße, sie ins Kunstmuseum zu lassen.

Übrigens: Dokumentationen über ihre Filme gibt es genug.
 
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Und hübsch war sie:cool:


Wird so 30 Jahre her sein, da ging durch deutsche Illustrierte eine Fotoserie die die Riefenstahl gemacht hatte.

Lauter nackte afrikanische Stammeskrieger, groß ausgestattet, und dazwischen die alte Frau.

Für mich hat sie sich da zur "Kasperine" gemacht, für einen Mythos halte ich sie bestimmt nicht.
 
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