Leningrad

zur eisenbahnfrage:

ja, es wurde umgebaut, der fachausdruck dafür heisst "umnageln"
(http://www.wdpi.de/Katalog.htm).
dafür waren spezielle eisenbahn-pioniertruppen wie auch "zivile" unternehmen (Reichsbahn bzw. bauunternehmen) zuständig. dies hat man v.a. deshalb gemacht, weil nur so gewährleistet werden konnte, dass der nachschub ohne verzögerung durch umspuren oder gar umladen von deutschland zur ostfront gebracht werden konnte. ausserdem hatte man einfach mehr rollendes material in spurweite von 1435 mm.
der vorgang des umspurens ging natürlich nicht von heute auf morgen und hat auch zu nachschubproblemen beim schnellen vormarsch 41 geführt.

zu leningrad:

ein teilaspekt ist hier noch nicht betrachtet worden: die nordwestfront zu leningrad wurde nicht von deutschen, sondern von finnischen truppen gebildet, die mit den deutschen zusammen einen sog. fortsetzungskrieg führten (falls nicht bekannt, finnland wurde 39/40 von der su angegriffen und verlor die landbrücke zwischen ladogasee und ostsee, kaum 40 km vor leningrad).
die finnen weigerten sich 41 (und auch danach), trotz deutschem druck, die alte grenze zu überschreiten und haben so die versorgung leningrads und seiner verteidiger über den ladogasee möglich gemacht.
hierzu zwei links: http://www.mannerheim.fi/navi-d/10_keh.htm, http://www.sicherheitspolitik-dss.de/gaeste/gl891200.htm#kap10
 
Ok wenn es so sein sollte- Asche auf mein Haupt.
Aber dann hab ich doch ne Frage: Wurde der Umbau bis zur Front vollzogen?
 
Speaker schrieb:
...
Aber dann hab ich doch ne Frage: Wurde der Umbau bis zur Front vollzogen?

soweit wie möglich, d.h. bis zu einem geeigneten bahnhof. da in russland das eisenbahnnetz und die besiedelung nicht so dicht wie in westeuropa ist, konnten schon etliche kilometer dazwischen liegen.

noch ein aspekt, der das umnageln unumgänglich machte: es gab noch eisenbahngeschütze, die auch auf normalspurwaggons montiert waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich muss das Thema mal wieder hervor holen. Hatte eben ein Gespräch mit einem Freund, in dem wir auf das Thema Leningrad zu sprechen kamen.
Folgender Hintergrund:

Der Freund erwähnte, dass die Alliierten Kriegsverbrechen begangen haben, da Sie die deutsche Zivilbevölkerung massiv bombardiert haben, was ja auch richtig ist. Ich entgegnete daraufhin, dass die deutschen auch die Zivilbevölkerung mit einbezogen, und damit auch sehr massive Kriegsverbrechen begangen. Als Beispiel nannte ich dabei eines der größten Verbrechen- die Blockade von Leningrad.

Daraufhin erwiderte mein Kumpel, dass Leningrad ein normales Kriegsszenario darstellt, da eine Einkesselung einer Stadt Normalität in der Kriegsführung darstellt.

Hitler wollte die Stadt nicht aushungern, die Stadt wurde nur sehr gut verteidigt. Außerdem seien die Soviets Schuld an den vielen Opfern unter den Zivilisten , da Stalin sie zum Verbleib gezwungen hat.

Mich würde interessieren, wie die Fachleute hier, diese Argumentation einordnen.

Vorsichtshalber entschuldige ich mich schonmal vorab, falls ich hier in irgend einer Weise etwas durcheinander bringe.
 
Daraufhin erwiderte mein Kumpel, dass Leningrad ein normales Kriegsszenario darstellt, da eine Einkesselung einer Stadt Normalität in der Kriegsführung darstellt.

Dein Kumpel kann sich ja mal diese Seite durchlesen, denn mir scheint dein Kumpel ist hier nicht nur auf die Nazi-Propaganda reingefallen sondern auch auf die Russische. Denn nach dem Krieg wurde Leningrad im Westen praktisch ignoriert, hingengen in der russischen Geschichtsschreibung wurde ein Heldenkampf und heroischen Abwehrkampf draus:

http://www.zukunft-braucht-erinneru.../340-die-belagerung-leningrads-1941-1944.html

Ein paar Auszüge daraus:

Hitler und die Wehrmachtführung wollten Leningrad nicht erobern, sondern vernichten. Bereits zu Beginn des Russlandfeldzuges, am 8. Juli 1941, hatte der Generalstabschef des Heeres, Franz Halder, in sein Kriegstagebuch notiert: »Feststehender Entschluß des Führers ist es, Moskau und Leningrad dem Erdboden gleich zu machen, um zu verhindern, dass Menschen darin bleiben, die wir dann im Winter ernähren müssten.«

(...)

Schon Ende April 1941, zwei Monate vor dem Einmarsch in die Sowjetunion, hatte das Reichsernährungsministerium festgestellt, »daß das Problem der Versorgung von Leningrad ernährungsmäßig überhaupt nicht zu lösen ist, wenn es uns einmal in die Hände fallen sollte«. Als nun, im Spätsommer und Herbst 1941, das Unternehmen Barbarossa ins Stocken geriet und auch die Ausbeutung der eroberten Gebiete, aus denen sich die vorrückenden deutschen Truppen ausschließlich ernähren sollten, nicht den erhofften Ertrag abwarf, wurde die Zivilbevölkerung in den Augen der Wehrmachtführung zu einem »Ernährungsproblem«. Dies brachte Reichsmarschall Hermann Göring, der die ökonomische Ausbeutung der besetzten Gebiete koordinierte, im September auf den Gedanken, sowjetische Großstädte »aus wirtschaftlichen Überlegungen« gar nicht erst einzunehmen. Stattdessen hielt er deren Einschließung für »vorteilhafter«.

(...)

Im Laufe des Herbstes 1941 erhielt die Vernichtung der Leningrader Bevölkerung Vorrang vor allen militärischen Zielen. Am 29. September 1941 stellte Hitler klar: »Sich aus der Lage in der Stadt ergebende Bitten um Übergabe werden abgeschlagen werden, da das Problem des Verbleibens und der Ernährung der Bevölkerung von uns nicht gelöst werden kann und soll. Ein Interesse an der Erhaltung auch nur eines Teiles dieser großstädtischen Bevölkerung besteht in diesem Existenzkrieg unsererseits nicht.« Und am 7.Oktober 1941 betonte Hitler noch einmal, »daß eine Kapitulation von Leningrad oder später von Moskau nicht anzunehmen ist, auch wenn sie von der Gegenseite angeboten würde. […] Kein deutscher Soldat hat daher diese Städte zu betreten.«
 
Danke für die schnelle Antwort.
Da fällt mir noch ein, mein Kollege argumentierte auch damit, die Soviets haben mehrfach Kapitulationsaufforderung seitens der Wehrmacht ausgeschlagen.
Aber das hast du ja hiermit schon erläutert.

Im Laufe des Herbstes 1941 erhielt die Vernichtung der Leningrader Bevölkerung Vorrang vor allen militärischen Zielen. Am 29. September 1941 stellte Hitler klar: »Sich aus der Lage in der Stadt ergebende Bitten um Übergabe werden abgeschlagen werden, da das Problem des Verbleibens und der Ernährung der Bevölkerung von uns nicht gelöst werden kann und soll. Ein Interesse an der Erhaltung auch nur eines Teiles dieser großstädtischen Bevölkerung besteht in diesem Existenzkrieg unsererseits nicht.« Und am 7.Oktober 1941 betonte Hitler noch einmal, »daß eine Kapitulation von Leningrad oder später von Moskau nicht anzunehmen ist, auch wenn sie von der Gegenseite angeboten würde. […] Kein deutscher Soldat hat daher diese Städte zu betreten.«
 
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