Liberia und Äthiopien

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Hallo, weiß jemand von euch warum Äthiopien und Liberia als einzige nicht von europa kolonialisiert wurden?
 
Was Äthiopien betrifft, so hat es Italien mehrfach versucht, ist aber gescheitert. Schau mal unter "Italienisch Ostafrika". :)
 
Bezgl. Äthiopien: Von militärischen Gründen mal abgesehen, war es um einiges plausibler, einigen nackten Analphabeten zur Zivilisation verhelfen zu wollen, als einem christlichen Kaiser. Und im Kampf gegen Sklaverei und zur Eindämmung der sudanesischen Islamisten war Äthiopien natürlich ein willkommener Verbündeter. Als dritten Grund kann man wohl sagen, dass es an Rohstoffen offensichtlich nicht viel zu holen gab.

Als der Kuchen dann verteilt war, blieb den verspäteten italienischen Imperialisten nicht viel anderes übrig ... die Schlacht von Adwa ? Wikipedia, die freie Enzyklopädie war dann auch eine der blutigsten und verheerendsten Niederlagen für eine europäische Nation auf afrikanischem Boden.
 
Die Briten bereiteten sich bei ihrer "Strafexpedition" gegen den Negus Theodor sehr sorgfältig auf einen Feldzug im Hochland Äthiopiens vor, um eine peinliche Schlappe, wie sie die Italiener 1896 bei Adua erlitten, unbedingt zu vermeiden. So benutzten die Briten zum Ziehen der Geschütze indische Elefanten. Kipling greift dieses Motiv in einer Geschichte seiner Dschungelbücher auf. So reiste der Elefant Kala Nag in seiner Jugend mit seinem Mahout, dem älteren Toomai nach Äthiopien wo Kala Nag Theodor bei Magdala auf dem Totenbett sah.

Als Kriegskorrespondent des New York Herald nahm übrigens der damals noch unbekannte Henry Morton Stanley am Feldzug teil. Stanley war damals der rasende Reporter von Gordon Benett, dem Besitzer des New York Herald. Benett konnte mit seinem Mann zufrieden sein. So erfuhren die Briten die Nachricht von ihrem Sieg bei Magdala nicht von General Napier, sondern vom Londoner Vertreter des New York Herald. Wie sich später herausstellte, hatte Stanley, der einige Jahre später durch seine Auffindung des verschollenen Livingstone berühmt wurde, kurzerhand den Chef des Postamtes in Suez durch eine hohe Summe bestochen, so dass er Stanleys Telegramme immer 2-3 Tage früher abschickte, als die der Konkurrenz. Stanley hat seine Erfahrungen übrigens in einem eigenen Buch Kummasi und Magdala festgehalten.
 
Hier steht einiges zur geschichtlichen Entwicklung von Liberia (die deutsche Wikipedia fasst sich da wesentlich kürzer):

Liberia - Wikipedia, the free encyclopedia

Interessant! Könnte man behaupten, dass Liberia in gewisser Weise durch die USA kolonisiert wurde?

In 1822, the American Colonization Society established Liberia as a place to send black people who were formerly enslaved. Other African Americans, who were never enslaved, chose to emigrate to Liberia as well.[5] [...]
The settlers regarded Africa as a "Promised Land," but they did not integrate into an African society. Once in Africa, they referred to themselves as "Americans" and were recognized as such by local Africans and by British colonial authorities in neighboring Sierra Leone.
Liberia - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Liberia ist m.E. ein rassistisch motivierter Versuch gewesen, die (freie) farbige Bevölkerung der USA wieder los zu werden. Noch heute stellen die Nachfahren ehemaliger Sklaven die Elite des Landes, die in einem gewissen Konflikt zu den indigenen Stämmen steht. Koloniale Interessen spielten keine Rolle, man hatte im eigenen Land mit der Erschließung des Westens genug zu tun.
 
Liberia ist m.E. ein rassistisch motivierter Versuch gewesen, die (freie) farbige Bevölkerung der USA wieder los zu werden. Noch heute stellen die Nachfahren ehemaliger Sklaven die Elite des Landes, die in einem gewissen Konflikt zu den indigenen Stämmen steht. Koloniale Interessen spielten keine Rolle, man hatte im eigenen Land mit der Erschließung des Westens genug zu tun.


John f. Kennedy hat dazu etwas geschrieben, was eigentlich, Stand 1960, humanitär klang. So sehr lange lebte ja ein Teil zu der Zeit noch gar nicht in den USA.
Es gab wohl auch keinen argen Druck zu gehen.
Aber ein zurück ist schon nach 2-3 Jahrzehnten problematisch. Kann man ja zum Teil in der eigenen Familie sehen.
Mal sehen ob ich den Schinken noch habe/finde.
 
Liberia ist m.E. ein rassistisch motivierter Versuch gewesen, die (freie) farbige Bevölkerung der USA wieder los zu werden. Noch heute stellen die Nachfahren ehemaliger Sklaven die Elite des Landes, die in einem gewissen Konflikt zu den indigenen Stämmen steht. Koloniale Interessen spielten keine Rolle, man hatte im eigenen Land mit der Erschließung des Westens genug zu tun.

Ich provoziere mal bewusst: Könnte man da nicht eine Analogie ausmachen z. B. zur britischen Kolonie Australien, die ja auch von "gesellschaftlich Unerwünschten" begründet worden ist?
 
Ich provoziere mal bewusst: Könnte man da nicht eine Analogie ausmachen z. B. zur britischen Kolonie Australien, die ja auch von "gesellschaftlich Unerwünschten" begründet worden ist?

Oder noch provokanter, könnte man Parallelen zur Zionistenbewegung sehen?
Die Idee kam zwar aus der Gruppe der späteren Auswanderer, die Menschen, die die Schiffe nach Liberia und Australien bestiegen, waren formal doch auch einverstanden.
Aber im Ernst, ist Auswanderung zumindest in der Neuzeit nicht meist mit einem eher ungesicherten Status im Herkunftsland begründet?
Lohnt vielleicht ein Auswanderungsthread oder gibt es den schon?
 
Aber im Ernst, ist Auswanderung zumindest in der Neuzeit nicht meist mit einem eher ungesicherten Status im Herkunftsland begründet?


Die Soziologie spricht von Push- und Pullfaktoren, einige Soziologen verwenden sich gegen eine Übersetzung, andere übersetzen mit Sog- und Schubfaktoren. Ich selbst habe mal in einer Hausarbeit den Begriff der negativen Push- und Pullfaktoren eingeführt (d.h. ich habe diesen Begriff in der Literatur nie gefunden, auch kein Äquivalent). Mit negativen Push- und Pullfaktoren meine ich Faktoren, welche die eigentlichen Push- und Pullfaktoren relativieren, neutralisieren oder aufheben.

Wirtschaftliche Not im Heimatland und wirtschaftliche Prosperität im Zielland sind z.B. ganz wesentliche Push- (Armut) und Pullkatoren (Reichtum). Wenn ich aber mein soziales Netzwerk zuhause aufgeben muss, dann ist das ein negativer Pushfaktor, genauso, wie rassistische Übergriffe im Zielland ein negativer Pullfaktor sind. Das soziale Netzwerk neutralisiert den durch die wirtschaftliche Armut hervorgerufenen Push oder Schub, die rassistischen Übergriffe neutralisieren den durch den Reichtum im Zielland hervorgerufenen Pull oder Sog.
 
Wenn man meinen vorherigen Beitrag nimmt, kann man zumindest im Bezug auf Liberia kaum von Push- und Pullfaktoren sprechen. Es handelte sich nicht um die Heimat der ehemaligen Sklaven, die sowieso keine sozialen Netzwerke mehr in Afrika hatten, ebenso gab es keine wirtschaftlichen Gründe nach Liberia auszuwandern, auch keine Naturkatastrophen etc. Der einzige Pushfaktor kann der Rassismus in den USA gewesen sein, der einzige Pullfaktor eine schlecht durchdachte Ideologie.

Ich provoziere mal bewusst: Könnte man da nicht eine Analogie ausmachen z. B. zur britischen Kolonie Australien, die ja auch von "gesellschaftlich Unerwünschten" begründet worden ist?
Meines Wissens wurde die Kolonie Australien nicht aus der Strafkoloie heraus begründet, sondern später. Auch wenn mancher polemische Spruch die Gründung aus der Strafkolonioe noch heute gerne kolportiert. Im Hinterkopf spukt etwas von Goldrausch. Aber ich habe mich damit nie intensiv beschäftigt.
 
Meines Wissens wurde die Kolonie Australien nicht aus der Strafkoloie heraus begründet, sondern später. Auch wenn mancher polemische Spruch die Gründung aus der Strafkolonioe noch heute gerne kolportiert. Im Hinterkopf spukt etwas von Goldrausch. Aber ich habe mich damit nie intensiv beschäftigt.

Der war in West-Australien aber mW nach dem am klondike, also erst im 20. Jahrhundert


Der Vergleich mit den Zionisten und Palästina ist aber teilweise zutreffend. Wobei, im Gegensatz und wenn ich mich richtig erinnere bei Liberia zumindest die Idee nicht von den Betroffenen kam-
 
Zuletzt bearbeitet:
Der war in West-Australien aber mW nach dem am klondike, also erst im 20. Jahrhundert

Ich hab jetzt mal "geschummelt" und Wikipedia befragt:

A gold rush began in Australia in the early 1850s, and the Eureka Stockade rebellion in 1854 was an early expression of nationalist sentiment; the flag that was used to represent it has been seriously considered by some as an alternative to the Australian flag. The gold rushes brought many immigrants from Great Britain, Ireland, Europe, North America and China.
History of Australia - Wikipedia, the free encyclopedia

Über weiterklicken in History of Australia 1851 - 1900 bin ich dann noch zu folgendem Artikel gekommen:
Australian gold rushes - Wikipedia, the free encyclopedia

Klondike war später:
In August 1896, three people led by Keish (Skookum Jim Mason), a member of the Tagish First Nations, headed north, down the Yukon River from the Carcross area, looking for his sister Kate and her husband George Carmack. The party included Skookum Jim, his cousin, known as Dawson Charlie (or sometimes Tagish Charlie), and his nephew Patsy Henderson. After meeting up with George and Kate, who were fishing for salmon at the mouth of the Klondike River, they ran into Nova Scotian Robert Henderson who had been mining gold on the Indian River, just south of the Klondike. Henderson told George Carmack about where he was mining and that he did not want any "Siwashes" (meaning Indians) near him.
On 16 August 1896,[2][3] the Skookum party discovered rich placer gold deposits in Bonanza (Rabbit) Creek, Yukon. It is not clear who made the actual discovery, but some accounts say that it was Kate Carmack, while others credit Skookum Jim. George Carmack was officially credited for the gold discovery because the actual claim was staked in his name. The group agreed to this because they felt that other miners would be reluctant to recognize a claim made by an Indian, given the strong racist attitudes of the time.
Klondike Gold Rush - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Der Vergleich mit den Zionisten und Palästina ist aber teilweise zutreffend. Wobei, im Gegensatz und wenn ich mich richtig erinnere bei Liberia zumindest die Idee nicht von den Betroffenen kam-

Da war der Pushfaktor der trotz jüdischer Emanzipation nachhaltige Rassismus bzw. Antisemitismus, die Pullfaktoren sind je nach Gruppe zu differenzieren. Während die Zionisten vor dem Holocaust meist eher links gerichtet waren und ihr Pullfaktor die Teilhabe am Experiment der Kibbuzim war, waren spätere Motive die nationale Heimstatt oder eben religiöse Gründe. Gerade die religiösen Gründe sind aber in der jüdischen Orthodoxie recht umstritten.
 
Der kalifornische Goldrausch war aber früher, als der australische. Wer Football mag, kann sich das Datum leicht merken. Die San Francisco Forty-Niners sind nach dem Jahr des kalifornischen Goldrauschs benannt. Und das Lied Oh my darling Clementine spielt ebenfalls mehrfach auf den kalifornischen Goldrausch an.
 
Interessant! Könnte man behaupten, dass Liberia in gewisser Weise durch die USA kolonisiert wurde?

Ja, so wie das benachbarte Sierra Leone durch Unternanen des britischen Königs kolonisiert.

Für die Anfangsfrage lässt sich bezüglich Liberia in der englischen Wikiseite zur Geschichte Liberias folgende Antwort finden:

At least until 1915, the U.S. a number of times assisted the Liberian rulers in putting down rebellions and uprisings of indigenous tribes. Between 1882 and 1919, whenever Britain and France threatened, or even annexed, parts of Liberian territory, assistance of the U.S. and its warships was helpful in preserving Liberian independence (see presidencies Presidency Gardiner, Johnson and Gibson). When, after decades of financial crises and ruinous British bank loans (see Relations with European powers), around 1906 Liberia was seriously bankrupt, the U.S. in 1912 arranged a 40-year international loan of $ 1.7 million, against which Liberia had to agree with four Western powers (America, Britain, France and Germany) being in control over Liberian Government revenues, until 1926.

History of Liberia - Wikipedia, the free encyclopedia
 
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