Literatur zur Volksmobilisierung

platinsd

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Hallo,

ich suche schon seit einiger Zeit gute Literatur zur Volksmobilisierung in der Napoleonischen Ära, besonders zu Liedern und Lyrik. Generell würde ich gerne mehr zu den Medien der damaligen Zeit wissen, da der Großteil der Bevölkerung wohl kaum Zeitungen oder Bücher gelesen hat.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand dabei weiterhelfen könnte.

mfg platinsd.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine gute Einführung in diesen gesamten Themenkomplex mit seinen unterschiedlichen Erklärungsansätzen bietet folgendes Buch und verweist u.a. auf L.A. Hunt:

Revolution und Klio: die Hauptwerke zur Französischen Revolution ; [Ernst ... - Google Books

Das Buch von Hunt ist ebenfalls sehr lesenswert und beschäftigt sich mit den Symbolen, der Ideologie und der Mobilisierung.
Symbole der Macht Macht der Symbole: Die Französische Revolution und der ... - Lynn Avery Hunt - Google Books

Die Angelsachsen müssen jetzt also die franz.Revolution erklären.Lies Chateaubriand,möglichst in französisch,les mémoires d'outre-tombe.

François-René de Chateaubriand - Wikipédia
 
Sehr lesenswert ist das "Journal des Luxus und der Moden". Da berichten quasi laufend Korrespondenten nicht nur über die Mode, sondern auch Musik und Zeitgeist aus Paris. Die entsprechenden Jahrgänge wurden von der Universitätsbibliothek Jena digitalisiert. Journal des Luxus und der Moden - JPortal
Sinnvoll sind eventuell auch Biographien zeitgenössischer Musiker, die sich in den Dienst der Revolution stellten. Der führende Opernkomponist seiner Zeit (zumindest was die Opéra-Comique anbelangt), André-Ernest-Modeste Grétry verfasste die "Mémoires, ou essais sur la musique", die z.T. ausladend das Musikleben seiner Zeit widergeben. Noch zu seinen Lebzeiten wurde allerdings auch Kritik an diesem Werk genommen.
Interessant dürfte für Dich auch die Oper "Le Congres des Rois" (1794) sein, da daran fast alle namenhaften französischen Komponisten dieser Zeit mitwirkten (u.a. Grétry, Kreutzer, Jadin, Méhul, Cherubini).
Die wichtigsten Komponisten der Revolution schufen neben größeren Werken auch Lieder und dergleichen, welche nicht selten zu einem bedeutenden finanziellen Gewinn beitrugen wie im Falle von Giuseppe Cambini, der heute daneben primär durch seine vielen Sinfonien bekannt ist.
(Von den vielen italienischen Namen im französischen Musikleben darf man sich nicht irritieren lassen. Viele der Komponisten lebten dennoch in Frankreich, andere komponierten mehr oder weniger aus der Ferne für den franz. Markt wie Salieri mit seiner sehr beliebten Tragédie lyrique "Les Danaïdes".)
Dass es eine große Menge von neuen Kompositionen gab, bedeutet nicht, dass nicht auch viel von der Musik der 1780er oder gar noch älterer nicht noch weiter gespielt worden wäre. Sehr viele der Chansons der Revolutionszeit wurden auf bereits existierende Melodien geschrieben - nicht selten aus Opern. Wobei zwischen Opern und der Musik auf der Straße ein gegenseitiger Austausch war, wie wir ihn uns heute kaum noch vorstellen können.
 
Die Angelsachsen müssen jetzt also die franz.Revolution erklären.Lies Chateaubriand,möglichst in französisch,les mémoires d'outre-tombe.
François-René de Chateaubriand - Wikipédia
Wenn es ein Lothringer nicht kann, dann nimm bitte zur Kenntnis, dass dies gilt:
Sie müssen nicht, aber sie können es und das richtig gut.
Dass du allerdings ausgerechnet Chateaubriand ins Feld führst, wundert mich dann doch, gilt er doch mehr als Dichter und Royalist, weniger als zeitkritischer Autor, der zudem recht selbstverliebt war. Und so dürften seine
"Denkwürdigkeiten von Jenseits des Grabes“, Hermann Costenoble, Leipzig, Bd. 1 - 4 1852 - auch bei googlebooks zu finden - eher als romanesk und selbstdarstellerisch durchgehen.

Ein Beispiel ist die in viele Bücher eingegangene Szene von 1815:
„Plötzlich wird eine Tür geöffnet und herein tritt das Laster auf den Arm des Verbrechens gestützt: Herr von Talleyrand an der Seite des Herrn Fouché; die höllische Vision zieht langsam bei mir vorüber und verschwindet in dem Kabinett des Königs. Fouché kam, um seinem Gebieter den Lehnseid zu leisten; der getreue Königsmörder legte knieend die Hände, welche das Haupt Ludwigs XVI. fällten, in die Hände des Bruders dieses Märtyrerkönigs. Der abtrünnige Bischof war Bürge des Eides.“ [1]
Grandios geschrieben, dennoch ist sein Zähneknirschen immer noch zu hören, weil Ludwig XVIII. ihn eben nicht mit einem Ministeramt bedachte, weil er der Meinung war:
„Hüten Sie sich, jemals einen Dichter an Ihre Geschäfte zu lassen; er wird alles durcheinander bringen. Diese Leute taugen zu gar nichts.“ [2]

Noch ein schöner Auszug:
„Von meiner früheren Größe war mir noch ein Coupé geblieben, in welchem ich einst am Hofe Georg IV. glänzte, sowie eine Reisekalesche, die vor Zeiten für den Fürsten Talleyrand erbaut worden war. Ich ließ die letztere ein wenig herstellen, um sie fähig zu machen, wider ihre Natur zu gehen; denn ihr Ursprung und ihren Gewohnheiten nach ist sie wohl wenig geneigt, gefallenen Königen nachzulaufen.“ [3]
Das ist ein sprachlicher Leckerbissen; daher weiß ich nicht, warum du das franz. Orginal favorisierst?

Mit einem Wort zu ihm möchte ich es bewenden lassen:
"Von Talleyrand, der Chateaubriand sehr richtig, aber auch zugleich sehr scharf beurteilte, erzählt man noch heute eine Menge Bonmots über ihn; so auch das folgende, als es auf einmal hieß, Chateaubriand beabsichtige, sich in eine Klosterzelle zurückzuziehen: „Dazu ist er wohl im Stande, vorausgesetzt nur, dass sich die Zelle auf der Bühne eines Theaters befindet.“ [4]

Zum Thema:
Jüngst ist ein gutes Buch erschienen:
Bleyer, Alexandra: Auf gegen Napoleon! Mythos Volkskriege, Primus Verlag, Darmstadt, 2013
Hier wird auch die Notwendigkeit einer eigenen Propaganda gegen Napoleon und ihre Wirkung beschrieben.

Ferner noch diese Titel:
Arndt, Ernst Moritz: Schriften für und an seine lieben Deutschen, Weidmann’sche Buchhandlung, Leipzig, 1845,
Blaha, Walter: „Napoleon in Erfurt“, Verlag und Druckerei Fortschritt, Erfurt, 1991
Kleßmann, Eckhart (Hrsg.): Deutschland unter Napoleon in Augenzeugenberichten, Karl Rauch Verlag, Düsseldorf, 1965
Blücher – der Held des Volksheeres, Schriften von und über Blücher, Rütten & Loening, Berlin, 1953
Einiges läßt sich sicherlich über die Bibliothek beziehen.

Grüße
excideuil


[1] Chateaubriand, François-René: Denkwürdigkeiten von Jenseits des Grabes“, Hermann Costenoble, Leipzig, 1852, Bd. 3, 2.Teil, Seite 20
[2] Sieburg, Friedrich: „Napoleon – Die Hundert Tage“, Europäischer Buchklub, Stuttgart, Zürich, Salzburg, o.J., Seite 126
[3] Chateaubriand, a.a.O. Band 4, 2. Teil, Seite 76-77
[4] Rémusat: „Memoiren der Gräfin Rémusat, Palastdame der Kaiserin Josephine, Original Ausgabe von Adolf Ebeling, Verlag von Albert Ahn, Köln und Leipzig, 1891, Bd 2, Seite 433/4
 
Chateubriand war zuerst Anhänger der Revolution,dann Gegner der Revolution und des Empire also von Napoleon.

Seine politische Rolle war gering,seine Wirkung als Schriftsteller ungeheuer.Er gehört zu den zehn wichtigsten Schrifstellern Frankreichs.Literarisches Vorbild von Victor Hugo, immer noch einer der meistgelesenen Klassiker.

Sein Buch Génie du Christianisme also Der Genius der christlichen Religion ist die erste Analyse der Revolution und der Aufklärung und ihrer Folgen.

Seine Erinnerungen das berühmte Mémoires d'outre-tombe ist unverzichtbar ,für jeden der sich mit der Revolution auseinandersetzen will.
 
Da der Threadersteller wohl wenig Interesse an einer Antwort seiner Frage hat, ist wohl noch ein OT-Wort zu Chateaubriand erlaubt.
Sein Buch Génie du Christianisme also Der Genius der christlichen Religion ist die erste Analyse der Revolution und der Aufklärung und ihrer Folgen.

Seine Erinnerungen das berühmte Mémoires d'outre-tombe ist unverzichtbar ,für jeden der sich mit der Revolution auseinandersetzen will.
Ich möchte nicht Chateaubriands Dichtkunst schmälern, dennoch scheint mir eine Relativierung deiner recht absoluten Aussagen angezeigt:

Wiki schreibt:
"1798 wurde Chateaubriand fromm und begann das anti-aufklärerische Buch Le Génie du Christianisme (Der Geist des Christentums), in dem er vor allem die ethischen, ästhetischen und emotionalen Aspekte der katholischen Religion hervorhebt und verklärt."
François-René de Chateaubriand ? Wikipedia
Ich kenne das Werk nicht, der Name legt wohl näher, dass in ihm das Christentum im Mittelpunkt steht, als dass eine Analyse der franz. Rev. stattfindet.

Was seine Schriften angeht, schreibt F. Siegburg:
"Es gehört zu der eigentümlichen Arbeitsweise des Dichters, dass er aus seinen Werken immer wieder Episoden herausnimmt, sie als selbständige Stücke verwendet und unter Umständen in neue Zusammenhänge einfügt. Diese Neigung macht die Übersicht über die einzelnen Stufen seines dichterischen Schaffens recht verwirrend. Sowohl René wie Atala sind ursprüngliche Teile des in Amerika begonnenen Romans, der nach dem Indianerstamm der Natchez benannt ist. Sie werden dann beide gesondert veröffentlicht und später sogar in den Genius des Christentums als Episoden eingebaut. Nichts, was Chateaubriand schreibt, empfängt von ihm jenes eigentümlich selbständige Leben, über das der Autor bald keine Macht mehr hat; alles drückt nur ihn selbst aus, sein gesamtes schriftstellerisches Werk ist ein einziges riesenhaftes Selbstportrait, und wo ihm ein weiterer Pinselstrich an diesem Bild nötig erscheint, da nimmt er ein Stück aus einem früheren Buch, einige seiner Briefe, diplomatische Noten, die er als Botschafter oder Außenminister abgefasst hat, Reden, die er in der Versammlung der Pairs von Frankreich gehalten hat, ja er schöpft sogar aus den Tagebüchern seiner schreibgewandten und geistvollen Frau, um die er sich sonst wenig genug kümmert." [1]

Ich sehe die Denkwürdigkeiten von Jenseits des Grabes als sicher teilweise sprachlich brillante Ergänzungsliteratur, für unverzichtbar halte ich sie jedoch nicht.

Grüße
excideuil

[1] Siegburg, Friedrich: Chateaubriand, Europ. Buchklub, Stuttgart, Zürich, Salzburg, o.J., Seite 84
 
@excideuil

Kann sein das der gute Chateaubriand in Deutschland nicht so bekannt ist wie in Frankreich.Vielleicht liegt das ja an schlechten oder nicht vorhandenen Übersetzungen.Trotzdem muss man sich mit den Zeitzeugen beschäftigen,besonders wenn er auf seine Zeitgenossen und Landsleute so einen starken Eindruck gemacht hat.Und diesen Eindruck macht er bis heute.

Sein Gegner, Talleyrand sagte von ihm;"Der Herr de Chauteaubriand glaubt tot zu sein,er hört nichts mehr über sich."

Antwort von Chateaubriand

"Er hat soviel Verachtung erfahren,das sich diese Verachtung in seinem Gesicht und seinen Augen niedergeschlagen hat."

Im übrigen muss es den Franzosen erlaubt sein, sich Gedanken über ihre Revolution zu machen.Das die Angelsachsen sich auch damit beschäftigen ,sei ihnen belassen.
 
@excideuil

Kann sein das der gute Chateaubriand in Deutschland nicht so bekannt ist wie in Frankreich.Vielleicht liegt das ja an schlechten oder nicht vorhandenen Übersetzungen.Trotzdem muss man sich mit den Zeitzeugen beschäftigen,besonders wenn er auf seine Zeitgenossen und Landsleute so einen starken Eindruck gemacht hat.Und diesen Eindruck macht er bis heute.

Sein Gegner, Talleyrand sagte von ihm;"Der Herr de Chauteaubriand glaubt tot zu sein,er hört nichts mehr über sich."

Antwort von Chateaubriand

"Er hat soviel Verachtung erfahren,das sich diese Verachtung in seinem Gesicht und seinen Augen niedergeschlagen hat."

Im übrigen muss es den Franzosen erlaubt sein, sich Gedanken über ihre Revolution zu machen.Das die Angelsachsen sich auch damit beschäftigen ,sei ihnen belassen.
In der Tat ist Chateaubriand, den Stendhal den "König der Egoisten" nannte, in Dt. nicht so bekannt und das sicher aus guten Gründen.

Ob Zeitzeugen, die starken Eindruck gemacht haben, sei es Chateaubriand oder auch Las Cases, nun unbedingt sonderlich glaubhaft und damit historisch wertvoll sind oder doch eher Pasquier, Fain oder Caulaincourt, lasse ich einmal im Raum stehen.

Was deinen Dialog mit dem "Gegner" Talleyrand angeht: es hat ihn nie gegeben:

M.W. wurde Talleyrand berichtet, dass Chateaubriand taub geworden sei. Darauf erwiderte der Fürst: "Nein, nein, Mon. de Chateaubriand hält sich nur für taub, weil er niemanden mehr über sich reden hört."

Die von dir postulierte Antwort stammt aus den Denkwürdigkeiten von Jenseits des Grabes konkret dem 4.Teil des 4. Bandes. Er fällt auf 8 Seiten über den Fürsten her, läßt nicht das geringste gute Haar an ihm. Und warum? Weil Talleyrand gegen den span. Feldzeug 1824 war, den der damals ultraroyalistische Außenminister Chateaubriand unbedingt anzetteln wollte.

Ich bin sicher der letzte, der den Franzosen das Recht vorenthielte, sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Nur zeigen die unterschiedlichen Positionen: Bonapartisten, Republikaner, ... dass dies nicht so ganz einfach ist. Daher ist eine ausländische vllt. vorurteilsfreie Betrachtung sicher nicht von Nachteil.

Grüße
excideuil
 
Chateubriand und Talleyrand führten natürlich keinen Dialog-sie griffen sich nur in ihren Werken an.

Mag sein das Chateubriand in Deutschland nicht so gut ankommt,das ändert nichts daran das er einer der zehn größten franz.Schriftsteller ist.

Ich lese seine Bücher immer wieder und bei seinem Grab in St.Malo in der Bretagne war ich auch schon.Sartre war übrigens auch da,hat aber anscheinend auf sein Grab gepinkelt.Sie waren eben beim besten Willen keine Brüder im Geiste.

Und nun für denjenigen der Probleme mit Wikipedia hat ohne in der Lage zu sein es richtig zu schreiben,dafür aber totsicher die franz.Sprache beherrscht.

Chateubriand für immer

PHILIPPE SOLLERS Chateaubriand
 
Isleifson schrieb:
Chateubriand und Talleyrand führten natürlich keinen Dialog-sie

Es wäre schön gewesen, wenn dieser Hinweis schon hier

http://www.geschichtsforum.de/676568-post13.html

Erwähnung gefunden hätte. So ist der Beitrag irreführend.

iisleifson schrieb:
Mag sein das Chateubriand in Deutschland nicht so gut ankommt,das ändert nichts daran das er einer der zehn größten franz.Schriftsteller ist.


Wo kann man das nachlesen?


Isleifson schrieb:
Und nun für denjenigen der Probleme mit Wikipedia hat ohne in der Lage zu sein es richtig zu schreiben,dafür aber totsicher die franz.Sprache beherrscht.


Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
 
Chateubriand und Talleyrand führten natürlich keinen Dialog-sie griffen sich nur in ihren Werken an
Unfug!
In Talleyrands Memoiren findet Chateaubriand - zudem sachlich - an genau einer Stelle statt. Und die wenigen Zeilen betreffen das Jahr 1815. So wichtig war dann Chateaubriand für den Fürsten nicht. Ein, zwei in einem Salon fallengelassene Bonmots und gut! Ähnlich wie zu Maret: "Es gibt jemanden, der dümmer ist als Maret, das ist der Herzog von Bassano."

Aber ich bin nachsichtig, weil:
Ich lese seine [Chateaubriands] Bücher immer wieder ...
deine Lektüre ja recht einseitig scheint.
Da ist wohl Abwechslung nötig.
Die Uni Düsseldorf bietet Abhilfe:
Memoiren des Fürsten Talleyran - Titel - Digitale Sammlungen - Digitale Sammlungen
und das kostenlos und auf deutsch.

Und wer weiß, vllt. pilgerst du demnächst nicht mehr nach St. Malo sondern nach Valençay :D

Wie auch immer, ernst nehmen kann ich dich derzeit nicht.

Grüße
excideuil
 
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