Lloyd George über den ersten Weltkrieg

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Folgende Aussage soll 'überprüft' werden. Leider bin ich mir nicht so wirklich sicher wie ich jetzt vorgehen soll. Das Zitat lautet

"Keiner der führenden Männer jener Zeit hat den Krieg tatsächlich gewollt. Sie glitten gewissermaßen hinein, oder besser, sie taumelten hinein, vielleicht aus Torheit."

Meiner Meinung nach könnte sich diese Aussage zum einen darauf beziehen, dass keine der beiden Seiten (Alliierte/Mittelmächte) sich auf einen langen Krieg eingestellt hatte und beide damit rechneten, dass der Krieg schon 1914 beendet werden könnte. Zum anderen darauf, dass der Krieg ja mehr oder weniger "vom Zaun gebrochen" wurde und gar kein wirklicher Grund vorausging. Wenn ich es richtig verstanden habe war es ja so, dass Serbien das von Österreich-Ungarn gestellte Ultimatum weitestgehend akzeptiert hatte. Bis auf die Punkte, die die Souveränität zu sehr eingeschränkt hätten. (könnte mir jemand das vielleicht nochmal genauer erklären??) Also lag ja nicht direkt ein Grund vor um Serbien anzugreifen.


Ich hoffe mein Text ist jetzt nicht zu verwirrend geworden und dass mir jemand sagen kann, was noch zu ergänzen ist.

danke schon mal
 
*g* da musst ich ma ne Facharbeit drüber schreiben. :)

Schau dir dafür einfach ma genauer die Kriegsgründe an. Wenn du in den Geschichtsbüchern etc. blätterst, dann wirst du dort Lesen:"Nationalismus, Kolonialismus, Militarismus und Imperialismus".
Das sind alles sachen die die Menschen beeinflusst haben.
Die Menschen waren ja schon Kriegslüstern. (Weidersehen in Paris)

Zu der Julikriese ließ dir ma das hier durch...da ist das recht anschaulich und verständlich dargestellt. Julikrise ? Wikipedia
es war ja im Grunde ne verkettung unglücklicher Ereignisse bzw. von Bündnissen. Es bestand kaum eine andere Wahl.

Keine Partei hat gesagt: WIR WOLLEN DEN TOTALEN KRIEG...das kam erst später...und selbst die Frz. waren nicht durch die Bank weg auf Rache aus (1871/71)

Zum deinem Zitat: Das Spielt auf Kaiser Wilhelm an der 1888 an die Macht kam. Er war buchstäblich eine Pflaume was die Diplomatie angeht. Er Liebte die Marine und baut Schlachtschiffe weil er sie toll findet, ohne zu wissen das Britannien das nicht gut heißt. Als er in Jerusalem mit einer Parade einziehen will lässt er ein Teil der Stadtmauer niederreißen. Er ließ die Bündnisse die Bismarck schloss einfach verfallen. Er gewährt Öst-Ung einen Freibrief und "schwor" ihnen die Treue. usw...
Er wollte nie den Krieg....er war nur nicht in der Lage die Folgen abzusehen.

Das sich beide Seiten nicht auf einen Langen Krieg einstellten wurde schnell klar (nach 12 Monaten hatten die Dt. kaum noch Monition) das haste ja schon gesagt.

Hoffe ich konnte dir so en bissche helfen :)

MFG Toast
 
erstmal danke für die Hilfe, werde mir das alles dann nochmal genauer durchlesen.

@ Toast Hawaii: Dass Wilhelm II. nicht wusste dass GB was dagegen hat wenn er seine Flotte mehr und mehr vergrößert, glaube ich nicht da er ja 1901 glaube ich ein Bündnisangebot von GB platzen lies weil er den Flottenbau nicht stoppen wollte... aber generell war er wohl was die Außenpolitik betrifft ein totaler idiot :)

@ Turgot: ich finde nicht dass Lloyd Georges aussage nicht haltbar ist. ich hab das so verstanden, dass W. II. ja beispielsweise Österreich-ungarn einfach dazu hätte drängen können die mobilmachung rückgängig zu machen... oder frankreich hätte nen deeskalationsversuch unternehmen können oder so irgendetwas. deshalb finde ich schond ass man von 'hineingleiten' sprechen kann, weil Europa durch untätigkeit in die Situation geraten ist... oder nicht?
 
Hier ein paar Zitate (Hervorhebungn sind von mir)aus den angesprochenen Thread:


Gandolf
In der 2004 veröffentlichten „Enzyklopädie Erster Weltkrieg“ schrieb Gerd Krummeich zur Kriegsschuld folgendes: „Es dürfte heute kein Zweifel daran bestehen, dass das Deutsche Reich durch seine unbedingte Unterstützung Österreich-Ungarns bei dessen Vorgehen gegenüber Serbien und durch seine Strategie, die Kriegsbereitschaft der Alliierten und insbesondere Russlands durch Starrheit in den Verhandlungen auszuloten, alle Bemühungen um eine diplomatische Deeskalation (wie sie insbesondere von England unternommen wurden) sabotiert hat. Die Verantwortlichen in Berlin waren bereit zum „Sprung ins Dunkle“ des Krieges (Bethmann Hollweg). So gesehen trug Deutschland zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch. (Gerd Krummeich in: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krummeich, Irina Renz, Enzyklopädie Erster Weltkrieg, 2004, unter Kriegsschuld).

Turgot schrieb:
Ergänzend läßt sich hinzufügen, das Bethmann und das AA Wilhelm sabotierten.

Wilhelm hat am 28.07.1914, in Kenntnis der serbischen Antwort auf das Ultimatum Österreich-Ungarns, den Staatsekretaär im AA Jagow angewiesen, in Wien die neue Situation aus Sicht Wilhelms vorzustellen. Der Kaiser vertrat die Auffassung, das nunmehr nach Erfüllung aller wesentlichen Punkte des Ultimatums kein Kriegsgrund mehr vorläge und die wenigen noch offenen Punkte in Verhandlungen geklärt werden sollten. Da Serbien aber nicht zu trauen sein, regte er an, serrbisches Territorium als Faustpfand militärisch zu besetzten, bis Serbien seinen Zusagen entsprechend gehandelt hat. Er, Wilhelm, sei unter dieser Prämisse bereit, für die Erhaltung des Friedens zu wirken.

Bethmann und die Männer Im AA haben diese überaus wichtige Botschaft Wilhelms aber nur unvollständig nach Wien übermittelt. Es fehlt nämlich der entscheidene Passus, das aufgrund des serbischen Entgegenkommesn kein Kriegsgrund mehr vorliegt. Des Weiteren hat man sich im AA auch nicht gerade beeilt, die Botschaft zu übermitteln. Sie kam in Wien erst am Morgen des 29.Juli 1914 an, so das Berchthold zum Vermittlungsvorschlang nur noch als zu spät ablehnte. (1)

(1) Telegramme Tschirschkys an Jagow, Kautsky Deutsche Dokumente Nr.311 und 313 hier nach Röhl, Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund, S.1123, München 2008


Rurik schrieb:
Vom 20. bis zum 23. Juli 1914 hält sich der französische Präsident Raymond Poincare zu einem länger geplanten Besuch in St. Petersburg auf. Es finden Militärparaden statt usw. Der Generalissimus der russischen Armee, Großfürst Nikolaj Nikolajewitsch, der die französischen Gäste geladen hat, lässt die Tafel mit Disteln, der Blume des seit dem Krieg 1870/71 durch Deutschland annektierten Lothringens, schmücken. Auf dem Tisch stehen außerdem Schalen mit Erde aus Lothringen. Während des Tischgesprächs meinte die Frau des Großfürsten, eine montenegrische Prinzessin, zum französischen Botschafter, der Krieg werde vor Ablauf dreier Wochen ausbrechen und von Österreich wird nichts mehr übrigbleiben. Frankreich werde sich Elsaß und Lothringen zurücknehmen und beide Armeen, die russische und französische, werden sich in Berlin vereinigen. Deutschland wird vernichtet werden.

Ich finde erstaunlich, wie genau man Bescheid wusste, und das nicht in Berlin.
Russland kam diese Kriese ganz gelegen. Der Feind, Deutschland, war lokalisiert und hatte kaum nennenswerte Verbündete. Russland dagegen hatte Frankreich, da schien der Sieg so gut wie sicher. Bei einem schnellen Sieg hätte sich Russland so einige Probleme vom Halse geschafft und die Bevölkerung wäre auch ersteinmal beruhigt. Na ja, letzteres vielleicht nicht ganz so sicher, denn da war schon einiges am Brodeln. Ich denke aber, wenn einer den Krieg wollte, dann Russland, auch wenn es aus der totalen Fehleinschätzung der eigenen Kräfte heraus geschah. Man wird dabei sicher seine Haupthoffnungen auf Frankreich gerichtet haben.
Wenn einer Schuld hatte, dann Nikolai und nicht Wilhelm. Die Rechnung hat der Zar dann letztendlich auch bezahlen müssen und das im Keller eines Wohnhauses in Jekaterinburg.

Köbis17 schrieb:
Eine interessante Frage: Gab es eine Nation, die gegen die Kriegsgefahr gearbeitet hat, anstand ständig Öl ins Feuer zu gießen.
 
Das volständige Zitat von Lloyd George lautet:

"Je mehr man von den Memoiren und Büchern liest, die in den verschiedenen Ländern über den Kriegsaubruch geschrieben worden sind, desto deutlicher erkennt man, keiner der führenden Männer jener Zeit hat den Krieg tatsächlich gewollt. Sie glitten gewissermaßen hinein, oder besser, sie taumelten hinein, vielleicht aus Torheit." (1)

Der Erste Weltkrieg war kein "Betriebsunfall." Wenn keiner den Krieg gewollt hat, weshalb hat es ihn denn gegeben?


(1) Egon Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit, S.1490
 
dass das deutsche reich der hauptschuldträger ist lässt sich wohl nicht bestreiten :)
ich denk dass man das zitat wohl mit diesem hintergrundgedanken trotzdem auf verschiedene weisen bewerten kann... schwierig schwierig :)



mittlerweile bin ich auf eine neue frage gestoßen... nämlich wann fand die schlacht bei verdun bzw. "hölle von verdun" denn statt? in dem geschichtsbuch mit dem ich gerade arbeite steht in einer zeile 'in der fünfmonatigen....' und in der nächsten zeile 'februar - dezember' :) recherchen im internet ergaben nur noch mehr verwirrende und sich widersprechende ergebnisse.
 
mittlerweile bin ich auf eine neue frage gestoßen... nämlich wann fand die schlacht bei verdun bzw. "hölle von verdun" denn statt? in dem geschichtsbuch mit dem ich gerade arbeite steht in einer zeile 'in der fünfmonatigen....' und in der nächsten zeile 'februar - dezember' :) recherchen im internet ergaben nur noch mehr verwirrende und sich widersprechende ergebnisse.

Die Schlacht um Verdun begann am 21. Februar 1916 und endete im Dezember 1916. Laut Wiki am 20. Dezember, laut einer andern Seite am 15. Dezember.

Schlacht um Verdun ? Wikipedia
Die Schlacht um Verdun
 
Der Erste Weltkrieg war kein "Betriebsunfall." Wenn keiner den Krieg gewollt hat, weshalb hat es ihn denn gegeben?
Das ist zu kurz gedacht, mein Lieber. Wenn keiner eine Bildungsmisere haben will, warum haben wir dann die PISA-Ergebnisse? Es ist immer wieder interessant festzustellen, daß die "Nachwelt" schlauer sein will als die Zeitzeugen.

dass das deutsche reich der hauptschuldträger ist lässt sich wohl nicht bestreiten
Doch, läßt sich sehr wohl, verehrter Gast, wie du allein an unzähligen Diskussionen hier im Board erkennen kannst. Wobei es auch interessant ist, daß bei den Weltkriegen das Thema "Schuld" immer gern besprochen wird und dies bei (allen) anderen Kriegen niemals eine Frage zu sein scheint.
 
Es ist immer wieder interessant festzustellen, daß die "Nachwelt" schlauer sein will als die Zeitzeugen.


Zeitzeugen geben in der Regel eigene Erinnerungen wieder, die aber schon Sinne der historischen Korrektheit nicht ungeprüft bleiben sollten. Zeitzeugen können abschweifen, ausschmücken und eigenwillig interpretieren.

Befrage verschiedene Zeitzeugen zu den gleichen Vorgang und du erhälst möglicherweise ganz unterschiedliche sich einander wiedersprechende Aussagen. Deshalb ist eine breite Quellenbasis, die der Nachwelt zur Verfügung steht, bestimmt nicht unvorteilhaft um sich zu bestimmten historischen Sachverhalten eine Meinung zu bilden.
 
Deshalb ist eine breite Quellenbasis, die der Nachwelt zur Verfügung steht, bestimmt nicht unvorteilhaft um sich zu bestimmten historischen Sachverhalten eine Meinung zu bilden.

Sicher richtig, nur muß man aufpassen, daß Sachverhalte und nicht Meinungen vermittelt werden. Letzteres muß jeder mit sich selbst ausmachen.
 
Doch, läßt sich sehr wohl, verehrter Gast, wie du allein an unzähligen Diskussionen hier im Board erkennen kannst. Wobei es auch interessant ist, daß bei den Weltkriegen das Thema "Schuld" immer gern besprochen wird und dies bei (allen) anderen Kriegen niemals eine Frage zu sein scheint.

Dazu empfehle ich diese Artikel über den ersten Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung:

Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 29-30 2004, 12.07.2004 - Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung

http://www.erster-weltkrieg.clio-online.de/_Rainbow/documents/texteZZF/gkracht.pdf
 
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Das ist zu kurz gedacht, mein Lieber. Wenn keiner eine Bildungsmisere haben will, warum haben wir dann die PISA-Ergebnisse?

Ich schlage vor, das du unserem Gast in diesem Forum ,Fragen und Antworten zum Ersten Weltkrieg, mit deinen eigenen Wissen weiterhilfst.


...nur muß man aufpassen, daß Sachverhalte und nicht Meinungen vermittelt werden. Letzteres muß jeder mit sich selbst ausmachen.

Jeder zieht sich den Schuh an, der ihm passt.

Wobei es auch interessant ist, daß bei den Weltkriegen das Thema "Schuld" immer gern besprochen wird und dies bei (allen) anderen Kriegen niemals eine Frage zu sein scheint.

Über die Kriegsschuldfrage des Ersten Punischen Krieges wurde und wird gern gesprochen und gestritten.
 
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mittlerweile bin ich auf eine neue frage gestoßen... nämlich wann fand die schlacht bei verdun bzw. "hölle von verdun" denn statt? in dem geschichtsbuch mit dem ich gerade arbeite steht in einer zeile 'in der fünfmonatigen....' und in der nächsten zeile 'februar - dezember' :) recherchen im internet ergaben nur noch mehr verwirrende und sich widersprechende ergebnisse.


Die deutsche Angriff bei Verdun dauerte vom 21.Febraur bis Ende Juli 1916. Der letzte erwähenswerte deutsche Angriff fand Ende Juni 1916 statt. Von Verdun wurden dann immer mehr deutsche Truppen, wegen der Offensive der Allierten an der Somme, abgezogen.

Die Schlacht an der Somme, die Planungen begannen ebenfalls Ende 1915, dauerte gemäß der Enzyklopädie Erster Weltkrieg vom 01.Juli 1916 bis zum 25.November 1916. Mit dem deutschen Angriff auf Verdun wurde dieser geplante Angriff schwieriger, da nicht die geplante Anzahl an Divisionen verfügbar gemacht werden konnte, wie ursprünglich in den Planungen vorgesehen.

Der Angriff der Briten und Franzosen an der Somme wurde durch den Angriff der Russen an der Ostfront auf einer Frontlänge von 350 km, die Brussilow-Offensive, unterstützt. So sollte dem Deutschen Reich die Möglichkeit genommen werden, seine Truppen auf der inneren Linie je nach Bedarf zu verschieben.

Am 24.Oktober 1916 begannen die Franzosen bei Verdun (Fort Vaux) ihre Gegenoffensive, die bis zum 03.November 1916 andauerte. Ende Dzember 1916 enden die Kämpfe um Verdun mit der französischen Rückeroberung von Fort Douaumont.
 
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Wenn man nur diese Quellen list, kann wohl von einem Hineinschlittern oder Taumeln nicht die Rede sein.

Am 30.Juni 1914 berichtete Tschirschky an Bethmann:

Graf Berchthold sagt mir heute, alles deute daraufhin, dass die Fäden der Verschwörung, der der Erzherzog zum Opfer gefallen sei, in Belgraf zusammenliefen. [......] Hier höre ich auch bei ernsten leuten, vielfach den Wunsch, es müsse einmal gruündlich mit den Serben abgerechnet werden. Man müsse den Serben zunächst eine Reihe von Forderungen stellen und falls sie diese nicht akzeptieren, energisch vorgehen. Ich benutze jeden solchen Anlass, um ruhig,aber sehr nachdrücklich und ernst vor übereilten Schritten zu warnen. [.....].(1)

Als Wilhelm II. diesen Bericht vorgelegt bekam, hat er diesen wie so häufig mit seinen Randbemerkungen versehen. Diese sind hier sehr aufschlußreich, da sie unmissverständlich Auskunft über seine Meinung geben.

"Wer hat ihn dazu ermächtigt? Das ist sehr dumm! geht ih gar nichts an, da es lediglich Österreichs Sache ist, was es hierauf zu thun gedenkt. Nachher heißt es denn, wenns schief geht, Deutschland hat nicht gewollt!! Tschirschky soll den Unsinn gefälligst lassen! Mit den Serben muß aufgeräumt werden, und zwar bald. (2). Jetzt oder nie. (3)

In einem Interview mit der Frankfurter Zeitung, teilte der deutsche Botschafter in Wien mit:

Deutschland würde die Monarchie durch Dick und Dünn unterstützen, was immer dieselbe auch gegen Serbien beschließen sollte. [...] Je früher Österreich losgehe desto besser.(4)

Der Botschafter Österreich-Ungarns Szögýeny wußte am 05.juli 1914 an seinem Chef Graf Berchthold das Folgende zu berichten:

Nachdem ich Kaiser Wilhelm zur Kentnis gebracht habe, das ich ein Allerhöchstes handschreiben Seiner k.und k. Apostolischen Majestät, welches mit Graf Hoyos heute überbrachte, erhielt ich eine Einladung der deutschen Majestäten zu einem Déjeuner ins Neue Palais für heute mittags. Das Allerhöchste Handschreiben und das beigschlossene Memorandum habe ich Seiner Majestät überreicht.Zuerst versicherte mir Höchstderselbe, dass er eine ernste Aktion unsererseits gegenüber Serbien erwarte, doch er müsse gestehen, das er infolge der Auseinandersetzungen unseres Allergnädigsten Herrn ernste europäische Komplikation im Auge behalten müsse.[...] Wie gesagt, müsser er vorerst Meinung des Reichskanzlers anhören, doch zweifle er nicht im geringsten daran, Dass herr von Bethmann Hollweg vollkommen seiner Meinung zustimmen werde. Nach seiner (Kaiser Wilhelms) muss aber diese Aktion nicht zugewartet werden. Russlands Haltung werde jedenfalls feindlich sein, doch sei er hierauf schon seit Jahren vorbereitet, und sollte es zum Krieg zwischen Österrich-Ungarn und Russland kommen, so könnten wir davon überzeugt sein, das Deutschland in gewohnter Bündnistreue an unserer Seite stehen werde. (5)

Der deutsche Militärattaché Graf Kageneck in Wien sagte, "Diesmal ist der Krieg gewiss." (6)



Unterstreichungen in den Quelltexten habe ich vorgenommen.

(1) Juli 1914, Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, S.39f, München 1965

(2) Juli 1914, Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, S.39f, München 1965

(3) Kautsky, Deutsche Dokumente Nr.7, Wilhelm Randbermerkungen zum Bericht aus Belgrad vom 30.juni 1914, Kautsky, Deutsche Dokumente Nr.10

(4) Aufzeichung Forgachs vom 04.Juli 1914 aus Conrad, Aus meiner Dienstzeit

(5) Juli 1914, Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, S.51f, München 1965

(6) Kageneck am 07.Juli 1914 an Moltke, hier zitiert nach Röhl, Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund, S.1083, München 2008
 
Sicher richtig, nur muß man aufpassen, daß Sachverhalte und nicht Meinungen vermittelt werden. Letzteres muß jeder mit sich selbst ausmachen.
Sehe ich anders. Gerade Zeutzeugenberichte dürften vor Meinungen strotzen und das ist das interessante an ihnen. Sachverhalte findet man eher in Quellen, die zeitnah zum Ereignis entstanden sind. Hier auf Aussagen von Zeitzeugen zu setzen ist riskant, da sie meist viele Jahre später dazu befragt werden und das menschliche Gedächtnis nicht so verlässlich ist, wie es manchmal scheint.
 
Mein Reden. :winke:

Turgot schrieb:
Zeitzeugen geben in der Regel eigene Erinnerungen wieder, die aber schon Sinne der historischen Korrektheit nicht ungeprüft bleiben sollten. Zeitzeugen können abschweifen, ausschmücken und eigenwillig interpretieren.

Befrage verschiedene Zeitzeugen zu den gleichen Vorgang und du erhälst möglicherweise ganz unterschiedliche sich einander wiedersprechende Aussagen. Deshalb ist eine breite Quellenbasis, die der Nachwelt zur Verfügung steht, bestimmt nicht unvorteilhaft um sich zu bestimmten historischen Sachverhalten eine Meinung zu bilden.
 
Wenn man nur diese Quellen list, kann wohl von einem Hineinschlittern oder Taumeln nicht die Rede sein.

Am 30.Juni 1914 berichtete Tschirschky an Bethmann:

Graf Berchthold sagt mir heute, alles deute daraufhin, dass die Fäden der Verschwörung, der der Erzherzog zum Opfer gefallen sei, in Belgraf zusammenliefen. [......] Hier höre ich auch bei ernsten leuten, vielfach den Wunsch, es müsse einmal gruündlich mit den Serben abgerechnet werden. Man müsse den Serben zunächst eine Reihe von Forderungen stellen und falls sie diese nicht akzeptieren, energisch vorgehen. Ich benutze jeden solchen Anlass, um ruhig,aber sehr nachdrücklich und ernst vor übereilten Schritten zu warnen. [.....].(1)

Als Wilhelm II. diesen Bericht vorgelegt bekam, hat er diesen wie so häufig mit seinen Randbemerkungen versehen. Diese sind hier sehr aufschlußreich, da sie unmissverständlich Auskunft über seine Meinung geben.

"Wer hat ihn dazu ermächtigt? Das ist sehr dumm! geht ih gar nichts an, da es lediglich Österreichs Sache ist, was es hierauf zu thun gedenkt. Nachher heißt es denn, wenns schief geht, Deutschland hat nicht gewollt!! Tschirschky soll den Unsinn gefälligst lassen! Mit den Serben muß aufgeräumt werden, und zwar bald. (2). Jetzt oder nie. (3)

In einem Interview mit der Frankfurter Zeitung, teilte der deutsche Botschafter in Wien mit:

Deutschland würde die Monarchie durch Dick und Dünn unterstützen, was immer dieselbe auch gegen Serbien beschließen sollte. [...] Je früher Österreich losgehe desto besser.(4)

Der Botschafter Österreich-Ungarns Szögýeny wußte am 05.juli 1914 an seinem Chef Graf Berchthold das Folgende zu berichten:

Nachdem ich Kaiser Wilhelm zur Kentnis gebracht habe, das ich ein Allerhöchstes handschreiben Seiner k.und k. Apostolischen Majestät, welches mit Graf Hoyos heute überbrachte, erhielt ich eine Einladung der deutschen Majestäten zu einem Déjeuner ins Neue Palais für heute mittags. Das Allerhöchste Handschreiben und das beigschlossene Memorandum habe ich Seiner Majestät überreicht.Zuerst versicherte mir Höchstderselbe, dass er eine ernste Aktion unsererseits gegenüber Serbien erwarte, doch er müsse gestehen, das er infolge der Auseinandersetzungen unseres Allergnädigsten Herrn ernste europäische Komplikation im Auge behalten müsse.[...] Wie gesagt, müsser er vorerst Meinung des Reichskanzlers anhören, doch zweifle er nicht im geringsten daran, Dass herr von Bethmann Hollweg vollkommen seiner Meinung zustimmen werde. Nach seiner (Kaiser Wilhelms) muss aber diese Aktion nicht zugewartet werden. Russlands Haltung werde jedenfalls feindlich sein, doch sei er hierauf schon seit Jahren vorbereitet, und sollte es zum Krieg zwischen Österrich-Ungarn und Russland kommen, so könnten wir davon überzeugt sein, das Deutschland in gewohnter Bündnistreue an unserer Seite stehen werde. (5)

Der deutsche Militärattaché Graf Kageneck in Wien sagte, "Diesmal ist der Krieg gewiss." (6)



Unterstreichungen in den Quelltexten habe ich vorgenommen.

(1) Juli 1914, Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, S.39f, München 1965

(2) Juli 1914, Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, S.39f, München 1965

(3) Kautsky, Deutsche Dokumente Nr.7, Wilhelm Randbermerkungen zum Bericht aus Belgrad vom 30.juni 1914, Kautsky, Deutsche Dokumente Nr.10

(4) Aufzeichung Forgachs vom 04.Juli 1914 aus Conrad, Aus meiner Dienstzeit

(5) Juli 1914, Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, S.51f, München 1965

(6) Kageneck am 07.Juli 1914 an Moltke, hier zitiert nach Röhl, Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund, S.1083, München 2008
und Rußland?
Jetzt im Nachhinein ist es leicht zu sagen das der Kriegsgrund auf Ö-U Seite unverhältnismäßig war, zu dieser Zeit finde ich das Ultimatum nicht zu hart mit all den Umständen die diese Attentat begleiteten, die ganz eindeutig in Richtung serbischer Geheimdienst und höchste serbische politische Ämter deutete.
Warum hatte die Welt in Afghanistan angegriffen? Hätten ja die afghanische Regierung beauftragen können die Taliban dingfest zu machen....
Rußland hatte Serbien eine Blankounterstützung ausgestellt auf die das Deutsche Reich antworten musste mit dem Blankoscheck, weil das schon ein klare Provokation Rußlands war, Serbien brauchte folglich längst nicht alles anzunehmen und hat es auch nicht.
Die Frage wer eine Eskalation gerade an diesem konflikt anstrebte weil es gerade zu dieser Zeit eine optimale Ausgangsposition hatte ist meiner Ansicht nach ganz eindeutig mit Rußland zu beantworten.
Das Deutsche Reich musste somit reagieren wollte es nicht mit den Mittelmächten in eine zweite Klasse abfallen.
 
Jetzt im Nachhinein ist es leicht zu sagen das der Kriegsgrund auf Ö-U Seite unverhältnismäßig war, zu dieser Zeit finde ich das Ultimatum nicht zu hart mit all den Umständen die diese Attentat begleiteten,

Der Sinn des Ultimatums war es, das es in seinen Formulierungen und Bedingungen und der äußert knappen Frist, nicht von Serbien angenommen werden sollte. Schon am 22.Juli fragten die Österreicher in Berlin an, das Ultimatum wurde bekanntermaßen je erst am 23.07.14 abends um 18:00 Uhr übergeben, wie Belgrad die Kriegserklärung am zweckmäßigsten übergeben werden könnte. (1) Der deutsche Staatssekretär des Äußeren lehnte es aus taktischen Gründen ab, die Kriegserklärung an Belgrad zu übermitteln. In Wien zerbrach man sich also bereits darüber den Kopf, wie das beabsichtige militärische Vorgehen gegen Serbien diplomatisch abgesichert werden soll.

Interessant ist auch, das der russische Geschäftsträger in Berlin um einen Termin beim AA nachgesucht hat, mit dem Ziel eine Fristverlängerung des Ultimatum füer Serbien zu erreichen. Jagow ließ sich sehr viel Zeit und empfing Bronewski erst 70 Minuten vor Ablauf des Ultimatums.

Die sehr entgegenkommende Reaktion der Serben auf das Ultimatum war für Wilhelm II so, das dieser die Ehre Österreich-Ungarns als Großmacht gewahrt und nunmehr keinen Kriegsgrund mehr sah und entsprechende Anweisungen an das AA gab.


(1) Tschirsky am 22.07.14 an Jagow, Dokument abgedruckt in Juli 1914,S.139, München 1980
 
Soweit ich weiss hat sich Rußland ab dem 25. Juli von der diplomatischen Bühne verabschiedet und als erste Nation generalmobil gemacht.
Wenn man den Konflikt um Serbien und Ö-U sieht ist es für mich klar das Serbien und Ö-U zu gleichen teilen an diesem Konflikt schuldig ist, jedoch zur ausweitung zum Weltkrieg ist der verantwortlich der zuerst generalmobilmacht während er Bündnispartner einer der beiden Seiten ist und das war eben Rußland.

Ob die Reaktion der Serben auf das Ultimatum entgegenkommend ist darüber darf man streiten, das dieses Ultimatum nicht zu hart gestellt wurde kann man an zahllosen Ultimaten die vor dem Konflikt in anderen Krisen gestellt wurden klar ablesen.
Hier haben die Entente Mächte oft aus weit nichtigeren Gründen härter ultimatiert.

Auch Ö-U hat zu Beginn seiner "Strafoffensive" mehrmals die Russischen Botschaften informieren lassen was Ziel dieser Aktion war und das keine Gebietsansprüche fundamentiert werden sollen.
Das Fristverlämngerungsersuchen des russischen Geschäftsträgers kam wahrscheinlich zu spät (wann war es?) - in einer späteren Situation hätte ich diesen auch nicht empfangen weil ein Fristverlängerungsersuchen in dieser ernsten Situation mehr als nur wahrscheinlich eine vorteilserschaffung bei der durchaus langen Mobilisationsphase der russischen Armee darstellte.
 
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