Louis XVI. Heiliger oder Tyrann ?

Louis le Grand

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Wohl selten war ein Monarch mit so vielen und schweren Problemen konfrontiert wie Ludwig XVI. Um in den äußerst schwierigen Zeiten die Situation zu meistern, wäre ein König vonnöten gewesen mit der Agilität, Wendigkeit und dem Scharfsinn eines Heinrich IV. und mit der Energie, Willensstärke und Intelligenz eines Ludwig XIV. Der letzte König des Ancien Régime, Ludwig XVI., besaß zwar viel mehr gute Eigenschaften als von der aufklärerisch-freigeistigen, antimonarchischen, aber auch der aristokratischen Propaganda der Zeit behauptet und in der Folgezeit von vielen Historikern angenommen wurde; und der unglückliche Ludwig war keineswegs dieser Mann mit „nichts als Schwäche, Dummheit und Blindheit“, aber er war angesichts der Schwierigkeiten und außergewöhnlichen Ereignisse trotz besten Willens überfordert. (Peter Claus Hartmann)

Was also spricht für und gegen diesen Louis XVI. als König und Mensch ?




Contra:

- Louis XVI. erbte mit 19 Jahren den Thron und war daher noch völlig überfordert und noch nicht erfahren genug um das Amt eines absoluten Königs auszufüllen

- er hatte eine zögerliche Persönlichkeit und neigte dazu in der Politik zurückzuweichen, wenn man ihm unter Druck setzte

- 1774 ernennt der 20jährige den Grafen de Maurepas zum leitenden Minister, dieser war zu willensschwach um das Kabinett zu beherrschen; der König zu unerfahren um sich im neuen Kabinett durchzusetzen

- Maurepas macht die von Louis XV. 1770 begonnen Steuer- und Ständereformen wieder rückgängig und veranlasst den jungen Louis XVI. die Parlamente (Oberste Gerichtshöfe) wieder einzusetzen. (was zur Katastrophe führen sollte!!!)

- die Parlamente nehmen wieder ihre alten Rolle als Repräsentanten der Oberschichten ein; sie weigern sich dann vehement, die Reformen des Königs zur Registrierung zuzulassen und stemmen sich erfolgreich gegen die Einführung der Steuergleichheit und die Abschaffung der meisten Ständeprivilegien. Sie beginnen sogar offen gegen die königliche Macht zu opponieren.

- der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg kostete Frankreich 1,3 Milliarden Livres Schulden und förderte radikal-antiroyalistische Kräfte im Land

- er ließ sich von den Privilegierten unter Druck setzten, den Reformer Turgot als Finanzminister zu entlassen, dies verschlimmerte die Finanzsituation erheblich.

- mehr als 2/3 der Staatschulden (1789 4,8 Milliarden Livres) stammen aus der Regierungszeit Louis XVI., da er den Schuldendienst mit erneuten Krediten bekämpfte und sich Steuererhöhungen verweigerte; seine antiaristokratischen Steuerreformen konnte er aber auch nicht durchsetzen.

- ab 1788 war Louis XVI. zunehmend ernüchtert, resigniert, verbittert und sah sich in einer ausweglosen Situation; er verlor - angesichts der Kräfte die man gegen seine Reformen mobilisierte – seinen Optimismus und Tatandrang.

- 1788 kapituliert der König vor den Privilegierten und war praktisch den Beschlüssen der einberufenen Generalstände ausgeliefert.

- bei der Generalständeversammlung wollte er zwar Steuerungerechtigkeit schaffen und Stände abschaffen (seine eigenen Reformen), verteidigte aber konsequent die unumschränkte Macht des Königs.

- er lehnte die völlige Abschaffung der Feudalrechte und die Konstitution des Dritten Standes zur Nationalversammlung zunächst ab

- als es zu Gewaltausschreitungen in Paris kommt reagiert er nicht; was zur offenen Revolution führt

- er nahm nicht die Chance wahr sich an die Spitze der Ereignisse zu stellen (die ja teilweise seine eigenen Reformvorschläge voranbrachten), sondern reagierte zögerlich.

- 1791 unternimmt er einen dilettantischen Fluchtversuch und hinterlässt auch noch ein Manifest, in dem er betonte, er habe die Dekrete der Nationalversammlung nur unter Zwang ratifiziert und dass er sich als Gefangener betrachtet habe. Dadurch wird das Ansehen der Monarchie erheblich beschädigt.




Pro:

- Louis XVI. war eine recht bürgerliche Erscheinung, arbeitete gern körperlich, lebte für einen frz. König eher bescheiden, da er keine Perücken trug, sehr selten aufwendige Kleidung. Zum Frühstück nahm er nur Wasser und trocken Brot zu sich, im ganzen war er anspruchslos.

- er war im Umgang mit Menschen ehrlich und aufrichtig; oft begab er sich ohne Leibwachen allein unters Volk und unterhielt sich gern mit Bauern und Handwerken

- er war von der natürlichen Gleichheit aller Menschen überzeugt und gilt als Menschenfreund

- er war nicht egoistisch und wenig auf seinen eigenen Vorteil bedacht; das Wohlergehen der Unterschichten interessierte ihn besonders; die Oberschichten mochte er hingegen kaum bis gar nicht

- als König war er fleißig und pflichtbewusst, er zeigte ehrliche Frömmigkeit, war umfassend gebildet und zeichnete sich durch eine klare Urteilsfähigkeit aus

- er machte nicht viel daraus, dass er während seiner ganzen Regierungszeit jedes Jahr den größten Teil seiner persönlichen Einkünfte (Cassette du Roi) als Almosen an die Armen verschenkte; im Jahr 1788 etwa spendete er 1.170.000 Livres (etwa 70% seines Einkommens) um arme Familien zu unterstützen. (Das er sein soziales Engagement nicht öffentlich machte, ist als contra zu vermerken.)

- er setzte sich vehement für die Glaubens- und Gewissensfreiheit ein, 1787 gelingt ihm nach schweren Kämpfen mit den Parlamenten die Durchsetzung eines allgemeinen Toleranzediktes.

- seine Regierung gilt als relativ liberal und tolerant; die Pressezensur ist weitestgehend durchlöchert, polit. Gefangene und Exilierte Louis’ XV. lässt er ausnahmslos frei und macht keine neuen, Todesurteile werden mit Ausnahme von besonders harten Kapitalverbrechen – wie mehrfacher Mord – generell nicht vollstreckt.

- in der Außenpolitik war er auf Ausgleich und Frieden bedacht; er glaubte an die Interessen der Menschheit und an das Völkerrecht

- er war maßgeblich für die Unabhängigkeit der USA verantwortlich, indem er diese als erster anerkannte, sie mit 15.000 Mann und der gesamten Kriegsflotte unterstützte, obwohl ihm Krieg verhasst war. Dabei verzichtete er auf den Rückerwerb der 1763 verlorenen Kolonien in Kanada

- Louis XVI. führt das seit 1738 nicht mehr praktizierte „Ritual des Berührens“ wieder ein, den Glauben, dass der König durch Berührung heilen kann. Im vollem Ornat berührt der König dabei die Stirn des Erkrankten und sagt: „Gott heile dich, der König berührt dich“. Er praktiziert dieses Ritual sehr häufig; es findet nicht in prächtiger Umgebung statt, sondern mitten in Paris, in den ärmsten Vierteln, wo es stinkt und dreckig ist. Dort sieht man ihn wie er manchmal 2400 Menschen in der Sommerhitze berührt und zu jedem einzelnen mit „einem Ausdruck bemerkenswerter Güte“ spricht. Für ihn war das weniger religiöser Natur, als vielmehr Ausdruck aufrichtiger, christlicher Nächstenliebe; wofür die einfachen Menschen sehr dankbar waren.

- unter dem Finanzminister Turgot wird eine strikte Sparpolitik durchgezogen, der König schränkt die Ausgaben für den Hof erheblich ein, selbst Minister und hohe Beamte beziehen nur noch halbes Gehalt; von 1775 bis 1781 wird ohne Defizit regiert. Die Sparmaßnahmen halten bis zum Sturz des Königs an.

- er ließ die Generalständeversammlung durch freie Wahlen einberufen und machte zahlreiche Zugeständnisse an den Dritten Stand

- bereits zu Beginn der Revolution lehnte er jede Gewaltanwendung und Blutvergießen ab. Ein Gewaltstreich gegen die Ereignisse von 1789 kamen für ihn nicht in frage.

- als die 10.000 Frauen nach Versailles zogen, da akzeptierte er die Bedingungen des Dritten Standes und erkannte die Menschenrechtserklärung an.

- nach dem Fluchtversuch 1791 fängt er an, sich mit der Situation abzufinden und wird „König der Franzosen“. Als Chef der Exekutive beginnt er damit seine Finanzreformen fortzusetzen und findet dabei die Unterstützung der Legislative.

- 1792 erlassen die Girondisten und Jakobiner unter Führung Robespierres ein Dekret, welches die Deportation zehntausender Priester vorsieht. Der König legt als „Wahrer der Verfassung“ sein Veto ein und entlässt verfassungsmäßig das Girondistenministerium mit dem Hinweis, dass besagte Dekrete gegen die in der Verfassung verankerten Menschenrechte und die Glaubensfreiheit fundamental verstoßen. Robespierre versucht daraufhin den König unter Druck zu setzen und lässt am 20.6.1792 tausend Sansculotten das Tuilerien-Schloss stürmen, welche den König bedrohen und beleidigen. Louis XVI. jedoch bleibt standhaft und weigert sich den Verfassungsbruch zu legitimieren.

- als auch die Legislative den Drohungen der Radikalen nicht nachgibt, bereiten diese unter Leitung Robespierres den Staatsstreich vor und putschen sich in der Nacht vom 9. auf den 10.8.1792 an die Macht. Die Radikalen übernahmen Paris, und 20.000 Anhänger, mit Kanonen bewaffnet, stürmten die Tuilerien. Völlig überrascht floh die Königsfamilie in die legislative Versammlung, doch die Massen stürmte diese und der König gab Befehl das Feuer in der Stadt einzustellen, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Der größte Teil der Deputierten war in völliger Panik geflohen. Der verbliebene Rest gehörte zu den Girondisten und Jakobinern und erklärte – obwohl keine Mehrheit vorhanden war – den König für abgesetzt und inhaftierte ihn und seine Familie im Temple.

- Robespierre ließ den Nationalkonvent neu wählen, allerdings unter Bedrohung und Manipulation, bei der nur pro-revolutionäre Kräfte an die Macht kommen konnten. Es gab im Nationalkonvent nur noch republikanische Deputierte. Da man die geheime Korrespondenz des Königs mit dem Ausland gefunden hatte, legte man ihm diese auf willkommene Weise als vermeintlichen Hochverrat aus. Man braucht nicht daran zu Zweifeln, dass Robespierre den Tod des Königs von vornherein geplant hatte. Der Nationalkonvent führte den Hochverratsprozess gegen Louis XVI. und obwohl nur Republikaner vertreten waren, konnte ein Todesurteil mit nur einer Stimme Mehrheit erwirkt werden. Die zahlreichen Bittschriften und Anträge zu Gunsten des Königs, welche auch ganz Frankreich eintrafen, ignorierte der Konvent.

- Louis XVI. wurde am 21.1.1793 auf der Place de la Concorde in Paris guillotiniert. Die Stärke und Würde die er ausstrahlte, als er das Schafott betrat und die Ruhe in die er sich ergab, trugen maßgeblich dazu bei, das Ansehen des Königs und der Monarchie wieder enorm zu steigern.


Seine Hinrichtung entsprach nicht dem Willen des französischen Volkes, als sie bekannt wurde brachen im ganzen Land royalistische Aufstände aus. 2/3 Frankreichs versanken im Chaos, was Robespierre dazu veranlasste seine Schreckensherrschaft zu verstärken.
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Weder war er Heiliger, noch war er Tyrann.

Die Ernennung des 73jährigen Jean Frédéric Phélypeaux, Comte de Maurepas, (1701-1781) zum Ersten Minister kann nur als absolute Fehlentscheidung bezeichnet werden. Dieser wuchs noch unter Louis XIV. (1643-1715) auf, in einer ganz anderen Zeit mit einer viel weniger bedrohlichen Lage als in den 1770ern.

Desweiteren war Louis XVI. viel zu gutgläubig. Wieso er die Parlamente wieder mit solchen Vollmachten ausgestattet hat, ist unverständlich und erwies sich als fatal.
 
Wieweit stimmt denn das Gerücht, dass Ludwig XVI. zu Beginn seiner Regentschaft impotent gewesen ist?

Wenn es wahr ist, dürfte ihm das, gerade in seiner Postion als König und damit quasi zur Thronfolgesicherung verpflichtet, extrem an Selbstvertrauen gekostet haben. Derart "behindert" wurde er ja von seinem Hofstaat schon fast als regierungsunfähig angesehen.
 
einen delikaten defekt gabs auf jeden fall - die einen sagen es war eine phimose, andere historiker tippen auf etwas anderes.
in einem brief von leopold von toskana an kaiser joseph II. (beides brüder der königin) schildert leopold jedenfalls recht freizügig das sexleben des französischen königpaares: penetration ja, aber sehr patschert und 100% höhepunktslos (ich hoffe das war jetzt halbwegs jugendfrei).
joseph II. besuchte 1777 seine schwester und seinen schwager in paris und nahm vor allem ihn ins gebet. es kam daraufhin zu einer operation ludwig XVI. und danach hats im königlichen alkoven geklappt - 4 mal sogar wurden die beiden eltern.
 
"Dieser Thronfolger, Ludwig, und seit dem Frühjahr 1774 als Ludwig XVI. Inhaber des Throns von Frankreich, war ein gutmütiger, etwas schwerfälliger, als Politiker vielleicht sogar etwas tölpelhafter Mensch, der aber vom frommen Willen beseelt war, es allen Menschen, für deren Schicksal er sich zuständig fühlte, recht zu machen.
Mit diesem schönen Vorsatz scheiterte Ludwig allerdings schon bei seiner Frau, mit der er es in den ersten Jahren seiner Ehe nicht fertigbrachte, diese Ehe auch tatsächlich zu konsumieren. Die Ursache dafür war eine kleine, verhältnismäßig harmlose Deformation oder Anomalie an seinem Geschlechtsteil, etwas, das durch einen unkompliziertenn, völlig ungefährlichen chirurgischen Eingriff ohne weiteres repariert werden konnte. Aber Ludwig, plump, dicklich, ein schwächlicher Charakter und ausgesprochen feige, wenn es um die eigene Person ging, wehrte sich lange gegen diesen Eingriff, weil dieser mit unangenehmen Schmerzen verbunden war. Und als er ihn endlich vornehmen ließ, änderte das auch nichts an seinen sexuellen Gewohnheiten, die durch einen Brief Josephs in so gut wie allen intimen Details bekanntgeworden sind. Demnach war Ludwig ganz einfach zu ungeschickt, zu unaufgeklärt oder auch bloß zu bequem, um, wie es seine königliche Pflicht gewesen wäre, seine Ehefrau zu schwängern.
[...]
Möglicherweise war ihm [...] nicht einmal bekannt [...] daß Frankreichs plumper, dicker, wenig glücklich agierender König Ludwig XVI. an einer Phimose, also an einer Verengung der sogenannten Vorhaut an seinem Geschlechtsteil, litt, was einen normalen Vollzug der Ehe mit Maria Antoinette unmöglich machte und Joseph auf den Plan gerufen hatte; und daß dieser mit der allergrößten Direktheit und Ungeniertheit dem untüchtigen oder eigentlich behinderten König ins Gewissen redete und ihm gleichsam von Mann zu Mann beizubringen versuchte, auf welche Köstlichkeiten des Lebens er verzichtete, wenn er sich nicht endlich operieren ließe, um dann auch als Liebhaber seinen Mann stehen zu können.
[...]
Seine Vorbehalte mußten heftig, eindringlich genug gewesen sein, um Ludwig schließlich doch davon zu überzeugen, daß die von den Ärzten als unerläßlich bezeichnete Operation nicht länger hinausgezögert werden dürfte. Der König vertraute sich nämlich wenige Monate später einem Chirurgen namens Garniere an, der die Sache, die schmerzhaft, jedoch vollkommen ungefährlich war, zufriedenstellend löste. Ludwig durfte sich endlich als Mann bewähren, was ihm im übrigen außerordentlich behagte, wie man das einer eigenhändig gemachten Notiz entnehmen darf: »Ich liebe diese Art des Vergnügens sehr und bedauere, sie so lange nicht gekannt zu haben.«" (Fink, Humbert: Joseph II. Kaiser, König und Reformer, ECON Verlag Düsseldorf • Wien • New York 1990, S. 127 ff.)
 
Das habt ihr ja schon alles ohne mich ausgelotet. ;)

Andronikos schrieb:
Wenn es wahr ist, dürfte ihm das, gerade in seiner Postion als König und damit quasi zur Thronfolgesicherung verpflichtet, extrem an Selbstvertrauen gekostet haben. Derart "behindert" wurde er ja von seinem Hofstaat schon fast als regierungsunfähig angesehen.
Meines Wissens war der Hof nur verwundert darüber, dass auch nach mehreren Jahren keine Kinder zu erwarten waren. Die Ursachen dafür wurden dem Hof und der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben. Solche pikanten Dinge, die die Thronfolge beeinflussen konnten, galten als Staatsgeheimnis. Vielleicht irre ich auch, aber ich denke nicht, dass das viele Leute wussten.

Konradin schrieb:
Aber Ludwig, plump, dicklich, ein schwächlicher Charakter und ausgesprochen feige, wenn es um die eigene Person ging,...
Seitens des Autors ist das eine ziemlich gewagte Behauptung. Die Louis-XVI-Biographen sagen da was ganz anderes. Schwach und erst recht feige würde ich ihn nicht einschätzen.

Bei der ganzen Sache darf man nicht vergessen, dass Marie-Antoinette da auch ihren Anteil hatte; sie wollte nämlich nicht. Nach der Heirat verweigerte sie sich konsequent dem Dauphin. Ich glaube beide hatten da am Anfang ein psychisches Problem. Louis XVI. mit seiner anfänglichen Schüchternheit besonders, verheiratet mit einer jungen Frau, die diese Furcht aus eigener Ängstlichkeit auch noch förderte.
 
Andronikos schrieb:
Wenn es wahr ist, dürfte ihm das, gerade in seiner Postion als König und damit quasi zur Thronfolgesicherung verpflichtet, extrem an Selbstvertrauen gekostet haben. Derart "behindert" wurde er ja von seinem Hofstaat schon fast als regierungsunfähig angesehen.
Na ja, Carlos II. von Spanien war viel "behinderter" als Louis XVI. - er war physisch derart missgestaltet, daß er kaum stehen konnte. Er konnte niemals Kinder zeugen und wurde dennoch nie wie ein regierungsunfähiger Trottel behandelt - er war der König, ob behindert oder nicht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Bei Carlos II. war seine Mängel auch für jeden offensichtlich, wärend bei Louis XVI. das wohl kaum jemand wusste und zudem leicht reparabel war.

Bei Carlos II. fällt mir aber ein, dass die span. Granden - die ohnehin recht stark waren - die Schwäche des Königs und die Unfähigkeit der für ihn regierenden Minister ausnutzten, um ihre Macht weiter zu stärken. Als die Bourbonen 1700 die Macht übernehmen und ein dominanterer König sich ihnen entgegenstellte, da musste deren Einfluss erst wieder gebrochen werden.
 
Louis le Grand schrieb:
Bei Carlos II. war seine Mängel auch für jeden offensichtlich, wärend bei Louis XVI. das wohl kaum jemand wusste und zudem leicht reparabel war.

Bei Carlos II. fällt mir aber ein, dass die span. Granden - die ohnehin recht stark waren - die Schwäche des Königs und die Unfähigkeit der für ihn regierenden Minister ausnutzten, um ihre Macht weiter zu stärken. Als die Bourbonen 1700 die Macht übernehmen und ein dominanterer König sich ihnen entgegenstellte, da musste deren Einfluss erst wieder gebrochen werden.
Das ist wahr. Seit dem Tode Felipes II. (1598) regierten faktisch die Ersten Minister das Weltreich. Unter Felipe III. (1598-1621) waren das der Herzog - und spätere Kardinal - von Lerma (1598-1618) und dessen Sohn, der Herzog von Uceda (1618-1621), unter Felipe IV. (1621-1665) der Graf-Herzog von Olivares (1623-1643). Bis zum Tode Felipes IV. war die Macht des Königs - bzw. des Premiers - nahezu uneingeschränkt. Als jedoch 1665 ein 4jähriger Krüppel auf den Thron kam, verfiel auch die Macht des Königs; erst unter den Bourbonen (ab 1700) wurde diese wieder - wie Du richtig sagst - gestärkt.
 
Imperator schrieb:
Und dann war Ludwig XVII. wohl doch nicht sein Sohn...
Doch, er war mit Sicherheit sein Sohn, nachdem die Probleme des Königspaars gelöst waren, wurde Marie-Antoinette auch schwanger. Zumal es für eine Königin von Frankreich absolut unmöglich war ein Verhältnis mit einem anderen Mann zu unterhalten. Sie war immer unter Aufsicht ihres eigenen Hofstaats, Tags wie Nachts waren immer zahlreiche Personen bei ihr, die sie bewachten wie eine Glucke ihre Eier. Fremdgehen = ausgeschlossen.
 
Irgendwie etwas schade, dass hier nur über eine "Behauptung" debattiert wird. Aber dann werde ich mich auch mal daran beteiligen :p
Ich halte die Geschichte mit der "kleinen Behinderung" für vollkommenen Unsinn.

Wie Louis le Grand schon richtig bemerkt hat, die Dauphine verweigerte sich dem Dauphin, sie war eher etwas bockig und der Dauphin entsprach nicht dem was sie sich vorgestellt hatte.
Louis hingegen war äußerst schüchtern, zudem kam etwas hinzu das eigentlich einmalig innerhalb der Bourbonen war - er verliebte sich in seine Frau.
Von ihm selbst ging keine Aktion aus, da er seine Frau nicht zwingen wollte, dass hätte er sowieso nie getan. Wenn man bedenkt, dass er sich sogar schämte sie nur anzusehen oder anzusprechen, dann ist wirklich keine "erfundene Operation" mehr nötig um die Sache zu erklären. Irgendwie ist die Sache niedlich, aber auch tragisch.
Erst als Marie Antoinette von ihrer Familie "angefeuert" wurde ihrer Pflicht nachzukommen, wurde die Ehe endlich vollzogen.

Man vergisst immer das Louis XVI ein sehr sensibler Mann war.
Hätte er wirklich eine solche Behinderung gehabt, hätten das die Ärzte schon viel früher erkannt und behoben.
Desweitern ist der Körper des Königs "Staatseigentum" - wenn man bedenkt das fast jeder über die verschiednen Operationen Louis XIV bescheid wusste, dann ist das eine Fehlinterpretation des 19. und 20. Jahrhunderts.
Das 17. und 18. Jahrhundert war alles andere als Prüde. Louis XVI war einfach zu ängstlich, ich befürchte sogar man hatte versäumt ihm die "Dinge" überhaupt zu erklären... :rotwerd:

Im übrigen - ich halte Louis XVI absolut kein "Depp" wie wortwörtlich in einigen Büchern zu lesen ist :motz: . In meinen Augen hätte er (wenn er nicht solche schlechte Berater gehabt hätte) der größte König Frankreichs werden können. Wenn man an seine Belesenheit denkt dann frage ich mich wie man zu diesem Urteil kommen kann.
Für mich ist er auch nicht Feige, ganz im Gegenteil, allein den Mut den er bewieß, als man die Tuillerien stürmte, ganz zu schweigen von seinem Tod.

Ich halte ihn für einen Heiligen! :yes:
 
Soleil Royal schrieb:
In meinen Augen hätte er (wenn er nicht solche schlechte Berater gehabt hätte) der größte König Frankreichs werden können.
Wäre er der größte König Frankreichs gewesen, hätte er keine Berater benötigt bzw. erkannt, wie schlecht die seinigen waren.
Ich finde, daß er nicht für das Amt eines Königs geschaffen war. Sein allzu mildes Vorgehen 1789 kostete ihm schließlich Kopf und Krone. Von den drei Brüdern Louis XVI. (1754-1793, Kg. 1774), Louis XVIII. (1755-1824, Kg. 1795/1814) und Charles X. (1757-1836, Kg. 1824) halte ich eindeutig Charles X. für den fähigsten - nur er war in den 20er Jahren des 19. Jh. eben nicht mehr zeitgemäß, weswegen sein Sturz 1830 folgte; immerhin war er klug genug, rechtzeitig zu fliehen, im Gegensatz zu Louis XVI., dessen "Flucht" man als hirnrissig bezeichnen muß. Charles X. hätte - wie ich ihn kenne - 1789 hart durchgegriffen und die Revolution im Keim erstickt, was die einzige Möglichkeit war, den Lilienthron noch zu retten.
 
Tja da muss ich Dir bepflichten Louis XVI hatte an das gute im Menschen geglaubt.
sein Bruder der Graf de Provence war als Louis XVIII eine Witzfigur, der jüngste, der Graf von Artois (Charles X) war mit Sicherheit ein intelligenter Mann, ich halte ihn aber für Gewissenlos.
Das Leben als Hofschranze, seine Ministerwahl - man denke nur an das "Relikt" Polignac sind eher weniger gute Gründe ihn für einen fähigen König zu halten.

Was Louis XVI gefehlt hat war ein "Mazarin".
Ich denke er war zu gut für seine Zeit, daran ist er schließlich gescheitert.
Die Flucht war wirklich etwas unglücklich, vorallem ist es einfach nur tragisch, dass man ihn anhand seine Geldes "identifizierte".
Er zahlte mit einem Louisdor, ich weiß nicht was das Heute wert wäre, aber das muß so sein als würde man mit einem 500 Euro Schein an einer Tankstelle einen Kaugummi bezahlen.
Soetwas erregt Aufsehen, das daran niemand gedacht hatte ist wirklich traurig.
 
Konradin schrieb:
Wäre er der größte König Frankreichs gewesen, hätte er keine Berater benötigt bzw. erkannt, wie schlecht die seinigen waren.
Ich finde, daß er nicht für das Amt eines Königs geschaffen war. Sein allzu mildes Vorgehen 1789 kostete ihm schließlich Kopf und Krone. Von den drei Brüdern Louis XVI. (1754-1793, Kg. 1774), Louis XVIII. (1755-1824, Kg. 1795/1814) und Charles X. (1757-1836, Kg. 1824) halte ich eindeutig Charles X. für den fähigsten - nur er war in den 20er Jahren des 19. Jh. eben nicht mehr zeitgemäß, weswegen sein Sturz 1830 folgte; immerhin war er klug genug, rechtzeitig zu fliehen, im Gegensatz zu Louis XVI., dessen "Flucht" man als hirnrissig bezeichnen muß. Charles X. hätte - wie ich ihn kenne - 1789 hart durchgegriffen und die Revolution im Keim erstickt, was die einzige Möglichkeit war, den Lilienthron noch zu retten.

....apropos hirnrissig,
hirnrissig wäre es gewesen, wenn an Königsstelle sein Bruder Charles "hart durchgegriffen hätte" - bei wem eigentlich ? Die Lebensverhältnisse des sich konstituierenden dritten Standes waren durch Mißernte des Jahre 1788 und der daraus resultierenden Preisexplosion
um teilweise 150 % auf Grundnahrungsmittel extrem verschlechtert. Die daraus resultierenden sozialen Verwerfungen gaben der Radikalisierung sich anbahnenden Revolution
einen gewaltigen Schub. Alleine mit Eingrenzung des Staatsdefizites war es längst nicht mehr getan. Alle sog. besseren Kreise bzw. Stände haben verstockt auf ihren Privilegien bestanden , sämtliche Parlamente und Notabelversammlungen haben sich gegen Steuerreformen auch der moderatesten Art gestemmt.
Der Lilienthron wäre bei einem solchen Vorgehen , wie Erstickung im Keim der Revolution
im Gegenteil völlig diskreditiert worden.
Über eine Kaffesatzphilosophiererei hinaus ist es unabdingbar ,die damalige Gesamtsituation des Landes in seiner Entwicklung zu recherchieren, um den Geschehnissen einigermaßen Rechnung zu tragen, da ist mit Schwarzer-Peterverteilung am Wenigsten dem König beizukommen. Das er nicht der Mann der Stunde war ist klar, jemanden als befähigt hinzustellen ,der nur hätte hart durchgreifen müssen- ist Unsinn !
 
Ich muss Arcimboldo völlig recht geben. Ein hartes Durchgreifen hätte das Ansehen der Monarchie erschüttert. Man darf nicht vegessen, dass Louis XVI. auch wärend der Revolution außerordentlich beliebt war im Volk. Ziel waren politische Veränderungen und nicht die Abschaffung der Monarchie.

Dann nochwas zu seinen Brüdern. Einzig Louis XVIII. war ein guter Nachfolger, denn er erkannte, dass man nur mit Aussöhung und Liberalität Frankreich regieren kann. Seine Regierung hatte den richtigen Kurs und die vernünftigste Einstellung.

Charles X. machte alles wieder kaputt. Er ignorierte alle Lehren der Geschichte und war dem Volk gegenüber völlig blind. Von Frankreich hatte er keinerlei Ahnung mehr. Ihm fehlte völlig die Intelligenz Louis XVIII. und brüskierte jeden und alles. In meinen Augen ist er der mit Abstand schlechteste König in Frankreichs Geschichte. In ihm einen Despoten zu erkennen halte ich für richtig und sein Sturz war gerechtfertig. In seiner Rücksichtlosigkeit war er eine Schande für alle seine Vorfahren. Dieses Urteil ist hart, aber sehr gerecht. Dass Frankreich heute keine Monarchie mehr ist, das ist hauptsächlich seine Schuld.

Im 19. Jhr. brauchte man keinen rückständigen, machtgierigen Mann, sondern ein Staatsoberhaupt, dass nach Liberalität und Ausgleich strebte. Und so zum König aller Franzosen hätte werden müssen, um so die Wunden der Vergangenheit zu schließen. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Louis le Grand schrieb:
Charles X. machte alles wieder kaputt. Er ignorierte alle Lehren der Geschichte und war dem Volk gegenüber völlig blind. Von Frankreich hatte er keinerlei Ahnung mehr. Ihm fehlte völlig die Intelligenz Louis XVIII. und brüskierte jeden und alles. In meinen Augen ist er der mit Abstand schlechteste König in Frankreichs Geschichte. In ihm einen Despoten zu erkennen halte ich für richtig und sein Sturz war gerechtfertig. In seiner Rücksichtlosigkeit war er eine Schande für alle seine Vorfahren. Dieses Urteil ist hart, aber sehr gerecht. Dass Frankreich heute keine Monarchie mehr ist, das ist hauptsächlich seine Schuld.
Eine ziemlich ablehnende Haltung gegenüber Charles X., dem vielleicht ersten König seit Louis XIV., der den Absolutismus konsequent umsetzen wollte.
Sein bekanntes Zitat "Ich würde lieber Holz hacken als ein König unter den Bedingungen des Königs von England zu sein" bringt seine vorrevolutionäre Haltung auf den Punkt. 1757 geboren, war er ein Kind der "guten alten Zeit". Kein Wunder, daß Monsieur (seit 1795) es nicht wahrhaben wollte, daß das "alte Regiment" zerfällt. Er setzte eben alles daran, Frankreich wieder zu dem zu machen, was es vor 1789 war, er wollte die verlorene Vormacht auf dem Kontinent unter einem absolutistischen Bourbonen-König - ihm selbst - zurückerlangen.
Bedauerlicherweise lebte er 50 bis 100 Jahre zu spät, um seine Wünsche umsetzen zu können.
 
Konradin schrieb:
Eine ziemlich ablehnende Haltung gegenüber Charles X., dem vielleicht ersten König seit Louis XIV., der den Absolutismus konsequent umsetzen wollte.
Genau das war sein unverzeihlicher Irrtum. Auch Louis XIV. hätte erkannt, dass der Absolutismus nach 1793 tot war. Es besteht ein großer Unterschied, ob man eine Staatsform vorrantreibt, welche die optimale für eine bestimmte Zeit darstellt, oder ob man nur seinen persönlichen Machthunger bedienen möchte. Letzteres ist für einen guten König untragbar. :)
 
Konradin schrieb:
Eine ziemlich ablehnende Haltung gegenüber Charles X., dem vielleicht ersten König seit Louis XIV., der den Absolutismus konsequent umsetzen wollte.
Sein bekanntes Zitat "Ich würde lieber Holz hacken als ein König unter den Bedingungen des Königs von England zu sein" bringt seine vorrevolutionäre Haltung auf den Punkt. 1757 geboren, war er ein Kind der "guten alten Zeit". Kein Wunder, daß Monsieur (seit 1795) es nicht wahrhaben wollte, daß das "alte Regiment" zerfällt. Er setzte eben alles daran, Frankreich wieder zu dem zu machen, was es vor 1789 war, er wollte die verlorene Vormacht auf dem Kontinent unter einem absolutistischen Bourbonen-König - ihm selbst - zurückerlangen.
Bedauerlicherweise lebte er 50 bis 100 Jahre zu spät, um seine Wünsche umsetzen zu können.

Eine ungerechtfertigte Parallelle zu Louis XIV. - Charles X. wollte nicht einen Absolutismus a la Louis umsetzten, dieser hatte zur damaligen Situation seine Logik, sondern er versuchte mit Gewalt das Rad der Geschichte ,welches für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung
ein Folterrad war zurüchzudrehen im Verein mit seinen ultramonarchistischen ,ultramontanen
Helfern aus hohem Adel und kath. Klerus. Was findest Du an ihm, das ausgerechnet Charles X. jemand sein könnte ,der in irgendeiner hist. Situation dem Lilientrohn Glanz und Ansehen verleihen könnte, Zustände herbeiführen wie vor 1789... na vielen Dank, oder besser abdank !
Das englische Beispiel hätte den Lilientrohn retten können, statt konstitutioneller -eine parlamentarische Monarchie.
 
Arcimboldo schrieb:
Das englische Beispiel hätte den Lilientrohn retten können, statt konstitutioneller -eine parlamentarische Monarchie.
Stimmt auffallend. Louis XVIII. hatte schon die Weichen in diese Richtung gestellt und kann daher nicht als "Witzfigur" gesehen werden. Die Ultraroyalisten unter Führung seines Bruders sabotierten ihn im Parlament wo sie nur konnten. Was man nur als schade bezeichnen kann.
 
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