Luftkrieg: Alliierte Tiefflieger und NS-Propaganda

So aus "eigenem Entschluß" machten die das sicher nicht, da sollten Weisungen und Rahmenbefehle vorgeordneter Stäbe und Befehlshaber existieren, um dann Befehlslage <=> und "Kriegswirklichkeit" vergleichen zu können.

M. :winke:

Warum nicht, ich weiß nicht wie ich selber in solchen Extremsituationen wie Krieg reagieren würde. Möglicherweise entdeckten einige ihre sadistische Ader als sie Bauern jagten.
 
Es ist bei Oral History Beiträgen und Berichten über Tieffliegerangriffe, naturlich zu bedenken, dass sie von der Angst vor Fliegerangriffen und der NS- Propaganda beinflusst sein mögen. Berichte von Zeitzeugen, die als Zivilisten im Hinterland von Flugzeugen angegriffen wurden, die ideologisch recht unverdächtig sind aber doch immerhin so zahlreich, dass man durchaus annehmen darf, dass sie der Realität entsprechen. Der 2. Mann meiner Uroma kam 1944 ums Leben, als sein Urlauberzug aus Frankreich bombardiert wurde. Mein Urgroßvater kam in den letzen Kriegswochen bei einem Luftangriff im Sauerland ums Leben, als er mit einem anderen Zivilisten und einigen Jugendlichen Schutz unter einer Brücke suchte. Ein Bekannter investierte sehr viel Zeit für Recherchen über den Luftkrieg in Nordhessen, insbesondere im heutigen Schwalm- Eder Kreis. Kassel wurde praktisch dem Erdboden gleichgemacht, es überraschte mich aber, dass auch in der eher ländlichen Gegend südlich von Kassel einige einsätze geflogen wurden. Nahe eines Dorfes befand sich ein Munilager und es gab einige Zulieferbetriebe. Es wurden anscheinend auch Flugblätter abgeworfen, und eine ältere Dame, die leider schon verstorben ist, erzählte mir, dass sie im BDM- Einsatz diese Flugblätter aufsammeln mussten. Sie und ihr Vater standen der bekennenden Kirche nah und dem NS sehr kritisch gegenüber. Ein Flugblatt hatte sie heimlich aufgehoben und mir gezeigt. (Ich war ehrlich gesagt enttäuscht vom Inhalt des Flugbattes). Einige Tage zuvor war ein Jabopilot abgeschossen worden. Offenbar ein Deutschamerikaner, namens Kuhn. Das Wrack wurde von Jugendlichen begutachtet, und die Mädchen mussten Flugblätter einsammeln, die rings um ein Wäldchen heruntergefallen waren. Plötzlich tauchten einige Jabos auf. Ein Soldat schrie dauernd in Panik, weil eines der Mädchen einen roten Mantel trug, der weithin sichtbar war. Es passierte aber bei diesem Fliegerangriff anscheinend nichts und die Beteiligten kamen mit einem Schrecken davon. Die Luftaktivität alliierter Flieger muss jedenfalls immerhin so intensiv gewesen sein, dass mein Opa und ein Nachbar bei einem Heimaturlaub Anfang 1944 beschlossen, mit abenteuerlich improvisierten Hilfsmitteln einen Bunker im Garten zu bauen. Nach dem Krieg wurde darauf ein Gartenhäuschen gebaut, auf alten Fotos konnte man aber sehen wie tief die damals gegraben haben. Als ich meinen Opa einmal darauf ansprach, ob er in diesem Heimaturlaub auch noch etwas anderes getan habe, als zu buddeln, warf er mir einen vernichtenden Blick zu und meinte, damals hätte sogar ein so fauler Hund wie ich gegraben, hätte er einen Luftangriff erlebt.
 
Es ist bei Oral History Beiträgen und Berichten über Tieffliegerangriffe, naturlich zu bedenken, dass sie von der Angst vor Fliegerangriffen und der NS- Propaganda beinflusst sein mögen. Berichte von Zeitzeugen, die als Zivilisten im Hinterland von Flugzeugen angegriffen wurden, die ideologisch recht unverdächtig sind aber doch immerhin so zahlreich, dass man durchaus annehmen darf, dass sie der Realität entsprechen. Der 2. Mann meiner Uroma kam 1944 ums Leben, als sein Urlauberzug aus Frankreich bombardiert wurde. Mein Urgroßvater kam in den letzen Kriegswochen bei einem Luftangriff im Sauerland ums Leben, als er mit einem anderen Zivilisten und einigen Jugendlichen Schutz unter einer Brücke suchte. Ein Bekannter investierte sehr viel Zeit für Recherchen über den Luftkrieg in Nordhessen, insbesondere im heutigen Schwalm- Eder Kreis. Kassel wurde praktisch dem Erdboden gleichgemacht, es überraschte mich aber, dass auch in der eher ländlichen Gegend südlich von Kassel einige einsätze geflogen wurden. Nahe eines Dorfes befand sich ein Munilager und es gab einige Zulieferbetriebe. Es wurden anscheinend auch Flugblätter abgeworfen, und eine ältere Dame, die leider schon verstorben ist, erzählte mir, dass sie im BDM- Einsatz diese Flugblätter aufsammeln mussten. Sie und ihr Vater standen der bekennenden Kirche nah und dem NS sehr kritisch gegenüber. Ein Flugblatt hatte sie heimlich aufgehoben und mir gezeigt. (Ich war ehrlich gesagt enttäuscht vom Inhalt des Flugbattes). Einige Tage zuvor war ein Jabopilot abgeschossen worden. Offenbar ein Deutschamerikaner, namens Kuhn. Das Wrack wurde von Jugendlichen begutachtet, und die Mädchen mussten Flugblätter einsammeln, die rings um ein Wäldchen heruntergefallen waren. Plötzlich tauchten einige Jabos auf. Ein Soldat schrie dauernd in Panik, weil eines der Mädchen einen roten Mantel trug, der weithin sichtbar war. Es passierte aber bei diesem Fliegerangriff anscheinend nichts und die Beteiligten kamen mit einem Schrecken davon. Die Luftaktivität alliierter Flieger muss jedenfalls immerhin so intensiv gewesen sein, dass mein Opa und ein Nachbar bei einem Heimaturlaub Anfang 1944 beschlossen, mit abenteuerlich improvisierten Hilfsmitteln einen Bunker im Garten zu bauen. Nach dem Krieg wurde darauf ein Gartenhäuschen gebaut, auf alten Fotos konnte man aber sehen wie tief die damals gegraben haben. Als ich meinen Opa einmal darauf ansprach, ob er in diesem Heimaturlaub auch noch etwas anderes getan habe, als zu buddeln, warf er mir einen vernichtenden Blick zu und meinte, damals hätte sogar ein so fauler Hund wie ich gegraben, hätte er einen Luftangriff erlebt.

Hallo Scorpio, dass Züge, größere Menschenansammlungen, alle Arten von Fahrzeugen, evtl. auch Gespanne, von Jabos angegriffen wurden, ist unstrittig. Was mich interessiert, sind die vielfach behaupteten Angriff auf Einzelpersonen oder kleine Gruppen mit Jagdflugzeugen.
 
Man darf auch nicht vergessen, dass es vermutlich dem einen oder anderen Piloten gewaltige Freude bereitete eine Hasenjagd zu veranstalten.

Das will ich nicht bestreiten. Aber man darf nicht vergessen, dass sich solche Jagdflugzeuge beträchtlichen Risiken aussetzten - es waren für solche Aktionen Tiefflugangriffe bei hoher Geschwindigkeit nötig, außerdem brachten die Flieger sich in große taktische Gefahr, falls ein deutscher Jäger auftauchte.
 
Aber man darf nicht vergessen, dass sich solche Jagdflugzeuge beträchtlichen Risiken aussetzten - es waren für solche Aktionen Tiefflugangriffe bei hoher Geschwindigkeit nötig, außerdem brachten die Flieger sich in große taktische Gefahr, falls ein deutscher Jäger auftauchte.
Vielleicht liegt auch in diesem Risiko ein Teil des Reizes. Das rundet die ganze Adrenalinsache ab. Ab '44 hielt sich dieses Risiko wohl auch in Grenzen. Andererseits, manch ein Jagdpilot suchte sicher den Dogfight. In den deutschen Maschinen saßen am Ende doch nur noch durch die Ausbildung gepeitschte Piloten.
 
Das will ich nicht bestreiten. Aber man darf nicht vergessen, dass sich solche Jagdflugzeuge beträchtlichen Risiken aussetzten - es waren für solche Aktionen Tiefflugangriffe bei hoher Geschwindigkeit nötig, außerdem brachten die Flieger sich in große taktische Gefahr, falls ein deutscher Jäger auftauchte.

Die Gefahr einem deutschen Jäger zu Ende '44/Anfang '45 war weitab von den strategischen Zielen eher gering. Allerdings setzt sich ein Jagdflugzeug in extremem Tiefflug allen möglichen Waffen aus, von der leichten FlaK bis hin zu Infanteriewaffen, aber auch deren Präsenz ist in frontfernen Gebieten und im Hinterland eher nicht zu erwarten.

Die Gefahr für Fahrzeuge muss aber immens gewesen sein, das zeigt sich z.B. in Buchheims Festung, als er beschreibt, dass es Usus war, den Autos die Verdecke bzw. Dächer herauszuschneiden, damit der Beifahrer freie Sicht auf den Himmel hatte und anfliegende Jabos frühzeitig melden konnte. Auch die Züge fuhren primär nachts oder mit starkem FlaK-Schutz (meist vor- und nachgelagert), was ihnen aber in den meisten Fällen nichts nützte. Der Zug kann halt nicht ausweichen und ist außerdem ein schön großes Ziel. Als Pilot würde ich mir aber zweimal überlegen, ob ich mich der sportlichen Herausforderung von 2 Vierlings-FlaKs stelle.

Die Probleme mit der Trefferwahrscheinlichkeit bei der hohen Annäherungsgeschwindigkeit von Jagdflugzeugen hat silesia ja bereits ausführlich erörtert.
 
Also den 2 cm Vierling solltest du nicht überschätzen . Den hatten die späten VIIer -U-Boote auch und dazu 2 x 2 cm Zwilling , ging meistens nicht gut für das Boot aus wenn sie den Kampf aufnahmen anstatt zu tauchen .
Ähnlich schlecht ergings den Artilleriefähren und die hatten sogar 2 Vierlinge ....
 
@Ashigaru, Melchior und Gil-galad: Dank für die Ergänzungen und auch ergänzende Fragen.

Mein Resümee ist in etwa, dass das Thema nicht forentauglich ist. Wir haben da mehrere Gründe, die genannt wurden oder die in der Diskussion deutlich werden. Dazu kommen reichlich Vermutungen, wie ebenfalls im Thema deutlich wurde.

Ein Großteil der bezeugten Berichte (in der Literatur) ist durchmischt mit dem "Kontext" Brücken, Gebäude, Verkehrsbewegungen, Stellungen, Rückzug der Wehrmacht 1945 mit entsprechenden "Durchmischungen".

Wie emotionalisiert das Thema ist, zeigt sich am Beispiel Dresden und dem Kontrast von Augenzeugenberichten ("Elbwiesen") und Forschung. Das ging beinahe bis zur "Handgreiflichkeit" von Augenzeugen. Selbst Gutachten brachten da wenig. Widerlegungen selbst von "unmöglichen" Berichten von anderen Orten wurden emotional angegriffen. Es sind nur die extremsten Fälle, wenn von (Zigarette/Zigarren) rauchenden Piloten berichtet wird, oder von "Kunstflügen" durch brennende Straßenzüge auf Häuserhöhe.

Die Fragestellung der Forschung ist aber mE nicht darauf gerichtet, ob es so etwas gegeben hat. Das wird nirgends ausgeschlossen. Sie ist darauf neben untersuchten Einzelfällen darauf ausgerichtet (bislang in nur wenigen Ansätzen), in welcher Häufigkeit und ob flächendeckend.

Um die Sichtweise und Problematik schließlich einmal umzudrehen: siehe den zitierten Fall der Selbstbezichtigung in Neitzels Soldaten, hier im Forum diskutiert, für den der Nachweis schlicht fehlt.
 
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Mein Resümee ist in etwa, dass das Thema nicht forentauglich ist. Wir haben da mehrere Gründe, die genannt wurden oder die in der Diskussion deutlich werden. Dazu kommen reichlich Vermutungen, wie ebenfalls im Thema deutlich wurde. ....

@silesia

Daß dieses Thema emotional "aufgeladen" ist, keine Frage. Ob "forenuntauglich" (?), das weiß ich nicht und vermag ich nicht zu beurteilen.

Vllt. gibt es einen Mitdiskutanten der die ganze "Befehlskette" inkl. der informellen "Kommentare" zu den konkreten Befehlen und Einsatzplanungen der infrage kommenden RAF und USAAF Einheiten untersucht hat oder Untersuchungen hierzu kennt. Natürlich darf die Gegenseite dabei nicht vernachlässigt werden, gibt es Statistiken des RM für Rüstung und Kriegsproduktion über die Schäden durch "Tiefflugangriffe" oder des RM für Verkehr? Zusammenfassende und verdichtete Berichte örtlicher Dienststellen der NSDAP und/oder des SD bzw. der Oberkommandos der drei Teilstreitkräfte, vllt. auch vereinzelte Berichte von Generalkommandos etc.?

M. :winke:
 
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So aus "eigenem Entschluß" machten die das sicher nicht, da sollten Weisungen und Rahmenbefehle vorgeordneter Stäbe und Befehlshaber existieren, um dann Befehlslage <=> und "Kriegswirklichkeit" vergleichen zu können. ...

Moin

Das sehe ich genau umgekehrt! Du wirst sicher keinen offiziellen Befehl finden, der die Jagdflieger- oder Jabo-Piloten anweist, Kühe, Bauern, Radfahrer, usw. zu beschießen!
Es bringt taktisch nichts und gefährdet unnötig den Piloten und die Maschine! Neben den oben schon aufgezählten Gefahren durch Abwehrmaßnahmen des Gegners kommt noch die Absturzgefahr durch Pilotenfehler hinzu! Jeder Flugfehler in Bodennähe wird tödlich bestraft! Nicht wenige Tiefflieger kamen nach Kollisionen mit Strommasten oder Bäume zu Tode!
Solche sinnlosen Verluste waren von "oben" sicher nicht erwünscht.
Die oftmals geschilderten Übergriffe auf Einzelpersonen (auch mein Vater wurde als Zivilist bei Olpe von einer P-38 drangsaliert) sind meiner Meinung nach eine Art Übersprungshandlung (wodurch auch immer ausgelöst).
In dem Wissen, dass man durch solche Aktionen keine Meriten ernten konnte, werden sie wohl auch nicht in den offizielen Einsatzberichten aufgetaucht sein.
 
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Mein Resümee ist in etwa, dass das Thema nicht forentauglich ist. Wir haben da mehrere Gründe, die genannt wurden oder die in der Diskussion deutlich werden. Dazu kommen reichlich Vermutungen, wie ebenfalls im Thema deutlich wurde.
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Ehrlich gesagt, verstehe ich deine Einstellung nicht. Selbstverständlich ist es ein Emotionsgeladenes Thema. Ich weiss noch wie meine Eltern reagiert haben, als ich mal erwähnte, dass es Leute gäbe, die leugnen würden, dass es solche Angriffe überhaupt gegeben habe. Beide haben sie selbst erlebt, in Bayern und in Sachsen.

Die Fragestellung der Forschung ist aber mE nicht darauf gerichtet, ob es so etwas gegeben hat. Das wird nirgends ausgeschlossen. Sie ist darauf neben untersuchten Einzelfällen darauf ausgerichtet (bislang in nur wenigen Ansätzen), in welcher Häufigkeit und ob flächendeckend.

Doch, das wird es. Die Diskussion begann meiner Erinnerung nach, mit einem Artikel eines Historikers der genau dieses leugnete und es als kollektive Sugestion durch die NS-Propaganda darstellte. In der obigen Diskussion und in den verlinkten Diskussionen aus anderen Foren wurde in Abrede gestellt dass es überhaupt technisch möglich sei. Diesen Ansatz finde ich unbegreiflich.

Auf Youtube sind, seitdem wir diese Diskussion zum letzten Mal führten, weitere Videos zum Thema hochgeladen worden. In einem mit dem Titel

"1945 Strafing Farmers on Horse Drawn Vehicles
"

Kann man mehrerer Angriffe aus der Sicht der Guncam betrachten, einige davon auf militärische Fahrzeuge, andere auf einzelne Pferdegezogene Wagen (also keine militärischen Kolonnen). Man erkennt einwandfrei die Pferde und auf einem den Fahrer der nicht rechtzeitig das Weite suchte. Auf dem letzten sieht man das Pferd in Panik davonrennen während der Wagen dahinter von einer präzisen Garbe in Stücke geschlagen wird.

In Anderen sieht man Sequenzen von sinnfreien Beschuss von Kleinstädten und Dörfern, in der Art wie es vermutlich meine Mutter erlebt hat.

Dass es auch Fälle gab, in denen Zivillisten Angriffe auf militärische Ziele als auf sie gerichtet zu empfinden, mag häufig der Fall gewesen sein. Es gab aber definitiv auch andere Fälle.

Bei meinem Vater war es in der Nähe eines Fliegerhorstes und die Jabos die dort in Erwartung von Zielen kreisten, unterbanden vermutlich jede Bewegung auf den dortigen Landstrassen, inklusive die einzelner Fussgänger. Er brauchte Stunden um ein paar Kilometer zurück zu legen. Im Falle meiner Mutter wurde vermutlich nur die Strasse der Kleinstadt beschossen, durch die sie gerade lief, militärische Ziele gab es dort jedoch keine.

Stört dich das Fehlen von konkreten Hinweisen in den militärischen Akten bei den Alliierten? Selbstverständlich gab es keine geschriebenen Befehle um Zivillisten auf der Landstrasse abzuknallen. So etwas lief im besten Falle unter "Area Supression" wenn es darum galt jede Bewegung in einer bestimmten Gegend zu unterbinden, oder die Erlaubnis zur "freien Jagd" auf dem Rückflug eines Einsatzes, bei den man die mitgeführte Munition an alles aufbrauchte was nur halbwegs lohnenswert war.

Um die Sichtweise und Problematik schließlich einmal umzudrehen: siehe den zitierten Fall der Selbstbezichtigung in Neitzels Soldaten, hier im Forum diskutiert, für den der Nachweis schlicht fehlt.

"So berichtete etwa Unteroffizier Fischer, Pilot einer Me109, seinem Kameraden: »Ich habe alles umgelegt – Autobus auf der Straße, Zivilzug in Folkestone. Wir hatten Befehl, unten in die Städte reinzuschmeißen. Jeden Radfahrer habe ich beschossen.« Oder der Pilot Greim, der ebenfalls den Luftkrieg gegen England mitmachte: »Das erste Mal sind wir noch vorbeigeflogen, dann haben wir noch einmal Angriff gemacht und haben reingehalten, mein lieber Freund, das hat Spaß gemacht!« Ein anderer sekundierte mit der punktgenauen Vokabel für die lustvolle Gewaltausübung: »Die Sache hat mir einen Mordsspaß gemacht.«In keiner dieser Spaßgeschichten von Luftwaffensoldaten kommt ein Mitgefühl mit den Opfern vor. Ob Frauen, Kinder, Alte, Radfahrer oder feindliche Soldaten – sie waren Ziele, die man mit Vergnügen abknallte. So wurde die Unmenschlichkeit rasch zur Normalität, die gar nicht mehr reflektiert zu werden brauchte."


Sachbuch "Soldaten": Unmenschlichkeit wurde rasch zur Normalität | ZEIT ONLINE
 
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Vom Kriegstaktischen ist es absolut nicht sinnlos Bauern auf dem Feld zu beschießen. Wenn die sich nicht mehr wagen ihrer Arbeit nachzugehen bricht die, ohnehin schwierige Lebensmittelversorgung zusammen. Das ist eine ähnliche Form des Terrors wie das flächendeckende Bombardement.

Es gibt unzählige Augenzeugenberichte von Tieffliegerangriffen. Warum die alle unglaubwürdige und nur er Prpaganda aufgesessene Märchenerzähler sein sollen, verstehe ich absolut nicht.
 
Auf die Hinweise von Bdaian möchte ich anschließend eingehen, vorab dieses:

Es gibt unzählige Augenzeugenberichte von Tieffliegerangriffen. Warum die alle unglaubwürdige und nur er Prpaganda aufgesessene Märchenerzähler sein sollen, verstehe ich absolut nicht.
Hier liegt ein Missverständnis vor, denn das ist explizit nicht die Aussage gewesen.

Weder geht es um die Frage,
- ob überhaupt Tieffliegerangriffe stattgefunden haben,
- noch um die Frage, ob "die alle" (Augenzeugenberichte) nur einer Propaganda aufgesessen sein sollen.

Lies nochmal bitte oben die Eingangsbeiträge und die Diskussion nach.

Es geht um die Vermischung der breiten Wahrnehmung von realen Fällen (die passiert sind) mit weiteren Fällen vor dem Hintergrund einer mit höchster Intensität betriebenen NS-Propaganda.

Da zahllose Fälle irreal sind (so die "bezeugten" Tieffliegerangriffe Greifswald im Juni 1944) oder physikalische Unmöglichkeiten behandeln, und trotz erheblicher Anstrengungen aus Luftwaffenkreisen während des Krieges (außerhalb von Einzelfällen) nicht breit bestätigt werden konnten, geht es in dem Sinne um die historische Bewertung der vorfindbaren "kollektiven Wahrnehmung" mit der These, das das bezeugte Ausmaß in der kollektiven Erinnerung vom Umfang von tatsächlichen Ereignissen abweicht.


Vom Kriegstaktischen ist es absolut nicht sinnlos Bauern auf dem Feld zu beschießen. Wenn die sich nicht mehr wagen ihrer Arbeit nachzugehen bricht die, ohnehin schwierige Lebensmittelversorgung zusammen. Das ist eine ähnliche Form des Terrors wie das flächendeckende Bombardement.
Solche Vermutungen unabhängig von der Quellenlage sind nicht zielführend. Es wurde in Hunderten Vernehmungen durch DuLaG bestätigt, dass es keine Angriffsbefehle für die Tiefflieger gegen Zivilisten gegeben hat. Da dieses "Ergebnis" sowohl Außenamt, Luftwaffen-Führungsstab als auch Goebbels nicht zufrieden stellte, wurden die "Methoden" mittels GeStapo und S.D./RSHA bis hin zu "Sonderbehandlungen" (für Belastungen von Pilotenkameraden) verschärft, die "Vernehmungen" der Luftwaffe aus der Hand genommen, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen (BAMA RL 2 II/522, "Terrorfliegerakte" der Luftwaffe zu "Luftgangster" bzw. "Murder Inc.").

Auch das führte zu nichts. Vielmehr fanden sich einzelne gegenteilige Aussageberichte, bei denen allierte Piloten mit solchen Fällen nach Beendigung der Einsätze prahlten, mit Geldstrafen und Flugverboten belegt und von Kollegen ausgegrenzt wurden. Dies belegte nur zweierlei: das es das gegeben hat, und das es keine Befehllage dazu gab. Der Umfang ist völlig unklar. Ebenso nachweislich ist die rollende NS-Propaganda, unter anderem mit Fälschungen wie im Fall der "Greifswald Seven".

Zu welchen Verwischungen das führt, ist für den häufigen Fall der Angriffe auf Züge, häufig mit Zivilistengruppen in einiger Entfernung (wobei wiederum Fälle bekannt sind, dass diese mit zum Ziel wurden), dokumentiert: nach der ausdrücklichen Befehlslage waren bei Personenzüge nur die Lokomotiven, bei sonstigen Güterzügen der gesamte Zug zu beschießen. Die "gun-sight"-Kameras lieferten indes durchmischte Bilder, und eben auch Beschießungen von Personenwaggons, deren Film-Problematik bei Schnatz (Tiefangriffe, Propaganda und Lynchjustiz - gestreuter Beschuss im Anflug beim parallelen Auslösen von Bomben oder Raketen mit Kameraaufzeichnungen) behandelt ist. Neben Verwechselungen dokumentieren Kameras unter den Einsatzbedingungen im Tiefflug reihenweise Beschüsse von Personenwaggons. Andererseits gab es zweifelsfrei Piloten, die die Befehlslage zum Beschuss von Fahrzeugen ("Vehicles") auf Straßen auf jedes sich bewegende Gefährt (auch mit Zugtieren) ausdehnten. "DuLag West" sammelte diese "gunsight"-Filme, die auch im Internet zu sehen sind.

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(ich setze das mit Hinweisen zur Gesamtproblematik noch fort ...)
 
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Das sehe ich genau umgekehrt! Du wirst sicher keinen offiziellen Befehl finden, der die Jagdflieger- oder Jabo-Piloten anweist, Kühe, Bauern, Radfahrer, usw. zu beschießen!
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@Xander

Eines vorab. Was ich hier schreibe beruht auf Vermutungen und antizipierendes Vergleichen der Funktionalität militärisch-bürokratischer Systeme und ist keineswegs historisch bzw. quellenkritisch belastbar.

Sind Tiefflugangriffe ein "Massenphänomen" jenseits der Unterstützung von Operationen der eigenen Bodentruppen, sollte es eine Befehlslage hierzu geben, die sie entweder erlaubt oder sogar empfiehlt, sie verbietet oder sie in das Belieben/Entschluß der Piloten bzw. unmittelbaren taktischen Befehlshaber vor Ort stellte.

Die Piloten und taktischen Befehlshaber mußten Einsatzberichte schreiben etc. Solche Berichte werden in bürokratischen Systemen "verdichtet" und verifiziert. Ergo, sollten übergeordnete Stäbe und Kommandeure Kenntnis davon gehabt haben. Diese Kenntnisnahme muß eine Reaktion hervorgerufen haben. Diese Reaktion wäre dann die Befehlslage für die taktischen Befehlshaber, keine Reaktion wäre eine informelle Befehlslage, die aber allen militärischen Regeln und Traditionen widerspräche. In der Übertreibung liegt die Anschauung, eine mehr oder wenigere "Laissez-faire"-Haltung übergeordneter Stäbe und Kommandeure bei einer derartig wichtigen militärisch und Du sprachst es an, militärökonomischen Sachlage, wäre für mich neu.

M. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
...eine mehr oder wenigere "Laissez-faire"-Haltung übergeordneter Stäbe und Kommandeure bei einer derartig wichtigen militärisch und Du sprachst es an, militärökonomischen Sachlage, wäre für mich neu. ...

Moin

Diese "übergeordneter Stäbe und Kommandeure" müssen aber erste einmal Kenntnis von solchen Übergriffen bekommen. I.d.R. wird ein Pilot den Beschuss eines Bauern nicht gemeldet haben (da "unsoldatisch" und eventuell verboten). Wenn in Einzelfällen doch, so werden entweder die Kameraden geschwiegen haben, oder der nächste Vorgesetzt hat es unter den Tisch fallen lassen, weil es für ihn weiteren, lästigen Papierkram bedeutete!

Gruß
Andreas
 
Die Piloten und taktischen Befehlshaber mußten Einsatzberichte schreiben etc. Solche Berichte werden in bürokratischen Systemen "verdichtet" und verifiziert. Ergo, sollten übergeordnete Stäbe und Kommandeure Kenntnis davon gehabt haben. :

Waffenkameras mit automatischer Auslösung bei Betätigung der Bordwaffen gehörten zur Standardausrüstung, primär zur Aufzeichnung und Auswertung von Abschüssen, sogar eigenen Crashes, etc.

Deswegen versuchte zB auch die Auswertungsstelle der Luftwaffe aus den zahlreichen erbeuteten Kameras bei Abschüssen über Reichsgebiet, daraus Material zu sammeln.

Geck, Dulag Luft, S. 456.


Zum Thema ansonsten eine Ausarbeitung, die ebenfalls Aspekte allgemein zu dem Thema anreißt:
www.dresden.de/media/.../Schnatz_Nachtraege_Tiefflieger_100314.pdf‎
Schnatz: Nachträge zum Komplex Tiefflieger über Dresden.
Auch das ist natürlich kein vollständiger Einblick, da eine breite Untersuchung in der Forschung fehlt. Schnatz befasst sich allerdings mit der Untersuchung von in der Literatur behandelten Fälle von Tieffliegerangriffen, und seine Skepsis, und stellt ebenfalls für die Bewertung der "kollektiven Wahrnehmung" kritische Fragen. Eine systematische Aufarbeitung der Militärgeschichte fehlt, vielleicht nimmt sich mal das MGFA der Themenstellung an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Off Topic, da das eigentlich Neitzels "Soldatenprotokolle" betrifft, aber hier als Beleg verwendet wurde:

"So berichtete etwa Unteroffizier Fischer, Pilot einer Me109, seinem Kameraden: »Ich habe alles umgelegt – Autobus auf der Straße, Zivilzug in Folkestone. Wir hatten Befehl, unten in die Städte reinzuschmeißen. Jeden Radfahrer habe ich beschossen.« Oder der Pilot Greim, der ebenfalls den Luftkrieg gegen England mitmachte: »Das erste Mal sind wir noch vorbeigeflogen, dann haben wir noch einmal Angriff gemacht und haben reingehalten, mein lieber Freund, das hat Spaß gemacht!« Ein anderer sekundierte mit der punktgenauen Vokabel für die lustvolle Gewaltausübung: »Die Sache hat mir einen Mordsspaß gemacht.«In keiner dieser Spaßgeschichten von Luftwaffensoldaten kommt ein Mitgefühl mit den Opfern vor. Ob Frauen, Kinder, Alte, Radfahrer oder feindliche Soldaten – sie waren Ziele, die man mit Vergnügen abknallte. So wurde die Unmenschlichkeit rasch zur Normalität, die gar nicht mehr reflektiert zu werden brauchte."

Du verwechselst hier Neitzels (zutreffende) Darstellung des Referenzrahmens für Brutalitäten im Krieg, fehlendes Mitgefühl im Kapitel "Spaß" und "Jagd" mit einem etwaigen Ereignis-Hintergrund. Ähnlich erging es zum Teil den Luftwaffen-Untersuchungen bei Nachforschung von Kriegsverbrechen der "Luftgangster" und "Murder & Co.", mit falschen Aussagebelastungen.

Beispiel Hans Hartigs (2. und 4./JG 26), bislang kein nachgewiesener Feindflug über "Südengland":
http://www.geschichtsforum.de/575403-post78.html
Vor dem Hintergrund prahlt Hartigs vor seinen Kameraden:
"Ich bin persönlich nach Süd-England geflogen. Wie sind stündlich geflogen in 1943 und haben den Befehl gehabt, auf alles zu schießen, nur auf nichts Militärisches. Wir haben Frauen und Kinder mit Kinderwagen umgelegt."

Ebenso ist die Story von v.Greim zu werten: ereignisgeschichtlicher Hintergrund unbewiesen, Darstellung zweifelhaft ("kostümierte Damen mit Schloßkapelle" anvisiert, zweimaliger Anflug)
Oder Uffz. Fischer ("Ich hieß in unserer Staffel der Berufssadist" - "Jeden Radfahrer habe ich beschossen" - vermutlich 1941!).
Ebenso Berichte, nachts im Tiefflug angeblich gezielt in beleuchtete Fenster von Häusern reinzuzielen, oder im Tiefflug "die Straße entlang", mit eingebauten Scheinwerfer, den man anmacht, wenn ein Auto entgegenkommt. "Die dachten, es käme ein Auto ihnen entgegen". Dann das Auto abschießen (alles nachts!)
Oder die bewusste Versenkung eines "Kindertransportes" durch ein UBoot. "Woher wusstest Du, dass das Schiff die Kinder an Bord hatte? - Weil wir so ein großes Buch hatten (da stehen alle Namen drin), da gucken wir nach"

Neitzel geht es hier um die Gefühlswelt, bei der "Abschießen und Spaßhaben" zusammengehören, nicht um Beweise für reale Ereignisse. In die gleiche Kategorie argumentiert Schnatz, wenn er "Späße" wie diese in Berichten von US-Piloten kommentiert: "25 Kühe" oder "10 Nazi-Supermen" oder: "eine Kuh, eine Radaranlage, eine Lokomotive" (möglichst noch genau in der genannten Reihenfolge). Die NS-Bezeichnung "Murder & Co.", auf Karikaturen und in der Propaganda, ist übrigens auf eine Aufschrift einer Bomberjacke eines US-Piloten zurückzuführen, vermutlich ein makabrer "Witz" im Stil der "Nose-Art" oder Bepinselung von Bomben mit "Grüßen".

Es geht also darum, welche Rückschlüsse von solchen Erzählungen auf die Soldaten möglich sind, nicht darum, ob die Geschichten wahr sind.
 
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