Marietta Robusti, gen. La Tintoretta

Barbarelli

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Man kennt sie auch heute kaum, die Alten Meister, die eigentlich Meisterinnen waren. Viele waren zu ihrer Zeit populär, doch das Wissen um sie ist fast verblaßt. Vieles von dem was wir wissen beruht oft sogar nur auf Legenden.
Zu den schillerndsten Malerinnen der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts gehört zweifellos Marietta Robusti, die Tochter des bekannten Jacopo Robusti, gen. Tintoretto. Was wissen wir über sie? Geboren wurde sie wohl irgendwann zwischen 1554 und 1560. Ihr Vater, der sie sehr liebte, kümmerte sich persönlich darum, daß sie eine Ausbildung zur Malerin erhielt. Um richtig lernen zu können, mußte sie ihn immer begleiten, damit sie ihn bei der Arbeit beobachten konnte. Da sie aber als Mädchen nicht überall Zugang gehabt hätte, kleidete man sie während dieser Zeit oft als Junge. Marietta soll eine gute Auffassungsgabe gehabt und schnell gelernt haben. Ihre frühen Arbeiten sollen dabei von denen ihres Vaters nicht zu unterscheiden sein.
Neben der Malerei erhielt sie auch eine fundierte Ausbildung zur Sängerin und spielte am Spinett.
Ab etwa 1580 genoß sie in Venedig selber einen guten Ruf als Malerin und für den venezianischen Adel gehörte es zum guten Ton sich von "La Tintoretta", wie man sie in Anlehnung an ihren Vater liebevoll nannte, porträtieren zu lassen. Schon bald drang ihr Ruhm bis über die Stadtgrenzen hinaus. Sie wurde von bedeutenden Fürsten eingeladen, sie zu porträtieren, darunter Kaiser Maximilian, Philipp II. und dem Ertherzog Ferdinand. Doch ihr Vater verbot es ihr, sein Haus zu verlassen. Sie mußte ihm gehorchen und auf all diese lukrativen Angebote verzichten. Erst gegen 1590 durfte sie den Juwelier Jacopo d’Augusta heiraten, nachdem dieser zugesichert hatte, mit seiner jungen Gattin auch weiterhin im Haus wohnen zu bleiben. Vier Jahre nach der Heirat starb Marietta Robusti wahrscheinlich bei der Geburt ihre Kindes. Da aber 1590 meist auch als Todesjahr angegeben wird, war sie entweder kürzer verheiratet oder die Vermählung fand schon Mitte der 80er Jahre statt. Man muß also wahrscheinlich auch die wenigen Fixdaten mit einiger Vorsicht genießen.
Heute lassen sich ihr nur noch wenige Werke zuweisen, die meisten davon waren lange Zeit anderen Meistern zugeschrieben gewesen. Und selbst diese sind nicht unumstritten. Das bekannteste dieser Werke ist sicherlich das "Bildnis eines älteren Mannes mit Knaben", das im mir vorliegenden Gesamtverzeichnis des Gemäldebestandes des Kunsthistorischen Museums in Wien noch unter dem Namen ihres Vaters verzeichnet ist. Ein "Bildnis einer Frau mit Hund" soll sogar lange als ein Frühwerk von El Greco gegolten haben. Leider liegt mir diese Information nur textlich vor, so daß ich nicht weiß, um welches Bild es sich genau handeln soll und wo es sich befindet. Ihr werden weiterhin noch wenigstens drei angebliche "Selbstbildnisse" zugewiesen, von denen sich je eins in den Uffizien in Florenz und in der Galleria Borghese in Rom befinden. Bei einem weiteren "Selbstbildnis mit entblößtem Oberkörper" konnte ich den derzeitigen Standort bisher nicht feststellen. Ein letztes mir aus einer Abbildung bekannte Bild, das mit ihr in Verbindung gebracht wird, ist das "Bildnis einer Venezianerin als Flora" im Wiesbadener Museum. Es dürfte aber noch viel mehr Werke geben, wenn ihre überlieferte Popularität den Tatsachen sentspricht.
Dies ist in Kurzfassung das Wissen, das ich bisher über sie zusammentragen konnte.
 
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