Marineartillerie im 2. Weltkrieg

Stephan2

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Zu Beginn des 2. Weltkriegs war der schweren Schiffsartillerie noch eine tragende Rolle zugedacht. Großbritannien, Deutschland, die USA, Japan, Frankreich und Italien entwickelten entsprechende Geschütze, bauten die zugehörigen Artillerieträger vom Zerstörer bis zum Schlachtschiff und versahen sie zum Teil mit gewichtigen Panzerungen, um sie wiederum vor der Wirkung dieser Waffen zu schützen.

Die folgende Tabelle gibt eine kleine Übersicht über die von den o. a. Nationen gebauten Kanonen sowie deren panzerbrechenden Leistungen. Sie basiert auf den Tabellen von Robert Lundgren and Richard Worth.

Die angegebene Durchschlagsleistung bezieht sich auf das sog. "Effektive Limit" (EEF), d. h. die Granate durchschlägt die Panzerung im intakten Zustand, der Zünder ist noch funktionsfähig.

Die Durchschlagsleistung "von" bezieht sich auf die jeweils beste Panzerqualität, gem. den Tabellen ist diese häufig vom italienischen Hersteller Terni. Als schlechteste Qualität ("bis") findet sich in den Tabellen überwiegend das japanische Material wieder.

Die britische 38,1 cm Kanone durchschlug mit Standard-Treibladungen bspw. auf eine Entfernung von rund 6 km eine Seitenpanzerung von max. 581 mm - 704 mm, je nach Gegnerschiff. Deckspanzerungen wurden dabei a. G. des flachen Einfallwinkels nur bis max. 25 mm - 28 mm durchschlagen.
 

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Hallo Stephan,

sind die eingestellten Tabellen nur informativ gedacht, oder soll das den Ansatz zu einer Diskussion darstellen?
 
Hallo Stephan,

sind die eingestellten Tabellen nur informativ gedacht, oder soll das den Ansatz zu einer Diskussion darstellen?


Hallo Silesia,

ich habe sie als Info, quasi als Manangementsummary, gedacht. Weitere Informationen sind natürlich willkommen, aber NavWeaps will ich nicht hierhin übertragen, da möge jeder bei Bedarf selber nachschauen.
 
OK, danke :winke:

Kennst du diese britischen Tabellen, die eigene "Immunitätszonen" zB für KGV oder Nelson gegen deutsche Schiffe vorgaben und offenbar zur Schiffsführung dienten?

Eine interessante Fragestellung ist, wie weit diese Tabellen oben in die Wahrnehmung vorgedrungen waren, oder ob da auch quantitative Abweichungen bzw. Fehleinschätzungen vorlagen. Nur zur Veranschaulichung: ich dachte dabei zB an Fraser am Nordkap oder Holland in der Dänemark-Straße.
 
OK, danke :winke:

Keine Ursache :winke:

Kennst du diese britischen Tabellen, die eigene "Immunitätszonen" zB für KGV oder Nelson gegen deutsche Schiffe vorgaben und offenbar zur Schiffsführung dienten?

Leider nein, also ruhig her damit, wenns nichts kostet.

Ich kenne bisher überwiegend Raven/Roberts "Die britischen Schlachtschiffe des 2. Weltkrieges" und die darin enthaltenen Vorüberlegungen bzgl. Kaliberfragen, potentiellen Gegnern etc..

Eine interessante Fragestellung ist, wie weit diese Tabellen oben in die Wahrnehmung vorgedrungen waren, oder ob da auch quantitative Abweichungen bzw. Fehleinschätzungen vorlagen. Nur zur Veranschaulichung: ich dachte dabei zB an Fraser am Nordkap oder Holland in der Dänemark-Straße.

Die Verteilung und Unterrichtung dieser taktischen Anweisungen läßt sich wahrscheinlich rekonstruieren, ich selber habe dazu aber keine Unterlagen. Danach kommen wir m. E. schnell in den Bereich, wo Helmuths Wort gilt: "Kein Plan überlebt die erste Feindberührung.".

Man könnte die Diskussionen bspw. in

http://www.geschichtsforum.de/f68/das-gefecht-der-d-nemarkstra-e-bismarck-vs-hood-43189/

http://www.geschichtsforum.de/f328/berlegenheit-von-schlachtschiffkonzepten-im-ww2-34482/

http://www.geschichtsforum.de/f68/2...yal-navy-19906/?highlight=nordkap+scharnhorst

unter diesem Aspekt wiederaufnehmen, wenn Interesse besteht.
 
Keine Ursache :winke:
Leider nein, also ruhig her damit, wenns nichts kostet.
Besitze ich leider auch nicht, aber die gab es.

Ich kenne bisher überwiegend Raven/Roberts "Die britischen Schlachtschiffe des 2. Weltkrieges" und die darin enthaltenen Vorüberlegungen bzgl. Kaliberfragen, potentiellen Gegnern etc..
Raven/Roberts ist bekannt.
Bleiben wir mal bei Fraser am Nordkap.

Nach den gängigen Darstellungen befahl er die weitgehende Annäherung an SH im Schutz der Polarnacht und bei besserem Radar, weil er sich gegenüber den deutschen 28cm noch innerhalb der Immunitätszone der DoY befand. Dabei kalkulierte er sicher Schäden an der ungeschützten Infrastruktur ein (die auch geschahen, so fegte eine 28er sein Messgerät weg, weswegen zeitweise falsche Entfernungsdaten gemeldet worden sind).

Die Annäherung, kalkuliertes Risiko, erlaubte ihm sein ausreichender Panzerschutz.
 
Besitze ich leider auch nicht, aber die gab es.

Schade :weinen:


Bleiben wir mal bei Fraser am Nordkap.

Nach den gängigen Darstellungen befahl er die weitgehende Annäherung an SH im Schutz der Polarnacht und bei besserem Radar, weil er sich gegenüber den deutschen 28cm noch innerhalb der Immunitätszone der DoY befand. Dabei kalkulierte er sicher Schäden an der ungeschützten Infrastruktur ein (die auch geschahen, so fegte eine 28er sein Messgerät weg, weswegen zeitweise falsche Entfernungsdaten gemeldet worden sind).

Die Annäherung, kalkuliertes Risiko, erlaubte ihm sein ausreichender Panzerschutz.

Sind das jetzt Vermutungen der jeweiligen Autoren oder gibt es belastbare Aussagen, wie KTB-Eintragungen oder sonstiges?

Bei einer Entfernung von 11 km befand man sich nach Robert Lundgren and Richard Worth schon an der unteren Grenze (12.000 y: British Cemented Armor Naval Limit 391 mmm, Effective Limit 370 mm).

Und schon die erste Unschärfe:
In Scharnhorst - The History - Operation "Ostfront" - The Battle off the North Cape heißt es:
The trap now was perfectly close, and Scharnhorst was in the middle of it.
Duke of York turned on course 080° to allow all of her main armament guns (10 by 356 mm) to be used against the enemy.
At 16:47, Admiral Fraser ordered Belfast to open fire with star shells from 17.500 meters, at 16:50 the starboard side 133 mm guns of Duke of York did the same from 11.000 meters, Scharnhorst got illuminated and was caught by surprise and unprepared especially by the presence of heavy ships between her track to south and Norway.
Scharnhorst stand doch nördlich der DoY, diese hätte also nach Backbord schießen müssen, oder?
 
In der deutschen Übersetzung des amtlichen Bericht des OB der Homefleet Admiral Sir Bruce A. Frazer vom 7. August 1947, die Bestandteil der Darstellung des Untergangs der Scharnhorst von Kpt. z. S. a. D. Helmut Giessler vom Januar 1948 ist, heißt es in Punkt 6:
Sollte auf Scharnhorst getroffen werden, hatte ich folgende Absichten:
(a) Den Gegner anzugreifen, Feuer zu eröffnen mit Leuchtgranaten auf ungefähr 12.000 Yards.
(b) Meine 4 Begleitzerstörer in Halbdivisionen aufzuteilen und sie fristgerecht zum Torpedoangriff anzusetzen.
(c) JAMAICA bei DUKE OF YORK zu behalten, jedoch mit der Möglichkeit zu freiem Manöver und den Abstand zu vergrössern, sobald ich im Gefecht war.
Unter Punkt 15 führt Frazer weiter aus:
Ich hatte jetzt das Vertrauen, dass, wenn SCHARNHORST den Geleitzug angriff, Force 1 und die Zerstörer sie entweder verjagen oder ihr solche Beschädigungen beibringen würden, dass ich heranschließen könnte.
Nach den beiden Gefechten zwischen Scharnhorst und der Force 1 (10. Kreuzergeschwader mit 3 brit. Kreuzer unter Vizeadmiral Robert Burnett) fasst Frazer seine Gefechtsabsichten in Punkt 49 zusammen:
... Als C.S.10 bestätigte, dass nur eine schwere Einheit anwesend war, entschloss ich mich, auf gleichem Kurs mit JAMAICA anzugreifen, das Feuer auf eine Entfernung von 13.000 Yards zu eröffnen und die Sicherungszerstörer zum Torpedoangriff anzusetzen.
Um 16:47 eröffnete Belfast das Feuer mit Leuchtgranaten auf die völlig überraschte Scharnhorst. Um 16:48 folgte Duke of York auf 12.000 Yards, zunächst mit Leuchtgranaten, ab 16:50 mit der schweren Artillerie. Um 16:52 folgte Jamaica.
Interessant sind m. E. die abschließenden Bemerkungen Frazers in Punkt 85:
Die Funkmeßkoppelung auf dem Flaggschiff arbeitete ausgezeichnet und war sowohl für mich als auch für das Schiff eine sehr grosse Hilfe. Ich selber wechselte meinen Standort zwischen dem Funkmeßkoppelraum und der Admiralsbrücke. Der Chef des Stabes blieb im Koppelraum. Nach meinen Erfahrungen ist es unerläßlich, dass die Offiziere des Funkmeßkoppelraums in engsten Kontakt mit dem Admiral stehen müssen, der zweifelsohne auf die Brücke gehört.
Welch ein Kontrast zum Operationsbefehl des dt. Admirals Bey:
Der Verzicht auf den Einsatz der eigenen Radargeräte mag ja noch verständlich sein, aber dass man auch auf die Möglichkeit der Ortung gegnerischer Radargeräte verzichtete, deutet m. E. auf ein grundsätzliches Nichtverstandenhaben der technischen Möglichkeiten hin. Letztlich traf hier wohl die Taktik des 1. Weltkrieges auf die des 2. Weltkrieges, die die verfügbaren technischen Hilfsmittel zu nutzen verstand.
 
Und schon die erste Unschärfe:
In Scharnhorst - The History - Operation "Ostfront" - The Battle off the North Cape heißt es ...
Scharnhorst stand doch nördlich der DoY, diese hätte also nach Backbord schießen müssen, oder?

Richtig, an Backbord, 12.000 Yards nach Roskills Official History. Steuerbord ist vermutlich ein Druckfehler.

Fraser hatte sich bis zur Risikogrenze angenähert (lt. Garzke/Dull konnten die 280mm den Gürtelpanzer und die Barbetten der DoY auf dieser Entfernung noch nicht durchschlagen, während die 14'' der DoY effektiv waren, siehe den Treffer gegen Turm A der Scharnhorst wenige Minuten nach der Feuereröffnung).

Danke für den Bericht, nach dem diese Annäherung kalkuliert war.
 
Um 16:47 eröffnete Belfast das Feuer mit Leuchtgranaten auf die völlig überraschte Scharnhorst. Um 16:48 folgte Duke of York auf 12.000 Yards, zunächst mit Leuchtgranaten, ab 16:50 mit der schweren Artillerie.

Interessanterweise waren die 3 Türme von Sh auf DoY - sichtbar aufgrund der Leuchtganaten - ausgerichtet, also nach Steuerbord/SSW (-> Garzke/Dulin). Ob hier das Radar der SH bei der Verfolgung nach Süden doch benutzt wurde? An sich hätte sie auf die verfolgenden Kreuzer ausrichten müssen, wenn die schwere Einheit Frasers nicht erkannt worden wäre.
 
Interessanterweise waren die 3 Türme von Sh auf DoY - sichtbar aufgrund der Leuchtganaten - ausgerichtet, also nach Steuerbord/SSW (-> Garzke/Dulin). Ob hier das Radar der SH bei der Verfolgung nach Süden doch benutzt wurde? An sich hätte sie auf die verfolgenden Kreuzer ausrichten müssen, wenn die schwere Einheit Frasers nicht erkannt worden wäre.

Über die Annäherung hat Frazer in Pkt. 51 berichtet, dass DoY die SCHARNHORST um 16:17 auf 45.500 Yards in einer Peilung von 20° aufgefasst hätte. Um 16:32 konnte sie das Feuerleitfunkmessgerät auf eine Entfernung von 29.700 Yards erfassen. SCHARNHORST steuerte anscheinend im Zickzack auf Generalkurs 160°. Um 16:42 schien es, als ob der Gegner allmählich nach B.B. drehte. 2 Minuten später wendete Force 2 auf 80°, um alle Geschütze zum Tragen zu bringen. Danach erfolgte die bereits geschilderte Feuereröffnung.
In Punkt 52 heißt es dann:
Als DUKE OF YORK und JAMAICA auf 12.000 Yards Feuer eröffneten, war es offensichtlich, dass SCHARNHORST von ihrer Anwesenheit vollständig überrascht war. Obwohl ich annehmen musste, dass Meldungen von dem Flugzeug, das in den frühen Nachmittagsstunden Fühlung an Force 2 gehalten hatte, an SCHARNHORST gelangt sein mussten, marschierte diese mit gleichbleibendem Kurs weiter. Gefangene bestätigten, dass SCHARNHORST keine Funkmessung hatte.
Beim ersten Insichtkommen waren ihre Türme in Ruhestellung. Das Feuer wurde nicht sofort erwidert. Die ersten Salven waren außerdem unsicher. Gefangene bestätigen, dass ihnen gesagt sei, sie würden nicht mit mit Einheiten, die grösser sind als Kreuzer, in Gefechtsberührung kommen. Sie wären aufs Höchste erschrocken, gewesen, als ihnen bekanntgegeben wurde, dass sie von einem Schlachtschiff von Süden angegriffen wurden.
Das Vormars-Funkmeßgerät ist ja bei der ersten Gefechtsbegegnung mit der Force 1 gleich zum Teufel gegangen. Der Matr. Gefr. Sträter wird in Giesslers Bericht zititert:
... ferner erfuhren wir durch Geschütztelefon, dass das Vormarsfunkmessgerät ausgefallen ist. ... "Jungs, das Funkmessgerät kriegen wir nicht wieder hin."
Damit bliebe nur noch das achtere Gerät, dass aber a. G. des niedrigeren Aufstellungsortes nur 6 sm Reichweite haben sollte, was gerade dem Abstand bei der Feuereröffnung durch DoY entsprechen würde, und auch einen toten Winkel nach vorne von 70° hatte.
Giessler bezieht sich dabei auf eine Vernehmung des ausgetauschen Sträter durch das Flottenkommando vom 6. Oktober 1944.
Von der zweiten Begegnung mit der Force 1 berichtet Sträter weiter, dass "zwei schwere Kreuzer" als Gegner benannt worden seien. Um ca. 14:30 sei der Abbruch erfolgt und Rückmarsch nach Norwegen angetreten worden. Um 15:00 war Essensempfang. Ca. 15:30 wurde die von Frazer vermutete Sichtmeldung der Luftwaffe durchgegeben:
Ungefähr 11:00 abgegeben, Aufklärungsflugzeug meldet 150 sm westlich einen feindlichen Flottenverband. Gut Ausguck halten. Ca. 16:20 Uhr durch Geschützfernsprecher: Voraus Schatten. Ca. 16:30 (16:50) Alarm. An alle Stellen wir gehen auf Ostkurs. Gegner eröffnet Feuer auf unserer Steuerbordseite.
Heinrich Bredemeier (Schlachtschiff Scharnhorst) führt ferner den Obermaaten Gödde an. Demnach hätte SH die Aufklärungsmeldung der BV138 zeitgleich mit der Abgabe auf der Luftaufklärungswelle empfangen. Kurz vor Feuereröffnung im zweiten Gefecht mit der Force 1 wäre kurz zuvor a. G. einer Meldung des achtere Funkmessgerät Alarm gegeben worden.
Nach Abbruch des 2. Gefechts soll SH gefunkt haben: "Gefecht mit mehreren Gegnern Qu. AC 4133 Funkmeßbeschuß schwerer Einheit." Bredemeier interpretiert das als Beleg für die Annahme einer schweren Einheit durch Bey. Dann hätte dieser aber von mehreren schweren gegnerischen Schiffen ausgehen müssen, denn die von der Luftwaffe gemeldete Einheit konnte es ja noch nicht sein. Zur Begegnung mit der DoY führt Gödde aus:
Gegen 15:45 wurde erneut Alarmbereitschaft befohlen. 16:00 Alarm. Der Kommandant sprach selbst durch das Artillerie-Leittelefon und sagte etwa folgendes. "Kameraden, wir sind noch nicht aus dem Schlamassel raus. Ganz scharf Ausguck halten. Ihr wißt, wir haben schon seit Mittag fast dauernd einen Fühlungshalter hinter uns, den wir nicht abschütteln können. Funkmeß meldet soeben Ziele an Steuerbord. Aufpassen, es geht gleich los." Nun ging es Schlag auf Schlag. ... Es wurde Alarm gegeben. Wenige Minuten später standen die ersten Leuchtgranaten hinter und über dem Schiff. ... In kürzester Zeit schossen auch unsere schweren Türme. ... Etwa 16:45 ein schwerer Treffer im Vorschiff steuerbord in Höhe von Turm A, ...
Die Aussagen Göddes sollen aus einem Brief nach der Kriegsgefangenschaft an Giessler stammen. Seine Aussagen sehe ich in Bezug auf die Abläufe als am wenigsten plausibel an. Sträters Aussage deckt sich in Bezug auf die Schweren Kreuzer mit Frazers Hinweis auf die Gefangenenaussagen.
Ich würde Bredemeier zustimmen, dass SH möglicherweise die DoY, vielleicht erst beim Andrehen nach B.B., zwar mit dem achteren Funkmessgerät aufgefaßt hat, aber der Alarm erst anlief.
Was die Stellung der Türme angeht, spricht für mich bisher nichts gegen Frazers Aussage - Lage Null. Nach der Feuereröffnung wendete SH zuerst Kurs Nord, vermutete man die fühlungshaltende Force 1 in größerem Abstand? DoY ging zu diesem Zeitpunkt auf 60°.
Als Norfolk und Belfast kurz darauf das Feuer eröffneten ging SH auf Ostkurs. Am glaubwürdigsten erscheinen mir erstmal Frazers Ausführungen, der ja quasi einen Logenplatz hatte. Es kann natürlich auch eine schöne Geschichte sein, und im KTB steht etwas anderes, dafür habe ich aber keine Anhaltspunkte.
 
Korrekt, mein Fehler. Man sollte nicht aus der Erinnerung zitieren: Garzke/Dulin beschreiben die Türme der Scharnhorst bei Illumination ebenfalls als "trained in", also in Ruhestellung. Große Verzögerung wird das aber nicht verursacht haben, da Force I auf 20, 30 Grad an Steuerbord auftauchte.

Die Turmbesatzungen dürften sofort bemerkt haben, dass sie es mit einem britischen Schlachtschiff zu tun haben: es wurde Befehl gegeben, Panzergranaten statt der Sprenggranaten zu laden, die noch zuvor gegen die leicht gepanzerten Kreuzer verwendet wurden.

Die Erkenntnis hat für die Besatzung von Turm A 5 Minuten überdauert: danach hob ein Treffer der DoY den hunderte Tonnen schweren Turm A der Scharnhorst aus der Lafette an, so dass er verkantet in der letzten Ausrichtung im Gefecht verblieb. Der Treffer muss die schwer gepanzerte Barbette durchschlagen haben. Glühende Sprengsplitter durchschlugen die Feuerschotts zwischen Magazin von A und B, so dass beide zunächst geflutet werden mussten. Turm A konnte wegen giftiger Gase und Brand nicht mehr betreten werden, Turm B und C verschossen sich im Verlauf des weiteren Verfolgungsgefechts fast völlig (C ganz).

Jacobsen gibt noch einen weiteren wichtigen Hinweis: entgegen der Dienstvorschriften wurden die 36 überlebenden Gefangenen der Scharnhorst (von knapp 2000), darunter keine gefechtswichtigen Offizieren, bereits während der Rückfahrt verhört. Die vorgeschriebene Beruhigungsphase wurde nicht eingehalten, durch die unprofessionellen Verhöre vermischten sich außerdem die Aussagen der Gefangenen mit britischer Sicht des Gefechtsverlaufs. Dass nicht abgewartet werden konnte, gab hinterher einigen Ärger auf britischer Seite.
 
Die Turmbesatzungen dürften sofort bemerkt haben, dass sie es mit einem britischen Schlachtschiff zu tun haben: es wurde Befehl gegeben, Panzergranaten statt der Sprenggranaten zu laden, die noch zuvor gegen die leicht gepanzerten Kreuzer verwendet wurden.
Die Auswahl der Munition erfolgt doch auf Anweisung des zuständigen Artillerieoffiziers. Sollte man tatsächl. Sprenggranaten geladen gehabt haben, deutet das daraufhin, dass man nicht damit rechnete auf eine schwere Einheit zu treffen. Wenn man dann auf den unerwarteten Feind trifft, bekommt man die Rohre meines Erachtens viel schneller frei, indem man "Feuer" an Stelle eines Umlademanövers befiehlt. Und eine erste Aufschlagbeobachtung erhielte man obendrein.
Auch wenn Korvettenkapitän Bredenbreuker erst seit 1.4.1943 I. AO auf der SH war, war er ja zuvor (seit 1942) schon II. AO auf SH (lt. Giessler) und davor III. AO auf Gneisenau gewesen, sollte er wirklich so "bürokratisch" gehandelt haben?
Jacobsen gibt noch einen weiteren wichtigen Hinweis: entgegen der Dienstvorschriften wurden die 36 überlebenden Gefangenen der Scharnhorst (von knapp 2000), darunter keine gefechtswichtigen Offizieren, bereits während der Rückfahrt verhört. Die vorgeschriebene Beruhigungsphase wurde nicht eingehalten, durch die unprofessionellen Verhöre vermischten sich außerdem die Aussagen der Gefangenen mit britischer Sicht des Gefechtsverlaufs. Dass nicht abgewartet werden konnte, gab hinterher einigen Ärger auf britischer Seite.
Und dazu noch das "objetive" menschl. Wahrnehmungsvermögen, gemischt mit mehr oder weniger langer Kriegsgefangenschaft, verständlich, dass dann Einiges durcheineinader gerät.
 
Ja, Abschuss ist naheliegend.

Nach Jacobsen wurde aber "umgeladen". Eine Erklärung wäre, dass man einige Minuten für die Zielerfassung brauchte. Oder der Befehl wurde kurz vor dem Zusammenprall gegeben. Das spräche für Ortung.

Dabei sollte man, da die optischen Entfernungsmesser benutzt wurden, die Blendung durch Mündungsfeuer und Leuchtgranaten über dem Schiff nicht unterschätzen. Erstaulich ist, dass angeblich die SH-Flak Leuchtfallschirme abschießen sollte.
 
Worauf stützt sich Jacobsen eigentlich?

Auf die Schnelle habe ich jetzt keine Bedienungsanleitung zur 28 cm - Kanone gefunden, aber so einfach wie Laden dürfte das Entladen nicht gewesen sein.

Schmalenbach schreibt im Rahmen der Entwicklung zur Schnell-Lade-Kanone (S. 65, letzter Absatz):
Die stärksten Abnutzungen fanden im Übergangskonus statt, weil dort sich die Führungsringe beim Ansetzen in die Züge preßten und weil dort die brennenden Pulvergase Rohrmetall mitrissen.
Das Ansetzen ist ja noch Teil des Ladevorgangs. Danach steckte dann die 315 kg - Granate ziemlich fest im Rohr. Anschließend folgte die Kartusche, bei der das Ausziehen der Hülse ja vorgesehen war. Das Herausprokeln der Granate - auf schwankender Plattform - stelle ich mir allerdings etwas schwieriger vor. Einen Einblick ins Innere eines der drei 28cm-Türme habe ich übrigens eben im Internet gefunden: Turm Cäsar des ehem. Deutschen Schlachtkreuzers Gneisenau 2010 in Norwegen - YouTube.
 
16 Inch Gun Training Film USN

Bei youtube findet sich ein Lehrfilm zu den 40,6 cm / L50 Geschützen der Iowa-Klasse: Film ab.

Leider geht daraus auch nicht hervor, wie man ein geladenes Geschütz wieder entlädt, ohne es abzufeuern.

@silesia: Ist mit Jacobsen "Alf R. Jacobsen" gemeint?
 
Worauf stützt sich Jacobsen eigentlich?

Auf die Schnelle habe ich jetzt keine Bedienungsanleitung zur 28 cm - Kanone gefunden, aber so einfach wie Laden dürfte das Entladen nicht gewesen sein

Ich habe das nochmal nachgelesen. Es ging nicht um das Entladen der Rohre (dazu habe ich nichts gefunden, vermutlich nur durch Abschuss), sondern um das Laden.

Auf der unten liegenden Geschossplattform innerhalb der Barbette und im Turm selbst, dann in den Magazinen wurden üblicherweise gemischte Granatenarten in Bereitschaft gehalten, um reagieren zu können.

Der Hinweis stammt aus den britischen Verhörberichten. Danach sollten nach den ersten Einschlägen um das Schiff panzerbrechende Granaten (nach Koop/Schmolke, Scharnhorst-Klasse: 335mm Gürtelpanzer auf 16.500 Meter) geladen werden.

Die Turmmannschaft wird die Zufuhr panzerbrechender Granaten ab Geschossplattform vorbereitet haben.
 
Danke, dass Du noch einmal nachgesehen hast Silesia.

Aber das Thema "Umladen" hatte ja auch durchaus etwas Positives. Die beiden Videos waren mir bisher noch nicht bekannt.

Was
(nach Koop/Schmolke, Scharnhorst-Klasse: 335mm Gürtelpanzer auf 16.500 Meter)
betrifft, könnte ich mir vorstellen, dass die 335 mm Durchschlagsleistung aus der gleichen Quelle wie bei
navweaps stammen, dort ist ebenfalls von 335 mm Durchschlagsleistung die Rede, allerdings auf eine Entfernung von 16.514 Yards, was dann 15.100 Metern entspräche. Die Leistung bezieht sich auf British Cemented Armor, Naval Limit. Bezogen auf 12.000 yard ergeben sich allerdings sogar 391 mmm Naval Limit bzw. 370 mm Effective Limit.

Zumindest die Maschinenräume der DoY wären damit bei günstigem Lagewinke schon gefährdet gewesen. Und um die SA zu schädigen, sind ja nicht einmal Durchschläge notwendig, da kann das innenseitige Absprengen von Teilen der Panzerung a. G. der Schockwirkung schon genügen (vgl. Unterlagen und Richtlinien zur Bestimmung der Hauptkampfentfernung und der Geschoßwahl, Heft a S. 26 IV.2).
Ich vermute, dass sich Frazer für eine Annäherung bis auf 12.000 Yards entschieden hat, um eine sichere optische Aufschlagsbeobachtung unter Einsatz der Leuchtgranaten zu erhalten. Für das amerikanische Mk3 Feuerleitradar habe ich eine Ortungsentfernung bis zu 18 km für eine 40,6 cm Granate gefunden (Terzibaschitsch, Kreuzer der U.S. Navy, S. 43) - allerdings steht nicht dabei, bei welcher Wetterlage.
Die Anfangsentfernung bei den Feuereröffnungen durch die Force 1 lag ja auch in der Größenordnung 10.000 - 12.000 Yards.
Die Peilgenauigkeit des verbesserten Typ 284 Feuerleitradar der DoY lag bei 10 Bogensekunden, das entspricht bei 12.000 Yard rund 35 Yard bzw. 32 m (Entfernung x tan 10"{=0,002909}). Das ist vielleicht auch eine Erklärung dafür, dass insgesamt 446 35,6 cm Granaten verschossen und damit nur 13 Treffer erzielt wurden (vgl. John Asmussen, 2001 - 2010, am Ende), eigentlich nicht wesentlich besser als während der Skaggerakschlacht.
 
Zumindest die Maschinenräume der DoY wären damit bei günstigem Lagewinke schon gefährdet gewesen. Und um die SA zu schädigen, sind ja nicht einmal Durchschläge notwendig, da kann das innenseitige Absprengen von Teilen der Panzerung a. G. der Schockwirkung schon genügen

Wir müssen allerdings den damaligen Erkenntnisstand berücksichtigen.

Angehängte Darstellung der Immunitätszone, der Gefährdung des Gürtelpanzers und der Barbetten über Maschinenanlage und Munitionsmagazinen, die sich so oder ähnlich in den taktischen Entfernungsanweisungen für das Gefecht befunden haben wird, habe ich erhalten (leider für "Nelson", basierend auf Gefecht gegen Gegner mit 14'' Kaliber, mit Panzersprenggranaten - alternativ 16''):
 

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Wir müssen allerdings den damaligen Erkenntnisstand berücksichtigen. ...

Ganz Deiner Meinung Silesia,
die o. a. Grafiken entstanden 1933 und wurden von der RN bei den Überlegungen für die 1935-Entwürfe (Battle Crusier or Battle Ship) berücksichtigt.
Ich glaube allerdings nicht, dass "Immunitätszonen" in Frazer's taktischen Überlegungen eine große Rolle spielten. Für entscheidender halte ich zum Einen grundsätzlichliche taktische Überlegungen, wie sie auch in den 1935-Planungen zum Ausdruck kamen:
Decisive Range
3. The Battle instructions, Clause 9 (g), state that a decisive range of between 12,000 and 16,000 yards will be aimed at and the reasons for this choice would appear to be as follows:-
4. Decisive actions only occur when both sides either wish to fight or when one or other cannot avoid action, in which case “fighting power” and not speed is the ultimate requirement. The decision may well depend finally on the morale and striking power of our fleet at short range; a range should therefore be chose which gives morale the greatest opportunity, where the rate of hitting is high and the factor of luck low, where the enemy (through short time of flight and large danger space) is least able to avoid punishment, but where our own ships are not liable to destruction by magazine explosions – by the lucky hit.
Harwood hatte 1939 keine Immunitätszone.
Withworth hat 1940 auf Renown angegriffen, ohne auf eine Immunitätzone zu achten.
Holland hatte 1941 gegen Bismarck Pech, dass es zu einem "lucky hit" kam.
Burnett griff mit seinen Kreuzern Scharnhorst auf ähnliche Entfernungen an wie später DoY - auf eine Immunitätszone hat er bestimmt nicht geachtet.
Frazer war sich sicher bewußt, auf einem der damals bestgeschütztem Schiffe der RN zu sitzen, trotzdem ging er so nah ran, dass er, als SH nach Feuereröffnung zunächst auf Nord drehte, DoY auf 60° eindrehen ließ,
um Scharnhorst zu folgen und um Torpedos zu vermeiden, die der Gegner, wenn er schnell von Entschluss gewesen wäre, möglicherweise gefeuert hätte.
M. a. W. er begab sich sogar in die Gefahr, torpediert zu werden.
Auf der anderen Seite dürften Überlegungen bzgl. optimaler Feuerleitung und eigener Waffenwirkung, Wetterbedingungen, Ansatz der eigenen Zerstörer sein Vorgehen bestimmt haben. Und möglicherweise wollte er ein "avoid action" seitens SH nach Möglichkeit ausschließen - was ihm ja gelungen ist, und dass ihm dann noch mindestens ein "lucky hit" gelang, ist wohl dem Glück des Tüchtigen zuzuschreiben.
 
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