Marser: Religion, Kampfesweise und ihre Namen

Hannes

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Hallo

Ich interessiere mich für die Marser in Italien zur Zeit der Bundesgenossenkriege.
Ich hoffe mir kann da vielleicht jemand helfen.

Mich würde interessieren:

An welche Götter glaubten die Marser?

Wie waren sie zur Zeit der Kriege mit Rom bewaffnet und wie kämpften sie?

Und dann noch ihre Namen, ich habe von einem ihrer Anführer gelesen der Quintus Pompaedius Silo hieß, das klingt für mich sehr römisch. Hatten alle Marser so wie die Römer drei Namen?

Ich danke euch für eure Hilfe
LG Hannes
 
Marser gibt es Zweimal.

Einmal Marser Germanien und einmal Marser Italien.

Marser Germanien: Marser (Germanien) – Wikipedia

Marser Italien: Marser (Italien) – Wikipedia

Und sie werden im Gedicht in der 2. Strophe „Des deutschen Vaterlandes" von Ernst Moritz Arndt erwähnt. Aber dies sind wohl die Germanischen Marser:

„Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist's Bayerland, ist's Steierland?
Ist's, wo des Marsen Rind sich streckt?
Ist's, wo der Märker Eisen reckt?
O nein! nein! nein!
Sein Vaterland muß größer sein.“​
 
Marser gibt es Zweimal.
Hier geht es jedenfalls um die
Marser in Italien zur Zeit der Bundesgenossenkriege.

Und dann noch ihre Namen, ich habe von einem ihrer Anführer gelesen der Quintus Pompaedius Silo hieß, das klingt für mich sehr römisch. Hatten alle Marser so wie die Römer drei Namen?
Ob alle Marser zur Zeit des Bundesgenossenkriegs drei Namen hatten, kann ich leider nicht beantworten. Die allermeisten inschriftlich bezeugten Namen dürften aus der Zeit nach dem Bundesgenossenkrieg stammen.
Belegt ist z. B. ein Duumvir namens P. Castricius Gnomonius

Robert Seymour Conway listet alle damals bekannten marsischen Gentilnamen und einige ausgewählte Cognomina auf, die häufigsten gentes nannten sich Alfena, Mammia, Nouia, Octauia und Paccia.
The Italic Dialects : Robert Seymour Conway : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Simonetta Segenni (I LIBERTI A MARRUVIUM: RICERCHE DI ONOMASTICA on JSTOR ) beschäftigt sich mit Namen von Freigelassenen aus Marruvium, da finde ich Namen wie Q. Petronius Cosmus, L. Vibius Secundus, Q. Tironius Crescens oder P. Octavius Primus.


Zu den Göttern kann ich nicht viel sagen; Wiki liefert (zu Marruvium) genau ein Sätzchen:
Inschriftlich bezeugt sind die Kulte der Venus, der Minerva, der Penates, des Vertumnus und der Bona Dea.[4]
 
Direkt zu den Göttern der italienischen Marser finde ich auch nichts.

Aber zu diesen Marser hier eine recht interessant Seite in Italienisch. Marsi (libero.it)

Die wichtigste Stadt der Marser war die italienische Stadt Marruvium.

Heute heißt diese Stadt „San Benedetto die Marsi“.

Und wenn man „Marruvium" aufruft, findet man im Abschnitt „Kult“ deren Götter (Kult der Venus, der Minerva, der Penates, der Bona Dea und der Vertumnus. Diese Götter sind in Netz alle auffindbar.
 
Conway erwähnt noch eine Göttin Angitia, für sie gibt es eine Inschrift im marsischen Dialekt. Nicht alle Buchstaben sind gut lesbar, einige Ausdrücke sind offensichtlich lateinisch:

caso cantouio|s aprufclano cei|p apur finem e..|salicom
en ur|bid casontonio | socieque dono|m ato.er.a[n]ctia | pro
le[gio]nibus mar|tses.


"The chief record of the dialect or patois we owe to the goddess Angitia, whose chief temple and grove stood at the S.W. corner of Lake Fucinus, near the inlet to the emissarius of Claudius (and Prince Torlonia), and the modem village of Luco. She was widely worshipped in the central highlands (...) as a goddess of healing, especially skilled to cure serpent bites by charms and the herbs that grew in the Marsian woods."

Zudem sind einige andere Inschriften aus der Zeit von 280 bis 150 v. Chr. bekannt,[9] die entweder in einem stark latinisierten Marsisch oder in einem dialektalen Latein verfasst sind.[1]
[...]
Aus der kaum vorhandenen Überlieferung lässt sich deuten, dass die Marser bereits im 3. Jahrhundert latinisiert wurden.[8]
Marsische Sprache – Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Simonetta Segenni (I LIBERTI A MARRUVIUM: RICERCHE DI ONOMASTICA on JSTOR ) beschäftigt sich mit Namen von Freigelassenen aus Marruvium, da finde ich Namen wie Q. Petronius Cosmus, L. Vibius Secundus, Q. Tironius Crescens oder P. Octavius Primus.
Die Geschlechtsnamen legen allerdings nahe, dass diese Personen von Römern freigelassen wurden und deren Namen annahmen. Sie geben also nicht unbedingt Aufschluss über marsische Namen.
(Ich weiß nicht, ob im Beitrag etwas Gegenteiliges steht, ich kann kein Italienisch.)
 
Der begriff der Marser fiel mir zuerst im Zusammenhang mit den Rachefeldzügen von Germanicus auf. Folglich müssten diese zwischen Rhein und Weser gelebt haben. Bei den Feldzügen von Drusus wurden sie nicht erwähnt, dafür gab es hier an selber Stelle Sueben. Schaut man bei Cäsar nach, hatte er Ariovist über den Rhein in Richtung Weser vertrieben.
So gibt es diese Marser zwischen Rhein und Weser, dann in Norditalien und von Marusiern die in Nordafrika besiegt wurden, habe ich auch schon gelesen.
Kann es sein, dass mit Marser kein Stamm gemeint ist, sondern "Aufständige"? Mars war immerhin der Gott des Krieges.
Die Marser an der Weser könnten die Nachfahren von den Anhängern des Ariovist sein und der war Suebe. Es könnten auch diejenigen sein, die Arminius anführte, denn nach Strabon war er nicht der Anführer des Stammes der Cherusker. Das war sein Bruder Sesithakus, der zusammen mit seiner Frau Ramis von Germanicus gefangen genommen wurde. Danach wurde sein Onkel der Führer der Cherusker. So steht es auch bei Tacitus.
 
Kann es sein, dass mit Marser kein Stamm gemeint ist, sondern "Aufständige"?
Nein, die italischen Marser wurden schon für die Zeit lange vor dem Bundesgenossenkrieg erwähnt, z. B. bei Livius. Sie wurden aber auch schon vor dem Bundesgenossenkrieg erwähnt, zumindest vom alten Cato.
Außerdem beteiligten sich ja nicht nur die "Marser" am Aufstand gegen die Römer. Also wenn, dann hätten die Römer doch wohl auch die anderen italischen Aufständischen so genannt.

Mars war immerhin der Gott des Krieges.
Mars hieß nur im Nominativ so. Der Wortstamm war aber "mart-", von Mars abgeleitete Wörter lauteten also auf "Mart-". (Vgl. "martialisch".)
Die Marser hingegen hießen immer so, auch als Adjektiv ("Marsicus").

Es könnten auch diejenigen sein, die Arminius anführte, denn nach Strabon war er nicht der Anführer des Stammes der Cherusker. Das war sein Bruder Sesithakus, der zusammen mit seiner Frau Ramis von Germanicus gefangen genommen wurde. Danach wurde sein Onkel der Führer der Cherusker. So steht es auch bei Tacitus.
Sesithakus wird doch anscheinend nur bei Strabon erwähnt. (?)
Übrigens ist der Segimer, der von Strabon als Sesithakus' Vater genannt wird, wohl von dem Segimer, der Arminius' Vater war, zu unterscheiden.
 
Im Livia gewidmenten Beileidsgedicht zum Tod des Drusus werden die Sueben auch erwähnt. Allerdings würde ich solche Erwähnungen nicht allzusehr auf die Goldwaage legen. Die Sueben waren halt Caesars große Gegner gewesen und die Markomannen waren ja auch Sueben, wir müssen deswegen aber nicht überall Sueben wähnen. Vielleicht war die eine oder andere versprengte suebische Gruppe auch mal dabei...
 
Sesithakus war mit Ramis, einer Chattin verheiratet. Beide wurden von Germanicus gefangen genommen. Bis zu diesem Moment war Ingomerus einer Römerfreund, was sich dann änderte. Letztendlich kämpft dieser auf der Seite Marbods gegen Arminius. Was soll man anderes daraus schlussfolgern?
 
Sesithakus war mit Ramis, einer Chattin verheiratet. Beide wurden von Germanicus gefangen genommen. Bis zu diesem Moment war Ingomerus einer Römerfreund, was sich dann änderte. Letztendlich kämpft dieser auf der Seite Marbods gegen Arminius. Was soll man anderes daraus schlussfolgern?
Ich kann deinem Gedankengang nicht ganz folgen. Was soll man daraus überhaupt schlussfolgern? Dass - nach deinem letzten Beitrag - das Ethnonyn Marser kein Ethnonym sei, oder dass - ebenfalls nach deinem letzten Beitrag - Sueben eine wichtige Rolle im Gebiet der Marser spielten?
 
Sesithakus war mit Ramis, einer Chattin verheiratet. Beide wurden von Germanicus gefangen genommen. Bis zu diesem Moment war Ingomerus einer Römerfreund, was sich dann änderte. Letztendlich kämpft dieser auf der Seite Marbods gegen Arminius. Was soll man anderes daraus schlussfolgern?
Wir wissen nicht, wann Sesithakus gefangengenommen wurde, nur dass er im Triumphzug des Germanicus (17 n. Chr.) mitgeführt wurde. Wir wissen also lediglich, dass die Gefangennahme irgendwann davor erfolgt sein muss.
Man kann natürlich mutmaßen, dass er mit dem in Tacitus, Annales 1,71, erwähnten, nicht namentlich genannten Sohn des Segimer identisch ist, aber als sicher annehmen kann man das wohl nicht. Immerhin erwähnt Tacitus, dass ihm Gnade gewährt wurde, was nicht so ganz zum Mitführen als Gefangener in einem Triumphzug passt, es sei denn, die erwähnte Begnadigung wäre erst danach erfolgt.
 
Zwei Hegemonen (Führer, Anführer) und ein Polemarchos (Kriegsherr, Kriegsführer) für die Cherusker gleichzeitig in nur einem Absatz bei Strabo. Was hat Strabo darunter verstanden? Was wissen wir über die Führungsstellen bei den Cheruskern? Leider hat Strabo seine Anwendung griechischer Begriffe auf germanische Verhältnisse nicht erklärt.

Tacitus nennt (für seine Zeit) reges (Könige), duces (Führer, Anführer, Herzog), sacerdotes (Priester) und principes (Erste, Fürsten). Nach seiner Darstellung ist der (vielleicht sogar jährlich) gewählte dux der Anführer für den Krieg. Die Priester leiten den Thing und sprechen Recht. Die gewählten Gaufürsten werden als Richter in "Gauen und Dörfern" charakterisiert. Könige hätten wenig Macht, bei den Gutonen und anderen östlichen Stämmen mehr. Das wurde alles als widersprüchlich bezeichnet, als noch moderne Vorstellungen oder saubere antike Kategorien vorausgesetzt wurden. Heute wissen wir, dass dies nicht so einfach ist. Die Ethnien werden ja nicht mehr als geschichtslos, sondern in dauernder Entwicklung gesehen. Es muss auch nicht überall alles gegeben haben. Und die Interpretationsschwierigkeiten habe ich selbst mal hier im Forum beschrieben.

Tacitus nennt Arminius ductor popularium (Führer des Fußvolks). Unschwer benennen wir ihn als dux, was mit Strabo übereinstimmt. Sein Onkel Inguiomerus übte anscheinend diesen Posten 15 n. Chr. aus und Arminius anscheinend wieder im Jahr 16. Was machen wir mit dem Hegemon/Anführer? Später sind Könige bei den Cheruskern. Allerdings war da der Adel ausgedünnt und Arminius wird vorgeworfen eine Königsherrschaft begründen zu wollen. Auch die Literatur scheint sich weitgehend einig zu sein, dass das Königtum bei den Cheruskern eine spätere Entwicklung ist. Im Sinne des Strukturalismus und Neoevolutionismus sind bei Stammesgesellschaften im Übergang zum Häuptlingtum Starke Männer zu erwarten, deren Macht evt. schon institutionalisiert wird. Das würde sowohl zu den Ersten des Tacitus als auch zu den Führern des Strabo passen. Je nach politischer Stimmung könnte sich ein anderer aus dieser Personengruppe als führend durchsetzen.

Und da gibt es noch vielmehr wenns, vielleichts und abers, aber das gehört nicht in einen Thread zu den sabellischen Marsern. Eines wird klar: Arminius war zeitweise dux der Cherusker. In seiner Interpretation sagt Strabo das direkt. Bei Tacitus ductor geht es um die Führung eines Hilfskontingents.Hier können wir diskutieren, ob er da als dux anzusprechen ist. Später füllt er diese Rolle bei Tacitus klar aus.* Auch wenn das nicht der Fall wäre, kann nicht einfach ein Stamm der Anti-Rom-Koalition herausgepickt werden, um Arminius mit Amt und Würden zu versehen.

Ein dux der Marser war nach Tacitus übrigens Mallovendus, der von Germanicus spätestens 16 n. Chr. gefangen genommen wurde.

Inguiomerus war Onkel des Arminius, nicht des Sesithakus / Sesithank. Und darüber, auf wieviel Romtreue die Segestes-Rede tatsächlich schließen lässt wurde sich hier im Forum schon mehrfach ausgetauscht.

Ach ja, die Stämme die unter Ariovist erwähnt werden, sind alle später noch zu lokalisieren. Einige trotz Caesars schöner Worte in Gallien. Auch hier muss nicht willkürlich ein Stamm herausgepickt werden.

*Die Antike war jährlich gewählte Beamte gewohnt. Theoretisch können sich die Titel auf den Zeitpunkt des Triumphs, bzw. der Gefangennahme beziehen.
 
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