Matrosenaufstand - Kommunisten

Wie wenig im Sommer 1917 Albin Köbis sich mit den politischen Gruppierungen und Pateien identifiziert zeigt die Aussage: "Wir wollen uns darüber klar sein, wir haben zu früh losgeschlagen. Wir hätten warten müssen, bis die ganze Flotte hinter uns steht.(...)Die Parteien werden uns nicht helfen. Wir müssen uns selbst helfen."
So will Köbis z.B., daß sich die Menagekommision dem Kapitän vorstellt und besteht während der Protestversammlung in Rüstersiel darauf, daß die dreistündige Kriegsbereitschaft eingehalten wird.
Er handelt nicht als Revolutionär, er entwickelt erst nach seiner Festnahme ein revolutionäres Bewußtsein.

Quelle:
Reimers, Das Bewältigen des Wirklichen; Das Drama: Feuer aus den Kesseln; Ernst Tollers

Somit gab es einen kleinen Kreis von Matrosen, die in Richtung revolutionären Aufstand agierten, doch der unpolitische Soldat wurde nach der Niederschlagung der Meuterei 1917 erst recht empfänglicher für das radikale Gedankengut der USPD.
 
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Vorausschickend: die Agitation lief nicht nur von linker Seiter, sondern auch durch staatliche Propaganda, die falsch zur Kriegslage unterrichtet.

Das würde ich etwas anders nuancieren: Die staatliche Propaganda - nebst bewusster Fehlinformation - war von Anfang an vorhanden, die Gegenpropaganda entwickelte sich später.
Literaturbeispiele:
- Mühsam: Wie wir belogen wurden. Die amtliche Irreführung des deutschen Volkes (1918)
- Koszyk: Deutsche Pressepolitik im Ersten Weltkrieg (1968)
- Deist: Militär und Innenpolitik im Weltkrieg (1970)

Hauptschaltstelle für Propaganda war, wie in der Vorkriegszeit, das Tirpitzsche "Nachrichtenbüro", später die Presseabteilung beim Admiralstab, beide - was die "Abwehr" von Gegenpropaganda betrifft - in Verbindung mit der Oberzensurstelle des Kriegspresseamtes.
 
Vorausschickend: die Agitation lief nicht nur von linker Seiter, sondern auch durch staatliche Propaganda, die falsch zur Kriegslage unterrichtet. Ein ganz prägnantes Beispiel ist die Marneschlacht, wozu nur genehmigte Darstellungen in die Öffentlichkeit gelangten (Stegemann etc., dagegen wurde eine vorherige andere Publikation - Name entfallen - beschlagnahmt).


Zur Agitation der USPD, das wurde beobachtet, berichtet und sehr ernst genommen:
14.6.1917 Schreiben OB an Militärbefehlshaber: Richtlinien für die Maßnahmen zur Unterdrückung der Agitation der USPD
7.8.1917: Bericht des Kommandos des IV.Geschwaders ... über Umfang und Organisation der sozialisitschen Propaganda ...
23.8.1917: Schreiben des Staatssekr. des Reichsmarineamtes: Maßnahmen gegen die Agitation der USPD durch Zeitungen und Flugblätter
26.9.1917: Verbot der Zeitungen der USPD, Staatssekr. des Reichsmarineamtes
30.10.1918: Rede Hippers: "In einen Teil der Besatzungen sind Gedanken hineingetragen ... Es tauchen auch Gerüchte auf ... Das sind Irreführungen, das sind unwahre Gerüchte.

QGPPP 2. Reihe, 1/II.

Auffallend, zwischen 26.9.17 und 30.10.18 nichts.
Und Hippers "Gerüchte, Irreführungen, unwahre Gerüchte" waren leider eben doch die Wahrheit.

Max von Baden in seinen "Erinnerungen"
Die Macht war den Marinebehörden entglitten, die Meuterer standen einen Augenblick verdutzt und ratlos vor der geschlagenen Autorität - Führer hatten sie nicht. Als Noske auf dem Bahnhof in Kiel eintraf, empfing ihn großer Jubel... Da erkannte Noske blitzschnell die Chance und Verpflichtung, die seine Volkstümlichkeit ihm gaben.

Richard Stumpf, Okt. 1918 Matrose, 1926 Sachverständiger des Reichstags:
... wie tief und breit tatsächlich die Kluft zwischen Offizieren und Mannschaften war, dass es keiner Agitation von außen bedurfte! Unsere herrliche Flotte ist tatsächlich an innerer Fäulnis zusammengebrochen; es ist sicher, dass der Stamm von innen heraus faul wurde.

Die ersten Forderungen der Revolution waren nach Stumpfs Darstellung die Abschaffung der Grußpflicht, mehr Urlaub, längeres Anlandbleiben.
 
Altes Thema, aber mich plagt eine Frage. Der Ursprung der Revolution in seiner direkten Aktion entsprang bei den Matrosen der Hochseeflotte, wen auch die Gründe des Einzelnen nicht immer politischen Ursprungs sein müssen, sondern einfach nur einen humanistischen Ursprung hatten.

Ab wann, hatte die USPD bzw. der Linke Rand der sozialdemokratischen Partei die Finger mit politischer Agitation im Spiel, die doch einfachen Probleme der Marineangehörigen auf den Lebensinseln der einzelnen Schiffe der Hochseeflotte so für sich einzusetzen, daß aus Humanismus Politik wurde?

Begann das erst im Jahr 1918 oder zumindest mit der Meuterei 1917?
 
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Eduard Bernstein spricht in seinem Buch über die deutsche Revolution von 1918/19 von einer Agitation der Spartakusleute im Oktober 1918 in ganz Deutschland, die immer radikaler geworden sei. Die USPD wäre dieser Linie gefolgt.

Ich nehme an, dass die Matrosen beim Landgang mit Vertretern der Spartakisten und der USPD in Kontakt kamen. Im Vordergrund stand ja auch bei der USPD die Forderung nach einem baldigen Frieden. Die "Bolschewisierung" der USPD begann meines Erachtens erst im März 1919. Und die Friedensfrage war auch für einfache Matrosen wichtig, wollten sie doch nicht für einen militärisch sinnlosen Angriff in letzter Minute ihr Leben riskieren. Und da Krieg oder Frieden eben auch mit der staatlichen Ordnung zusammen hängen, war dieses Problem eben eine politische Machtfrage.
 
Ab wann, hatte die USPD bzw. der Linke Rand der sozialdemokratischen Partei die Finger mit politischer Agitation im Spiel, die doch einfachen Probleme der Marineangehörigen auf den Lebensinseln der einzelnen Schiffe der Hochseeflotte so für sich einzusetzen, daß aus Humanismus Politik wurde?
Begann das erst im Jahr 1918 oder zumindest mit der Meuterei 1917?

Schwer zu sagen; nach den Dokumenten zum Parlamentarismus
Militär und Innenpolitik im ... - Google Bücher

und der Literatur:

Simsa: Marine intern: Entwicklung und Fehlentwicklung der deutschen Marine 1888-1939

...soll die USPD nach der Auffassung der Marine- und Reichsführung mit ihren Zeitungen und Schriften bereits wirksam gewesen sein.
 
...soll die USPD nach der Auffassung der Marine- und Reichsführung mit ihren Zeitungen und Schriften bereits wirksam gewesen sein.

Der oben erwähnte Befehl vom August 1917 listet auch über ein Dutzend Zeitungen auf, die USPD-gesteuert sein sollen; diese wurden verboten. Dabei wird von intensiver "Wühlarbeit" in der Kaiserlichen Marine gesprochen, die für die absinkende Moral verantwortlich sein soll.

Gleichlautende Anordnungen aus dem August 1917: Oberkommando Hochseeflotte und Befehlshaber Ostseestreitkräfte. Hier gingen also mehrere Befehlsstellen gleichzeitig gegen die USPD vor.
 
Vorab Danke silesia, für die Informationen. Daraus würde ich vorerst schließen, daß die Politisierung der Matrosen parallel mit der Abspaltung der USPD von den Sozialdemokraten einherging. Dabei wurden gezielt auf die Matrosen aufgebaut bzw. von den Werftarbeitern zu den Matrosen politisch gearbeitet um die Moral der Truppe zu untergraben?

Huch, kannst Du dir vorstellen, was ich gerade Denke, aber nicht ...:still:
 
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