Maximilian II. – Ein heimlicher Protestant auf dem Kaiserthron?

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Maximilian II., geb. 31. VII. 1527 Wien, gest. 12. X. 1576 Regensburg. Erzhzg. v. Österreich 1527, Königl. Prinz v. Ungarn u. Böhmen 1527, König v. Böhmen 1549, König v. Ungarn 1563, Röm. König 1562, Röm. Kaiser 1564, Regent v. Spanien 1548–51.

Sein letzter großer deutschsprachiger Biograph Viktor Bibl nannte ihn einen "rätselhaften Kaiser". Das war 1929. Seither erschien nur eine einzige weitere vollwertige Lebensbeschreibung dieses Habsburgers, vor nunmehr wiederum bereits zehn Jahren vorgelegt von Paula Sutter Fichtner.

Er war der Sohn Ferdinands I. und der Neffe Karls V., folglich der Cousin Philipps II. Im Gegensatz zu diesen ist er heute relativ unbekannt. Auch sein Sohn Rudolf II. dürfte landläufig eher geläufig sein. Zudem war er der Vater eines weiteren Kaisers, Matthias – der berühmte Bruderzwist im Hause Habsburg. Seine anderen Söhne Ernst, Maximilian III. und Albrecht VII. brachten es bis zum Statthalter der Niederlande bzw. Deutschmeister und polnischen (Gegen-)König bzw. bis zum Vizekönig von Portugal und Statthalter/Landesfürst der Niederlande.

Maximilian II. war augenscheinlich der einzige habsburgische Herrscher, der teilweise offen mit dem Protestantismus sympathisierte. Als Kaiser ist er trotzdem beim katholischen Glauben geblieben und schickte zwei seiner Söhne gar nach Spanien zu seinem ultrakatholischen Vetter zur Erziehung. Gleichwohl stand er für eine Ausgleichspolitik im Reich, die zumindest unter seiner Regierungszeit erfolgreich verlief. Außenpolitisch hat er wenig erreicht, die türkische Bedrohung war nach wie vor erschreckend.

Kann man ihn zu den bedeutenden Kaisern zählen? War er, der er für ein friedliches Nebeneinander der Konfessionen plädierte, seiner Zeit gar voraus?

Literatur:

BIBL, Viktor: Maximilian II. Der rätselhafte Kaiser – Ein Zeitbild, Hellerau bei Dresden 1929.
SUTTER FICHTNER, Paula: Emperor Maximilian II, New Heaven 2001.
 
Maximilian II. war augenscheinlich der einzige habsburgische Herrscher, der teilweise offen mit dem Protestantismus sympathisierte. Als Kaiser ist er trotzdem beim katholischen Glauben geblieben und schickte zwei seiner Söhne gar nach Spanien zu seinem ultrakatholischen Vetter zur Erziehung. Gleichwohl stand er für eine Ausgleichspolitik im Reich, die zumindest unter seiner Regierungszeit erfolgreich verlief. Außenpolitisch hat er wenig erreicht, die türkische Bedrohung war nach wie vor erschreckend.

Kann man ihn zu den bedeutenden Kaisern zählen? War er, der er für ein friedliches Nebeneinander der Konfessionen plädierte, seiner Zeit gar voraus?
Für mich wäre sein Vater Ferdinand aber mindestens genauso bedeutend. Er hatte den Ausgleich unter den Fürsten und gegenüber der antikaiserlichen Opposition herbei geführt. Das läutete vorerst eine zumindest teilweise friedliche Periode innerhalb des HRR ein. Der Augsburger Religionsfrieden fällt in seiner Herrschaftszeit als König.
z.B.: Declaratio Ferdinandea ? Wikipedia

Fraglich für mich wäre, in wie weit die tolerante Haltung von Dauer sein konnte.

Du nennst Maximilian II. evtl. einen heimlichen Protestanten auf dem Thron in Deiner Überschrift. Was spricht denn dafür? Hatte er dauerhaft engen Kontakt zu protestantischen Gelehrten oder las er vorzugsweise protestantische Abhandlungen?
 
Ferdinands I. Bedeutung wurde in den letzten Jahrzehnten vermehrt herausgestellt und nachdrücklich betont (zuletzt zum 500. Geburtstag 2003). Bis ins 19. Jh. stand auch dieser im Schatten Karls V. (und tut es irgendwie noch immer). Allerdings wurde seine Bedeutung als faktischer Schöpfer der Donaumonarchie bereits im 19. Jh. mehr und mehr erkannt. Sicherlich war er auch in religionspolitischer Hinsicht "zeitgemäßer" als Karl V. Er war mehr der Realpolitiker. Laubach, glaube ich, meinte in seiner großen Monographie über Ferdinands Kaiserjahre (1558–1564), daß Karl V. gleichsam der letzte Kaiser des Mittelalters gewesen sei, sein Bruder aber der erste der Neuzeit. Daß solche Zuordnungen schwierig sind, sahen wir zuletzt in einem anderen Thread. Tendenziell würde ich dem aber zustimmen. Schon Tyler betonte, daß Karl V. eben nicht im ersten Jahr des 16., sondern im letzten des 15. Jhs. geboren wurde. Ferdinand I. war dagegen eindeutig ein Kind des 16. Jhs.

Das Verdienst Maximilians II. ist es m. E., daß er die Toleranzpolitik seines Vaters erfolgreich fortgesetzt und sogar ausgebaut hat. Im Reich war er betont tolerant, in den eigenen Erblanden aber durchaus pro-katholisch. Ein merkwürdiger Widerspruch, wie sein ganzes Wesen.

Na ja, Maximilian II. wurde in seiner Jugend stark von protestantischen Erziehern beeinflußt. So blieb er ab 1555 kath. Abendmahlsfeiern, ab 1557 sogar allen Prozessionen fern. Der Vater duldete das zunächst, aber 1560 kam es zum Eklat, wo er ihm dezidiert mit Enterbung drohte. Nachdem ihm die protestantischen Reichsfürsten ihre Unterstützung quasi verwehrten, machte er einen Rückzieher. Danach hat vermied er solche Aktionen.

"Die histor. Forschung zu M. war in einem Ausmaß auf die religiöse Einstellung fokussiert, wie das für keinen anderen Ks. der dt. Geschichte gilt. Die Richtung gab Wilhelm Maurenbrecher mit einem Aufsatz in der Historischen Zeitschrift von 1874 vor. Maurenbrecher sprach Maximilian Begabung und polit. Bemühen keineswegs ab, aber seine Regierung sei »doch durch den Zwiespalt seines Denkens und seines Thuns ein wenig erfreuliches Bild von Halbheit und Zerfahrenheit und Inkonsequenz geworden« (Maurenbrecher 1874, S. 296). Mehr als hundert Jahre später kam Andreas Edel in einer umfassenden, quellengesättigten Studie zu einem prinzipiell gleichen Ergebnis. Die »Unentschlossenheit in konfessioneller Hinsicht« habe das ksl. Ansehen beschädigt und bewirkt, »daß Maximilian für beide Seiten unberechenbar blieb« (Edel, Kaiser, 1997, S. 457).
Es war der Konfessionalismus des Kaiserreichs, der nach 1874 die Fragestellung so einseitig auf die religiöse Überzeugung verengte, und es waren konfessionelle Positionen, von denen aus Felix Stieve und sein Schüler Otto Helmut Hopfen M. als »Kompromißkatholiken« bezeichneten, Robert Holtzmann und Viktor Bibl dagegen als heiml. Protestanten. Die für alle Forschungen maßgebende Frage, welcher Konfession M. eigentl. angehörte, ließ sich freilich nicht klären, was wohl das anhaltende Interesse bis hin zu Andreas Edel erklärt. Nur zögernd und erst seit den 1980er Jahren wandte sich die Forschung anderen Themen zu, der Kunst- und Kulturgeschichte (Kaufmann 1978, Lietzmann 1987, Louthan 1997), der europ. Politik (Bues 1984, 1998, Edelmayer 1988, 1999, Lavery 1997, 2000) sowie der Reichspolitik (Lanzinner 1993, 1994, Luttenberger 1994, Heil 1998). Editionen erschlossen neue Forschungsbereiche (Reichstag zu Speyer, 1988, Krönungen Maximilians II., 1990, Briefwechsel, 1997, Reichstag zu Augsburg, 2002). Insofern läßt sich heute die konfessionsbezogene Fixierung des Maximilianbildes überwinden, die in allen Biographien vorherrschend blieb (Holtzmann 1903, Bibl 1929, Fichtner 2001)."

Zitiert nach: "http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/Artikel/PDF/B_1_Maximilian_II.pdf"

Persönlich glaube ich, daß ihn die politische Realität des Reiches und die Verpflichtung gegenüber dem Erzhaus zwang, auf seinen persönlichen Protestantismus öffentlich zu verzichten. Innerlich ist er m. E. ein Lutheraner gewesen. Aber als Kaiser und "Schirmvogt der Heiligen Römischen Kirche" ging das eben nicht. Wäre natürlich allemal interessant gewesen, was passiert wäre, hätte er sich als Kaiser zum evangelischen Glauben bekannt. Vielleicht gar eine Entwicklung wie in England? Wer weiß ...
 
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