Mein 5-facher URgroßvater war Grenadier unter Oberst von Sch?

grenadier

Neues Mitglied
Ich würde gerne mehr über meinen 5-fachen Urgroßvater erfahren.

Er lebte von 1767 bis 1820 in Rödinghausen (heute im Kreis Herford in Nordrhein-Westfalen).

Zu seiner Hochzeit 1791 wurde im örtlichen Kirchenbuch vermerkt, dass er Grenadier unter einem Oberst v. Sch??? war.

Hier kann ich die betreffenden Buchstaben im Kirchenbuch leider nicht Zweifelsfall identifizieren. Ein Vorfahr von mir war mal der Meinung (und verschriftlichte dies), dass es sich um Oberst von Schenk handeln würde.

Zu diesem Oberst von Schenk konnte ich im Internet aber nichts finden, weshalb ich hier um Hilfe frage.

Kann jemand die betreffenden Stellen im Kirchenbucheintrag identifizieren?

Zu welcher Region und welcher Armee / Regiment wäre mein Vorfahr demnach zuzuordnen?

Hat jemand Tipps für mich, wo ich weitere Informationen über die Regimenter und vielleicht sogar über den betreffenden Oberst finden kann?

Über eure Hilfe würde nicht nur ich mich freuen, sondern zahlreiche Nachfahren in verschiedenen Ländern.
 

Anhänge

  • Kirchenbucheintrag 1791 september.png
    Kirchenbucheintrag 1791 september.png
    60,9 KB · Aufrufe: 480
Den Namen des Oberst würde ich "Scharz" lesen. Danach kommt noch ein "und" - wie geht es weiter? Kommt nun der Name der Braut?
Um eine Handschrift sicher lesen zu können, wäre es sehr hilfreich, möglichst viel Text zu haben. Eine Zeile ist schon sehr wenig.

"Schenk" kommt jedenfalls nicht in Frage.
 
Herford und Umland gehörten zum Kanton (Rekrutierungsbezirk) des Infanterieregiments No. 10, das in Bielefeld und Herford stationiert war.

Dessen Inhaber (in Preußen 'Chef') war damals Friedrich von Romberg. Der war aber Generalmajor. Das heißt, dass meist ein anderer für ihn sein Regiment befehligte, in Preußen der 'Kommandeur', in der Regel ein Oberst.

Da nun in den einschlägigen Werken meist nur die Chefs, aber nicht die Kommandeure angegeben sind, ist es schwer, den Namen zu identifizieren. Ein schlecht geschriebenes Schwarz, Schulten oder Scholten ergäbe alles Namen bürgerlicher Familien, die in preußischem Dienst nobilitiert wurden. Daher ist wohl einfacher, zu schauen, ob es in dem Infanterieregiment No. 10 einen Oberst oder Oberstleutnant entsprechenden Namens gab. Es liegt ja nahe, dass nahe am Standort oder im Kanton geheiratet wurde. Wenn er 1767-1820 in Rödinghausen geführt wird, sehe ich auch kein anderes Regiment als Möglichkeit, da schnelle Reisen nicht möglich waren. Der Kommandeur des Regiments in dieser Zeit dürfte ganz einfach in den Stadt- oder Kreisarchiven Herford, bzw. Bielefeld zu erfragen sein. Da wird auch bekannt sein, ob es eine Regimentsgeschichte gibt. Bei Wikipedia (hier zu No.10) sind die Schicksale der Grenadierbataillone (s.u.) gewöhnlich nicht berücksichtigt. Es wäre nett, wenn du uns über das Ergebnis berichtest.

Die älteren preußischen Infanterieregimenter bestanden damals aus 2 Bataillonen Musketiere und einem halben Bataillon Grenadiere. Die Bezeichnung Musketiere war zwar lange veraltet, doch behielten die vor Regierungsantritt Friedrich des Großen gegründeten Regimenter diese Bezeichnung als Auszeichnung gegenüber den neueren Füsilieren. Die Grenadiere bildeten im Ernstfall mit den Grenadieren eines anderen Regiments ein Grenadierbataillon. 1788-1799 allerdings, also in der fraglichen Zeit, gab es pro Regiment ein ganzes Grenadierbataillon. Diese Änderung wurde wegen der Verehrung der Institutionen des Alten Fritz durch Friedrich Wilhelm III. wieder rückgängig gemacht. 1806 wurden die Grenadiere von No. 10 zusammen mit denen von No. 41 unter Borstell eingesetzt.

Um Grenadier zu werden musste man mindestens 2 Jahre als Musketier gedient haben und als zuverlässig gelten. Dazu musste ein zukünftiger Grenadier als ausdauernd und angriffslustig gelten. Denn die Grenadierbataillone wurden in der preußischen Armee für die schwierigen und gefährlichen Aufgaben herangezogen, z.B. an den besonders gefährdeten Flanken eingesetzt. Da es eher auf Zähigkeit ankam, wurde bei ihnen auch nicht so sehr auf Größe geachtet und zeitweise sogar die kleineren Männer als Grenadiere bevorzugt. Granaten allerdings hatten die preußischen Grenadiere schon seit 1743 nicht mehr. Optisch unterschieden sie sich durch die hohe Grenadiermütze und dem granatenförmigen Messingabzeichen auf der Patronentasche von den Musketieren. Ihre Bataillone hatten keine Fahnen. Diese galten auch als psychologische Stütze. Daher war auch dies eine Auszeichnung der Grenadiere, die überdies den Grenadiermarsch schlagen durften, bei dem die Trommler abwechselnd auf die Haut und den Rand der Trommel schlugen.

(No. statt Nr. bezeichnet die alten preußischen Infanterieregimenter vor der Niederlage und Auflösung der altpreußischen Armee 1806. Diese Nummern sind im Nachhinein vergeben, zeitgenössisch wurden die Regimenter nach den Chefs bezeichnet. Die Angabe der Kommandeure, wie sie in Kirchenbüchern mitunter vorkommen sind daher wenig hilfreich.)

Wenn du herausgefunden hast, ob das mit No. 10 hinkommt, kann ich auch noch was zur Uniform schreiben. Gegenüber dem Musketier aus dem 7ährigen Krieg hier, hatte die nämlich 1791 einen anderen Schnitt.
 
Vielen Dank für diese sehr umfangreiche Antwort. Das Thema fasziniert mich mehr und mehr!
Die Hinweise und Gedankengänge erscheinen mir sehr schlüssig zu sein. Ich werde dann wohl mal die Archive kontaktieren. Die Übersicht der Bestände des Kommunalarchivs Herford scheint schon mal relevante Unterlagen aufzuzeigen.

Ich frage mich aber, ob ich dort dann auch gleich die Schicksale der Grenadierbataillone finden werde. Ist dies nicht eher etwas übergeordneter Art und würde sich dies dann nicht eher in einem zentraleren Archiv finden lassen?

An Informationen zur Uniform bin ich selbstverständlich auch sehr interessiert.

Scharz kann ich mit etwas Fantasie dort auch lesen. Das Argument, dass es einfacher wäre, wenn man mehr Text hätte erschließt sich mir sofort. Daher lade ich hier nochmal die ganze Kirchenbuchseite hoch. Vielleicht hilft das ja.
 

Anhänge

  • Kirchenbuchseite.jpg
    Kirchenbuchseite.jpg
    840,9 KB · Aufrufe: 488
Am 12. April taucht der Oberst noch einmal auf. Kann das Schaarn heißen Sepiola ?

(Die Soldaten brauchten eine Heiratserlaubnis. Die Kirchenbücher nennen den Offizier, der die ausgestellt hat. Da ist es schon mal etwas Glück, dass es der Oberst und kein Hauptmann war.)

Wenn das Regiment sicher ist, dann sind die Schicksale des entsprechenden Grenadierbataillons recht leicht zu ergründen, weil Preußen im 19. Jahrhundert entsprechende Werke herausgab, die in entsprechenden Universitäten vorhanden sind. Und falls es eine Regimentsgeschichte gibt, könnte die sogar in der Präsenzbibliothek der lokalen Archive stehen. Einiges gibt es auch digitalisiert. Warten wir also erst einmal ab.

Allein durch den Namen des Kommandeurs kann ich dir schon verraten, dass die Grenadiere des Regiments 1806 wahrscheinlich an der Schlacht bei Jena teilnahmen.
 
Am 12. April taucht der Oberst noch einmal auf. Kann das Schaarn heißen Sepiola ?

Sicher nicht. Der Mann eine Zeile drüber heißt doch wohl Franz Henrich Steinmeyer:

upload_2020-4-5_19-28-51.png



Weiter oben haben wir den Namen noch einmal, diesmal mit Doppel-a:

upload_2020-4-5_19-44-48.png


Ein -k würde ich aber nicht ausschließen, dann könnte man den Namen auch "v. Schaack" lesen.
 
Das könnte der Entscheidende Hinweis sein. Gerade weil es sich ja um einen "von ..." handelt, ist die Auswahl ja nicht all zu groß. Bei Wikipedia konnte ich Hartwig von Schack finden. Dort heißt es auch:
Am 18. April 1785 wurde er dann Kommandeur des Grenadierbataillons. Am 15. Juni 1786 wurde er dann Bataillonskommandeur. Aber schon am 4. Dezember 1786 wurde er als Kommandeur in das Grenadierbataillon „von Hundt“ versetzt. Dort wurde Schack am 6. Juni 1788 Oberstleutnant und am 27. August 1790 Oberst.

Regional würde ich behaupten, dass das hinkommt. Zeitlich passt es auch sehr gut. Außerdem ist der Sohn dieses "von Schack" mit 18 Jahren als Fähnrich im 10. Infanterieregiment gestorben, das wäre ja ein weiterer Hinweis. Jedoch konnte ich noch keine direkte Verbindung zwischen ihm und dem 10. Infanterieregiment finden.
 
Kleines Update:
Man recherchiert jetzt im Kommunalarchiv Herford mit meinen Angaben. Das kann wohl ein klein wenig dauern, aber sie melden sich ganz sicher wieder bei mir.
Grundsätzlich ist die Aktenlage für die Zeit wohl nicht ganz so prächtig, da durch zahlreiche Umzüge ein paar Akten verloren gegangen sind. Warten wir mal ab, was sich da ergibt.
 
@ Sepiola: Ich meinte nicht eine Zeile darüber, sondern ein ganzes Stück weiter oben unter 12. April. Aber mit dem z oder ck hast du natürlich recht. Ich dachte an ein gekürzte en, war den Tag aber nicht flexibel genug um die ganzen en und r zur Kenntnis zu nehmen.

@ grenadier : Doch, doch, das 10. Infanterieregiment ist gemeint.1746 war da Dietrich von Anhalt-Dessau Chef. Schack war also 1785/86 dort Kommandeur des Grenadierbataillons. Was die weitere Karriere angeht, widersprechen sich die Artikel über Schack und Hundt. Hundt habe das Grenadierbataillon von No.3, stationiert in Quedlinburg, erst 1791 aufgegeben. Da ist also irgendetwas durcheinander geraten. Vielleicht eine Verwechslung mit seinem Bruder Major Gustav Detlef von Hundt. (Kommandeur eines Grenadierbataillons war eine typische Dienststellung eines Majors. Er konnte aber auch Stellvertreter eines Kommandeurs sein.) Oder Schack war noch 1791 bei No. 10. Auch die Darstellung seines Karriereendes kann so nicht ganz korrekt sein. Die Artikel scheinen mir einfach leicht gekürzt kopiert worden zu sein, ohne dass die übriggebliebenen Sätze korrigiert wurden. Auch eine dreimalige Ernennung zum Bataillonskommandeur in 1,5 Jahren dürfte außergewöhnlich sein.

Aber auch Schacks gab es mehrere (nach Wikipedia):

Wilhelm Georg von Schack war 1791 Major im Regiment No. 5, stationiert in Magdeburg.

Friedrich Ludwig von Schack war 1791 Major im Regiment No. 48, stationiert in Wesel.

(Es wäre aber auch nicht undenkbar, dass ein Offizier ein oder zwei Soldaten bei einer Versetzung mitnahm.)
 
Dass es mehrere "von Schack" gab die auch militärisch in ähnlichen Bereichen aktiv waren habe ich auch gelesen. Jedoch würde doch die von dir angesprochene räumliche Nähe eher für das 10. Infanterieregiment sprechen, oder etwa nicht? Magdeburg und Wesel liegen, bezogen auf die damalige Reisegeschwindigkeit, doch mehrere Tage von Rödinghausen entfernt.

Aus dem Archiv in Rödinghausen konnte ich derweil zwar eine Antwort auf meine Rechercheanfrage erhalten, jedoch leider ohne genauere Angaben zu meiner Frage. Die Bestände des Kreisarchivs beginnen dort erst ab dem Jahr 1816 und im Kommunalarchiv Herford konnte die freundliche Mitarbeiterin nach einer ersten Recherche keinen "von Schack" finden.

Die Übersicht der Bestände im Archiv zur Garnision Minden-Ravensberg habe ich als Datei erhalten und hier als PDF-Datei angehängt. Das scheint mir aber nicht so hilfreich zu sein.

Außerdem hat mir die Mitarbeiterin noch einen Scan eines Artikels zu den Garnisonen in Minden-Ravensberg aus der Publikation „Minden-Ravensberg. Ein Heimatbuch“ von Eduard Schoneweg geschickt. Ich habe die Datei etwas verkleinert und hier ebenfalls als PDF-Datei angehängt. Da fehlt zwar scheinbar eine Seite und bei der anderen fehlen ein paar Zeilen, aber das wesentliche steht, denke ich, auf der letzten Seite.

Wenn ich das dort richtig verstehe, könnte es auch sein, dass der Oberst und damit mein Vorfahr im Regiment 41 war?

Zusätzlich wurde mir auch noch das Buch "Bibliographie des Kreises Herford" von Olaf Schirmeister aus dem Jahr 1992 und das darin befindliche Kapitel "Militaria- Wehrwesen" empfohlen. Darin befinden sich wohl weitere Hinweise auf Sekundärliteratur.

Wenn ihr nicht noch andere Ideen habt, wie ich weiter vorgehen kann, würde ich mir dieses Buch und ggf. die darin erwähnte Literatur besorgen um mehr herauszufinden.

Für andere und zusätzliche Vorschläge und Hinweise bin ich aber nach wie vor sehr dankbar.
 

Anhänge

  • Artikel_Schoneweg_1929_GarnisonenMindenRavensbergs_k.pdf
    688,1 KB · Aufrufe: 247
  • BestandsuebersichtKAH_Garnison_Herford_18Jh.pdf
    26,5 KB · Aufrufe: 442
Zurück
Oben