Migration - Chancen, Folgen, Abwehr, Verhinderung

rena8

Aktives Mitglied
Vorweg, die Frontexgrenze im Mittelmeer und die Flüchtlingsdramen treiben mich schon länger um. Aktuell bin ich ratlos.
Deshalb möchte ich mir einen Überblick verschaffen über Migrationen, die schon zur Geschichte gehören.

-Welche gab es, in welche Richtung, aus welchen Gründen?

-Wie sind die aufnehmenden Länder damit umgegangen?

-Wie wurde Migration verhindert, mit welchen Folgen?

-Kann man die Auswandererströme aus Europa im Zuge des Kolonialismus und der Zweitbesiedlung Amerikas/Australiens als Wirtschaftsmigration bezeichnen?

-Was können wir aus der Geschichte der Migrationen lernen?


Als erstes fallen mir die Mauern ein, die chinesische und die Ostblockgrenze. Wollten beide ein Wirtschaftsgefälle manifestieren? Waren diese Schutzmaßnahmen kurzfristig erfolgreich? Wie sind sie langfristig zu bewerten?
 
-Was können wir aus der Geschichte der Migrationen lernen?
diese Frage wird sich gewiß nicht einfach und auch nicht vollumfänglich beantworten lassen.

die Völkerwanderungszeit inklusive Zusammenbruch des weström. Reichs wird seit einiger Zeit auch unter den Gesichtspunkten Migration & Integration (letztlich gescheiterte Integration) von Historikern erforscht (Pohl, Geary, Wolfram, Todd)
 
Im Prinzip ist das Thema in mehrere Unterthemen aufgespaltet:
1.) Welche Push- und Pullfaktoren (Schub- und Sogfaktoren) hat es bei historischen Migrationsereignissen gegeben?
2.) Wie reagierten die Bewohner der Zielgebiete darauf bzw. wie reagierten staatliche Gebilde in den Zielgebieten darauf? Mit welchem Erfolg?
3.) Ist die Migration als erfolgreich anzusehen? Wurde das Problem gelöst?
Das ganze dann im transkulturellen Vergleich.

Zu 1.) Pushfaktoren werden bei Herodot bzgl. der von Phokaia ausgehenden griechischen Siedeltätigkeit im Mittelmeerraum beschrieben.
Caesar beschreibt bzgl. der Helvetier eher die Pullfaktoren.
Zu 2.) Bei Herodot werden Maßnahmen der Karthager und Etrusker, welche sich durch die phokaiische Siedeltätigkeit in ihren ökonomischen Interessen angegriffen sahen, beschrieben: Das ganze "endete" in der Seeschlacht von Alalia (Korsika).
Caesar nimmt die helvetische Migration als Anlass, sich Ruhm zu erwerben und sein prokonsularisches Gebiet zu erweitern. Sie ist der Auftakt zum zehnjährigen gallischen Krieg.
Zu 3.) Kanada, die USA, aber auch die hispanoamerikanischen Staaten, Australien und Neuseeland sind erfolgreich kolonisierte Gebiete, wobei es auch immer interne Migration gab, in den USA ist die Route 66 zum Symbol dieser internen Migration gewesen, etwa während der Great Depression oder während der trockenen Jahre, als v.a. Farmer des Mittleren Westens in Kalifornien ihr Glück suchten. Die Route 66 Historical Association, von dem ehemaligen Friseur Ángel Delgadillo gegründet, erinnert auch daran, wie die Migration für die Menschen am Wegesrand, eben die Friseure, Tankwarte, Bedienungen in den Imbissen etc. ein Auskommen bedeutete.
 
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Zu 3.) Kanada, die USA, aber auch die hispanoamerikanischen Staaten, Australien und Neuseeland sind erfolgreich kolonisierte Gebiete, wobei es auch immer interne Migration gab,...
Dabei wäre aber als Migration im Sinne der Fragestellung zunächst die von Europäern und ihren afrikanischen Co-Immigranten in von indigenen Völkern besiedelte Gebiete anzusehen.
Rena8 schrieb:
:grübel:Was können wir aus der Geschichte der Migrationen lernen?:grübel:
 
Danke beetle für die Links, sie beschreiben die aktuelle Situation in einem breiteren Kontext.

El Q., die Push- und Pullfaktoren sind im einzelnen zu prüfen, schon richtig.
Man könnte die Migration aus wirtschaftlichen Gründen aber auch vereinfachend erklären mit dem Gefälle zwischen armen und reichen Gebieten und Bevölkerungsüberschüssen. Wobei letztere nur dann zum Pushfaktor werden, wenn das Gebiet sie nicht mehr ausreichend ernähren kann, also wiederum Arm-Reich-Gefälle.
Und das hat es in der Geschichte immer gegeben, rückblickend sehe ich überall Migration.
Dekumatland, die Völkerwanderung ist eine große Migrationsphase, ausgelöst vom Wohlstand des römischen Reichs, das erst durch imperialistische Expansion selbst zu Wohlstand gekommen war. Das RR baute auch diverse Mauern, kurzfristig hatten die eine regulierende Wirkung. Langfristig taten sich die Migrationswilligen zusammen und überwanden die römischen Wälle.

Hilft uns also heute der Blick auf die römische Geschichte weiter?

Dabei wäre aber als Migration im Sinne der Fragestellung zunächst die von Europäern und ihren afrikanischen Co-Immigranten in von indigenen Völkern besiedelte Gebiete anzusehen.
Mir stellt sich die Frage, ob man Eroberungen nicht genauso als Migration betrachten muß, denn schließlich konnte Europa seine Bevölkerungsüberschüsse meist recht erfolgreich woandershin exportieren.
Wahrscheinlich auch kein europäisches Alleinstellungsmerkmal, von welchem Gebiet hat eine vergleichbare Massenauswanderung stattgefunden?
 
El Q., die Push- und Pullfaktoren sind im einzelnen zu prüfen, schon richtig.
Man könnte die Migration aus wirtschaftlichen Gründen aber auch vereinfachend erklären mit dem Gefälle zwischen armen und reichen Gebieten und Bevölkerungsüberschüssen. Wobei letztere nur dann zum Pushfaktor werden, wenn das Gebiet sie nicht mehr ausreichend ernähren kann, also wiederum Arm-Reich-Gefälle.

Der Pushfaktor Hunger ist sicher bis in die Neuzeit der Migrationsgrund Nr. 1 gewesen. Danach vermutlich die Habgier (Hunnen*, Mongolen*, Sueben...). Bei komplexeren Gesellschaften werden noch andere Gründe dazu gekommen sein.
Bei den Kimbern und Teutonen soll der Pushfaktor in einer Naturkatastrophe begründet gewesen sein. Die hat sicher in der Folge wieder zu Hunger geführt.

Bei den Hopi ist die Migration eines der Kernthemen ihres Mythos, allerdings ist die Begründung für die Migration der Wille der Götter: Die Hopi mussten - unter der Androhung eines Unglücks - erst zu den vier Enden der Welt wandern, bis sie sich (in der Mitte der Welt?) niederlassen durften. Das sagen die Hopi heute. In wie weit ihre Migration aber tatsächlich rituell begründet war, lässt sich heute wohl kaum noch wirklich sagen. Jedenfalls sind sie in ein Gebiet gezogen, welches nicht gerade vor Menschenfreundlichkeit strotzt. Und da sie Ackerbauern waren, sind sie auch nicht unbedingt in ein Gebiet gezogen, welches sich durch seine Fruchtbarkeit auszeichnet. Wiewohl die Hopi natürlich auf die Anasazi zurückgehen.

Ihre Nachbarn, die Apachen und die Navajo, die sprachlich zur athanapaskischen Sprachfamilie gehören und daher ursprünglich aus Westkanada stammen, haben dagegen meines Wissens keine richtigen Wandermythen, wobei sie von den Indianervölkern des us-amerikanischen Südwestens wohl diejenigen sind, die als letztes in ihre heutigen Siedlungsgebiete kamen (von den erzwungenen Migrationen der US-Indianerpolitik mal abgesehen).

*Hunnen und Mongolen waren natürlich Nomaden und wenn man Nomadisieren unter Migration fasst, dann ist Habgier natürlich kein Migrationsgrund mehr. Allerdings haben diese Völker ja ihre Weidegebiete, in denen sie zyklisch nomadisierten verlassen, um prestigeökonomisch nicht etwa ihr Auskommen zu sichern, sondern andere Bedürfnisse, nämlich nach Luxus und Macht zu befriedigen. Möglicherweise war trotzdem Hunger ein Auslöser, etwa weil die Herden zu groß wurden und sich in die Quere kamen oder weil, andersherum, Seuchen die Herden dezimierten und damit das sichere Auskommen erschwerten.
 
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Mir stellt sich die Frage, ob man Eroberungen nicht genauso als Migration betrachten muß, denn schließlich konnte Europa seine Bevölkerungsüberschüsse meist recht erfolgreich woandershin exportieren.

Ein Problem des Gleichgewichts zwischen der Bevölkerungsentwicklung und dem Produktivitätszuwachs bei der Nahrungsmittelerzeugung.

Thomas Robert Malthus ? Wikipedia

In diesem Sinne werden von machen Historikern auch der "Bevölkerungsüberschuss" während der napoleonischen Ära als ein Grund angesehen, die Napoleonischen Kriege durchzuführen. Man (also Napoleon) führte Krieg, weil es einfach genug Bevölkerung zum "verheizen" gab, als "Kanonenfutter".

In diesem Sinne fand die Migration ins "Nirvana" statt und das Problem von Malthus entspannt. Allerdings für Frankreich so nachhaltig, dass es der Bevölkerungsexplosion in Deutschland in der Folge hinterherlief.

Diese Logik, sofern man sie denn überhaupt für richtig hält, ergänzt durch die industrielle und militärische Revolution, kann problemlos über den WW1 und WW2 in die aktuelle Zeit verlängert werden.

Gleichzeitig macht die bisherige Diskussion m.E. aber auch deutlich, wie wenig brauchbar der Migrationsbegriff für die ganzen Prozesse ist, die unter diesen Begriff bisher subsumiert werden.

Die aktuelle Flüchtlingswelle als "Migration" zu bezeichnen und sie mit den "Hunnen" auf eine Stufe zu stellen, führt dazu, den Begriff sinnlos zu machen.
 
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In diesem Sinne werden von machen Historikern auch der "Bevölkerungsüberschuss" während der napoleonischen Ära als ein Grund angesehen, die Napoleonischen Kriege durchzuführen. Man (also Napoleon) führte Krieg, weil es einfach genug Bevölkerung zum "verheizen" gab, als "Kanonenfutter".

Dazu fällt mir diese, damals von lynxxx begonnene Diskussion ein: http://www.geschichtsforum.de/f83/g...end-berschu-erkl-rung-f-r-kreuz-ge-usw-15346/

Die aktuelle Flüchtlingswelle als "Migration" zu bezeichnen und sie mit den "Hunnen" auf eine Stufe zu stellen, führt dazu, den Begriff sinnlos zu machen.
Natürlich handelt es sich um Migration - um was sonst? Und dass Migrationen immer gleich abliefen, kann man auch nicht sagen. Sie können vom allmählichen, kaum bemerkten einsickern, tröpfelnd von Statten gehen, in Wellen, oder eben als Eroberungen.
Ich habe keine Behauptung dergestalt abgeliefert, dass die aktuelle Flüchtlingswelle mit dem Hunnensturm vergleichbar wäre.
 
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Vorweg, die Frontexgrenze im Mittelmeer und die Flüchtlingsdramen treiben mich schon länger um. Aktuell bin ich ratlos.
Deshalb möchte ich mir einen Überblick verschaffen über Migrationen, die schon zur Geschichte gehören.

-Welche gab es, in welche Richtung, aus welchen Gründen?

Wanderungen von Völkern, Stämmen oder bestimmten Bevölkerunsgruppen gibt es seit ewigen Zeiten. Schon die altsteinzeitlichen Horden oder Clans zogen als Nomaden durch die Welt und folgten dem Wild oder sonstigen ergiebigen Nahrungsquellen. Die Hebräer wanderten nach Palästina ein, weil sie dort das "Gelobte Land" zu finden hofften, das ihnen Jehova versprochen hatte.

Die Griechen schwärmten seit etwa 800 v. Chr. über das ganze Mittelmeer aus und gründeten an seinen Ufern Kolonien oder Pflanzstädte. Die Gründe waren Übervölkerung im Heimatland, Benachteiligung Zweitgeborener und sicher auch Abenteuerlust. Ähnlich sah das bei den Phöniziern aus, die rund ums Mittelmeer Kolonien gründeten, als prominenteste Karthago. Ferner wanderten keltische Stämme seit dem 5. Jh. v. Chr. über halb Europa, Turkstämme migrierten von ihren Sitzen in Zentralasien seit dem 6. Jh. n. Chr. bis nach Vorderasien, ihnen folgten nomadische Reitervölker wie Hunnen, Awaren, Ungarn oder Mongolen.

In nahezu allen Fällen ging es darum, Lebensverhältnisse zu verbessern oder - im Fall der Reitervölker - sesshafte Zivilisationen auszuplündern und an ihrem Luxus teilzuhaben. Das gilt ähnlich auch für die Stämme oder Bevölkerungsgruppen der germanischen Völkerwanderung oder für die slawische West- und Südwanderung, bei der sowohl kriegerische als auch friedliche Gruppen den Balkan und Teile Mitteleuropas besetzten und besiedelten.

In späterer Zeit ist die Expansion der Araber mit einer kriegerischen Migration vergleichbar, bei der es in erster Linie darum ging, eine neue Religion zu verbreiten. Das hatte es in der Vergangenheit nicht oder kaum gegeben, denn die Welt war polytheistisch. Ob man die Kreuzzüge und die von ihnen gegründeten Kreuzfahrerstaaten als "Migration" bezeichnen kann, sei dahingestellt.

In neuer Zeit ist die Einwanderung ins Ruhrgebiet ein Phänomen. Ab den 1880er Jahren setzte eine Massenzuwanderung aus den östlichen Provinzen ein. Diese Zuwanderung hielt bis zum Ersten Weltkrieg an. "Das Ruhrgebiet lockte mit seinem explosionsartigen Wachstum Millionen von Menschen mit der Aussicht auf gutes Geld für harte Arbeit. Zwischen 1852 und 1925 vervielfachte sich die Bevölkerung im Revier von ca. 375.000 auf über 3,7 Millionen Menschen. Die meisten von ihnen kamen aus ländlichen Regionen, zunächst aus der unmittelbaren Nachbarschaft, dann aus den angrenzenden deutschen Ländern, schließlich aus dem Ausland."

-Wie sind die aufnehmenden Länder damit umgegangen?

Bei den von mir genannten Beispielen kam es fast stets zu Konflikten mit der altansässigen Bevölkerung. Diese Phase dauerte unterschiedlich lange, bis schließlich eine Verschmelzung der Zugewanderten mit den Autochthonen erfolgte. Eine Ausnahme bei meinen Beispielen bilden die Menschen, die ins Ruhrgebiet migrierten. Sie folgten dem Ruf einer rasch wachsenden Schwerindustrie, die händeringend Arbeiter im ziemlich dünn besidelten Raum ihrer Standorte suchte.
 
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Vulkanausbrüche: Push- oder Pullfaktoren

Manche Naturereignisse können sich Push- und Pullfaktoren auswirken.
Bekanntestes Beispiel für einen Vulkanausbruch als Push-Faktor dürfte der Vesuvausbruch 79 n. Chr. sein. Die Überlebenden, die nach dem Ausbruch zurückkehrten fanden eine nach dem Regen undurchdringliche Bimssteinschicht vor (die überdies noch eine Decke von mehreren Metern über der Stadt bildete) und gaben ihre Versuche, die Stadt freizulegen bald wieder auf. Später wurden die Hänge des Vesuv dann besiedelt, weil sie besonders fruchtbar waren. Ein Grund, warum die Grabungen in Herculaneum nicht weitergeführt werden ist ja gerade der, dass dort Menschen siedeln, weil das Gebiet - so lange der Vesuv nicht ausbricht - sehr attraktiv ist.
Ähnliches ist auch in den San Francisco Mountains in Nord-Arizona passiert. Dort kam es 1064/65 zu einem Vulkanausbruch, in dessen Folge die heute als Wupatki bezeichnete Siedlung wuchs. Die Annahme der Archäologen: Aufgrund der besseren Wasserspeicherfähigkeit vulkanischer Ablagerungen wurde das Gebiet fruchtbarer und damit für die Ackerbauern im trockenen Südwesten der USA umso attraktiver.
 
Als spezielles Thema der Deutschen Teilung habe ich die Problematik - http://www.geschichtsforum.de/f46/west-ost-fl-chtlinge-46965/#post688860 - als umgekehrte "Flucht" aufgegriffen.

Aber eine ganze andere Frage. In wie weit ist die Auswanderungswelle im Mitte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nach den USA vergleichbar, mit der Auswanderung nach den 1950iger Jahren zu vergleichen. Vor allem mit Blick auf die Aufnahmewilligkeit der Ziel-Nationen?
Und wie steht es um die Begrifflichkeit Auswanderung und Umsiedlung?
 
Die Überlebenden, die nach dem Ausbruch zurückkehrten fanden eine nach dem Regen undurchdringliche Bimssteinschicht vor (die überdies noch eine Decke von mehreren Metern über der Stadt bildete) und gaben ihre Versuche, die Stadt freizulegen bald wieder auf.

Bei Wikipedia ist von einer 25 m starken Decke die Rede:
Pompeji lag über 1500 Jahre lang unter einer bis zu 25 Meter hohen Decke aus vulkanischer Asche und Bimsstein begraben.
Pompeji ? Wikipedia
 
Deshalb möchte ich mir einen Überblick verschaffen über Migrationen, die schon zur Geschichte gehören.

-Welche gab es, in welche Richtung, aus welchen Gründen?
-Wie sind die aufnehmenden Länder damit umgegangen?
-Wie wurde Migration verhindert, mit welchen Folgen?

-Was können wir aus der Geschichte der Migrationen lernen?

Migration ist m.E. ein Normalzustand der Menschheitsgeschichte. Sollte man im Hinterkopf behalten. Eine Übersicht über alle Migrationen ist daher ein engagiertes Vorhaben. Du zielst mit deiner Frage wahrscheinlich eher auf erfolgreiche oder mindestens spektakulär gescheiterte Migrationsbewegungen ab. Kann man machen.<?xml:namespace prefix = "o" ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>

Vielleicht ist es aber einfacher sich über eine Eingrenzung dem Phänomen anzunähern. Persönlich finde ich, die britischen Inseln sind da ganz gut geeignet.<o:p></o:p>

- Zuwanderung von Eiszeitjägern, die die Megalith-Kultur von Stonehenge schufen<o:p></o:p>
- später die Übernahme der keltischen Kultur, vielleicht durch Elitenmigration, möglicherweise sogar ganz ohne physische Zuwanderung<o:p></o:p>
- dann die spektakuläre aber letztlich erfolglose Zuwanderung der Römer<o:p></o:p>
- die Landnahme der Angeln und Sachsen. Interessant ist, dass die Forschung sich nicht sicher ist, ob hier tatsächlich Menschenmassen nach Britannien geströmt sind, oder ob auch hier nur germanische Adlige und Krieger die Macht übernommen und eine kontinentale Kultur installiert haben - Elitenmigration<o:p></o:p>
- dann wieder eine erfolglose Migration: die Zeit des Danelag, die Zuwanderung der Wikinger nach Britannien. Letztlich wurde GB nicht skandinavisch, die Nordmann-Siedler wurden zu Angelsachsen. Hätte aber auch anders kommen können.<o:p></o:p>
- Vielleicht ist es tatsächlich anders gekommen: schließlich haben die zuwandernden Normannen nach Hastings die Macht übernommen<o:p></o:p>
- Von Beginn der Kolonialzeit bis heute, 13 Uhr, ständige Zuwanderung aus allen Teilen der Erde. Mit deutlichen Wirkungen auf die Gesellschaft, bisher noch mit wenig Außenwirkung auf das politische System. Weniger geschwollen: es gab noch keinen Premier, der Patil hieß. Aber immerhin schon einen Dodi, der reich und prominent genug war, einer Prinzessin nahe zu rücken<o:p></o:p>
 
- später die Übernahme der keltischen Kultur, vielleicht durch Elitenmigration, möglicherweise sogar ganz ohne physische Zuwanderung<o:p></o:p>
Das mag ja in den Bereichen der Sachkultur plausibel sein, aber man muss sich schon fragen, wie sich die Sprache so ganz ohne physische Zuwanderung durchsetzen konnte. Eine Sprache übernimmt man nicht so leicht, wie handwerkliche Techniken.

- dann wieder eine erfolglose Migration: die Zeit des Danelag, die Zuwanderung der Wikinger nach Britannien. Letztlich wurde GB nicht skandinavisch, die Nordmann-Siedler wurden zu Angelsachsen. Hätte aber auch anders kommen können.<o:p></o:p>
Wieso ist das dann eine "erfolglose Migration"? Das ist eine seltsame Definition von Migration, wenn man annimmt, dass sie nur dann erfolgreich sei, wenn der Betreffende nicht bloß ankommt, sondern gleichsam dem Land seinen Stempel aufdrückt. "Die Nordmann-Siedler wurden zu Angelsachsen" impliziert doch, dass sie assimiliert wurden. Das würde ich als eine Form von erfolgreicher Migration bezeichnen.
Erfolglos wäre, sie wären gescheitert, also bei dem Versuch der Migration gestorben, zur Umkehr gezwungen oder wieder vertrieben. Es gibt im Übrigen eine Behauptung britischer Sprachhistoriker - von der ich gleichwohl nicht sonderlich viel halte - dass das englische eigentlich eher dem skandinavischen Zweig der germanischen Sprachen, nicht dem norddeutschen, zuzuordnen sei.
 
Das mag ja in den Bereichen der Sachkultur plausibel sein, aber man muss sich schon fragen, wie sich die Sprache so ganz ohne physische Zuwanderung durchsetzen konnte.

"Historiker und Anthropologen finden keine Beweise für eine größere Einwanderung von Kelten auf die Britischen Inseln." Geo Epoche, 47 Die Kelten, Januar 2011.

Eine Sprache übernimmt man nicht so leicht, wie handwerkliche Techniken.

Widerspruch: Unsere Eliten in Wirtschaft und Forschung kommunizieren weitgehend in Englisch. Noch eklatanter ist das in Indien und vielen Teilen Asiens und Afrikas. Im Römischen Imperium war Latein angesagt. Die Handelssprache Suaheli überlagert in Afrika viele Dialekte. Ähnliches gilt für Französich oder Kreol.Wir reden schwäbisch, schreiben hochdeutsch.

Ich würde sagen, außer der Grippe breitet sich nichts schneller aus als eine erfolgreiche Sprache.


Das würde ich als eine Form von erfolgreicher Migration bezeichnen. Erfolglos wäre, sie wären gescheitert, also bei dem Versuch der Migration gestorben, zur Umkehr gezwungen oder wieder vertrieben. Es gibt im

Okay
 
"Historiker und Anthropologen finden keine Beweise für eine größere Einwanderung von Kelten auf die Britischen Inseln." Geo Epoche, 47 Die Kelten, Januar 2011.

"Keine größere Einwanderung" und "ganz ohne physische Einwanderung" sind allerdings zwei paar Schuhe. Die britischen Inseln waren nicht besonders dicht besiedelt, da mag eine kleine Einwanderung schon ausgereicht haben, um die Bevölkerung zu keltisieren. Wo soll die Sprache hergekommen sein? Göttlich inspiriert?

Widerspruch: Unsere Eliten in Wirtschaft und Forschung kommunizieren weitgehend in Englisch. Noch eklatanter ist das in Indien und vielen Teilen Asiens und Afrikas. Im Römischen Imperium war Latein angesagt. Die Handelssprache Suaheli überlagert in Afrika viele Dialekte. Ähnliches gilt für Französich oder Kreol.Wir reden schwäbisch, schreiben hochdeutsch.
Weil Englisch weltweit Fremdsprache Nummer 1 ist und weltweit an Schulen und Universitäten (teilweise sogar schon in Kindergärten) gelehrt wird. Weil es ein Wert ist, sich international verständigen zu können. Nehmen wir noch einmal das Szenario an, England sei sprachlich keltisiert worden, ganz ohne keltische Einwanderung: Woher kam die Sprache? Wie haben die Menschen sie gelernt? In welchen Einrichtungen, auf welchen Schulen?
Und zwar kein Pidgin, welches man mit Händlern spricht, sondern eine Sprache, welche die vorkeltische Muttersprache gänzlich ersetzen konnte?! (Mit Ausnahme des Piktischen, welches erst später ausstarb.)
 
Seh ich kein Problem. Die alten steinzeitlichen Sprachen waren in ihrer Verbreitung eng regional begrenzt, hatten einen beschränkten Wortschatz, für viele Neuerungen in Handel und Technik keine Ausdrücke, wahrscheinlich kein vernünftiges Zahlensystem, vielleicht wenig Möglichkeiten Zeitabläufe darzustellen u.ä.

Warum sollten die nicht aussterben? Passiert heute doch auch ständig mit Dialekten.
 
Du zielst mit deiner Frage wahrscheinlich eher auf erfolgreiche oder mindestens spektakulär gescheiterte Migrationsbewegungen ab. Kann man machen.<!--?xml:namespace prefix = "o" ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /--><o:p></o:p>

Hier würde mich interessieren, was du unter einer "erfolgreichen" und unter einer "gescheiterten" Migration verstehst. Erfolgreich kann eine Zuwanderung auch dann sein, wenn die Zugewanderten mit der einheimischen Bevölkerung verschmelzen und bei diesem Prozess ihre Sprache aufgeben.

später die Übernahme der keltischen Kultur, vielleicht durch Elitenmigration, möglicherweise sogar ganz ohne physische Zuwanderung<o:p></o:p>

Wie eine Keltisierung ohne Einwanderung von Kelten möglich sein soll, ist zumindest erklärungsbedürftig. Nachweislich gab es auf den Britischen Inseln keltische Stämme und eine keltische Kultur.

- die Landnahme der Angeln und Sachsen. Interessant ist, dass die Forschung sich nicht sicher ist, ob hier tatsächlich Menschenmassen nach Britannien geströmt sind, oder ob auch hier nur germanische Adlige und Krieger die Macht übernommen und eine kontinentale Kultur installiert haben - Elitenmigration<o:p></o:p>

Das Ausmaß der angelsächsischen Einwanderung ist in der tat umstritten. Sie muss allerdings beträchtlich gewsen sein, da es den Sachsen gelang, die Kelten in mehreren Schlachten zu schlagen und in westliche Rückzugsgebiete zu verdrängen. Damit verbunden war die rasche Verbreitung des Altenglischen. Erstaunlicherweise haben sich vom Keltischen nur ganz geringe Spuren in der englischen Sprache erhalten, während das Lateinische und damit die römische Zivilisation viel stärker präsent sind.

Kulturwandel und Sprachwechsel unter dem Druck der Elite wird eher mit der Eroberung Britanniens durch die Normannen nach der Schlacht bei Hastings im Jahr 1066 verbunden. Die eingewanderte normannische Elite bildete eine von den Dänen und Angelsachsen abgegernzte Oberschicht, die mit dem Anglonormannischen eine romanische Sprache sprach.

Allerdings konnten die Anglonormannen ihre Sprache auf Dauer nicht durchsetzen und mit dem Verschmelzen von Angelsachen, Dänen und Anglonormannen im 12./13. Jh. verschwanden auch die Gegensätze zwischen den drei Bevölkerungsgruppen. - Im übrigen ein schönes Beispiel für Migration, die in einen Assimilationsprozess mündete.
 
Zuletzt bearbeitet:
ich kann noch Buchtipps anbieten:

Hinrichs, Uwe "Multi-Kulti-Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert"
C.H. Beck Verlag; ISBN 978-3-406-65630-9 (erschienen 26.08.2013)

Oltmer, Jochen "globale Migration - Geschichte und Gegenwart"
C.H. Beck Verlag; ISBN 978-3-406-64092-6 (erschienen 23.08.2012)
 
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