Minimumfaktor Mensch

Repo

Aktives Mitglied
Aus allen Kulturen mit einer gewissen Schriftlichkeit sind ganz erstaunliche frühe Erfindungen bekannt, die bei den Zeitgenossen keinerlei Interesse fanden.
Ähnliche Erkenntnisse liefert auch die Spatenforschung, siehe Rad in Südamerika. Oder die Röhrenkennzeichnung bei den Römern. Die alles benötigte für den Druck mit beweglichen Lettern vorweg nahm.

In einem anderen Thread habe ich von der Bandmühle geschrieben, die 200 Jahre benötigte, bis die schlimmsten Widerstände aufhörten.
(Von dem Ausdruck Mühle darf man sich nicht stören lassen, so wurde im 17.+18. Jahrhundert alles mit externem Antrieb bezeichnet, sehe auch die englische Bezeichnung "Mill" für Fabrik.)

Auch in anderen Bereichen taucht dieses Phänomen auf, so erinnere ich mich an diverse "Managementlehren" der 80er, in denen unisono behauptet wurde, "wenn dem Käufer usw. Vorteile/Lösungen seiner Probleme geboten werden, wird sich dies am Markt unausweichlich durchsetzen".


Ich möchte deshalb hier die These aufstellen, dass der entscheidende Faktor für technische Erfindungen, für Innovationen aller Art der Mensch ist.
Der aus den verschiedensten Ängsten und Befürchtungen heraus, oftmals für Jahrtausende den Wert einer Innovation nicht erkannte.

Wäre schön, wenn dies lebhaft diskutiert werden könnte.
 
Ich sehe das etwas anders.
Es mag sein,daß eine einzelnme Erfindung eines einzelnen Erfinders sich nicht oder nur sehr spät durchsetzen konnte, aber an der Lösung eines technischen Problems arbeiteten ja meist mehrere Erfinder teilweise mit sehr unterschiedlichen Lösungsansätzen. Als entscheidenden Faktor würde ich daher das Bewußtsein für ein technisches Problem sehen.
Beispiel :problem-FahrzeugAntrieb ohne tierische Kraft
Lösungen: Segel/Windantrieb-Prärieschoner,Eissegler,Strandsegler
Mechanische Antriebe durch Federn -Federwagen
Fahrrad,Tretwagen
Dampfantrieb-Lokomotive,Dampfwagen
Antrieb mit Erdölprodukten: Automobil,Motorrad
Antrieb mit Elektrizität: Straßenbahn,E-Lok,Elektromobil
Solarmobile
Zu jedem dieser Lösungsansätze gibt es wiederum mehrere Lösungsmodelle und Erfinder, die auch je nach Zeit und technischem Fortschritt variieren können.
 
Zwei Vorraussetzungen müssen gegeben sein, damit Erfindungen sich durchsetzen:
Es muß ein Leidensdruck im Markt sein, d.i. genug Leute müssen mit einer bisherigen Problemlösung unzufrieden sein oder es tritt ein ganz neues Problem auf.
Die Infrastruktur für die Erfindung muß vorhanden sein /scheinbar leicht realisierbar sein.

Sind dann gefühlt unzureichende Lösungen bekannt, setzt sich die Erfindung sicher durch, ist es ganz was neues, wird´s schwer.
 
An genau dieser Stelle berücksichtigst du den "Minimumfaktor Mensch" nicht. Der Mensch ist zwar ein vernunftbegabtes Wesen, das bedeutet aber nicht, dass er sich auch immer entsprechend den Gesetzen einer solchen übergeordneten Rationalität verhält.

Mein Schwager vor vor einigen Jahren geschäftlich in Japan. Als er zurück kam, erzählte er etwas von Minicomputern, die im Prinzip nichts konnten, als etwas zu simulieren und den Menschen mehrmals täglich aufzufordern, etwas zu tun. Wenn der Mensch das nicht tat, gingen sie kaputt.
Diese Minicomputer simulierten Haustiere, die gefüttert und gestreichelt werden wollten. Dazu musste der Mensch diverse Knöpfchen drücken.
Wir haben uns an diesem Tag köstlich über die technikverrückten Japaner amüsiert.
...
...
...
Ein halbes Jahr später war Deutschland im Tamagotchi-Wahn :nono:
 
Wieso?
Tamagotchi:
Der Mensch möchte etwas "betüdeln", pflegen-> Haustier
Haustiere machen Dreck-> kein Haustier
Problem :Wie befriedige ich den Pflegetrieb und behalte eine saubere Wohnung/Schade niemanden?

Lösung-> Tamagotchi-> nicht so das wahre-> keine Tamagotchis mehr, weil der Pflegetrieb doch nicht auf Dauer befriedigt wird.
 
An genau dieser Stelle berücksichtigst du den "Minimumfaktor Mensch" nicht. Der Mensch ist zwar ein vernunftbegabtes Wesen, das bedeutet aber nicht, dass er sich auch immer entsprechend den Gesetzen einer solchen übergeordneten Rationalität verhält.

Mein Schwager vor vor einigen Jahren geschäftlich in Japan. Als er zurück kam, erzählte er etwas von Minicomputern, die im Prinzip nichts konnten, als etwas zu simulieren und den Menschen mehrmals täglich aufzufordern, etwas zu tun. Wenn der Mensch das nicht tat, gingen sie kaputt.
Diese Minicomputer simulierten Haustiere, die gefüttert und gestreichelt werden wollten. Dazu musste der Mensch diverse Knöpfchen drücken.
Wir haben uns an diesem Tag köstlich über die technikverrückten Japaner amüsiert.
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Ein halbes Jahr später war Deutschland im Tamagotchi-Wahn :nono:


Da versteht mich einer.

2. Beispiel "hochgesetzte Zusatzbremsleuchten" Ende der 70er Jahre.
Es waren zwei Leuchten, mit irgendwelchen komischen Plastikhaltern vor die Heckscheibe geklemmt. sooft der Fahrer das Bremspedal berührte, wurde es im Autoinnenraum knallrot.
Die Fachleute allesamt konnten sich nicht halten vor lachen....
Es wurde ein gigantisches Geschäft, zeitweilig hatte jedes 3. Auto die Dinger drin. Bei damals auch schon 20 Millionen Autos kann man sich die Dimension errechnen.
Ein halbes Jahr später waren alle aus den Autos wieder verschwunden....
 
An genau dieser Stelle berücksichtigst du den "Minimumfaktor Mensch" nicht. Der Mensch ist zwar ein vernunftbegabtes Wesen, das bedeutet aber nicht, dass er sich auch immer entsprechend den Gesetzen einer solchen übergeordneten Rationalität verhält.

Ganz richtig, und das gilt nicht nur für die Konsumenten, sondern auch für die Unternehmer bzw. Träger der Innovation.

Ich musste bei der Bemerkung an Schumpeters Erklärungen von "Innovationen" denken, und an seine Unterscheidung von Unternehmer und "Wirte". Unabhängig von der Tragweite dieses Ansatzes erklärt er Entwicklungsleistungen bzw. Innovationen nicht hauptsächlich mit rationaler Ökonomie und Eigenem Nutzen, sondern mit psychologischen Motiven (die man allerdings auch in eigenen Nutzen überführen könnte, aber da sind die Psychologen gefragt). Der Faktor betrifft die ökonomische Seite der Durchsetzung von Innovationen.
 
Vor ca. 20 Jahren las ich im Thrasher, einem Skateboard-Magazin eine Bemerkung, die ganz ähnlich von Repos Eingangsbeitrag ist: Wie kann es sein, dass ein so unkompliziertes Fortbewegungsmittel wie das Skateboard erst nach Autos, Flugzeugen und Raketen erfunden wurde? Bzw. sich erst so spät durchgesetzt hat.

Die Antwort - die in dem entsprechenden Beitrag meiner Erinnerung nach nicht gegeben wurde - ist einfach [und] banal: Weil das Skateboard nur auf einer glatten Unterfläche, also asphaltierten Straßen "funktioniert".

Insofern muss man die Antwort auf die Eingangsfrage vielleicht etwas modifiziert sehen: Die Zeit war für diverse Erfindungen noch nicht reif, nicht, weil die Menschen noch nicht dafür reif waren, sondern weil die Erfindung in einem Kontext gemacht wurde, indem sie noch nicht wunschgemäß funktionieren konnte. Die Umwelt war noch nicht reif (Skateboard auf Kopfsteinpflaster oder Sommerweg ist bescheiden).
 
Vor ca. 20 Jahren las ich im Thrasher, einem Skateboard-Magazin eine Bemerkung, die ganz ähnlich von Repos Eingangsbeitrag ist: Wie kann es sein, dass ein so unkompliziertes Fortbewegungsmittel wie das Skateboard erst nach Autos, Flugzeugen und Raketen erfunden wurde? Bzw. sich erst so spät durchgesetzt hat.

Die Antwort - die in dem entsprechenden Beitrag meiner Erinnerung nach nicht gegeben wurde - ist einfach [und] banal: Weil das Skateboard nur auf einer glatten Unterfläche, also asphaltierten Straßen "funktioniert".

Insofern muss man die Antwort auf die Eingangsfrage vielleicht etwas modifiziert sehen: Die Zeit war für diverse Erfindungen noch nicht reif, nicht, weil die Menschen noch nicht dafür reif waren, sondern weil die Erfindung in einem Kontext gemacht wurde, indem sie noch nicht wunschgemäß funktionieren konnte. Die Umwelt war noch nicht reif (Skateboard auf Kopfsteinpflaster oder Sommerweg ist bescheiden).


Bestimmt auch ein Faktor.
Aber: Die Clara Benz (Frau des Karl) hat ausführlich beklagt, dass sie und ihr Mann nicht 60 Jahre früher lebten. Als die Straßen noch nicht der Eisenbahn geopfert waren, und viel "Autogerechter" gewesen wären.

Wenn man dann sieht, mit wieviel Aufwand ein völlig neues Verkehrsmittel, die Eisenbahn, geschaffen wurde, und auf der anderen Seite dem Dampfwagen, der die vorhanden guten Straßen (Maßstab 1820) ja nutzen hätte können, alle möglichen Hindernisse in den Weg geschmissen wurden.
Kann man erkennen, dass da noch weitere Faktoren ins Spiel kommen.


Zum Skateboard: Wie lange gibt es glatte Teerstraßen schon? Und seit wann das Skateboard?
Ich habe einen Bekannten, Sportartikel á gros, der erzählt zu dem Thema immer, wie der Inlinerimporteur bestimmt auf 5 Sportartikelmessen herumgejammert hätte, dass sein Produkt auf so gar kein Interesse treffen würde. Und plötzlich war es der ganz Dicke Fisch.
 
@Repo

Innovation ist ungleich Innovation. Es gibt m.E. Basisinnovationen die in der Geschichte der Produktivkräfte in der Lage sind "lange Wellen" auszulösen, w.z.B. der Übergang von der Aneignungswirtschaft zur Erzeugerwirtschaft => "neolithische Revolution", die Dampfkraft und das klassische Fabriksystem => "industrielle Revolution", weiterführende Basisinnovationen: Elektrotechnik, Chemiesierung, Atomenergie, Automobilisierung, IT (Informationsgesellschaft), Raumfahrt.

Diese Innovationen sind als Basisinnovation gleichsam marktunabhängig.

Dann gibt es innerhalb dieser Basisinnovatioen und der duch sie ausgelösten Subinnovatienen eine ganze Reihe von Innovationen die marktabhängig sind. Stell Dir mal Hegel auf einem Skateboard vor, noch dazu auf einer mecklenburgischen Sommerstraße. Das Skteboard ist keine Basisinnovation, sondern wurde erst duch entsprechende Basisinnovationen möglich (chemische Industrie, Elektrotechnik, von mir auch aus "Unterhaltungs- bzw. Freizeitindustrie" usw.

Die Frage wäre demnach, welch Subinnovation setzt sich im Rahmen einer Basisinnovation und der durch sie ausgelösten "Langen Welle" durch.

M. :winke:
 
@Repo

Innovation ist ungleich Innovation. Es gibt m.E. Basisinnovationen die in der Geschichte der Produktivkräfte in der Lage sind "lange Wellen" auszulösen, w.z.B. der Übergang von der Aneignungswirtschaft zur Erzeugerwirtschaft => "neolithische Revolution", die Dampfkraft und das klassische Fabriksystem => "industrielle Revolution", weiterführende Basisinnovationen: Elektrotechnik, Chemiesierung, Atomenergie, Automobilisierung, IT (Informationsgesellschaft), Raumfahrt.

Diese Innovationen sind als Basisinnovation gleichsam marktunabhängig.



Die Frage wäre demnach, welch Subinnovation setzt sich im Rahmen einer Basisinnovation und der durch sie ausgelösten "Langen Welle" durch.


OK, hast Du natürlich Recht.
Bleiben wir bei den Basisinnovationen.

Komme ich auf mein Beispiel zurück. Der Bandwebstuhl. Als allererster mechanischer Webstuhl hat der ca. 200 Jahre im verborgenen/illegalen geblüht, bis er sich auf breiter Front durchsetzen konnte.
Meiner Meinung nach war es erst möglich den Wert dieser Innovation allgemein zu erkennen, als ein Umdenken auf breiter Front einsetzte.
Das dann auch eine wesentliche Voraussetzung für die industrielle Revolution war.
 
Ich denke wir müssen hier zwischen praktischen Produkten, die uns den Alltag erleichtern und Konsumartikeln, die zur Belustigung bestehen unterscheiden. ein (richtiges) Skateboard ist nunmal als Transportmittel für Lasten oder Personen über größere Distanzen schlicht unpraktisch, also bestand kein praktisches Verlangen danach, sondern nur ein esthetisches, ein Verlangen nach Belustigungen bzw. sportlichen Aktivitäten. Meiner Meinung nach sind die Innovationstreiber Militär und Wirtschaft.

Warum? Nun es geht in beiden um Konkurrenz! Das Militär versucht dauerhaft besser zu sein als das der möglichen Konkurrenten, somit wird die Entwicklugn neuer Technologien, auch wenn sie unwirtschaftlich sein mögen vorran getrieben. Vor allem die beidem Weltkriege und das Wettrüsten im kalten Krieg hat den Durchbruch von Innovationen beschleunigt weil Kapital für die Verbesserung und ein Markt vorhanden war (Bsp: Radar, Flugzeuge, Autos, Fertigungstechniken, Computer usw.).

Gleichzeitig sind Unternehmen immer auf der suche nach Wegen, wie sie ihre Produktion billiger machen können um ihre Konkurrenz auszustechen. So sind die Eisenbahn, das Dampfschiff, die Dampfmaschine uvm. massentauglich geworden. Vor allem Inovatioinen die sich im Militär bewährt haben werden in die Wirtschaft übernommen, wenn man die Nützlichkeit erkannt.
 
Gleichzeitig sind Unternehmen immer auf der suche nach Wegen, wie sie ihre Produktion billiger machen können um ihre Konkurrenz auszustechen. So sind die Eisenbahn, das Dampfschiff, die Dampfmaschine uvm. massentauglich geworden. Vor allem Inovatioinen die sich im Militär bewährt haben werden in die Wirtschaft übernommen, wenn man die Nützlichkeit erkannt.

So sollte man meinen.
Und dann kommt der Minimumfaktor Mensch.
Wie anders ist es zu erklären, dass in der Neuen Welt das Rad niemals zur praktischen Anwendung kam?
 
Wahrscheinlich weil weder Militär noch Wirtschaft Verwendung dafür hatten. Ich denke nicht, dass das Rad als schändlich oder schlecht angesehen wurde und deshalb nicht genutzt wurde, sondern einfach weil man sich keinen Vorteil davon ausgerechnet hat.
 
Ich möchte deshalb hier die These aufstellen, dass der entscheidende Faktor für technische Erfindungen, für Innovationen aller Art der Mensch ist.

Wer sollte es auch sonst sein, Repo? :grübel:

Der aus den verschiedensten Ängsten und Befürchtungen heraus, oftmals für Jahrtausende den Wert einer Innovation nicht erkannte.

Dafür gibt es unendlich viele Beispiele, schaut man sich nur die Ungleichzeitigkeit der technischen Entwicklung auf den verschiedenen Kontinenten an. Während Europa in der frühen Neuzeit eine technisch hohe Stufe erreicht hatte, lebten die Menschen in Afrika, Nordamerika und teilweise auch in Südamerika noch auf der Stufe der Steinzeit.

Als der Nahe Osten unter islamischer Herrschaft im frühen und hohen Mittelalter ein innovatives Zentrum bildete - sowohl in technischer als auch geistiger Hinsicht - verharrte Europa noch eine (oder gar zwei) Stufen darunter.

Es scheint auch so zu sein, dass sich die Zentren der technischen (und vielleicht auch geistigen) Innovationskraft im Lauf der Jahrhunderte immer wieder verlagern. War es im frühen Mittelalter die islamische Welt, so verlagerte sich das seit der frühen Neuzeit eindeutig nach Europa, seit dem 20. Jh. nach Amerika und in weiteren 100-200 Jahren vielleicht nach Asien.
 
Wer sollte es auch sonst sein, Repo? :grübel:

Scherzkeks:winke:


Dafür gibt es unendlich viele Beispiele, schaut man sich nur die Ungleichzeitigkeit der technischen Entwicklung auf den verschiedenen Kontinenten an. Während Europa in der frühen Neuzeit eine technisch hohe Stufe erreicht hatte, lebten die Menschen in Afrika, Nordamerika und teilweise auch in Südamerika noch auf der Stufe der Steinzeit.

Und dann stößt man auf völlig verwirrende Fakten.
zB Die Eskimos verwendeten lange vor den Europäern "Reliefkarten" (Deine Branche) verschrauben Pfeile und Pfeilspitzen, Harpunen ebenso, und dichten Schusslöcher bei erlegten Robben ebenfalls mit Schrauben ab. Während die Schraube im hochtechnisierten Europa der beginnenden Neuzeit, zur lösbaren Verbindung, obwohl seit der Völkerwanderungszeit bekannt, kaum bis gar nicht verwendet wird.



Als der Nahe Osten unter islamischer Herrschaft im frühen und hohen Mittelalter ein innovatives Zentrum bildete - sowohl in technischer als auch geistiger Hinsicht - verharrte Europa noch eine (oder gar zwei) Stufen darunter.

Es scheint auch so zu sein, dass sich die Zentren der technischen (und vielleicht auch geistigen) Innovationskraft im Lauf der Jahrhunderte immer wieder verlagern. War es im frühen Mittelalter die islamische Welt, so verlagerte sich das seit der frühen Neuzeit eindeutig nach Europa, seit dem 20. Jh. nach Amerika und in weiteren 100-200 Jahren vielleicht nach Asien.

Das ist zweifellos richtig.
Für die Zukunft würde ich aber diese Entwicklung in Regionen eher verneinen. Aber OK, hier nicht Thema.
 
Komme ich auf mein Beispiel zurück. Der Bandwebstuhl. Als allererster mechanischer Webstuhl hat der ca. 200 Jahre im verborgenen/illegalen geblüht, bis er sich auf breiter Front durchsetzen konnte.
Meiner Meinung nach war es erst möglich den Wert dieser Innovation allgemein zu erkennen, als ein Umdenken auf breiter Front einsetzte.
Das dann auch eine wesentliche Voraussetzung für die industrielle Revolution war.

Entscheidend für den Wert einer "Erfindung" sind doch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Und die waren um 1600 etwa für den Bandwebstuhl nicht gegeben. Die Industrialisierung wurde doch erst möglich durch die Aufklärung und die Abkehr vom Stände- und vor allem vom Zünftewesen.
In einer in Zünften organisierten Handwerkergesellschaft fand sich niemand, der das Kapital für Maschinen zur Verfügung hatte - andererseits durften Kapitaleigner kein Handwerk ausüben.
Daher galten Erfindungen wie der Bandwebstuhl vielerorts als Handwerksmissbrauch..
Erst ab der 2. Hälfte des 18. jahrhunderts wurde ein wirklicher industrieller Fortschritt möglich.
 
Die Industrialisierung wurde doch erst möglich durch die Aufklärung und die Abkehr vom Stände- und vor allem vom Zünftewesen.

Ich sehe es genau umgekehrt: Erst wegen der fortschreitenden Industrialisierung entfiel die Basis für das Zunftwesen und es kam im weiteren Verlauf ganz automatisch zu einem "Vierten Stand" - dem Proletariat -, während die Einebnung der Klassen erst nach dem Ersten Weltkrieg Fahrt aufnahm (und bis heute nicht restlos abgeschlossen ist :grübel:)

Erst also die technische Innovation, dann die gesellschaftliche Veränderung. Allerdings ist das nicht zwangsläufig und es gibt weltweit sicherlich ganz unterschiedliche Szenarien.
 
Ich sehe es genau umgekehrt: Erst wegen der fortschreitenden Industrialisierung entfiel die Basis für das Zunftwesen und es kam im weiteren Verlauf ganz automatisch zu einem "Vierten Stand" - dem Proletariat -, während die Einebnung der Klassen erst nach dem Ersten Weltkrieg Fahrt aufnahm (und bis heute nicht restlos abgeschlossen ist :grübel:)

Erst also die technische Innovation, dann die gesellschaftliche Veränderung. Allerdings ist das nicht zwangsläufig und es gibt weltweit sicherlich ganz unterschiedliche Szenarien.


Vielleicht kann man sich auf ein "das eine bedingt das andere" einigen - zumindest geht es um Entwicklungen, die nicht von heute auf morgen greifen.
 
Vielleicht kann man sich auf ein "das eine bedingt das andere" einigen - zumindest geht es um Entwicklungen, die nicht von heute auf morgen greifen.

Ich glaube ich verstehe jetzt, was du sagen wolltest. Damit sich eine technische Innovation durchsetzt, muss es eine sinnvolle, zeitsparende und vermutlich auch kostengünstige Anwendungsmöglichkeit geben.

Griechische Denker der Antike haben da im Heimatland und in Alexandrien eine Reihe technischer Erfindungen gemacht bzw. Konstruktionszeichnungen entworfen, die allerdings nie bis zu einer Herstellungsreife gediehen sind. Bei vielen dieser Apparate war Menschenkraft entschieden günstiger als der Einsatz einer "Maschine", sodass keiner auf den Gedanken einer Anwendung kam.
 
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