Missionsarbeit in den deutschen Kolonien

Chulasamumsd

Mitglied
Verwundert habe ich festgestellt, dass den Missionaren im Kontext des Kolonialismus noch gar kein eigenes Thema gewidmet wurde.
Habe gerade den sehr interessanten Dokumentarfilm "Das koloniale Missverständnis" (2004) des kamerunisch-französischen Regisseurs Jean-Marie Teno gesehen. Er beleuchtete vor allem die Arbeit der deutschen Missionare in Deutsch-Südwestafrika und Kamerun, es kamen afrikanische, deutsche und namibische Historiker und Missionare zu Wort, daneben besuchte er das Zentrum der Rheinischen Mission in Wuppertal. Interessant war für mich persönlich vermehrt afrikanische Stimmen zum Thema zu hören, inkl. der des Regisseurs.
Näheres zum Film unter
http://home.snafu.de/fsk-kino/kinopresse/kol/heft.pdf .
Eine der Grundaussagen war die von vielen (auch nicht-afrikanischen)interviewten geteilte Auffassung, dass die Missionare "Steigbügelhalter"/Wegbereiter des Kolonialismus waren.
Inwieweit teilt ihr dieses Urteil und inwieweit lässt sich diese Rolle von missionarischer Arbeit im Kontext des europäischen Kolonialismus insgesamt generalisieren?
 
Eine der Grundaussagen war die von vielen (auch nicht-afrikanischen)interviewten geteilte Auffassung, dass die Missionare "Steigbügelhalter"/Wegbereiter des Kolonialismus waren.
Inwieweit teilt ihr dieses Urteil und inwieweit lässt sich diese Rolle von missionarischer Arbeit im Kontext des europäischen Kolonialismus insgesamt generalisieren?

Könntest Du die Funktion etwas näher inhaltlich beschreiben?

Ist der "Steigbügel" in Bezug auf die Missionierung und das Verhältnis der Bevölkerung zur Kolonialmacht zu verstehen?

So pimalDaumen würde ich die Missonstätigkeit in D-SW-Afrika eher als überschaubar bezeichnen (jedenfalls anhand der Haushaltsberichte, in denen auch deren Tätigkeiten vereinzelt auftauchen).

Da würde mich von der Qualität und Quantität eher ein anderer Aspekt interessieren: nämlich die einzelner Gesellschaften bzw. sogar ausländischer Trusts, die in den Erkundungen und Aufschlüssen aktiv wurden.
 
Warum eigentlich nur Deutschland ?
Desmond Tutu hat es auf den Punkt gebracht :
Als die ersten Missionare nach Afrika kamen, besaßen sie die Bibel und wir das Land. Sie forderten uns auf zu beten. Und wir schlossen die Augen. Als wir sie wieder öffneten, war die Lage genau umgekehrt: Wir hatten die Bibel und sie das Land.
Er wurde selbst Bischof.
 
Warum eigentlich nur Deutschland ?
Desmond Tutu hat es auf den Punkt gebracht :
Zitat:
Als die ersten Missionare nach Afrika kamen, besaßen sie die Bibel und wir das Land. Sie forderten uns auf zu beten. Und wir schlossen die Augen. Als wir sie wieder öffneten, war die Lage genau umgekehrt: Wir hatten die Bibel und sie das Land.
In dem Link von @Chulasamud wird diese treffende Aussage Yomo Kenyatta, dem ersten Präsidenten Kenias zugeschrieben.
Wer hat´s denn nun zuerst gesagt?
 
..inwieweit lässt sich diese Rolle von missionarischer Arbeit im Kontext des europäischen Kolonialismus insgesamt generalisieren?

Generalisieren führt fast immer zu einem falschen, oberflächlichen Urteil. Ich denke, man muß da sehr genau hinsehen, wann, wie und von wem missioniert wurde.

So gab es zum Beispiel sehr national geprägte kirchliche Organisationen, zum Beispiel der anglikanischen Kirche, die sehr wohl für die nationalen Interessen Vorabeit und/oder "Zuarbeit" geleistet haben. Auch eine enge Kooperation, die im Zeitalter des Imperialismus üblich war (natürlich auch in den deutschen Kolonien), kann als Unterstützung kolonialistischer Bestrebungen gewertet werden.

Andererseits gab es aber auch übernationale, missionierende Orden, die ihre rein religiösen Ziele gehabt haben.

So sind z. B. die Jesuiten im Südamerika des 17.Jahrhunderts anders zu beurteilen, als britische Orden in Südafrika um 1900.

Trotzdem kann ich nachvollziehen, daß es für die betroffenen Völker im oberflächlichen Rückblick auf das spätere Ergebnis so wirken kann, daß oft erst die Missionare kamen und dann das Land von den nachfolgenden Europäern entrissen wurde.

Mit dieser simplifizierenden Ansicht tut man jedoch sehr vielen Missionaren, die aus religiöser Überzeugung unglaubliche Entbehrungen auf sich nahmen, Unrecht. Zusätzlich deckten sich die Ansichten der Priester und Nonnen im Missionsgebiet nicht immer mit den Ordensoberen, die gelegentlich "große Politik" machen wollten.
 
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