Mithraskult die Erfindung eines einzelnen Römers?

flavius-sterius

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Im Internet bin ich auf einen Hinweis über einen Vortrag von Prof. Dr. Dr. Manfred Clauss gestoßen. In diesem Vortrag sagt er über den Mithraskult:

Genausowenig ist nun noch die These haltbar, dass diese Religion aus Persien ausging. Mittlerweile gilt es als erwiesen, dass sie gezielt in der Nähe von Rom von einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe gegründet wurde und sich lediglich dieser wie auch anderer Elemente bediente.
Clauss ist nun vom Fach. Kennt jemand die Quellen, die ihm diese Aussage ermöglicht haben?

Hier ein Link zu dem Bericht über den Vortrag:
gueglingen.de - Nachrichten - kolloquium

Und hier ein Link zu Prof. Clauss:
https://web.uni-frankfurt.de/fb/fb08/hs/aag/mitarbeiter/Clauss/index.html

Auch eine andere Äußerungen von Prof. Clauss finde ich erwähnenswert:

Seine detaillierten Forschungen bewiesen, dass der Mithraskult nie wie bislang oft geäußert eine Soldatenreligion war, da sich unter seinen Anhängern maximal 10-20% Angehörige des Militärs befanden.
 
Diese detaillierten Forschungen möchte ich auch gerne sehen. Ich könnte die These verstehen, dass gewissermaßen ein "reformierter Mithraskult" in missionsartiger Weise von Rom ausging (ähnlich das paulinische Christentum von den verschiedenen Gemeinden in Rom, Ephesus, etc.: da verlegt auch keiner den Jesus nach Latium) – aber um ehrlich zu sein würde ich so eine steile These lieber an der Quelle rezipieren als "über Bande gespielt" durch die Rezeption eines Gastvortrags in Güglingen.
 
Clauss ist nun vom Fach. Kennt jemand die Quellen, die ihm diese Aussage ermöglicht haben?

Prof. Clauss mag ja "vom Fach" sein; dennoch ist seine Behauptung entweder nur als Hypothese aufzufassen oder aber anders gemeint. Der Mithras-Spezialist und Religionshistoriker Franz Cumont sagt über die Wurzeln des Mithras-Kults:

Schon in der unbekannten Epoche, als die Vorfahren der Perser noch mit denen der Hindus vereint waren, beteten sie Mithra an.

Die Hymnen der Veden feiern seinen Namen wie die des Avesta und trotz der Verschiedenheit der beiden theologischen Systeme, welchen diesen Büchern zugrunde liegen, haben der vedische Mitra und der iranische Mithra so viele ähnliche Züge behalten, dass man an der Gemeinsamkeit ihres Ursprungs nicht zu zweifeln vermag.

Beide Religionen erblicken in ihm eine Lichtgottheit, welche zugleich mit dem Himmel angerufen wird, der dort Varuna, hier Ahura heißt; in moralischer Beziehung erkennen sie ihn als Schirmherrn der Wahrheit und der Bündnisse an, als Gegner der Lüge und des Irrtums. ...

Dieser Charakter eines Gottes der Heerscharen, welcher bei Mithra seit der Zeit der Achämeniden vorwaltet, hat sich ohne Zweifel schärfer ausgeprägt während der verworrenen Zeit, als die iranischen Stämme sich noch gegenseitig befehdeten; aber er ist im Grunde genommen nur ein Entwicklungsprodukt des uralten Kampfes zwischen Tag und Nacht ...

(Franz Cumont, Die Mysterien des Mithra, Darmstadt 1975, S. 1 f., 5; Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
Zum frühen Vorkommen des Mithra schreibt das Lexikon Alte Kulturen:

Mithras ist der indoiranische Gott des Rechts und der staatlichen Ordnung, dessen Name "Vertrag" bedeutet. Er wird erstmals in dem im frühen 14. Jh. v. Chr. in akkadischer Sprache geschlossenen Vertrag zwischen dem Hethiterkönig Suppiluliuma I. und Mattiwaza von Mitanni als Schwurgott "Mithras" erwähnt. In Indien stand er als Mitra in enger Beziehung zu dem über ethische Verhältnisse wachenden Gott Varuna. Im alten Iran war er als Mithra der göttliche Herr von Männerbünden. Er wurde von Zarathistra bekämpft, aber von Artaxerxes II. wieder offiziell anerkannt.

(Lexikon Alte Kulturen, Mannheim 1993, S. 665)
Unzweifelhaft ist Mithra (oder indisch: Mitra) eine Gottheit, die weit vor den Römern Bestandteil des indo-iranischen Götterhimmels war. Dennoch muss man sagen, dass Mithras im Römischen Reich eine Erlöserstellung und einen ausgefeilten Ritus erlangte, den er zuvor nicht besaß. Man könnte also sagen, dass der römische Mithras nahezu eine Neuschöpfung war, die mit dee altindoiranischen Göttergestalt nur noch einige zentrale Züge gemeinsam hatte. Vermutlich hat Prof. Clauss das so gemeint.
 
Im Internet bin ich auf einen Hinweis über einen Vortrag von Prof. Dr. Dr. Manfred Clauss gestoßen. In diesem Vortrag sagt er über den Mithraskult:
Genausowenig ist nun noch die These haltbar, dass diese Religion aus Persien ausging. Mittlerweile gilt es als erwiesen, dass sie gezielt in der Nähe von Rom von einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe gegründet wurde und sich lediglich dieser wie auch anderer Elemente bediente.
Clauss ist nun vom Fach. Kennt jemand die Quellen, die ihm diese Aussage ermöglicht haben?
Quellen gibt es eigentlich nicht, und "erwiesen" ist m. E. stark übertrieben. In seinem Buch "Mithras - Kult und Mysterium" (Darmstadt 2012) liest es sich etwas weniger vollmundig:

Zwar betont er "das Schöpferische der einmaligen Leistung und den Eigenwert dieses Mysterienkultes auf dem Hintergrund einer bestimmten historischen, spezifisch römischen Situation", präsentiert die These "Der Mithras-Kult ist in Rom oder Ostia entstanden" als Tatsachenbehauptung, fährt dann aber fort: "Es mag dahingestellt bleiben, ob wir dabei von einem Erfinder ausgehen können, dem 'unbekannten religiösen Genie', wie ihn der Religionswissenschaftler Martin P. Nilsson bezeichnet hat; manches spricht allerdings für die Richtigkeit dieser Annahme. [...] Es ist aber zuzugestehen, dass trotz zahlreicher Kongresse und Tagungen und einer fast unübersehbaren Flut von Aufsätzen die zentrale Frage der Entstehung des Mithras-Kultes umstritten bleibt." (S. 17/18)


Auch eine andere Äußerungen von Prof. Clauss finde ich erwähnenswert:

Seine detaillierten Forschungen bewiesen, dass der Mithraskult nie wie bislang oft geäußert eine Soldatenreligion war, da sich unter seinen Anhängern maximal 10-20% Angehörige des Militärs befanden.

Diese detaillierten Forschungen möchte ich auch gerne sehen.
Die sind tatsächlich detailliert nachzulesen, ich hatte mal darauf hingewiesen:
Doch, wir wissen schon, ob Mithras außerhalb des Militärs populär war. Auch die Frage, ob Frauen zu den Anhängern gehörten, lässt sich nicht nur als "These" abhandeln.

Manfred Clauss (Cultores Mithrae - Die Anhängerschaft des Mithras-Kultes, Stuttgart 1992) hat sich intensiv mit dem inschriftlichen Material auseinandergesetzt.
Es sind über tausend Personen, die inschriftlich als Mithras-Anhänger belegt sind. Darunter keine einzige Frau!
Soldaten scheinen zwar bei der Verbreitung des Mithras-Kults eine gewisse Rolle gespielt zu haben, aber sie stellten ausweislich der Inschriften (außer in Britannien) nicht die Mehrheit der Anhänger. Vielmehr sind zahlreiche Zivilisten nachweisbar, Sklaven, Freigelassene und einfache Bürger.
 
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