Moskaureise Bundeskanzler Dr. Adenauer

Dernburg

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Vor fünfzig Jahren im September 1955 fuhr Bundeskanzler Dr. Adenauer nach Moskau um die letzten deutschen Kriegsgefangenen nach Hause zu holen. Was ist eigentlich über die Frau bekannt, die nach seiner Heimkehr in Köln sich vor ihm niederkniete und sagte: Danke, Danke, Herr Kanzler?
 
zu der frau kann ich nichts sagen, aber mir fällt eine weitere frage ein. fuhr er wirklich nach moskau, um die gefangenen zurückzuholen, oder ging es darum, normale diplomatische kontakte zwischen den staaten br-deutscland und der udssr aufzunehmen?
 
Die Russen wollten sofort diplomatische Beziehungen aufnehen. Dr. Adenauer wollte
aber nur diplomatische Beziehungen gegen die Herausgabe der Gefangenen aufnehmen.
Es befanden sich noch rund 10000 Menschen in russischen Gefängnissen. Erschwerend
kam dazu, das es in Moskau zwei deutsche Botschaften dann gab. Die Hallstein Doktrin
wurde nach der Moskaureise geboren. Die Hallstein Doktrin besagte den Alleinvertretungsanspruch der Bundesregierung gegenüber anderen Staaten. Die
Aufnahme diplomatischer Beziehung mit der "sogenannten DDR" wurde als unfreundlicher
Akt aufgefaßt. Es gab zwar 1955 den ersten Außenminister der Bundestrepublik
Deutschland, Heinrich von Brentano, aber der wirkliche Außenminister war wohl Dr. Adenauer
 
Es gibt ein neues Buch zu dem Thema:

Werner Kilian: Adenaúers Reise nach Moskau (Herder Verlag) ISBN 3-451-22995-1
15 €
 
Dernburg schrieb:
Vor fünfzig Jahren im September 1955 fuhr Bundeskanzler Dr. Adenauer nach Moskau um die letzten deutschen Kriegsgefangenen nach Hause zu holen...

Heute gibt's dazu eine Doku "Heimkehr aus dem Osten" auf ARTE um 20.50 Uhr.
 
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Klaus hat die erste Klammer vor der letzten " Quote" weggelöscht, sonst wäre der erste Absatz weiss erschienen. Das steht jeweils vor und nach den zu zitierenden Sätzen.
 
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Dernburg schrieb:
Dr. Adenauer wollte aber nur diplomatische Beziehungen gegen die Herausgabe der Gefangenen aufnehmen.
Es befanden sich noch rund 10000 Menschen in russischen Gefängnissen.

Hier sollte man vielleicht noch erwähnen, dass es für die Sowjets zum Zeitpunkt des Adenauerbesuchs bereits beschlossene Sache war, die restlichen 10.000 Kriegsgefangenen zurück in ihre Heimat zu führen. Bereits zwei Monate zuvor, ab Juli 1955, wurden schon rund um Moskau Rücktransporte zusammengestellt.
Allerdings sollte die Reise in die DDR gehen. Adenauer erreichte also nicht die Freilassung der Kriegsgefangenen, sondern nur die Umleitung der Züge in die Bundesrepublik.
 
Festus621 schrieb:
Hier sollte man vielleicht noch erwähnen, dass es für die Sowjets zum Zeitpunkt des Adenauerbesuchs bereits beschlossene Sache war, die restlichen 10.000 Kriegsgefangenen zurück in ihre Heimat zu führen.
Das ist mittlerweile unstrittig (gegenüber früheren Verklärungen).
Festus621 schrieb:
Bereits zwei Monate zuvor, ab Juli 1955, wurden schon rund um Moskau Rücktransporte zusammengestellt.
Allerdings sollte die Reise in die DDR gehen. Adenauer erreichte also nicht die Freilassung der Kriegsgefangenen, sondern nur die Umleitung der Züge in die Bundesrepublik.
Das ist mir neu. Belege?
 
Mercy schrieb:
Das ist mir neu. Belege?

Guido Knopp - Kanzler, Die Mächtigen der Republik, Ausgabe 1999, Seite 72:

"........Adenauer ließ über eine nicht abhörsichere Leitung die Lufthansa-Maschinen für den Rückflug bestellen. er spielte mit hohem Einsatz, denn es würde in der Heimat schwerfallen zu erklären, weshalb ein Botschafter wichtiger sein sollte als die Freiheit der Gefangenen. Für den Kreml dagegen stand erheblich weniger auf dem Spiel. Schon am 14. Juli hatten die Sowjets ihren Statthalter in Ostberlin, Walter Ulbricht, informiert, dass die Gefangenen bald freigelassen würden. Die ersten Transporte in Sammellager rund um Moskau hatten bereits begonnen. Wenn Adenauer also hartnäckig blieb - nun, dann würde eben Ulbricht die Gefangenen bekommen. Für die Ostberliner Selbstdarstellung wäre das mit Sicherheit willkommene Schützenhilfe. Dass es dann doch anders kam, ist wohl neben dem vielgerühmten Verhandlungsgeschick Adenauers vor allem seinem Realitätssinn zu verdanken..............."

Kleine Berichtigung also:
Die Rücktransporte sollten nicht in die DDR gehen, sie hätten dort hingehen können.
 
Ich erinnere mich noch dunkel an eine Dokumentation- gar nicht lange her, vielleicht auf Phoenix- in der einer der Heimkehrer erzählte, daß man ihn und seinesgleichen zunächst tatsächlich auf DDR-Territorium absetzte und es dabei wohl auch belassen hätte, wenn die Betroffenen nicht nachdrücklich auf der Weiterreise bestanden hätten(ausgenommen natürlich diejenigen, die zufällig wirklich in der DDR bleiben wollten).
Ich weiß aber nicht, ob das während oder nach Adenauers Moskau-Besuch war. In ersterem Fall könnte die anschließende Weiterreise nach Westen tatsächlich durch Adenauers Einlenken bei den Sowjet-Oberen zustande gekommen sein.

P.S.: Festus hat ja schon geschrieben, wie ich sehe, und die Sache wohl plausibel dargestellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Festus621 schrieb:
Guido Knopp - Kanzler, Die Mächtigen der Republik, Ausgabe 1999, Seite 72:
Kleine Berichtigung also:
Die Rücktransporte sollten nicht in die DDR gehen, sie hätten dort hingehen können.
Danke, so wird ein Schuh draus.
 
Mercy schrieb:
Danke, so wird ein Schuh draus.

Warum??:confused:
Der Fakt bleibt doch wohl bestehen, dass die Gefangenen sowieso wieder zurückgekommen wären. Egal ob in die DDR oder in die BRD. Und das war die Kernaussage. Sie wären auf keinen Fall in Sibirien oder in anderen Lagern der Sowjetunion geblieben.
 
Für die Russen waren jedoch aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung die Beziehungen zur Bundesrepublik interessanter, man wollte ein Handelsabkommen schließen, was in Bonn auf taube Ohren stieß, besonders bei Herrn Bundesminister
von Brentano. Dr. Adenauer wollte 1955 Bundestagswahlen abhalten, ließ sich jedoch
davon überzeugen von der regulären Wahl 1957, das ergebis war die absolute
Mehrheit für die CDU unter Dr. Adenauer.
Der erste Sowjetbotschafter in Bonn war Dr. Walerian Sorin, einer der drei Vizeaußenminister der Sowjetunion, das zeigt welche Bedeutung die Sowjetregierung
den Beziehungen zu Bonn gab. Das man den Beziehungen zur Sowjetunion von Bonner
Seite nicht diese Bedeutung gab, lag auch daran das man die Westbindung forcierte.
Man wollte keinen Eindruck von einem "Zweiten Rapallo" schaffen"
 
Habe eben die Vorankündigung für einen Bericht im Magazin "Report" gesehen. Danach flog in Adenauers Flugzeug eine versteckte Kamera mit, die Fotos von russischem Gebiet machen sollte. Ein ex-CIA-Angestellter wird da interviewt. Ganz neue Aspekte: Neben der Gefangenenbefreiung wurde gleich Spionage mit gemacht.
Der Bericht kommt heute wohl abend (17.10.05) um 21.00 Uhr. In der Online-Programminfo steht allerdings nichts davon.:confused:
 
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