Moslimische Sklaverei: Rassismus?

Im Islam gibt es das Konzept von "Buchreligionen", also Religionen, die der Islam als nicht ganz so weit entwickelt ansieht, die aber zu seinen Vorläufern gehören (Judentum und Christentum) bzw. eine lange schriftliche Tradition haben (Hinduismus in Indien, Zoroastrier).
Wobei man sagen muss, dass es teilweise Pragmatismus war. Schon die Abbasidenkalifen hatten begriffen, dass es für ihr Reich gar nicht schlecht war, nichtmuslimische Untertanen zu haben, da deren Steuer, die ǧizya gewissermaßen die wichtigste staatliche Einnahmequelle war. Zumindest in Friedenszeiten. Im Krieg stand dem Kalifen 1/4 der Kriegsbeute zu). Der Zehnt, den die Muslime als Steuer zu verrichten hatten - die zakāt -, war gebunden und stand den Machthabern nicht zur Verfügung, sondern war allenfalls von diesen verwaltet. Nutznießer dieser in Deutschen als ‚Almosensteuer‘ übersetzten Steuer waren die Bedürftigen. Sich davon zu bedienen galt als unislamisch.

Ansonsten sind Vertreibungen von "Ungläubigen" und "Zwangsbekehrungen" im christlichen Europa belegbar, Beispiel Spanien ab 1492. Gibt es vergleichbare Vorgänge von Deportationen und erzwungenen Bekehrungen in der Geschichte islamischer Staaten?
In al-Andalus im 12. und 13. Jhdt. Wenn man das Pogrom von Granada 1066 noch heranzieht, auch im 11. Jhdt. Die spanische Geschichtswissenschaft folgt den Historiographen darin, dass dem Pogrom ein Komplott des jüdischen wazīrs Jehoseph ibn Nagrelah vorausgegangen sei und dieser den Thronfolger Buluggīn ibn Bādīs habe ermorden lassen. Abdallāh ibn Buluggīn schreibt ca. 25 nach der Ermordung seines Vaters, Jehoseph habe seinen Wein vergiftet. Da aber schon zuvor eine antijüdische Stimmung in Granada schwelte, befeuert durch Abū Isḥāq al-Ilbirī, bin ich entgegen der Mehrheitsauffassung der Meinung, dass man hier Scapegoating betrieb. Zumal Yehoseph angeblich gemeinsame Sache mit den Feinden Granadas gemacht hatte (im Übrigen auch zu Königswürden gekommene ehemalige Militärsklaven, die Almería reagierten) und man eben deren Heer geschlagen hatte.

Die Mamlucken als Militärsklaven schafften es eine Dynastie von Sultanen in Ägypten zu etablieren. Man kann sie als Zeichen von "Toleranz" gegenüber Sklaven im Islam ansehen. Sie schafften es eine eigene Herrschaftselite zu bilden. Ein vergleichbares Beispiel dazu im christlichen Europa fällt mir nicht ein.
Nein, mit Toleranz hat das nichts zu tun, eher mit dem unterschiedlichen Sklavenbegriff.
Die arabisch-islamische Welt ist bis ins 20 Jhdt. (und teilweise sogar bis heute) stark durch Stammeszugehörigkeit geprägt gewesen. Islamische Städte sind häufig eine Ansammlung von Dörfern mir ihren jeweils eigenen Stadtmauern. Eine Kernfamilie hat ein Haus, dieses Haus liegt an einer- häufig durch eine Tür versperrten - Straße, in der nur Familien des eigenen Clans leben und diese Straße liegt wiederum in einem Viertel, wo nur Angehörige desselben Stammes leben. Zwischen diesen Vierteln liegen dann Verbindubgsstra.en, Märkte, etc.
Stammesloyalität ist also sehr wichtig. Die frühislamischen Heere (ǧund) rekrutierten sich aus den Stammesaufgeboten. Das war für Herrscher immer ein Problem, weil die Loyalität der Krieger eben nicht dem Amīr, Kalifen oder Sultān galt, sondern dem Stamm. Das ist überhaupt der Anlass dafür gewesen, in verschiedenen Teilen der arabischen Welt das uns seltsame vorkommende Institut der Militärsklaverei zu schaffen. Deshalb wurden auch so viele der Knaben kastriert: Ihre Loyalität sollte einzig dem Herrscher gelten und nicht einer Familie.
Natürlich war es grausam, die Knaben ihren sozialen Bindungen zu entreißen und sie zu kastrieren, gar keine Frage. Aber im Prinzip konnten sie Karriere machen, was sie von Sklaven in unserer Vorstellungswelt unterscheidet.
Als das Kalifat von Córdoba Anfang des 11. Jhdts. zusammenbrach, entstanden in al-Andalus eine Reihe oft nur kurzlebiger Königsherrschaften, andere überdauerten 80 oder 90 Jahre, bis sie entweder der christliche Expansion zum Opfer fielen, oder den Almoraviden, die von den fuqāha herbeigerufen wurden. An der Algarve wurde lokaler Adel unabhängig, in Algeciras, Ronda, Medina Sidonia, Málaga und Granada berberische Söldner, in Sevilla erhob sich ein Richter zum König und in Córdoba soll sogar eine Republik existiert haben. In Almería, Denia und Valencia aber wurden Sklaven bzw. Freigelassene (zu erkennen am Titel al-Fata) zu den neuen Königen. In Almería waren dies mutmaßlich zwei Brüder (vielleicht auch nur gute Kameraden?), die wahrscheinlich kastriert worden waren, jedenfalls zeugten sie keine Nachkommen. Der Herrscher von Denia hatte mindestens einen Sohn mit einer von Sardinien geraubten Christin, war also nicht (oder nicht erfolgreich) kastriert. Während diese drei Militärsklaven waren, waren es in Valencia zwei Verwaltungsbeamte, welche die Herrschaft übernahmen. Auch sie waren hohe Funktionssklaven und waren ursprünglich die Oberaufseher über die Wasserversorgung/-verteilung von Valencia gewesen. (In Valencia tagt bis heute einen islamischer Zeit eingesetztes Institut, nämlich das Wassergericht (Tribunal de Aguas), aber das ist eine andere Geschichte.)

"Die Scharia" gibt es in diesem Sinn nicht. Es gibt keinen Konsens aller moslemischen Konfessionen, was Teil der Scharia ist und was nicht. Der Wahhabitismus in Saudi Arabien definiert die Scharia anders als der schiitische Iran.
Richtig, zudem muss unterschieden werden zwischen šāriʿa und fiqh. Die šāriʿa regelt die Rechtsbeziehungen zwischen den Menschen und Gott. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Menschen werden durch das fiqh abgedeckt.

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Die Grundthese könnte man eigentlich schon mit Verweis auf Jeremia 13,23 wiederlagen. Hautfarbenrassismus ist bereits im Alten Testament bekannt. Schwarze Hautfarbe wird bei Jeremia mit unabänderlicher Sünde und Schande verknüpft.
Bereits in Genesis wird Ham dafür bestraft, dass er seinen betrunkenen und entblößten Vater ausgelacht hat, anstatt seine Blöße zu bedecken. Die Strafe ist, dass seine Nachkommenschaft dunkelhäutiger sei und der seiner Brüder dienen solle. Im 18. und 19. Jhdt. hat man das als biblische Rechtfertigung der Versklavung von Afrikanern herangezogen.
 
Natürlich war es grausam, die Knaben ihren sozialen Bindungen zu entreißen und sie zu kastrieren, gar keine Frage. Aber im Prinzip konnten sie Karriere machen, was sie von Sklaven in unserer Vorstellungswelt unterscheidet.
Die Karriere der nebenbei unkastrierten geraubten/versklavten Balthild, die es zur Merowingerkönigin brachte, unterscheidet sich nicht weniger von Sklaven in unserer Vorstellungswelt.

Wenn ich es richtig sehe, war die Kastration eine Zwangsmaßnahme, kein freiwilliges Aufnahmeritual in karriereträchtigen Militärdienst?

Weiterhin nehme ich an, dass der arabische Sklavenhandel seine "Ware" nicht nur für hohe Palastdienste (Palasteunuchen etc) und aufstocken des Militärs (Militärsklaven, Mamelucken) handelte:
Während der Zeit des arabischen Sklavenhandels war die Kastration die übliche Praxis der Sklavenhändler um den afrikanischen Männern die Fortpflanzungsfähigkeit zu nehmen. Nach Angaben des senegalesischen Anthropologen Tidiane N’Diaye wurden bis zu 17 Millionen Schwarzafrikaner als Arbeitskräfte in arabische Länder verbracht und sind dort kastriert worden.[4]
aus Kastration – Wikipedia
Ich kann nicht beurteilen, wie die Arbeiten von N'Diaye einzuordnen sind - was Wikipedia dazu mitteilt, macht fachlich keinen unseriösen Eindruck. Inhaltlich allerdings macht das einen erschreckenden Eindruck:
Le génocide voilé („Der verschleierte Völkermord“) und Étude de la traite négrière arabo-musulmane („Studie über den arabisch-muslimischen Sklavenhandel“) wurden für den Prix Renaudot 2008 nominiert.[1] N'Diaye vertritt die These, dass der orientalische Sklavenhandel, dessen Opferzahl er auf 17 Millionen beziffert, sogar noch folgenschwerer war als der transatlantische Sklavenhandel.
aus Tidiane N’Diaye – Wikipedia

Gibt es denn bzgl des "arabischen Sklavenhandel" Schätzwerte oder gar nachgewiesene Zahlen, wie viele Sklaven in welche Bereiche (Palastdienst, Militärdienst, Arbeitssklaven, Sklavenverkauf an europäische "Händler") gefangen/verkauft wurden? Was ich mir übrigens nicht vorstellen kann, ist, dass der arabische Sklavenhandel alle (!) männlichen Opfer kastriert haben soll - aber Bescheid weiß ich da nicht, weshalb ich frage.
 
Die Verstümmelung, Funktionalisierung und Diskriminierung von Menschen zementierte eine Gesellschaftsform, in der Religion, Rasse und Status wesentliche Unterscheidungsmerkmale darstellten und in der Dogmatismus, Rassismus und Ämterpatronage schließlich die giftigen Früchte Stagnation und Staatsdefizit trugen.
Aus einer Rezension von Tidiane N’Diaye: Der verschleierte Völkermord. Die Geschichte des muslimischen Sklavenhandels in Afrika. A. d. Franz. v. Christine und Radouane Belakhdar. Rowohlt, Reinbek. 253 S.
Völkermord: Beim Sklavenhandel lernten Christen von Muslimen - WELT

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da bin ich nun auch im Zweifel, ob man hier noch von protorassistisch reden soll oder ob sich da nicht doch schon früh Rassismus zeigt --- immer vorausgesetzt, die rezensierte Darstellung von N'Diaye, die als Rowohlt Buch auf deutsch vorliegt, ist fachlich-historisch korrekt.
 
Die Grundthese könnte man eigentlich schon mit Verweis auf Jeremia 13,23 wiederlagen. Hautfarbenrassismus ist bereits im Alten Testament bekannt. Schwarze Hautfarbe wird bei Jeremia mit unabänderlicher Sünde und Schande verknüpft.
Die Schändung Jerusalems
Jer 13,20 Blick auf [Jerusalem] / und schau, wie sie kommen vom Norden! Wo bleibt da die Herde, die dir anvertraut war, / deine prächtigen Schafe?
Jer 13,21 Was wirst du sagen, / wenn man die Freunde, die du selbst an dich gewöhnt hast, / als Herren über dich setzt? Werden dich nicht Wehen ergreifen / wie eine gebärende Frau?
Jer 13,22 Und wenn du dich fragst: / Warum hat mich das alles getroffen?, so wisse: Wegen deiner großen Schuld wird deine Schleppe aufgehoben / und dein Leib vergewaltigt.
Jer 13,23 Ändert wohl ein Neger seine Hautfarbe / oder ein Leopard seine Flecken? Dann könntet auch ihr euch noch bessern, / die ihr ans Böse gewöhnt seid.
Jer 13,24 So aber zerstreue ich euch wie Spreu, / die verfliegt, wenn der Wüstenwind weht.
Jer 13,25 Das ist dein Los, dein Lohn, / von mir dir zugemessen - Spruch des Herrn -, weil du mich vergessen / und dich auf Lügen verlassen hast.
Jer 13,26 Nun hebe auch ich deine Schleppe auf, / bis über dein Gesicht, / sodass deine Schande offenbar wird,
Jer 13,27 deine Ehebrüche, dein geiles Wiehern, / deine schändliche Unzucht. Auf den Hügeln und auf dem Feld / habe ich deine Gräuel gesehen. Weh dir, Jerusalem, / weil du dich nicht reinigst - / wie lange noch?
zitiert aus https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/jer13.html
(ja, diese Übersetzung enthält das N-Wort, aber ich habe sie nicht deswegen gewählt, sondern weil sie von der Universität Innsbruck bereitgestellt wird)
Ich kann im Abschnitt "die Schändung Jerusalems" keine direkte Begründung für Hautfarbenrassismus erkennen und ich kann auch nicht erkennen, dass der Kuschit (so in anderen Übersetzungen) und der Leopard mit unabänderlicher Sünde und Schande verknüpft würde - das gibt der Text nicht her.

@Maglor du beziehst dich ja auf https://www.nzz.ch/meinung/sklaven-von-natur-ueber-die-entstehung-des-hautfarbenrassismus-ld.1601853 von Egon Flaig und zitierst daraus - ich habe den Eindruck, dass dein zitieren und beurteilen sehr selektiv vorgeht... z.B. über Herleitungen aus der Bibel ist dort zu lesen:
Eine zweite Traditionslinie bildet die Verfluchung Hams. Die rabbinische Tradition rechtfertigte die Sklaverei mit jenem Fluch, den Noah über seinen Enkel Kanaan verhängte, um seinen Sohn Ham zu strafen (Genesis 9,25). Der Fluch machte die Kanaaniter zu differenten Menschen, verdammt zur Sklaverei. Doch nicht eine defiziente Natur konstituiert die Differenz, sondern ein Fluch, der sich vermittels der Natur – nämlich der Fortpflanzung – vererbt. Die moralische und geistige Minderwertigkeit der Kanaaniter ist also gar nicht nötig, um sie für «Sklaven von Geburt» zu halten.
Damit gelangt die Konzeption des «Rassismus» an eine logische Grenze. Allerdings erwähnt die Bibel Hams Hautfarbe nicht. Zudem ist nicht Kanaan der Stammvater der Schwarzen, sondern sein Bruder Kusch; doch just Kusch wird nicht verflucht. Der Wortlaut macht es also unmöglich, den Fluch Noahs auf die Schwarzen zu beziehen. Doch die Exegese ging ganz eigene Wege. David Goldenberg hat 2005 nachgezeichnet, wie der Fluch im Nahen Osten und vor allem in der islamischen Welt einen Hautfarbenrassismus forciert hatte.
und weiterhin dann:
Ein rabbinischer Kommentar des 3. Jahrhunderts brachte die Version auf, Gott habe Noahs Sohn Ham mit schwarzer Hautfarbe gestraft. Das übernahmen islamische Autoren. So erzählt Ibn Kutayba (gestorben 889): «Ham, Sohn des Noah, war hellhäutig und schön. Dann veränderte Gott sein Aussehen und das seiner Nachkommen wegen des Fluches seines Vaters (. . .) Hams Söhne waren Kusch, Kanaan und Phut. Phut siedelte in Indien und Sind, dessen Einwohner seine Nachkommen sind; Kusch und Kanaan (sind die Erzeuger) des Sudan, der Nubier, der Zanj (. . .), Äthiopier, Kopten und der Berber.» Die strafweise Verfärbung Hams und seiner Nachkommen wurde in der islamischen Tradition dominant, obwohl korankundige Gelehrte sie ablehnten, so etwa der schwarzafrikanische Gelehrte Ahmad Baba in seiner berühmten Fatwa zur Sklaverei (1614). Sogar diese Fatwa war vergeblich; die rassische Version des Fluches über Ham hatte ihre diskursive Wirkung in der grössten Sklavenhaltergesellschaft der Geschichte längst entfaltet.
und es ist auch keinesfalls so, als würde der Verfasser die Religion, welche die Bibel und insbesondere das Neue Testament als Heilige Schrift präferiert, übergehen - im Gegenteil:
Im westlichen Christentum diente Noahs Fluch dazu, die Leibeigenschaft zu rechtfertigen; eben deswegen war er heftig umstritten. Mit den Schwarzen hatte der Fluch nichts zu tun. Die Szene, in welcher Noah den Fluch ausspricht, findet sich auf vielen bildlichen Darstellungen; keine einzige – von der Spätantike bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts – zeigt einen dunkelhäutigen Ham. Die hautfarbenbezogene Version des Fluches gelangte um die Mitte des 15. Jahrhunderts nach Europa, als die Portugiesen sich in den islamischen Sklavenhandel an der westafrikanischen Küste einklinkten. In der «Crónica da Guiné» berichtet Gomes de Zurara 1444, dass die muslimischen Sklavenjäger in Senegambia ihr Tun rechtfertigten mit Noahs Fluch über die Schwarzen.

Die «schwarze» Version des Fluches spielte in den grossen spanischen Debatten des 16. Jahrhunderts über Legitimität und Illegitimität des Versklavens keine Rolle; kein offizielles Dekret der katholischen Kirche zur Sklaverei hat sie je zitiert. Anders im Protestantismus. Als die karibische Sklaverei in der Mitte des 17. Jahrhunderts zu einer schwarzen Sklaverei wurde, übernahmen protestantische Apologeten der Sklaverei die islamische Version des Fluches. Diese Rezeption ist deswegen paradox, weil ihre Bibelfestigkeit gerade Protestanten hätte nötigen müssen, sich an den Wortlaut von Genesis 9,25 zu halten.

...tja... und entgegen der wiederholt in diesem Faden aufgetauchten Verurteilungen Flaigs als
(der) bekannte Islamophobiker
ist just in dem NZZ Artikel von Flaig u.a. so etwas zu lesen:
Die islamische Orthodoxie, nicht anders als die jüdische und die christliche, war antirassistisch und hatte die natürliche Gleichheit der Menschen zum Axiom – ebenso wie das römische Recht. Sklaverei ist eine Strafe für die Ungläubigen, so lautet die offizielle Lehre der islamischen Kleriker, sie ist nicht Folge von rassischer Minderwertigkeit. Aber Philosophen und Gelehrte hielten dagegen. So lesen wir bei Ibn Khaldun (gestorben 1406): «Daher sind in der Regel die schwarzen Völker der Sklaverei unterwürfig, denn (sie) haben wenig Menschliches und haben Eigenschaften, die ganz ähnlich denen von stummen Tieren sind.»

...vielleicht sollte man Autoren, auf die man eindrischt, vorher mal lesen... was ich da zitiert habe liest sich nun nicht gerade wie typischer Revanchismus und Islamophobie.

Mir ist natürlich klar, dass - besonders in der verkürzten Variante des Zeitungs- & Feuilletonartikels - die vorweg genommene Conclusio so manchen auf die Palme bringt:
In der akademischen Welt zumal der USA ist das Wort «Rassismus» in aller Munde. Angesichts seines uferlosen und oft empiriefreien Gebrauchs ist es wichtig, die historischen Tatsachen zu kennen: Der Rassismus nach Hautfarbe entstammt dem arabischen Kulturkreis.
so ein "Kracher" zu Beginn, das ist im Sinne der klass. Rhetorik gängig: erregen von Aufmerksamkeit und Neugierde - - aber statt hier nicht weiter zu lesen, sondern zu poltern, könnte man den Artikel und seine Argumentation zur Kenntnis nehmen. Und ich muss gestehen, dass mir da einiges neu war und dass ich von angeblichen Islamophobikern anderes erwartet hätte, als das, was ich umfangreich zitiert habe. Im Zusammenhang mit dem, was N`Diaye publiziert hat, kommt mir Flaigs Schlussfolgerung nicht völlig an den Haaren herbeigezogen vor.
 
Jemand kann nicht als Experte für die Geschichte eines Sprachraumes gelten, wenn er diese Sprache nicht versteht. Kann er auf dem Gebiet trotzdem etwas Wichtiges herausfinden, nach fleißigem Lesen von Sekundärliteratur und Übersetzungen? Vielleicht, aber ich vermute nur dann, wenn die eigentlichen Experten diese Wahrheit nicht sehen WOLLEN.
 
@Clemens64 ich verstehe nicht: welcher eigentliche Experte will welche Wahrheit nicht sehen?

Ansonsten fände ich interessant, wenn sich jemand erbarmen wollte, was zu den ganz und gar nicht "islamophoben" Flaig-Zitaten und zu N'Diayen zu äussern.
 
(Ich hab übrigens dazu überhaupt keine eigene Position, weil ich zu dem Thema zu wenig weiß.)
(ich kenne mich da auch nicht aus, sondern habe nur das zitiert/erwähnt, was ich auf die Schnelle online finden konnte - und da hat mich halt stutzig gemacht, dass viele pompös-anklägerische Schlagworte sich im Vergleich zu wörtlichen Zitaten als nicht haltbar erwiesen haben. U.a. deswegen stelle ich ja auch Fragen zu diesem interessanten Thema)
 
Nun, es ist erst einmal zu fragen, wie der latente bis offene Rassismus, den etwa Lawrence beschrieb, entstand, denn der Koran stellt den Glauben in den Vordergrund. Natürlich gibt es die Berichte des Altertums, die den Ethnien Nordafrikas unterschiedliche Haltungen dazu attestierten, was die Eroberer beeinflusst haben mag. Ich mag das nicht beurteilen, will nur sagen: Wir reden hier über ca. 1300 Jahre. Da gibt es doch Entwicklungen. Geschichte ist nicht statisch.

Ist das nicht die Voraussetzung, um über rassistische Hintergründe der Sklaverei in der islamischen Welt zu sprechen?

Und gab es überhaupt eine einheitliche Form der Sklaverei in diesem großen Raum?

Schließlich: Wie beurteilen wir den Einfluss der Tatsache, dass der Islam schon Sklaverei vorfand?

By the way: Die wenigsten deutschen Mediävisten sind adäquat mit den relevanten Sprachen Mittellatein, Alt-, Mittel- und Frühneuhochdeutsch sowie Altsächsisch, Mittelniederdeutsch und den Elbslawischen Sprachen vertraut. Ganz zu schweigen davon, dass relevante Teile der Literatur in Französisch, Italienisch und Polnisch verfasst sind. Sind das alles keine Experten?
 
Ist es nicht so, dass die große Mehrheit aller Texte zumindest bis zum hohen Mittelalter in Mitteleuropa lateinisch waren? Und wer die nicht lesen kann, ist auch kein Mediävist, würde ich sagen.
 
Ganz einfach: Wenn die übernommene Sklaverei z.B. rassistisch war, war es notwendigerweise auch die ganz frühe islamische Form, ohne, dass es mit dem Islam zu tun hätte.
 
Ist es nicht so, dass die große Mehrheit aller Texte zumindest bis zum hohen Mittelalter in Mitteleuropa lateinisch waren? Und wer die nicht lesen kann, ist auch kein Mediävist, würde ich sagen.

Das definieren unsere Kultuspolitiker und Universitäten leider nicht mehr so. Und Mittellatein wird bei dem üblichen Uni-Latinum sowieso nicht vermittelt.
 
Wenn die übernommene Sklaverei z.B. rassistisch war, war es notwendigerweise auch die ganz frühe islamische Form, ohne, dass es mit dem Islam zu tun hätte.
Verstehe ich das richtig? Wenn A von B was böses übernimmt und weiter betreibt, dann ist B böse und A kann halt nichts dafür sondern freut sich seiner florierender Geschäfte? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das so meinst.
Die Frage ist nicht, wer von wem die Sklavenhalterei großen Stils "übernommen" hat, sondern ob und wann und wo (proto)rassistische Selektion einsetzte. Und wenn du die Zitate aus dem inkriminierten Flaig-Aufsatz liest, wirst du dort dezidiert die Aussage finden, dass "der Islam" nicht rassistisch war - aber wozu soll ich mich wiederholen, hier ist es doch schnell nachzulesen: #64

Ansonsten fände ich interessant, wenn sich jemand erbarmen wollte, was zu den ganz und gar nicht "islamophoben" Flaig-Zitaten und zu N'Diayen zu äussern.
 
Wenn ich es richtig sehe, war die Kastration eine Zwangsmaßnahme, kein freiwilliges Aufnahmeritual in karriereträchtigen Militärdienst?
Natürlich.

Weiterhin nehme ich an, dass der arabische Sklavenhandel seine "Ware" nicht nur für hohe Palastdienste (Palasteunuchen etc) und aufstocken des Militärs (Militärsklaven, Mamelucken) handelte:
aus Kastration – Wikipedia
Tatsache ist: Es wurde kastriert, wohl auch massenweise. Tatsache ist auch, dass einige nicht (oder nicht erfolgreich) kastriert wurden, da wir in Einzelfällen von Nachkommen wissen (und diese Einzelfälle sind ja nur diejenigen, die ins Licht der Geschichte getreten sind). Dass der Kastration und/oder Versklavung protorassistische Einstellungen zugrunde lagen, sehe ich nicht.
Die meisten Sklaven waren tatsächlich Militärsklaven und/oder Palastbeamte. Dass alle männlichen Sklaven kastriert worden wären, auch solche, die nicht für das Heer bzw. für Verwaltungsaufgaben bestimmt waren, kann ich mir nur schwer vorstellen. Damit waren ja auch Kosten und Verluste verbunden.


Gibt es denn bzgl des "arabischen Sklavenhandel" Schätzwerte oder gar nachgewiesene Zahlen, wie viele Sklaven in welche Bereiche (Palastdienst, Militärdienst, Arbeitssklaven, Sklavenverkauf an europäische "Händler") gefangen/verkauft wurden?
Die Zahlen scheinen mir sehr hoch zu sein, zumal Schwarzafrika ja nicht der einzige Raum war, aus dem Arabien seine Sklaven bezog. Wir hatten ja auch Osteuropa (Saqalib = Slawen > Sklaven/Ethnonym > Funktionym). Die ägyptischen Mamluken waren oft Tscherkessen.
Rein methodisch wäre zu fragen, WOHER die Zahlen stammen. Ich kann das Buch von Tidiane N’Diaye nicht beurteilen, aber je konkreter solche Zahlennennungen sind, desto mehr muss er sich auf konkrete Quellen beziehen. Sonst wären sind die Zahlem aus der Luft gegriffen.


Was die Aussage anbelangt, dass der transsaharische Sklavenhandel folgenschwerer als der transatlantische sein kann ich das nicht ganz nachvollziehen, denn wenn ich mich auf die Logik der Argumentation einlasse UND wenn ich die Zahl nicht hinterfrage, die N’Diaye präsentiert, dann komme ich auf

17 Millionen Versklavungen auf araboislamischer und auf 12,5 Millionen Versklavungen auf kolonialeuropäisch-christlicher Seite.

Wenn ich das dann auf die Jahrhunderte umrechne, dann komme ich auf ca. 4 Millionen Versklavungen/100 Jahre auf kolonialeuropäisch-christlicher Seite, und auf 1,3 Millionen Sklaven/100 Jahre auf araboislamischer Seite. Nicht dass ich solche Aufrechnungen für sinnvoll hielte, aber die haben ja N’Diaye und seine Rezensenten bei der Swetlana aufgemacht.
Aber wie gesagt, diese Zahl scheint mir sehr hoch gegriffen.

Nun, es ist erst einmal zu fragen, wie der latente bis offene Rassismus, den etwa Lawrence beschrieb, entstand, denn der Koran stellt den Glauben in den Vordergrund.
Das war schon ein Problem im frühen Islam. In Córdoba gab es im 10 . Jhdt. einen Aufstand der muwalladūn, also der nicht arabischen Muslime, weil sie - entgegen der Regeln des Islam, dass es keine Differenzierung unter den Muslimen gebe - mehr Steuern als die arabischen Muslime zahlen sollten. Der Grund dafür war sicher kein Protorassismus, sondern vielmehr, dass die Emire von Córdoba auf die Steuern angewiesen waren. Je mehr Christen sich zum Islam bekehrten, desto weniger Steuern nahmen sie ja ein.

In Persien gab es zu derselben Zeit einen Propheten mit Zulauf, der einen persischen Islam predigte, auch dies wohl eine Reaktion auf die Ungleichbehandlung persischer und arabischer Muslime. (Leider habe ich dazu keine Details.)
 
Das definieren unsere Kultuspolitiker und Universitäten leider nicht mehr so. Und Mittellatein wird bei dem üblichen Uni-Latinum sowieso nicht vermittelt.
Mittellatein ist allerdings viel einfacher zu lesen, als klassisches Latein. Und an einige Unis kann man auch den Studiengang Mittellatein belegen. Im UTB gibt es z.B. ein mittellateinisches Wörterbuch.
 
Die meisten Sklaven waren tatsächlich Militärsklaven und/oder Palastbeamte.
Nach Angaben des senegalesischen Anthropologen Tidiane N’Diaye wurden bis zu 17 Millionen Schwarzafrikaner als Arbeitskräfte in arabische Länder verbracht und sind dort kastriert worden
@El Quijote (lassen wir die Zahl beiseite) dass die meisten im Militär oder Palastdienst landeten, das kann nun ich mir nur schwer vorstellen.

Was die (proto)rassistische oder "hautfarbenrassistische" Komponente betrifft, das beschreibt Flaig und nennt dazu Quellen.
 
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