Wobei man sagen muss, dass es teilweise Pragmatismus war. Schon die Abbasidenkalifen hatten begriffen, dass es für ihr Reich gar nicht schlecht war, nichtmuslimische Untertanen zu haben, da deren Steuer, die ǧizya gewissermaßen die wichtigste staatliche Einnahmequelle war. Zumindest in Friedenszeiten. Im Krieg stand dem Kalifen 1/4 der Kriegsbeute zu). Der Zehnt, den die Muslime als Steuer zu verrichten hatten - die zakāt -, war gebunden und stand den Machthabern nicht zur Verfügung, sondern war allenfalls von diesen verwaltet. Nutznießer dieser in Deutschen als ‚Almosensteuer‘ übersetzten Steuer waren die Bedürftigen. Sich davon zu bedienen galt als unislamisch.Im Islam gibt es das Konzept von "Buchreligionen", also Religionen, die der Islam als nicht ganz so weit entwickelt ansieht, die aber zu seinen Vorläufern gehören (Judentum und Christentum) bzw. eine lange schriftliche Tradition haben (Hinduismus in Indien, Zoroastrier).
In al-Andalus im 12. und 13. Jhdt. Wenn man das Pogrom von Granada 1066 noch heranzieht, auch im 11. Jhdt. Die spanische Geschichtswissenschaft folgt den Historiographen darin, dass dem Pogrom ein Komplott des jüdischen wazīrs Jehoseph ibn Nagrelah vorausgegangen sei und dieser den Thronfolger Buluggīn ibn Bādīs habe ermorden lassen. Abdallāh ibn Buluggīn schreibt ca. 25 nach der Ermordung seines Vaters, Jehoseph habe seinen Wein vergiftet. Da aber schon zuvor eine antijüdische Stimmung in Granada schwelte, befeuert durch Abū Isḥāq al-Ilbirī, bin ich entgegen der Mehrheitsauffassung der Meinung, dass man hier Scapegoating betrieb. Zumal Yehoseph angeblich gemeinsame Sache mit den Feinden Granadas gemacht hatte (im Übrigen auch zu Königswürden gekommene ehemalige Militärsklaven, die Almería reagierten) und man eben deren Heer geschlagen hatte.Ansonsten sind Vertreibungen von "Ungläubigen" und "Zwangsbekehrungen" im christlichen Europa belegbar, Beispiel Spanien ab 1492. Gibt es vergleichbare Vorgänge von Deportationen und erzwungenen Bekehrungen in der Geschichte islamischer Staaten?
Nein, mit Toleranz hat das nichts zu tun, eher mit dem unterschiedlichen Sklavenbegriff.Die Mamlucken als Militärsklaven schafften es eine Dynastie von Sultanen in Ägypten zu etablieren. Man kann sie als Zeichen von "Toleranz" gegenüber Sklaven im Islam ansehen. Sie schafften es eine eigene Herrschaftselite zu bilden. Ein vergleichbares Beispiel dazu im christlichen Europa fällt mir nicht ein.
Die arabisch-islamische Welt ist bis ins 20 Jhdt. (und teilweise sogar bis heute) stark durch Stammeszugehörigkeit geprägt gewesen. Islamische Städte sind häufig eine Ansammlung von Dörfern mir ihren jeweils eigenen Stadtmauern. Eine Kernfamilie hat ein Haus, dieses Haus liegt an einer- häufig durch eine Tür versperrten - Straße, in der nur Familien des eigenen Clans leben und diese Straße liegt wiederum in einem Viertel, wo nur Angehörige desselben Stammes leben. Zwischen diesen Vierteln liegen dann Verbindubgsstra.en, Märkte, etc.
Stammesloyalität ist also sehr wichtig. Die frühislamischen Heere (ǧund) rekrutierten sich aus den Stammesaufgeboten. Das war für Herrscher immer ein Problem, weil die Loyalität der Krieger eben nicht dem Amīr, Kalifen oder Sultān galt, sondern dem Stamm. Das ist überhaupt der Anlass dafür gewesen, in verschiedenen Teilen der arabischen Welt das uns seltsame vorkommende Institut der Militärsklaverei zu schaffen. Deshalb wurden auch so viele der Knaben kastriert: Ihre Loyalität sollte einzig dem Herrscher gelten und nicht einer Familie.
Natürlich war es grausam, die Knaben ihren sozialen Bindungen zu entreißen und sie zu kastrieren, gar keine Frage. Aber im Prinzip konnten sie Karriere machen, was sie von Sklaven in unserer Vorstellungswelt unterscheidet.
Als das Kalifat von Córdoba Anfang des 11. Jhdts. zusammenbrach, entstanden in al-Andalus eine Reihe oft nur kurzlebiger Königsherrschaften, andere überdauerten 80 oder 90 Jahre, bis sie entweder der christliche Expansion zum Opfer fielen, oder den Almoraviden, die von den fuqāha herbeigerufen wurden. An der Algarve wurde lokaler Adel unabhängig, in Algeciras, Ronda, Medina Sidonia, Málaga und Granada berberische Söldner, in Sevilla erhob sich ein Richter zum König und in Córdoba soll sogar eine Republik existiert haben. In Almería, Denia und Valencia aber wurden Sklaven bzw. Freigelassene (zu erkennen am Titel al-Fata) zu den neuen Königen. In Almería waren dies mutmaßlich zwei Brüder (vielleicht auch nur gute Kameraden?), die wahrscheinlich kastriert worden waren, jedenfalls zeugten sie keine Nachkommen. Der Herrscher von Denia hatte mindestens einen Sohn mit einer von Sardinien geraubten Christin, war also nicht (oder nicht erfolgreich) kastriert. Während diese drei Militärsklaven waren, waren es in Valencia zwei Verwaltungsbeamte, welche die Herrschaft übernahmen. Auch sie waren hohe Funktionssklaven und waren ursprünglich die Oberaufseher über die Wasserversorgung/-verteilung von Valencia gewesen. (In Valencia tagt bis heute einen islamischer Zeit eingesetztes Institut, nämlich das Wassergericht (Tribunal de Aguas), aber das ist eine andere Geschichte.)
Richtig, zudem muss unterschieden werden zwischen šāriʿa und fiqh. Die šāriʿa regelt die Rechtsbeziehungen zwischen den Menschen und Gott. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Menschen werden durch das fiqh abgedeckt."Die Scharia" gibt es in diesem Sinn nicht. Es gibt keinen Konsens aller moslemischen Konfessionen, was Teil der Scharia ist und was nicht. Der Wahhabitismus in Saudi Arabien definiert die Scharia anders als der schiitische Iran.
Bereits in Genesis wird Ham dafür bestraft, dass er seinen betrunkenen und entblößten Vater ausgelacht hat, anstatt seine Blöße zu bedecken. Die Strafe ist, dass seine Nachkommenschaft dunkelhäutiger sei und der seiner Brüder dienen solle. Im 18. und 19. Jhdt. hat man das als biblische Rechtfertigung der Versklavung von Afrikanern herangezogen..
Die Grundthese könnte man eigentlich schon mit Verweis auf Jeremia 13,23 wiederlagen. Hautfarbenrassismus ist bereits im Alten Testament bekannt. Schwarze Hautfarbe wird bei Jeremia mit unabänderlicher Sünde und Schande verknüpft.