Napoleons Rußlandfeldzug

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Tauentzien

Gast
Warum hat Napoleon mehr Soldaten auf dem Hinweg nach Moskau als auf dem Rückweg verloren, obgleich dort noch keine winterlichen Bedingungen herrschten und die Russen dem Kampf weitgehend auswichen.
 
Viele Soldaten starben durch Krankheiten. Beispielsweise durch die Aufnahme von unsaubereres Wasser und bekamen die Ruhr. Tausende sind daran gestorben. Nicht wenige Soldaten desertierten oder nahmen sich das Leben. Viele Pferde sind in den ersten Wochen des Feldzuges ums Leben gekommen.

Vor der Schlacht vor Smolensk im August hatte die "Grande Armee" nur noch 175.000 Soldaten. Dort sollen so ca.10.000 Soldaten der französischen Armee ihr Leben verloren haben. In der Schlacht von Borodino im September verlor man weitere 30.000 Soldaten.
 
Vor allen Dingen war auch einfach die Infrastruktur für die Versorgung so großer Armeen nicht hinreichend.

Napoléons Kriegsführung hatte zuvor ja sehr oft darauf basiert zu Gunsten operativer Geschwindigkeit auf Teile des eigenen Nachschubs zu verzichten und die Armee in Teilen aus dem Land des Gegners leben zu lassen.

Das funktionierte in relativ dichtbesiedelten Gebieten mit einer entsprechenden Infrastruktur, wie z.B. Norditalien über einige Zeit ganz gut.
Aber die Verhältnisse im Osten gaben das in dieser Form nicht her. Das rächte sich.
 
Es sind auch nicht alle Truppen der Grande Armée, die nicht Moskau erreichten, sofort verloren gegangen.

Viele Truppenteile wurden auch unterwegs zur Absicherung der Nachschubruten und eines möglichen Rückzugs oder um andere Ziele als Moskau zu erreichen, zurückgelassen.

Z. B. sollten das zweite und sechste Korps der französischen Armee über Polozk (heute Polazk in Belarus) nach Norden marschieren.

Nach Minard sollen das allein 60.000 Mann gewesen sein:

Minard.png (2003×955) (wikimedia.org)

Die beiden Korps haben bei Polozk dann zwei Schlachten mit den Russen geschlagen. Die Überlebenden haben sich nach dem Rückzug der Hauptarmee aus Moskau dann wieder mit deren Resten vereinigt.
 
Napoleons Verluste auf den Weg nach Moskau...

Napoleon wollte nicht den gleichen Fehler machen die seinerzeit Schwedens König Karl XII. widerfuhr, was heißt, auf einen Winterkrieg wollte er sich nicht einlassen.

Karl XII -> Russlandfeldzug 1708/1709. Zu seiner Zeit herrscht Zar Peter I. mit Beinamen „Der Große“.

Als Napoleon in das Land einfiel, herrschte Zar Alexander I.
Zar von 1801-1825.
Napoleon dachte, wenn er im Juni 1812 mit seinem Feldzug beginnt, hat er genügend Zeit um die Russen zu besiegen.
Napoleon war „Fuchs“ genug um diesen Feldzug vorzubereiten.
Die „Militärstrategie“ spielte eine große Rolle bei ihm, aber... Aber auch die vielen Kleinigkeiten spielten eine große Rolle.
Das da waren: Schuhe, Decken, Vorräte, Nachschub, Pferde, ärztlich Versorgung u.ä.
Napoleon war ja auch bekannt dafür das er nichts den Zufall überlassen wollte und trotzdem...
Und trotzdem merkte er bald, seine Planung wich von der Realität ab.

Am 24.06.1812 setzte sich dann eine bis dahin in der Welt nicht gekannt Armee gen Moskau beginnend mit der Überquerung des Flusses Memel in Bewegung. Man schrieb euphorisch von einem „Lavastrom“.

Die Deutschen bildeten das größte Kontingent. In der „Grande Armée der 20ig Nationen“ waren darüber hinaus Italiener, Spanier, Portugiesen, Kroaten, Polen und natürlich auch Franzosen.

Nur den Gegner bekam man nicht zu Gesicht.
Die Russen zogen es vor sich in die Weiten des Landes zurückzuziehen.

Man operierte in einem Land, wo man zunächst nicht gegen Soldaten kämpfte. Die Gegend wo man war, war kärglich und sogar unbehaust, das Essen war auch kärglich, es gab auch nicht genügend Futter für die Pferde.
Der Feind war das Wetter. Wind und Regen. Der Regen machte die unbefestigten Straßen zu Schlammwüsten.
Es müssen jedenfalls schlimme Zustände gewesen sein. Bald machte sich auch noch die Ruhr breit. Sauberes Trink Wasser war nicht da.
Jedenfalls flüchteten Viele. Die französische Feldgendarmerie macht auf solche eine erbitterte Jagd. Hinrichtungen waren an der Tagesordnung.

Zieht man mal Anfang Juli, also nach den ersten 14 Tagen, eine Zwischenbilanz, so hatte man schon an die 100.000 Soldaten und ca. 20.000 Pferde verloren und das auch noch ohne Kampfhandlungen gegen den Feind.

Und so überlegt Napoleon in Witebsk (heutiges Weißrussland) ob er nicht lieber umkehren sollte. Das aber ließ sein Ego nicht zu.
Und so kam es am 26. und 27. Juli 1812 zur Schlacht bei Witebsk.

https://wblog.wiki/de/Battle_of_Vitebsk_(1812)

Einen entscheidenden Sieg hatte aber Napoleon nicht erreicht.

Seine Armee wurde aber immer kleiner, und er stand auch immer tiefer im Feindesland.

Napoleon setzte den fliehend Feind nach und dann bei Borodin kam es 07.09.1812 zu einer blutigen Schlacht. Napoleon gewann da einen „Pyrrhussieg“, benannt nach >Pyrrhos I.< (318/319 v.Chr. – 272 v.Chr.

Schlacht bei Borodino – Wikipedia

Was ihm hoffen lies. Bis Moskau war es ja nicht mehr weit.
Ca. 130 km trennten ihn ja noch bis zu seinem Ziel.
Was er dann mit:
· ca. 100.00 kampffähigen Soldaten,
· und ca. 25.000 Verwundeten
erreichte. Seine Truppen marschierten aber in eine menschleere Stadt.

Ab dann schlägt die Stunde für den russischen Fürst Michail Illarionowitsch Kutusow-Smolenski.

Falls Sie Musikfreund sind, die „Ouvertüre 1812“ von Tschaikowski sollten Sie auch mit anhören.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Ergänzung:

Napoleon war „Fuchs“ genug um diesen Feldzug vorzubereiten.
Die „Militärstrategie“ spielte eine große Rolle bei ihm, aber... Aber auch die vielen Kleinigkeiten spielten eine große Rolle.
Das da waren: Schuhe, Decken, Vorräte, Nachschub, Pferde, ärztlich Versorgung u.ä.
Napoleon war ja auch bekannt dafür das er nichts den Zufall überlassen wollte

Er hatte auch dran gedacht, dass er seine Truppen sich nicht gänzlich aus dem Lande ernähren konnten.
So schickte er Verpflegung mit Ochsenkarren mit - die Ochsen konnten dann entsprechend auch noch verspeist werden. Allerdings bremsten die entweder den Vormarsch, oder waren weit hinter der marschierenden Truppe.
Insgesamt aber auch viel zu wenig.

Eine der Kleinigkeiten, die "vergessen" wurde, war das sogenannte scharfe Beschlagen der Hufeisen:
Das taten nur die wintererprobten Polen, die franz. Kavallerie sah da arrogant drüber hinweg - tragisch für (noch lebende) Ross und Reiter auf dem Rückmarsch in der Eiswüste.

Der Feind war das Wetter. Wind und Regen. Der Regen machte die unbefestigten Straßen zu Schlammwüsten.
Es müssen jedenfalls schlimme Zustände gewesen sein. Bald machte sich auch noch die Ruhr breit. Sauberes Trink Wasser war nicht da.
Zieht man mal Anfang Juli, also nach den ersten 14 Tagen, eine Zwischenbilanz, so hatte man schon an die 100.000 Soldaten und ca. 20.000 Pferde verloren und das auch noch ohne Kampfhandlungen gegen den Feind.

Die meisten Pferde starben ein paar Wochen nach dem Einmarsch, aufgrund eines eiskalten Landregens, den die Pferde nicht aushielten. Vom verdorbenen Futter ganz abgesehen.
... ob er nicht lieber umkehren sollte.
"Den Wein, den man eingegossen hat, muss man auch trinken", so seine mehrmalige Schlussfolgerung.
Moskau ...
Was er dann mit:
· ca. 100.00 kampffähigen Soldaten,
· und ca. 25.000 Verwundeten
erreichte. Seine Truppen marschierten aber in eine menschleere Stadt.
Menschenleer, und auch ohne Feuerspritzen - man konnte die ausbrechenden Brände nicht adäquat löschen.
Dennoch, es gibt eine Mindermeinung an Experten, die meinen, dass die Franzosen in Moskau hätten überwintern können. Über die Menge an Vorräten gehen die Meinungen auseinander.
Falls Sie Musikfreund sind, die „Ouvertüre 1812“ von Tschaikowski sollten Sie auch mit anhören.
Laut meinem Musiklehrer sind auch Teile der damaligen russischen Hymne eingearbeitet - wie auch immer, ja, ein sehr schönes Musikstück!
 
Wenn Napoleon den Rußlandfeldzug für die Durchsetzung der Kontinentalsperre gegen England unternommen hat, warum hat er nicht einfach Dänemark besetzt und den Sund für die Durchfahrt gesperrt? Über die Ostseehäfen lief ja der größte Teil des Seehandels. Mit einem Bruchteil des Krafteinsatzes und militärischen Risikos hätte er den englisch-russischen Handel abschnüren können.
 
Wie sollte Dänemark denn die Schmuggler effektiv behindern? Die dänische Flotte war doch von den Engländern 1801 zusammengeschossen worden. Die eroberten dänischen Schiffe waren versenkt worden. Die dänische Kriegsmarine existierte praktisch fast nicht mehr.
 
Nicht unerwähnt bleiben sollte, das auch die französische Flotte 1805 gegen England bei Trafalgar eine herbe Niederlage hinnehmen musst. Ich weiß jetzt nicht genau, das müssten die Napoleon und Frankreich Experten wohl wissen, ob die französische Flotte noch die Stärke hatte, um den Sund zu sperren bzw. ob man überhaupt Schiffe für so ein Vorhaben dauerhaft Schiffen entbehren konnte.
 
Die Briten führten eine scharfe Seeblockade durch, Linienschiffe konnten da kaum in namhafter Stärke durchkommen.
Technisch gesehen dürfte Frankreich keine große Chance gehabt haben, den Sund gegen die stärkste Seemacht der Welt zusperren.
Die Briten haben nicht umsonst die dänische Flotte aus die "Spiel" genommen.
 
Wenn Napoleon den Rußlandfeldzug für die Durchsetzung der Kontinentalsperre gegen England unternommen hat, warum hat er nicht einfach Dänemark besetzt und den Sund für die Durchfahrt gesperrt? Über die Ostseehäfen lief ja der größte Teil des Seehandels.
Dänemark war bereits mit Napoleon verbündet und tat bereits, was es konnte, um den Sund zu sperren. Die Festung Helsingör kontrollierte fast die gesamte Fahrwasserbreite des Öresundes zu ihren Füßen. (Großer und Kleiner Belt waren für die Segelschiffahrt der damaligen Zeit keine wirkliche Alternative zum Sund.) Nur ein relativ schmaler Streifen lag auf schwedischer und damit Napoleon nicht mehr so wohlgesonnener Seite. Natürlich drückten sich die unter britischem Schutz segelnden Handelsschiffskonvois nach Möglichkeit so nahe es ging auf der schwedischen Seite durch die Engstelle.

Im Sinne Deiner Frage hätte Napoleon besser Schwedern besetzen sollen (wäre er dort hin gekommen). Die hätten dann auch noch eine Flotte gehabt, die auf die großen Handelsschiffskonvois, die die britiske Royal Navy in und aus der Ostsee geleitete, hätte angesetzt werden können. Hätte er es sich nicht mit denen und seinem seit 1810 dort regierenden ehemaligen Marschall Bernadotte verdorben, hätte das unter Umständen klappen können. Was britischerseits eine Wiederholung der Operation von 1801 (mit ohne die inzwischen praktisch nicht mehr existierende dänische Flotte) ausgelöst hätte.

Wie sollte Dänemark denn die Schmuggler effektiv behindern? Die dänische Flotte war doch von den Engländern 1801 zusammengeschossen worden. Die eroberten dänischen Schiffe waren versenkt worden. Die dänische Kriegsmarine existierte praktisch fast nicht mehr.
Das waren nicht nur Schmuggler. Da der Ostseeraum ihre wesentliche Quelle für Hanf, Teer und Fichte/Kiefer war, war seine Kontrolle essentiell für die britische Seemacht. Die sammelten und geleiteten riesengroße Konvois there and back again. Wie wichtig diese waren, sieht man (auf deutsch - etwas schamlose Werbung für ein kleines, aber feines Museum in Dänemark) daran, dass man ihnen Linienschiffe selbst ersten Ranges als Geleitsicherung mitgab. https://strandingsmuseet.dk/

Die Dänen taten im übrigen auch mit einer großen neugebauten Flotte von Kanonenbooten, was sie konnten, um sich an den Briten für den Überfall von 1807 [!] zu rächen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Gunboat_War (Gibt auf Deutsch leider so gut wie nix dazu im Netz zum Kanonenbootskrieg zu finden.)

Die Vernichtung - durch Wegnahme - der dänischen Flotte fand erst 1807 (Gambier) statt. Was 1801 von Nelson zerstört/erobert wurde, waren Hulken, alter Schrott, der mit zusammengestoppelten Besatzungen - bestehend größtenteils aus ungelernten Hilfskräften mit ganz wenig Seeleuten aus der Handelsmarine und noch weniger qualifizierten Offizieren auf den letzten Drücker irgendwie zu einer Verteidigungslinie zusammenverankert worden war. Die aktive Flotte war nur mit zwei zufällig gerade für eine Reise nach Norwegen gerade einsatzklar gemachten Linienschiffen ganz am Rande beteiligt. Der Rest lag im Arsenal in Kopenhagen. Nelsons Drohung, Stadt (und Arsenal inklusive dort liegender Linienschiffe) per Mörserbeschuss in Brand zu stecken, überzeugte die dänische Regierung schnell, einen Waffenstillstand mit ihm abzuschließen. Aus dänischer Sicht war die Flotte politisch als Verteidigungsmittel gegen den nominellen dänischen Alliierten Schweden(!) viel zu wichtig, als dass man sich diese wegen einer ungeliebten bewaffneten Neutralität, die den wirren Gedanken des Zaren entsprungen war, von den Briten wegschießen lassen solle. 1801 war es das britische Operationsziel, Dänemark lediglich tatsächlich zu neutralisieren. Das reichte aus.

Das "copenhagen" der dänischen Flotte von 1807 hingegen diente tatsächlich dem Zweck, diese Flotte eben nicht Napoleon in die Hände fallen zu lassen, der nach 1805 gerne eine neue gehabt hätte und der mit dieser auf Kopenhagen gestützten Flotte - ggf. mit auch noch schwedischer und/oder russischer Unterstützung - den britischen Ostseehandel mindestens hätte erheblich beschädigen können, wenn nicht sogar die Ostsee für den britischen Handel zu schließen. Daraus ergibt sich schon, dass man sich in London und Paris ähnliche Gedanken machte, wie Du, Tauentzien.
 
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Am Vorabend des Krieges ritt Napoleon am 23.Juni 1812 an die damalige Grenze polnisch-russisch, den Grenzfluss Memel. Nach Angaben seiner Generäle scheute sein Pferd vor einem Hasen, so dass er vom Pferd fiel. Über die Auswirkung dieses "schlechten" Vorzeichens lässt sich sicher streiten, aber ggf. hat sich das bei seinen Truppen herumgesprochen und den Sieges-/Kampfeswillen geschmälert.

Bereits zu Beginn des Feldzugs entstanden logistische Schwierigkeiten. Im Juli begannen starke Regenfälle und Gewitter die die Straßen in Schlammwüsten verwandelten. Die Fuhrwerke der französischen Armee blieben stecken und die Nahrungsmittel/Medikamente erreichten die vorrückenden Truppen nicht. Das hatte zur Folge das auch die Pferde nicht versorgt werden konnten und massenhaft starben. Das kärglich besiedelte Land konnte eine solche Masse von Menschen nicht versorgen. Auf den Feldzügen in Italien etc. konnte das Land eine Armee versorgen, dies funktionierte in Russland nur eingeschränkt. Mangelnde Versorgung führte zu Infekten und Krankheiten wie Ruhr etc. Nach den Regenfällen der ersten Tage setzte eine Hitzeperiode ein, die zu Staub und Durst führte.

Nicht zu unterschätzen ist die russische Strategie der russischen Armeen sich der Taktik der "Verbrannten Erde" zu bedienen. Seit jeher dienten in der russischen Armee die sogenannten Kosakenverbände. Diese waren unter anderen mit einer "Guerilla-Taktik" betraut. Die Dörfer wurden von ihnen (zwangsweise) rücksichtslos geräumt und die Nahrungsvorräte vollständig verbrannt, wenn sie nicht selbst verbraucht wurden. Die französischen Fouragiere wurden in Scharmützel verwickelt und behindert.

Nach den Verlusten während des Marsches mussten bereits bei der Schlacht von Borodino 07.09.1812 Kavallerieeinheiten zu Fuß kämpfen. Bei der Schlacht wurden zusätzlich noch die verbliebenen Pferde dezimiert, so dass die Einheiten zu Fuß marschieren mussten. Dies führte zu weiterer Erschöpfung und Verlusten. Als die Truppen dann am 14.09.1812 in Moskau einmarschierten waren sie bereits erheblich dezimiert, vermutlich verlor Napoleon bis zu 2/3 seiner Einheiten auf dem Vormarsch.
 
Die Fuhrwerke der französischen Armee blieben stecken und die Nahrungsmittel/Medikamente erreichten die vorrückenden Truppen nicht. Das hatte zur Folge das auch die Pferde nicht versorgt werden konnten und massenhaft starben.
Ich denke nicht, dass die Pferde an Nahrungsmangel starben. In der Gegend wächst genug Gras als Pferdefutter. Für wahrscheinlicher halte ich es, dass menschliche Nahrung fehlte und man deshalb die eigenen Pferde geschlachtet hat.
 
Für die Leistung, die von Militärpferden auf den Feldzügen erwartet wurde (den ganzen Tag lang sich selbst und den Affen samt Ausrüstung tragen), dafür stundenlang unterwegs zu sein und das noch ganz ohne schnellere Gangarten: dafür braucht ein Pferd schon Kraftfutter (Hafer), dafür würde Gras nicht ausreichen.
Dazu kommt: wenn Du ein Pferd nur von Gras ernähren möchtest, muss es auch mindestens bummelig acht Stunden pro Tag grasen können. Das dürfte es auf dem Marsch nicht schaffen. In den Marschpausen (nachts) ist es ortsfest angeleint und das Gras dort vor der Nase reicht nirgends hin. Die Marschleistung moderner Kavallerie ist (ich meine, das war u.a. beim Delbrück) nach ca. 6 Tagen auch bei guter Versorgung schon schlechter als die der Infanterie. Dazu kamen Marschverletzungen (Lahmheit, Satteldruck etc.), die mit der Zeit zu spürbaren Pferdeausfällen führen können. (Wäre interessant, zu erfahren, wie es um die Fütterung und Marschleistungen der Steppenreitervölker bzw. ihrer Ponies bestellt war.)
 
Insbesondere viele Pferde des Trains starben schon recht früh. Es fehlte nicht nur an Kraftfutter, es kam auch Pech hinzu: Eine Regenperiode förderte Pferdekrankheiten und erschwerte die Reise. Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf die anderen Pferde.
 
Nicht zu unterschätzen ist die russische Strategie der russischen Armeen sich der Taktik der "Verbrannten Erde" zu bedienen.

Das hatte 1812 relativ wenig mit Strategie zu tun, dazu empfehle ich dir mal einen Blick in Clausewitz' Bericht über den Feldzug von 1812 zu werfen.
Das Problem war viel mehr, dass sich die russischen Truppen, da bis kurz vor dem Feldzug noch Krieg zwischen Russland und dem Osmanischen Reich geherrscht hatte erst einmal sammeln mussten und dass man dann von russischer Seite immer dann zurückwich, wenn man merkte, dass die französische Übermacht noch immer drückendd war.
Ursprünglich wollte man von russischer Seite her bei "Drissa" im Grenzgebiet zwischem dem heutigen Lettland und Belarus schlagen (Clausewitz bezeichnet die Gegend als "Litauen"), stellte dann aber (siehe das Kapitel über das Lager von Drissa bei Clausewitz) fest, dass die Gegend doch ungeeignet war.

Weiter waren die Strukturen im Russischen Kommando recht chaotisch.

Barclay de Tolly sah angesichts der Übermacht der Franzosen bei Witebsk und Smolensk keine andere Möglichkeit als den Rückzug, sein Rivale Bagration sah das ganz anders und wollte mindestes Smolensk auf jeden fall verteidigen.

Diese Differenzen erledigten sich erst mit dem Tod Bagrations und der Ernennung Kutusows zum Oberkommandierenden.
Und auch der hatte durchaus nicht die strategische Absicht einen Guerillia-Krieg zu führen, jedenfalls versuchte er mit der Schlacht von Borodino Moskau durch eine große offene Schlacht zu verteidigen, was misslang, woraufhin er sich mit seiner geschlagenen Armee absetzte und nicht wieder angriff, weil er seine Stärke für nicht ausreichend hielt.

Der Marsch bis weit nach Russland hinein hatte die französische Armee zwar de facto zermürbt, aber strategisch im Rahmen eines Masterplans vorgesehen war das von russischer Seite her nicht, das ergab sich eher zufällig.
Wäre es der russischen Seite früher gelungen die eigenen Truppen zusammen zu ziehen, hätte man russischerseits möglicherweise deutlich weiter westlich versucht die Franzosen aufzuhalten, wahrscheinlich mit katastrophalen Folgen.

Seit jeher dienten in der russischen Armee die sogenannten Kosakenverbände. Diese waren unter anderen mit einer "Guerilla-Taktik" betraut.

Auch das stimmt so nicht ganz, de facto stellten die Kosaken einen Teil der leichten russischen Kavallerie, waren als solche im Besonderen gegen schwere Infanterie nicht aussichtsreich einzusetzen, aber natürlich für die üblichen Aufgaben der leichten Kavallerie (Aufklärung, Beobachtung, schnelle Verfolgung, Wegnehmen von Engpässen und halten bis zum Eintreffen schwerer Truppen) ganz gut geeignet.
Sie waren aber weder die "Elitetruppe" zu der sie gerne stilisiert werden, noch lässt sich ihre Einsatzweise eigentlich als "Guerilla-Kriegsführung" bezeichnen, sondern sie taten im Prinzip das, was zu dieser Zeit jede leichte Kavallerie Europas regulärer Weise tat.

Die Dörfer wurden von ihnen (zwangsweise) rücksichtslos geräumt und die Nahrungsvorräte vollständig verbrannt, wenn sie nicht selbst verbraucht wurden.

Da gab es nicht mehr viel zu verbrennen, einfach weil die russischen und französischen Truppen spätestens ab Witebsk den gleichen weg nahmen und die Gegenden die die Franzosen durchquerten bereits von den russischen Truppen in Sachen Lebensmitteln völlig ausgelaugt wurden.
Napoléon traf dann als er den Rückzug aus Moskau antrat die verhängnisvolle Entscheidung auf dem gleichen Weg zurück zu gehen, wie er hergekommen war, mit dem Ergebniss, dass die Landstriche innerhalb eines halben Jahres 3 mal von (für ihre Zeit) übergroßen Armeen heimgesucht worden war und wo es bereits auf dem Hinweg nichts mehr zu requirieren gab, auf dem Rückweg erst recht nichts mehr zu requirieren da war.


Über Napoléons Russlandfeldzug gibt es im übrigen ein sehr lesenswertes Werk von Zamoyski, dass ich nur wärmstens empfehlen kann.


In Ergänzung zu dem was @Neddy zum Thema Pferde geschrieben hat:

Zamoyski schreibt im Hinblick auf die Vorbereitung des Russlandfeldzugs von französicher Seite her auch, dass die Kavallerie hierbei sehr hastig vergrößert wurde, auch um den Preis, dass vermehrt Pferde angekauft wurden, die den Strapazen eines längeren Feldzugs nicht gewachsen waren und dass Kavalleristen ausgehoben wurden, die keine Ahnung davon hatten, wie man mit so einem Tier umgehen musste.
Folgt man den Schilderungen, war die französische Kavallerie wohl bereits bei ihrem Aufmarsch in Ostpreußen in wahrnehmbar schlechter Verfassung.
 
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