Narmer/Scorpion oder Ba'al?

klausi

Mitglied
Autoren-Zitat:
"Also soviel zu Narmer... vielleicht war es auch König Skorpion (denn so wurde er genannt nach den Hieroglyphen, welche auf seine Zeit bezogen werden) oder war er doch dieselbe Person wie Menes? Also um solche Beispiele anzubringen, sollte man sich schon mehr damit befassen, als nur blind hohle Argumente zu übernehmen."


Hallo, zunächst einen Gruss an alle Autoren/Leser.

Zum vorgenannten Thema "Narmer" ist mir folgendes aufgefallen:
Die ca. 63cm hohe "Narmer-Palette" soll lt. Wissenschaft aus der Zeit vor 3.500 - 4.000 v.Chr. stammen und wurde 1898 von den britischen Ägyptologen James Quibell und Frederik Green in Hierakonpolis gefunden.
Die Abbildung auf der Rückseite der "Narmer-Palette" soll den Pharao Narmer (oder ggf. Scorpion,usw. der I.Dynastie) barfuss mit Lendenschurz darstellen. Der Pharao ist mit der Krone von Oberägypten abgebildet und hält in der rechten nach oben gestreckten Faust einen Streitkolben, mit der linken Faust schlägt er auf einen sitzenden Gefangenen ein. Es handelt sich eindeutig um eine Pose der Überlegenheit gegenüber unterdrückten Völkerstämmen.

Eine kleine ca. 22cm hohe Bronzestatuette - die lt. Wissenschaft aus dem 14.-15. Jahrhundert v.Chr. stammen soll und vom französischen Ausgräber Claude Schaeffer um 1927/28 bei Ausgrabungen in Ugarit/Syrien gefunden wurde - soll dagegen den Gott Baal darstellen. Die Statue befindet sich derzeit im Museum Louvre in Paris und ist dort auch katalogisiert.

Zu meinem Erstaunen sind die Körperhaltungen (Arme, Beine, Füsse, Kopf incl. Nase und Kopfbedeckung) beider abgebildeter Personen/Figuren fast identisch (Vergleich durch Bildkopie bzw. Einscannen der Vorlagen), obwohl sie doch anscheinend verschiedene Personen (Pharao Narmer/Gott Baal) darstellen sollen.

Die Fakten in Kürze:
1. Die Narmer-Palette wurde in Ägypten 1898 gefunden, war ca. 3.500 - 4.000 v.Chr. vom Künstler gefertigt - und bis zum Fund eingegraben.
2. Die Baal-Figur wurde 1927/28 in Ugarit/Syrien gefunden, als "Gott Baal" bezeichnet und nicht als Pharao.
Meine Fragen:
a) Wie kann der Erschaffer/Künstler der Baal-Figur eine Person (Narmer/Scorpion ??) genau abbilden, die mehrere hundert Km südlicher im Wüstensand bereits vergraben ist?
b) Warum erhält die Bronce-Figur den Namen "Gott Baal", obwohl die "Krone Oberägyptens" eindeutig auszumachen ist?

Stellt die Figur auf der Narmer-Palette vielleicht gar nicht den Pharao sondern den Gott Baal dar?
Oder ist die Figur Gott Baal vielleicht der Pharao Narmer ? (Dann wäre die Bezeichnung im Museum Louvre/Paris falsch!)

Anmerkung: Falls jemand Interesse an den o.a. Bildern haben sollte, so teilen Sie mir ihre email-Adresse mit. Ich sende Ihnen die Bilder mit Quellenangabe gern zu.
 
Meine Fragen:
a) Wie kann der Erschaffer/Künstler der Baal-Figur eine Person (Narmer/Scorpion ??) genau abbilden, die mehrere hundert Km südlicher im Wüstensand bereits vergraben ist?

Zunächst einmal war die Körperhaltung von Figuren in Reliephs und auch von frühen Ganzkörperstatuen relativ gleichmäßig (Kouroi), einfach weil die bildhauerische Technik fehlte. (Ein klass. Archäologe kann es sicher besser erklären) Es ist absolut nicht so, dass solche Figurendarstellungen nur vereinzelt existiert hätten. Wie du selbst schreibst: "Es handelt sich eindeutig um eine Pose der Überlegenheit", die benutze man gerne.

b) Warum erhält die Bronce-Figur den Namen "Gott Baal", obwohl die "Krone Oberägyptens" eindeutig auszumachen ist? [...] Oder ist die Figur Gott Baal vielleicht der Pharao Narmer? (Dann wäre die Bezeichnung im Museum Louvre/Paris falsch!)

Zwischen Phönizien und Ägypten gab es lange enge Kontakte. Auch ist die Ba'al-Darstellung mit der oberägyptischen Krone rund ums Mittelmeer in Ba'al-Heiligtümern zu finden, auch in Cádiz z.B. hat man eine solche Statuette gefunden: Museo de Cádiz. Portal de Museos y Conjuntos Arqueológicos y Monumentales de Andalucía
Wenn du die mal mit deiner Figur aus dem Louvre vergleichst: http://upload.wikimedia.org/wikiped...7330.jpg/313px-Baal_Ugarit_Louvre_AO17330.jpg

Stellt die Figur auf der Narmer-Palette vielleicht gar nicht den Pharao sondern den Gott Baal dar?
Zwischen den beiden Kuhköpfen soll der Name Narmer auf der Palette angebracht sein. http://de.academic.ru/pictures/dewiki/78/NarmerPalette-ROM-back.jpg
 
Versuche doch einfach mal die Bilder hier rein zu stellen.
Es muß sich nicht unbedingt um die gleiche dargestellte Person handeln.
Die Körperhaltungen von Göttern und Pharaonen sind oft identisch, schließlich waren letztere ja eine Verkörperung des Gottes Horus. Und hier ist die Körperhaltung eine sehr allgemeine,wie sie auch kulturübergreifend vorkommt.
Und was die Attribute betrifft, so weist die oberägyptische Krone teilweise Ähnlichkeiten mit Kopfbedeckungen aus der Levante auf, hat aber eine genau definierte Form und Darstellungsweise-.Abweichende Darstellungen zeigen schlicht etwas anderes als dieKrone.
Das Problem ist hier, daß fast identisch halt nicht Identität bedeutet-
 
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1. Ein frühester Hinweis für die Kontakte zwischen Ägypten und dem mesopotamischen Raum ist der in Djebel-el-Arak (Ägypten) gefundene Elfenbeinmessergriff mit typischen Motiven der Djemdet Nasr Kunst.

2. Ich habe mich zwar mehr mit der Glyptik des Alten Orients befasst, mir ist in diesem Zusammenhang aber ein starker Einfluss ägyptischer Motive auf die syrische Glyptik des 2. Jahrtausends aufgefallen. Neben dem Ankh-Zeichen, das gerne als Füllsel genutzt wurde, findet man auf syrischen Rollsiegeln dieser Zeit auch stark ägyptisierte Figuren.
Das angehängte Beispielbild stammt aus Amiets Kunst des Alten Orients aus der Ars-Antiqua Reihe.
Der Einfluss Ägyptens, besonders auf Syrien, ist sicher mit den politischen Ereignissen dieser Zeit zu erklären. (Um es ganz kurz zu machen.)
Als Lektüre wäre das Werk von Adelheid Otto, „Die Entwicklung der syrischen Glyptik“, zu empfehlen, das in Auszügen auch in der Google-Buchsuche zu finden ist.

3. Die Pose des Pharaos auf der Narmer-Palette und der Skulptur im Louvre kam mir doch sehr vertraut vor. Sie ist typisch für Darstellungen des Wettergottes. Oft befand sich in der erhobenen Hand ein Blitzbündel, eine Keule oder eine Peitsche.

Datei:Baal thunderbolt Louvre AO15775.jpg – Wikipedia

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied in der Darstellung der Kopfbedeckung. Auf den syrischen Darstellungen wurde zwar die Kegelform übernommen, aber mit Hörnern ergänzt. Es handelt sich also um eine Form der Hörnerkrone, seit jeher Merkmal für Götterdarstellungen im Alten Orient. Auf der Skulptur sind auch zwei Hörner am Rand der Kopfbedeckung zu finden. Leider konnte ich keine Abbildung finden, die die Figur von der Seite zeigt. Nach den Darstellungen in der Bildkunst dieser Zeit die ich kenne, würde ich vermuten, dass Pose und Kopfbedeckung auf ägyptische Einflüsse zurückgehen, der Kontext in dem die Figur auftaucht aber typisch mesopotamisch ist und die Figur in den meisten Fällen eindeutig als Wettergott zu identifizieren ist (steht auf zwei Bergen, Begleitung der sich entschleiernden Göttin (Regengöttin), Stier, Keule, Blitzbündel). Die Pose hat also Einzug in die syrische Bildkunst genommen, die Bedeutung aber wurde abgewandelt und mit mesopotamischen Traditionen verbunden.
Eine Tabelle mit Hörnerkronen und Kopfbedeckungen ist im Reallexikon der Assyriologie zu finden.

4. Ein wesentlich frühere Parallele zwischen der mesopotamischen Kunst und der Narmer Palette ist ein Rollsiegel mit Schlangenhalsdrachen, das sich ebenfalls im Louvre befindet und auf 3300 v. Chr. datiert wird. Es handelt sich um ein gutes Beispiel für die heraldischen Kompositionen der frühgeschichtlichen Glyptik der Sumerer.

File:Cylinder seal lions Louvre MNB1167b.jpghttp://www.geschichtsforum.de/ - Wikimedia Commons

Ich bin etwas unkonzentriert. Sollte noch Interesse oder Fragen zu ungenauen Passagen bestehen, fragt ruhig. Ich kann auch die Tabellen mit Kopfbedeckungen oder weitere Darstellungen des Wettergottes zur Verfügung stellen (Oder Amiet: Die Kunst des alten Orient, bes. Abb. 550-554):pharao:.
 
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Interessante Geschichte- die Hörnerkrone erinnert mich übrigens stark an die Satiskrone in Ägypten.Auch dort haben wir die mit Hörnern ergänzte Kegelform
Zwei Fragen habe ich dazu:
Wie sind die von dir genannten Artefakte zeitlich einzuordnen ?
Und woraus schließt Du,daß Pose und Kopfbedeckung auf ägyptische Einflüsse zurückgehen und nicht umgekehrt altorientalische ggf. die Pose und Kopfbedeckung der ägyptischen Darstellungen bestmmt haben.? schließlich gab es im syrisch-kleinasiatischen Raum schon ganz früh urbane Zentren, die stilbildend auch in richtung Ägypten hätten gewirkt haben können.
 
Mein blinder Fleck ist leider die ägyptische Kunst. (Die soll als nächstes an die Reihe kommen). Ich habe mir mal auf die Schnelle Abbildungen der Satis Krone angeschaut. Dabei fällt sofort auf, dass die Hörnerform sich von der syrischer oder mesopotamischer Abbildungen unterscheidet. Laut dem Lexikon Alter Orient (VMA) handelt es sich um Antilopenhörner. Typisch für die Hörnerkrone in Asien sind Stierhörner, was wohl auf die starke Bedeutung des Stieres in der Kultur und Religion zurückzuführen ist.
Wie gesagt, mit ägyptischen Darstellungen habe ich mich noch nicht intensiver beschäftigt.
Ich muss jetzt los, werde aber später noch Bilder heraussuchen und mich mit den Datierungen auseinandersetzen. Vielleicht widerlegt sich meine Vermutung dadurch. Gerade in der syrischen Bildkunst ist das Thema "Hörnerkrone" etwas schwieriger. Ungewöhnlich ist z.B., dass es überhaupt Götterdarstellungen gibt, bei denen die Gottheit keine Hörnerkrone trägt. (Auf der Abbildung im Anhang die Begleiterin des Wettergottes auf dem Stier.)
 
Baal müsste eigentlich Stierhörner besitzen, da er wie sein Vater El auch als weißer Stier erscheint. Aber auch die Pharaonen wurden Stiere genannt.
 
Ja,aber das erfolgte erst im neuen Reich .

Die wesentlichen Stiergötter Ägyptens waren:

Apis als Verkörperung des Ptah,
Serapis als Verkörperung des Osiris
Buchis als Verkörperung des Month
Mnevis als Verkörperung des Atum

Allerdings ist m.W. auch auf der Narmer-Palette der König als Stier abgebildet,der eine Stadt erobert.

Bei der Satiskrone sind es tatsächlich Antilopenhörner,die daher kommen sollen,daß Satis die Schutzgöttin des Gaues um Elephantine war dessen Gauzeichen die Antilope war.
 
Warum ich vermutet habe, dass Pose und Kopfbedeckung auf ägyptische Einflüsse zurückgehen.

Das war etwas aus der Hüfte geschossen. Mir kam die Pose und auf dem Rollsiegel und der Stele, die mit der der Statue identisch ist, fremd vor. Ich habe also noch einmal mein Bildmaterial gesichtet. Der über dem Kopf erhobene Arm taucht in der Kunst des Alten Orients offenbar tatsächlich selten auf. Ein Beispiel ist die Darstellung eines Götterkampfes auf einem Rollsiegel der Akkad-Zeit (Abb.01). Üblicher war jedoch, dass die dargestellten Figuren Waffen oder Attribute in der ausgestreckten Hand halten (Abb. 02). Dass die Pose mich an Ägypten erinnert hat, hängt mit der Narmer Palette und dem ägyptisierten Stil der Figuren auf syrischen Rollsiegeln zurück (Abb. 03). So erkennt man auf der Baal-Stele (Abb. 04) eine ägyptische Seitenlocke, die betont schmale Taille und die typische Schrittstellung im Profil. Wie eine solche Einflussnahme zustande gekommen sein könnte, erklärt Christian Eder in „Die ägyptischen Motive in der Glyptik des östlichen Mittelmeerraumes“. Das Auftauchen ägyptischer Sitzmöbel etwa erklärt er mit Importen solcher Möbel aus Ägypten. Kleinere Motive wie das Ankh-Zeichen, die Sphinx oder der Horusfalke können über Schmuckstücke Einzug in die Bildkunst der Levante gehalten haben. Da aber auch ganze Ritualszenen übernommen wurden, deren ägyptische Vorlagen nur in Tempeln zu finden sind, wird ein Transfer von Bildkatalogen auf Papyrus vermutet. Dass solche Siegelbilderkataloge Verwendung fanden, ist aus der Kunst des Alten Orients bekannt (Dort besser erhalten, das Ton und nicht Papyrus).
Eine Einflussnahme ist also belegt. Und die Pose mit über dem Kopf erhobener Waffe bei Wettergöttern tritt im Zeitraum dieser Einflussnahme und danach in Syrien gehäuft auf (Abb. 05 – Abb. 07 ).
Belegt habe ich damit freilich nichts. Höchstens meine Vermutung etwas unterfüttert.
Was die Kopfbedeckung betrifft, muss ich zaphodB.'s Einwand zustimmen. Die Kopfbedeckung der Baal-Statue und die ägyptischen Kronen haben eigentlich nur die hohe Form gemeinsam. Die „konische Kappe“ der syrischen Bildkunst kann durchaus aus der in dieser Region üblichen Kopfbedeckung hervorgegangen sein. Aus der assyrischen Bildkunst ist etwa bekannt, dass Fremdvölker mit den Ihnen typischen Kopfbedeckungen abgebildet wurden.
Andererseits kann diese Form der Hörnerkrone nach Kleinasien gewirkt haben. Sie ähnelt Formen der späthethitischen Hörnerkrone (Abb. 08).
Man braucht aber schon einen sehr guten Überblick, um hier etwas Definitives aussagen zu können.

Die Datierungen sind auf den Abbildungen zu finden (Achtet auf die Dateinamen). Bei Internet-Links auf der entsprechenden Seite.
Abb. 03 : 42.450: Cylinder Seal with Worshippers before a Goddess by Anonymous (Syrian)
Abb. 04 : Datei:Baal thunderbolt Louvre AO15775.jpg – Wikipedia
Abb. 07 : File:Stele adad.jpg - Wikimedia Commons

P.S. Ihr scheint Euch mir ägyptischer Kunst ja Bestens auszukennen. Taucht die Pose des Pharaos auf der Palette denn dort häufiger auf?

P.P.S. Meine einzige Assoziation von Stierverehrung mit Ägypten war, dass die Nilschwemme auch „Gabe des Stieres“ genannt wurde. (Lurker: Wörterbuch der Symbolik)
Das Tosen des Wassers wurde mit ihm verbunden.
 
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Nein,auf der Palette taucht der König nur 2 Mal als Person auf,einmal in der beschriebenen Pose und einmal ,auf der Rückseite, in einem Triumphzug-
Außerdem ist er dort einmal als Stier verkörpert,der eine Stadtmauer einreisst.
Ich würde ja gerne das bei mir gespeicherte Bild davon einfügen,wenn ich wüßte wie es geht:confused::crash:
Was bei der Palette auffällig ist ist die Abbildung zweier schlangenhalsiger Fabeltiere, die für mich stilistisch in Richtung Mesopotamien weisen.
 
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Was bei der Palette auffällig ist ist die Abbildung zweier schlangenhalsiger Fabeltiere, die für mich stilistisch in Richtung Mesopotamien weisen.

Das war gerade mein Berührungspunkt mit der Palette. Dieses Rollsiegel aus der frühgeschichtlichen Zeit Mesopotamiens weist eine verblüffende Ähnlichkeit auf:

File:Cylinder seal lions Louvre MNB1167.jpg - Wikimedia Commons

Ein Bild der Palette habe ich. Meine Frage war leider etwas missverständlich formuliert.
 
Das interessante ist,daß ich mich zumindest nicht erinnern kann,diese Schlangenhalstiere außer auf der Narmer-Palette in der ägyptischen Kunst schon mal gesehen zu haben.In Mesopotamien kommen sie dagegen wohl öfter vor.
Daher auch meine Frage bezüglich eines mesopotamisch-syrisch-ägyptischen Kulturtransfers. Aber möglicherweise hat der eine oder andere unserer Ägyptenspezialisten hierzu noch was in petto.

Jedenfalls ist dieses Motiv wohl recht selten in der ägyptischen Ikonographie, so daß fast zu vermuten ist,daß es tatsächlich ein mesopotamischer Import ist.

Wenn dies aber in der Frühphase des ägyptischen Reiches der Fall ist,so könnte man auch auf den Gedanken kommen, daß Narmer ebenfalls ein mesopotamischer "Import" war, zumal es unter ihm ja offenbar einschneidende Veränderungen in Ägypten gab.Und Veränderungen in einem Staats-und Gesellschaftsgefüge gehen oft mit einem Traditionsbruch einher,der durch äußere Einflüsse ausgelöst wird.
Unter dieser Prämisse würde sich also die Frage stellen,ob Narmer wirklich Ägypter oder vielleicht Mesopotamier war.
 
In der frühgeschichtlichen Zeit Mesopotamiens zeugen in Nord- und Mittelsyrien, Palästina, Kleinasien und Ägypten vereinzelte Fundstücke deutlich für Beziehungen zur sumerischen Kultur. „Aber die Anregungen aus dem Gebiet der sumerischen Kultur haben keinen bestimmenden Einfluss auf die ägyptische Kultur genommen.“ (Fischer Weltgeschichte Bd.2 S.55)
Zwei Beispiele für kulturelle Kontakte zwischen Mesopotamien und Ägypten in diesem Zeitraum habe ich ja schon genannt.
Der Elfenbeingriff aus Djebel-el-Arak mit mesopotamischen Motiven:
(Besonders zu beachten ist die typische Darstellung des Herrschers mit Breitbandkappe als „Herr der Tiere“. Er ist mit Darstellungen des „Mann im Netzrock“ nahezu identisch. Auch die Pose mit den beiden Löwen hält sich noch bis in die Zeit des Perserreiches als Element der Bildkunst des Alten Orients.)
Poignard du Gebel el-Arak

Die Schlangenhalslöwen auf der Narmer-Palette und einem (etwa zeitgleich entstandenen) Rollsiegel aus Uruk:
File:Cylinder seal lions Louvre MNB1167.jpg - Wikimedia Commons

Dabei ist zu beachten, dass Mesopotamien, besonders das sumerische Kernland, stets auf ein ausgedehntes Handelsnetz angewiesen war. Solche Funde können also eher als Hinweise auf Handelstätigkeit gedeutet werden und zeugen nicht von politischer Einflussnahme. Nebenbei erlaubt die Quellenlage in Mesopotamien für die frühgeschichtliche Zeit noch nicht das Schreiben einer politischen Geschichte. Erste, belegbare historische Personen kennen wir erst aus der frühdynastischen Zeit.
Es gibt allerdings auch Theorien, dass Narmer (Menes) meopotamischen Ursprungs ist.
Egyptian Civilization Its Sumerian ... - Google Bücher

Eine Deutung Narmer-Palette unter diesen Gesichtspunkten findet sich hier:
The Obverse Side of Narmer’s Palette - The Bull Interpretations

Für diese Theorie muss man aber ganz schön an der üblichen Chronologie drehen. Waddell will belegen, dass Menes ein Sohn Sargons war und um 2704 v. Chr. gelebt hat. Der Beginn von Sargons Regierung wird allerdings gewöhnlich auf 2350 v. Chr. datiert. Die Narmer-Palette wird auf 3000 v. Chr. datiert. Und ebenfalls umstritten ist die Gleichsetzung von Narmer und Menes (siehe Wikipedia).
 
nun ja soweit würde ich nicht gehen,Menes als einen Sohn Sargons zu sehen.
Aber Verbindungen zwischen beiden Kulturkreisen gab es ja offenbar im vordynastischen Ägypten ,dafür spricht die ähnliche Ikonographie. Und offenbar war die Palette auch nicht eine x-beliebige handelsware sonddern speziell für Narmer gefertigt.
Narmer präferierte also mesopotamisches Design .

Bstrachtet man dazu,daß mit ihm in Ägypten die wesentliche Änderung in Richtung auf urbane Strukturen erfolgte und es zeitgleich in Mesopotamien eine etablierte Städtekultur bereits gab, so würde ich die These einer meopotamischen Herkunft des Narmer nicht einfach negieren.

Gab es nicht einige Zeit vorher mal größere Flutkatastrophen im Zweistromland ? Möglicherweise war damit eine Abwanderung in Richtung Palästina und Ägypten verbunden,die auch Teile der Oberschicht betraf.
 
Dagegen spricht meines Erachtens, dass die Einwanderung semitischer (akkadischer) Bevölkerungsgruppen in der frühdynastischen Zeit bereits weitgehend abgeschlossen gewesen sein muss. Es finden sich semitische Namen, auch auf Königslisten, und auch Lehnwörter aus der jeweils anderen Sprache deuten auf einen längeren, vorhergehenden Assimilatonsprozss hin. Es fand also eine belegte Wanderbewegung entgegengesetzt Deiner vermuteten statt.
Was die Flut betrifft sind mir drei Ansatzpunkte bekannt. Zunächst waren Überflutungen aufgrund des niedrigen Gefälles des Euphrat durchaus nicht unüblich. Zum anderen fusst der biblische Sintflutbericht auf der sumerischen Mythologie. Auch die sumerische Königsliste kennt Dynastien "vor der großen Flut". Ob aber in dieser Gegend wirklich eine große Flutkatastrophe stattfand, ist nicht belegt. Die Tendenz geht ja dahin, den Ursprung der Sintflutlegenden am Schwarzen Meer zu verorten (5500 v. Chr. oder 6700 v. Chr.).
Eine interessante Erklärung bietet die Fischer Weltgeschichte, Bd.2:
"Für Katastrophen aller Art, auch für die Störungen, die die Zuwanderung fremder Völker im Gefolge hatte, verwendet die sumerische Dichtung vielfach das Bild der Flut, wobei sie auf ein in Babylonien nur zu häufiges Naturereigniss verweist. Wenn die Kompilatoren der sumerischen Königsliste die "Flut" in die Zeit verlegen, in die der Bruch zwischen der frühgeschichtlichen Epoche und der frühdynastischen Zeit fällt, meinen sie mit diesem Bild den Zustrom der akkadischen Schicht." (S.56)

Wir haben also eine Wanderbewegung nach und nicht von Babylonien. Und wir haben als möglichen Auslöser einer Abwanderung von Mesopotamien nach Ägypten ein Ereigniss, dass wahrscheinlich ganz woanders und viel früher stattgefunden hat.

Darüberhinaus müsste sich doch eine größere Wanderbewegung nach Ägypten in der ägyptischen Kultur und Sprache viel deutlicher abgezeichnet haben, als es offenbar der Fall ist. Ich erinnere mich an eine Textpassage, nach der etwa die Theorie, die ägyptische Schrift gehe auf die Keilschrift zurück, verworfen wurde.

Es stellt sich auch die Frage, warum die Sumerer gerade nach Ägypten hätten auswandern sollen. Die arabische Halbinsel hätte umgangen werden müssen (Wüste und Domestizierung des Kamels erst um 1000 v. Chr.). Und es hätten sich andere Gebiete zum Ausweichen eher angeboten. Etwa Nordmesopotamien, Syrien, Kleinasien oder Elam.
 
Stimmt,was die Überschwemmungen betrifft hast Du Recht.Ich habe grade mal in Steins Kulturfahrplan nachgeguckt und dort ist ein großes Flutereignis in Mesopotamien für ca. 3700 v.Chr. (Tell-Halaf-Stufe)angegeben, also etwas zu früh für Narmer.
Wenn es also Wanderungsbewegungen gegeben haben sollte,dann um diese Zeit und in Richtung Syrien,Kleinasien.
Die Negade -Kultur in Unterägypten (um 3500 v.Chr.) hatte ebenfalls enge Verbindungen zu den Ackerbaukulturen in Syrien/Palästina ,nach einigen Theorien stammt sie sogar von dort .Damit hätten wir ggf. eine mögliche Brücke für einen Kulturtransfer.

Aber das meine ich eigentlich gar nicht. Die Variante,die mir vorschwebt wäre die Einwanderung einer zahlenmässig kleinen Oberschicht, die zwar die politischen Strukturen vorgibt und den Herrscher stellt,aber zu klein und zu klug ist,um die Gesamtkultur mehr als nur punktuell zu beeinflussen.
Beispiele dafür gibt es in der Geschichte genug:Westgoten in Spanien, Ostgoten in Italien,Vandalen in Nordafrika, Waräger in Rußland, Tolteken in Yucatan, etc.

Und das könnte im Falle eines "mesopotamischen" Narmer theoretisch zumindest auch hinkommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe gerade mal bei Stein nachgeschlagen und eigentlich ist ja nicht von einer Flut die Rede, sondern von der Entwicklung sakraler Architektur. Wahrscheinlich sind die frühen Tempel Eridus gemeint, die schon auf kleinen, künstlich angelegten Terrassen gebaut wurden. Das die Erhöhung des Tempels praktische (Schutz vor Flut) und nicht etwa, wie auch denkbar, religiöse Ursachen hat, kann man daraus ableiten, dass die Sockel der Tempel aus gebrannten Ziegeln bestanden, die mit Bitumen wasserdicht gemacht worden waren. Darin ist, laut Stein, kein Hinweis auf eine große Flutkatastrophe zu sehen, sondern auf regelmäßige Überschwemmungen.
Ob der sumerische Sintflutmythos, und damit auch der biblische, auf ein Naturereigniss in Mesopotamien zurückgeht, ist ungewiss.

Ach, und zum Kulturtransfer: Rollsiegel, wie das mit den Schlangenhalslöwen, wurden in der Regel um den Hals getragen. Also mussten sie, von Kaufleuten in fremden Ländern getragen, Neugierde wecken. Eine Abrollung des Siegels, um das Motiv duplizieren zu können, war auch kein Problem. Die Dimension der Handelsbeziehungen in dieser frühen Epoche der mesopotamischen Geschichte hat mich übrigens überrascht. Sie reichten im Osten bis nach Pakistan (Lapis lazuli) und es gab Schiffahrtsrouten vom Persischen Golf bis nach Indien. Ein Kulturtransfer über diese Handelsrouten ist also mehr als denkbar.
Ein auslösendes Ereigniss fehlt nach wie vor. Was spricht denn dafür, dass der Kontakt mit Ägypten über Handelsbeziehungen hinausging? Parallelen in der Kunst sind ja auch ohne Wanderung der Eliten erklärbar. Für den Umbruch in Ägypten gibt es bestimmt auch lokale Erklärungen. Und was die Eliten der Zeit ausmachte war ja nicht zuletzt ihr "Know-How". Es müssten also in Schrift und Sprache nachweisbare Einflüsse in Ägypten zu finden sein.
 
Was spricht denn dafür, dass der Kontakt mit Ägypten über Handelsbeziehungen hinausging?
Nun ja,ich muß vorausschicken,daß hier mangels ausreichender schriftlicher Primärquellen vieles spekulativ bleiben muß.

Für Narmer als Mesopotamier spricht m.E. folgendes:

-Es gab Kontakte zwischen Mesopotamien und Ägypten auch bereits in vordynastischer Zeit über Syrien und Palästina

-politische urbane Strukturen ,die in Mesopotamien bereits zu einer ersten Blüte geführt haben ,entstehen in Ägypten erstmals unter Narmer.

-auf der Palette finden sich an zentraler Stelle Motive(Schlangenhalstiere,Stierköpfe) die dem mesopotamischen Kulturkreis zugeordnet werden können

- diese Palette ist kein alltäglicher Gebrauchsgegenstand sondern gehört was Ausgestaltung und Fund als Grabbeigabe betrifft, in einen kultischen Zusammenhang und ist offenbar Teil der Herrschafts- und Staatssymbolik .

-die Palette ist keine x-beliebige Handelsware sondern wurde speziell für Narmer gefertigt.

Wenn wir nun aber ein Staatssymbol haben,was speziell für den Herrscher gefertigt wurde und so wichtig war,daß man es ihm ins Grab legte, dann war auch die Ausgestaltung und Ornamentik nicht beliebig wählbar sondern mußte einen Bezug zum Reich,zum Kult und zum Herrscher haben.
Und wenn hier mesopotamische statt ägptischer Symbolik bzw. eine Mischform beider verwendet wird, Ägypten aber nicht unter direkter mesopotamischer Kontrolle stand und eine eigenständigen Religion hatte, so könnte ein Grund dafür nur der Bezug des Herrschers zu Mesopotamien sein.

Ene Frage zu den Rollsiegeln. Kam ihnen auch eine Verwendung im privaten Bereich zu oder wurden die nur von staatlichen Organen verwendet ?

PS: In meinem "Stein" steht beim Jahr ~3700 v.Chr. unter der Rubrik Politik: Tell-Halaf-Stufe und Stufenterassen als Fluchtberge vor Überschwemmungen und unter der Rubrik Wirtschaft/tägl.Leben: ~ sintflutartige Überschwemmungen in Mesppotamien (allerdings ohne Quellenangabe)
 
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