Negev - Ǧanūb‎ - Naqab

El Quijote

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Im Süden Israel liegt "der Negev" oder die Negevwüste. Hebräisch negev (נגב) heißt 'Süden'. Das arabische Wort für 'Süden' lautet ǧanūb (جنوب).

Soweit, so gut, ob ǧanb - ǧunūb ('Seite') damit zusammenhängen und damit Verben, wie ǧanaba ('ausweichen')? Jedenfalls würde es, wenn man zwischen hebr. negev und arab. ǧanūb, was ja beides 'Süden' bedeutet, eine Beziehung herstellt, eine Übereinstimmung der Radikale geben, nur nicht in ihrer Reihenfolge. Da aber Metathesen (die Umgruppierung von Lauten in einem Wort) gar nicht so selten vorkommen (man denke an Brunnen und Born), ist das gar kein Problem, wir können ǧanūb und negev als Kognaten feststellen.

Kommen wir zum arabischen Namen des Negev: Naqab-Wüste (صحراء النقب = die Wüste des Naqab). Um eine Kognate zu Negev kann es sich nicht handeln, da arab. qaf und hebr. qof in beiden Sprachen existieren und das arabische ǧim dem hebr. gimel entspricht. Den Negev mit ǧanūb als Südwüste (صحراء آلجنوب = Wüste des Südens) zu bezeichnen, würde auch aus arabischer Sicht keinen Sinn ergeben, liegt der Negev doch am Übergang zwischen der Wüste Sinai und den Wüsten Jordanien und Saudi-Arabiens.
Naqab heißt 'Durchbruch'. Eine "Wüste des Durchbruchs" ist auch kein besonders sinnvoller Name.

Also kann es sich bei dem arabischen Namen, gerade bei der augenfälligen phonetischen Übereinstimmung von Negev und Naqab - im Arabischen gibt es kein [g], es wird bei Lehnworten je nach Lautumgebung durch -q- oder das Gaumen-R ersetzt, nur um ein pseudeoetymologisches Missverständnis handeln. Die Araber konnten in Negev ihr ǧanūb aufgrund der Metathese nicht mehr wiedererkennen und wir Menschen neigen nun mal dazu, Namen einen Sinn zu geben. Also wurde aus der Südwüste die "Durchburchswüste".

So weit, so gut. Nun wurde die Region aber jahrhundertelang von (Ost)Römern beherrscht. Sprich: Als die Araber den Negev in ihre Reich eingliederten, gab es in der Region seit Jahrhunderten keine Juden mehr (jüdische Diaspora nach den Aufständen 66 - 70/74 und 132 - 1135) oder allenfalls ganz wenige.

Ergo müsste doch die römische bzw. byzantinische Administration den geographischen Begriff Negev oder Negeb irgendwie erhalten haben. Gibt es davon außer dem arabischen Namen der Wüste (ṣaḥrāʾ an-Naqab) irgendwelche Zeugnisse?
 
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Nur so mal dahingesponnen:
Könnte die Durchbruchswüste im Zusammenhang mit der Seidenstraße und dem engen "Durchbruch", den die nabatäische Stadt Petra bildete, stehen? Wie gesagt: Mag großer Käse sein.

Ansonsten fällt mir zur Erhaltung des Namens Negev das häufige Vorkommen in der von den römisch-byzantinischen Christen genutzten Bibel ein.
 
Könnte die Durchbruchswüste im Zusammenhang mit der Seidenstraße und dem engen "Durchbruch", den die nabatäische Stadt Petra bildete, stehen?
Glaub ich eher nicht, zumal ja auch Petra nicht in der Negev liegt.

Ansonsten fällt mir zur Erhaltung des Namens Negev das häufige Vorkommen in der von den römisch-byzantinischen Christen genutzten Bibel ein.
Das könnte ich mir schon eher vorstellen, wobei für Christen der Negev ja eher ein abstrakter Ort ist, oder? Insofern frage ich mich, ob da nicht irgendwie eine Spur in der römischen oder byzantinischen Verwaltung zu finden ist.
 
Wenn ich dich richtig verstehe, suchst eine logische Begründung, warum Negev sich bis heute gehalten hat, obwohl die Region nach den Aufständen der Juden nur relativ gering jüdisch geprägt war?

Ich finde die Argumentation, dass er sich durch die Bibel erhalten hat, durchaus glaubwürdig.
 
Nee. Ich bin der Meinung, dass das arabische Naqab ('Durchbruch') eine pseudoetymologische Wiedergabe des hebräischen Negev ist, weil Negev als Cognate von ǧanūb schon wegen der Metathese Negev <-> ǧanūb nicht erkannt wurde und "Südwüste", was Negev bedeutet, aus arabischer Sicht ja eh keinen Sinn gemacht hätte.
Das arabische Naqab ergibt dabei aber so recht keinen Sinn. Was soll das sein, eine "Wüste des Durchbruchs"? Ich suche gewissermaßen den Link zwischen Negev und Naqab. Und den sehe ich nur bedingt in der biblischen Überlieferung. Ich meine, wir müssen hier einen vermutlich griechischen Link aus der römischen Verwaltung ansetzen, der den hebräischen Namen das halbe Jahrtausend bis zur Arabisierung der Region hinübergerettet hat.
 
Beim englischen Wikipedia bin ich über folgendes gestoßen:

"In fact, there are two mountain passes through which the road of Aylah has to cross. The western one crosses the mountain ridge to the west of the gulf, and through it passes the main road from Egypt which cuts through the whole width of Sinai, coming from Cairo via Suez. This mountain pass is also called 'Aqabat Aylah, or as it is better known, "Naqb al-'Aqabah" or "Ras an-Naqb."

Moshe Sharon (1997). 'Aqabah (Ailah). Corpus Inscriptionum Arabicarum Palaestinae. Handbook of Oriental Studies/Handbuch Der Orientalistik (Leiden & Boston: Brill Academic Publishers). pp. 89–90. ISBN 9789004108332.
 
Das ein einzelner Pass 'Durchbruch' heißt, okay, aber eine ganze Wüste?
Auf der Ras al-Khaimah-Halbinsel, die in die Straße von Hormuz reinragt, gibt es auch einen Wadi Naqab. Bei einem Wadi kann ich mir schon vorstellen, warum er 'Durchbruch' genannt wird.
 
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Im CIL finde ich jedenfalls nichts für die Provinzen Arabia, Aegyptus oder Palaestina, was meine Idee von einer römischen Überlieferung rechtfertigt. Mit den IG weiß ich nicht richtig umzugehen, muss mich mal reinfuchsen.
 
Auch wenn die jüdische Bevölkerung unter Byzanz extrem geschrumpft war, wird der Negev sich dennoch als Negev erhalten haben. Ich glaube nicht, dass man da weiter suchen muss. Andere Landschaftsbezeichnungen sowie Städte- und Ortsnamen haben Rom/Byzanz doch auch überdauert. So ganz verstehe ich die Frage noch nicht. :grübel:
 
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So weit, so gut. Nun wurde die Region aber jahrhundertelang von (Ost)Römern beherrscht. Sprich: Als die Araber den Negev in ihre Reich eingliederten, gab es in der Region seit Jahrhunderten keine Juden mehr (jüdische Diaspora nach den Aufständen 66 - 70/74 und 132 - 1135) oder allenfalls ganz wenige.
Ich glaube, man sollte den jüdischen bzw. insbesondere samaritischen Bevölkerungsanteil in Palästina auch für die Zeit nach dem Bar Kochba-Aufstand nicht unterschätzen. Immerhin reichte er in der Spätantike sogar noch für mehrere Aufstände, wenn auch nicht direkt im Negev:
Patricius (Usurpator) ? Wikipedia
Justasas ? Wikipedia
Julian ben Sabar ? Wikipedia
556 und 572/Folgejahre gab es noch weitere Aufstände.
Jewish revolt against Heraclius - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Neben den jüdischen Bevölkerungsanteilen könnte auch die Nomaden- bzw. Beduinenbevölkerung eine Rolle gespielt haben, den Namen zu erhalten.

Zu der Nomadenbevölkerung, die wohl auch die Negevwüste querten: Rome and the Near East.

Siehe auch hier, in Verbindung mit den Bergpässen:
Negev - Wikipedia, the free encyclopedia
 
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