Ökonomische Ausbeutung Amerikas durch die Spanier

Luxusgüter hab ich in Zusammenhang mit der Handelsbilanz ins Spiel gebracht. Das war auch spontan das einzige was mir zu möglichen Importen in der Anfangszeit eingefallen ist. Im weiteren Zeitverlauf kamen natürlich noch weitere Importposten mit dazu (insb. Lebensmittel).


Wenn man Söldnerdienste mit zur Leistungsbilanz zählen möchte, dann müsste es sich entweder um ausländische Söldner (Import) oder um "Arbeitnehmerüberlassung" für Söldner an andere ausländische Staaten handeln (Export). Ansonsten wären das einfach nur Rüstungskosten.

Es waren zum großen Teil deutsche, wallonische (flandrische) und italienische Soldaten, aber auch zeitweilig Schweizer, Iren und Schotten. Aber auch bei jahrelang im Ausland stationierten spanischen Soldaten blieb das Geld in den Stationierungsgebieten und wurde dort für die Lebenshaltung aufgewendet (unter was bucht man eigentlich Glückspiel, Alkohol und Prostituierte ab? Kann jemand mal bei VW oder Siemens nachfragen?)
 
Es waren zum großen Teil deutsche, wallonische (flandrische) und italienische Soldaten, aber auch zeitweilig Schweizer, Iren und Schotten. Aber auch bei jahrelang im Ausland stationierten spanischen Soldaten blieb das Geld in den Stationierungsgebieten und wurde dort für die Lebenshaltung aufgewendet (unter was bucht man eigentlich Glückspiel, Alkohol und Prostituierte ab? Kann jemand mal bei VW oder Siemens nachfragen?)
Gehalt ;), bzw. bei Söldnern wohl eher Sold also Rüstungsausgaben.
 
Ich meine, der Text den wir damals zu lesen bekamen stammt hiervon:

<i>Epitome de los discursos que ha dado à Su Magestad Francisco Martinez de Mata ... : en que prueba como la causa de la pobreza, y despoblacion de España, y los daños generales, y particulares que padece ...

Verfasser/in: Francisco Martínez de Mata</i>

http://www.worldcat.org/oclc/20883393
 
@Bdaian

"(unter was bucht man eigentlich Glückspiel, Alkohol und Prostituierte ab? Kann jemand mal bei VW oder Siemens nachfragen?)"

Die "Zauberkonten" hier lauten Provisionsaufwendungen bzw. sonstige Provisionsaufwendungen, man kann aber selbige Kosten auch unter der Position Beratungskosten verstecken ;)

M.
 
Bitte nochmal langsam und deutlich...
Tut mir leid, daß ich hier zu unpräzise war - also neuer Versuch:

Wenn Münzen (und noch mehr Scheine ...) in der Herstellung (Material und Fertigung) weniger kosten als ihr nomineller Wert beträgt, wird Geldfälschung lukrativ.
Und wenn die spanischen Kupfermünzen Scheidemünzen waren, dann war es eben lohnend für die Engländer, solche zu fälschen und damit in Spanien auf Einkaufstour zu gehen - das hat eigentlich überhaupt nichts mit der Neuen Welt und den spanischen Goldgewinnen von dort zu tun. Relevant ist da nur das Risiko, mit den Fälschungen erwischt und bestraft zu werden.

Tendenziell wird diese Geldfälscherei durch die neuen Goldmengen nicht attraktiver. Denn m. E. war das Ausmaß dieser Falschmünzerei nicht dadurch begrenzt, daß in Spanien vorher nicht genug zu Kaufen da war - man konnte wohl eher nicht beliebig viele Falschmünzen zum Einsatz bringen.
Umgekehrt war aber der Ertrag geringer, weil das gekaufte Gold durch die Inflation im Verhältnis zum Kupfer an Wert verlor.

Sobald Importe > Exporte wachsen doch auch die Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland.
Nicht, wenn man in Edelmettallen bezahlt.

Das Problem der Spanier war, daß sie sich bei steigenden Einnahmen NOCH VIEL MEHR Ausgabensteigerungen leisteten (siehe Beiträge von Bdaian).
Dies und eine verfehlte Wirtschaftspolitik hat zu den Problemen geführt.

Der Goldzuwachs selber war kein Problem, auch nicht der Teil der negativen Handelsbilanz, die damit ausgeglichen wurde.
Man kann dem Goldzuwachs nur insofern "Schuld" zusprechen, als die spanische Regierung durch diese Einnahmensteigerung erst auf die Idee kam, richtig loszulegen mit dem Geldausgeben.
 
Es ist alles interessant was ich hier lese, wobei die Einwürfe von Bdaian sich am ehesten mit dem decken, was ich selbst bis jetzt nebenher aufgeschnappt habe. Spanien ist ja nicht so meine Baustelle.

Ich befürchte eine eine übersichtliche Auflistung der spanischen Probleme, welche konkret aus der Ausbeutung der Kolonien resultierten kann niemand liefern. Oder doch?

Ich würde die Spanier übrigens wie auch Bdaian schon für gründlich genug halten, dass sie eine bewusste Wirtschaftspolitik betrieben. Ich denke da an Olivarez. Sollte sich ein solcher namenhafter Politiker dieser Problematiken nicht bewusst gewesen sein?
:confused:
 
Ich befürchte eine eine übersichtliche Auflistung der spanischen Probleme, welche konkret aus der Ausbeutung der Kolonien resultierten kann niemand liefern. Oder doch?
Nachdem Badaian sagt, dass es entsprechende detaillierte Aufschreibungen gibt, könnte man das theoretisch leisten. Das würde aber doch den Rahmen des hier möglichen sprengen, von daher können wir hier wohl immer nur über Teilaspekte sprechen.

Ich würde die Spanier übrigens wie auch Bdaian schon für gründlich genug halten, dass sie eine bewusste Wirtschaftspolitik betrieben. Ich denke da an Olivarez. Sollte sich ein solcher namenhafter Politiker dieser Problematiken nicht bewusst gewesen sein?
:confused:
Viele der hier aufgeführten Problematiken bzw. Wirkmechanismen wurden erst Jahrhunderte später beschrieben, von daher nein, ich glaube nicht, dass man sich im Spanien des 16. Jahrhunderts über die wirtschaftspolitischen Folgen des Tuns im klaren war.
 
Ich würde die Spanier übrigens wie auch Bdaian schon für gründlich genug halten, dass sie eine bewusste Wirtschaftspolitik betrieben. Ich denke da an Olivarez. Sollte sich ein solcher namenhafter Politiker dieser Problematiken nicht bewusst gewesen sein?
:confused:

Wenn man sich ältere Aufzeichnungen und Schätzungen bzgl. der für das 16. Jahrhundert wichtigen Silberproduktion von Potosi anschaut, habe ich da ganz erhebliche Zweifel.

Vielleicht sollte man vorab nochmal darauf hinweisen, dass es im 16. JH vorwiegend um die Steigerung beim Silber geht, weniger um das Gold. Nach 1497 liegen die Steigerung beim Gold bei rd. +60%, beim Silber bei rd. 700-800%. Zur Wertrelation siehe oben, es gab dennoch nur eine geringe Abschwächung des Gold-Silber-Kurses, von Kastilien über England bis Niederlande und Süddeutschland (Hinweise dazu kann ich gerne nachreichen).

Über den "Kursverlust" Gold/Kupfer (-> @ R.K.) ist mir nichts bekannt. Gibt es dazu eine Untersuchung?


Zurück zur Vertrauenswürdigkeit der Aufzeichnungen (betr. die "wichtigen" Einnahmen aus Potosi). Die frühen Aufzeichnungen (bei Humboldt wiedergegeben) sind gewaltig übertrieben. Es gibt Register ab 1556 (die als Schätzungen den Zeitraum 1545-1555 ergänzen), die 200 Jahre später als Aufzeichnungen in englischen Konsulatsberichten wiederzufinden sind. Dazu gibt es weitere Aufzeichnungen, die im Schätzungsrahmen teilweise um den Faktor 15 voneinander abweichen, regelmäßig aber um das Zwei- bis Vierfache abweichen.

Ein andere Erklärung wäre natürlich "Schwund" auf dem Weg von der Produktion bis in die Madrider Schatztruhen. ;)
 
Gibt es eigentlich auch sichere Zahlen darüber, wieviel den Spaniern durch piratische Angriffe von ihren erbeuteten Schätzen verlustig gegangen ist?
 
Puh, danke schonmal für die Antworten. Ich habs bisher erst überflogen. Ansich müsste ich mich erstmal umfassend über das wirtschaftssystem jener Zeit informieren. Wird eine Zeit lang brauchen, bis ich mich da eingelesen habe...
 
Dazu kam noch die Tatsache, dass Arbeit kein gesellschaftliches Ansehen mit sich brachte. Es war besser angesehen ein armer Adliger als ein reicher Bauer oder Händler zu sein, was dazu führte, das Oft das mühsehlig erarbeitete, zusammengesparte, geerbte oder geraubte (in Amerika) Vermögen für einen Adelstitel ausgegeben wurde. Ein Adliger und seine Nachfahren durften danach jedoch nicht mehr arbeiten.

Ortega y Gasset hat diesen Prozess die "Tibetanización de España" bezeichnet. Die Tibetisierung Spaniens. Die Gesellschaft bestand am Ende überwiegend aus Adligen, Soldaten und Geistlichen, also unproduktiven Leuten.

Eine Professorin in moderner Geschichte Spaniens an der Uni Granada, die sich wochenlang in Bevölkerungsstatistiken ergötzte (eigentlich sogar ein ganzes Cuatrimester, aber sie hatte ja zwei für den Kurs), behauptete, dass im 16. Jahrhundert annähernd 100 % der baskischen Bevölkerung als adelig galt.

Die Piraten wurden auch politisch eingesetzt, z. B. von England.

Dann redet man von Freibeutern. Unterschied zwischen Freibeuter und Pirat: Der Freibeuter hat einen Kaperbrief und wird im Land, welches den Kaperbrief ausgestellt hat juristisch nicht verfolgt.

Die dadurch notwendigen Schutzmaßnahmen (Begleitschiffe) machten die Goldtransporte immer aufwändiger.

Richtig.
Und wie immer bei solchen Threads komme ich nicht umhin Quevedo mit einem Ausschnitt aus seinem Gedicht Don Dinero zu zitieren:

Poderoso caballero
Es don dinero.
Madre, yo al oro me humillo;
Él es mi amante y mi amado
Pues, de puro enamorado,
De contino anda amarillo;
Que pues, doblón o sencillo,
Hace todo cuanto quiero,
poderoso caballero
es don Dinero.
Nace en la indias honrado,
Donde el mundo le acompaña;
Viene a morir en España,
Y es en Génova enterrado.
Y pues quien le trae al lado
Es hermoso, aunque sea fiero,
poderoso caballero
es don Dinero.

Kurzfassung: Alle lieben den mächtigen Ritter Don Dinero (Herr Geld), der in Amerika hochgeehrt geboren wird und nach Spanien kommt, um zu sterben. In Genua wird er beerdigt. (In Genua gingen die spanischen Truppen an Land, die im achtzigjährigen Krieg in den Niederlanden kämpfen sollten, da sie so durch spanische (Mailand) und nichtspanische aber habsburgisch regierte Besitzungen relativ unbehelligt (von Franzosen und Engländern sowie der niederländischen Flotte) zum Kernkriegsschauplatz kamen. Genua war allerdings formell eigenständig.)
 
Eine Professorin in moderner Geschichte Spaniens an der Uni Granada, die sich wochenlang in Bevölkerungsstatistiken ergötzte (eigentlich sogar ein ganzes Cuatrimester, aber sie hatte ja zwei für den Kurs), behauptete, dass im 16. Jahrhundert annähernd 100 % der baskischen Bevölkerung als adelig galt.

Das ist in der Tat korrekt, sie wurden alle als Hidalgos betrachtet und nicht nur im 16. Jahrhundert.
Es hat mit den "Fueros" zu tun, den traditionellen Rechten der Basken. Es gab dort auch keine Leibeigenschaft (bis auf die unfreien Bewohner des Valle de Baztan, die "Agotes" die aber keine Basken sondern Zugereiste waren. Es wurde früher auch damit begründet, dass es im Baskenland weder Mauren noch Juden gab, was streng genommen auch nicht stimmt, da zumindest Vitoria Gasteiz eine wichtige Judería hatte, und somit die als Adliger erforderliche "Limpieza de Sangre" (Sauberkeit des Blutes) garantiert war.
 
Passt hier hin, zum derzeit laufenden Thema Silber, Seide, und Chinahandel:

Stephen Broadberry & Bishnupriya Gupta, Monetary And Real Aspects Of The Great Divergence Between Europe And Asia, 1500-1800 (publiziert von der LSE)
http://www2.lse.ac.uk/economicHistory/Research/GEHN/GEHNPDF/Conf7_BroadberryGupta.pdf

Dabei handelt es sich um einen (umstrittenen) Ansatz, die Silber- und Goldpreise bzw. Relationen auf die ökonomische Entwicklung zurückzuführen. Spanien und Portugal verdienten hier gewissermaßen zweifach: an dem günstigeren "Wechselkurs" der Edelmetalle in Fernost, sodann an den Preisspannen der hauptsächlichen Exportgüter wie vorwiegend Seide.
 
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