Österreichische Nazis

H

hyokkose

Gast
Repo schrieb:
Obwohl sie 5 Jahre kürzer dabeisein durften, waren prozentual auf die Bevölkerungszahl wesentlich mehr "Schnürstiefel" als "Piefkes" führende Nazis, mit allem Drum und Dran!

Das gehört nun gewiß nicht mehr zum Thema, aber interessieren würde mich, wie diese Statistik aussieht (bei dem führenden Nazi kann ich mir ja noch einen Reim machen...)
Kurze Antwort oder neues Thema?
 
Da müsste man mal bei Simon Wiesenthal reingucken, ich erinnere mich das er ausgewertet hat das bei Naziverbrechen der österreichische Anteil der daran Beteiligten wesentlich höher war als es die kleinere Bevölkerungszahl zulässt, d.h. auf die bevölkerung gerechnet waren mehr Österreicher am Hilterregime direkt beteiligt als Restdeutsche.
 
askan schrieb:
Da müsste man mal bei Simon Wiesenthal reingucken, ich erinnere mich das er ausgewertet hat das bei Naziverbrechen der österreichische Anteil der daran Beteiligten wesentlich höher war als es die kleinere Bevölkerungszahl zulässt, d.h. auf die bevölkerung gerechnet waren mehr Österreicher am Hilterregime direkt beteiligt als Restdeutsche.

Vielleicht sollten wir uns dem Thema doch in nem EIgenpfad stellen, verehrter Krokusai ;-)

Bei meinem langjährigen Kreuz-und-quer-Lesen und Schauen kam ich auf dieselbe Tatsache: der Anteil von Österreichern unter den NS-Verbrechern (die halt nie Klein-Österreicher, sondern immer Groß-Deutsche sein wollten) war aus eben diesem Grund (in Klammer) verdächtig hoch, aber überproportional? Hat das wer erforscht? Ich kanns mir aber durchaus vorstellen!
Man betrachte die Anklagebank von Nürnberg: Neben Seyss-Inquart und Kaltenbrunner hätten noch der dann in Jerusalem verurteilte Eichmann (in Ö. einige Zeit aufgewachsen) und Globocnik (Selbstmord) gehört.
Unter den KZ-Kommandanten/Zuständigen f. d. sogen. "Endlösung" fiel mir kein "überproportionaler" Österreich-Anteil auf: Amon Göth war einer, der nachträglich zur Berühmtheit wurde (Schindlers Liste), aber eher ein "kleineres Licht" unter diesen Irrlichtern war ... und sonst fällt mir nur noch der Kommandant aller KZ-Kommandanten ein: Odilo Globocnik

In jedem Fall habe ich von den Österreichern von damals, besonders den Wienern (jetzt werdens mich vertreiben) den unangenehmen und starken Eindruck, dass sie die Meister des Denunzierens waren. Und zwar vor UND nach Kriegsende!
Die hohe Quote erklärt sich auch daher, dass mit Simon Wiesenthal in Wien ein Mann saß, der die Verbrecher und das Verbrechen nicht ruhen ließ, selbst wenn Gerichte dann ungerechterweise manchen Mörder freisprachen ... übrigens (und dies ist kein Seitenhieb, ich hab das Buch mal angelesen) als Wiesenthal Österreich soweit "durchhatte", kam dieser (ehem.) Staat dran:

http://www.mfs-insider.de/Abhandlungen/Leide4.htm
 
ning schrieb:
Vielleicht sollten wir uns dem Thema doch in nem EIgenpfad stellen, verehrter Krokusai ;-)

Und hier, o Ning, habe ich ihn vor Dir auch schon ausgebreitet, den gewünschten Eigenpfad.
 
O Meister, wie haben wir uns das alle gewünscht ... :hmpf:
Ich hab eigentlich eh nichts mehr auf Lager. Askan bzw. Repo müssten eigentlich noch die ausständigen "Proportionen" nachliefern ...

Diese aktuelle Meldung dazu kam mir zuletzt unter:

"Operation last chance"

Bis auf den letzten bösen Mann will Israel über das (heute nicht mehr in Wien, sondern von den USA und Israel aus investigierende) Simon-Wiesenthal-Center die letzten 328 in Österr. geborenen und noch lebenden NS-Verbrecher verfolgt bzw. ausgeliefert wissen. Hier zu lesen:

http://volksgruppen.orf.at/diversity/stories/45421/
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Ning: auch in Deutschland ist das Thema nicht ganz vom Tisch. In Italien wurden 2002 acht Angehörige einer Waffen SS-Einheit wegen Mordes verurteilt (sie waren als Unteroffiziere an einem Massaker an 500 Personen in dem italienischen Dorf Sant'Anna beteiligt), die aber bis dato unbehelligt in Deutschland leben - weder sollen sie nach Italien ausgeliefert werden noch besteht bisher eine Anklag in der BRD.

http://www.klick-nach-rechts.de/presse/2004/04/italien.htm
 
Auf der homepage von http://www.nationalsozialismus.at/Themen/Nationalsoz/natsozOe.htm

heißt es u.a.:

"Die NS-Diktatur in Österreich war auch und wesentlich eine Diktatur von Österreichern über Österreicher. In den Führungsrängen der NSDAP waren Österreicher keineswegs unterrepräsentiert, und auch die Organisationsdichte der NSDAP war in Österreich dieselbe wie in Deutschland.“

und zur NSdAP-Mitgliedschaft in ÖSterreich:

"Die Mitgliederzahlen in Österreich stiegen auf über 680.000 (1942) an. Das waren nicht nur begeisterte Anhänger, sondern auch Opportunisten und Personen, die wegen ihrer Karriere beitraten."


Jacobum
 
Hmmm, ich vermisse etwas! Für gewöhnlich laufen gerade bei solchen Themen unsere Mitglieder Sturm!?
 
askan schrieb:
Hmmm, ich vermisse etwas! Für gewöhnlich laufen gerade bei solchen Themen unsere Mitglieder Sturm!?

Vielleicht sind die Stürmer gerade im Urlaub oder im verlängerten Wochenende.
 
Welch ein Thema.:rofl:
Haben wir denn schon "Sommerloch"?:confused:

Und wer von den "bösen" Österreichern waren die Schlimmsten? Die Trioler, die Steiermärker, die Kärntener oder etwa doch die Wiener?
Wenn es die Wiener waren, können sich die Kärntener ja wieder beruhigen. Woanders gab es ja noch viel Schlimmere.

Genau so, wie sich jetzt alle Deutschen besser fühlen können. Die Schlimmsten kamen ja sowieso aus Österreich. Und wenn doch aus Deutschland, dann ganz bestimmt aus Bayern - nicht aus Preußen. Ich sag's ja immer. Diese Bayern.
 
Festus621 schrieb:
Welch ein Thema.:rofl:
Haben wir denn schon "Sommerloch"?:confused:

Und wer von den "bösen" Österreichern waren die Schlimmsten? Die Trioler, die Steiermärker, die Kärntener oder etwa doch die Wiener?
Wenn es die Wiener waren, können sich die Kärntener ja wieder beruhigen. Woanders gab es ja noch viel Schlimmere.

Genau so, wie sich jetzt alle Deutschen besser fühlen können. Die Schlimmsten kamen ja sowieso aus Österreich. Und wenn doch aus Deutschland, dann ganz bestimmt aus Bayern - nicht aus Preußen. Ich sag's ja immer. Diese Bayern.

Dass Du Dich da nur nicht täuschst ... zumindest was NSDAP-Wahlergebnisse anbelangt waren die in katholischen Gegenden meist schlechter als in protestantischen.
 
Papa_Leo schrieb:
Dass Du Dich da nur nicht täuschst ...

Mir will fast scheinen, daß in Festus' Beitrag ein Funke Ironie aufblitzt...


Papa_Leo schrieb:
zumindest was NSDAP-Wahlergebnisse anbelangt waren die in katholischen Gegenden meist schlechter als in protestantischen.

Darüber gibt es eine ältere Diskussion:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=5961

(Zahlen und Links zur Wählerschaft finden sich mehr in den hinteren Beiträgen, falls es jemand interessieren sollte.)
 
... von der Ironie koreanischer Gewässer ganz zu schweigen.

Also, worum gings hier: nicht eigentlich um die Proportion der österr. Nazis, die die Österreicher knechteten (Danke trotzdem, Jacobum! Anzumerken ist aber auch, dass die zwei führenden Köpfe der Wiener Gestapo aus München berufen wurden.), sondern um den (laut Repo und Askan!!) "überproportionalen Anteil österreichischer Nazis in den Reihen der NS-Verbrecher".

Ich stell mal zwei Berichte herein, die Hintergründe aber auch Zahlen liefern. Die gesamten Texte bitte hier aufrufen: http://www.doew.at/
-> Volltextsuche, Suche nach: "Österreichische NS-Verbrecher"

Aus "Nachriegsgerichtsbarkeit und Entnazifizierung":

Im Zuge des Forschungsprojekts "österreichische Justizakten im europäischen Vergleich" werden der strafprozessuale Entstehungszusammenhang der Akten sowie ihre Verwertungsmöglichkeiten für die historische Forschung untersucht. Die nationalsozialistischen Verbrechen wurden in Österreich nicht nur durch die Alliierten geahndet, sondern auch durch österreichische Gerichte. 1945-1955 existierten als eine Art "Sondergerichtsbarkeit" die sogenannten Volksgerichte, die in 137.000 Fällen Ermittlungen einleiteten und in 23.000 Fällen Urteile aussprachen. 30 der 43 Todesurteile wurden vollstreckt. Nach 1955 wurden Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus von den ordentlichen Geschworenengerichten abgeurteilt, wobei nur mehr in wenigen Fällen Anklage erhoben wurde. Einige dieser Verfahren endeten mit skandalösen Freisprüchen. Seit 1975 fand eine gerichtliche Verfolgung von NS-Verbrechen in österreich nicht mehr statt.


Aus NS-Vergangenheit Österreichs (sehr gute Studie von Wolfgang Neugebauer!):

Das Besondere ist nicht so sehr das, was während der NS-Zeit passierte - da ist festzustellen, dass viele Deutsche auf ihre österreichischen Kameraden eher verächtlich herabblickten, was bei den einen eine gewisse Resistenzhaltung förderte, bei den anderen einen besonderen Eifer bei der Erfüllung verbrecherischer Befehle hervorrief. Das Besondere ist das, was nach 1945 geschah:

Die Deutschen mussten sich - Kollektivschuld hin oder her - in ihrer Gesamtheit die Frage stellen lassen: Wieso war so etwas in eurer Gesellschaft möglich? Und: Was tut ihr jetzt, um diese Verbrechen zu ahnden und eine Wiederholung ein für allemal unmöglich zu machen?

Die ÖsterreicherInnen hatten auf den ersten Blick die komfortablere Position: Sie konnten in der Rolle von Hitlers erstem Opfer international reüssieren und hinter diesem Paravent unangenehmen Fragen aus dem Weg gehen.
 
Zitat: sondern um den (laut Repo und Askan!!) "überproportionalen Anteil österreichischer Nazis in den Reihen der NS-Verbrecher


du hast hr. wiesenthal vergessen
 
war es ein tv-interview mit wiesenthal war und nicht immer dokumentiere wann ich wo was von wem gehört, gesehn und oder gelesen habe.
 
Eine Quelle: Erst Hanisch beruft sich in seinem zeitlich entsprechenden Band der österreichischen Geschichte anlässlich der inhaltlich gleichlautenden Aussage auf Gerhard Botz: Eine deutsche Geschichte 1938 - 1945?, Seite 28.
 
Zahlen

Ich bin heute auch über diese Zahl gestolpert (DÖW, Neugebauer): 1942 gab es in Österreich 680.000 NSDAP-Parteimitglieder.
(Das entspricht ziemlich genau 10% der Bevölkerung... Ja, das ist viel.)

Als "Überzeugte Nationalsozialisten" kann man die Zahlen von 1938-1941 interpretieren: 140.000. Den Ansprung um eine halbe Million erklärt sich Neugebauer aus Vorteilsstreben und berechnendem Mitläufertum... (Arisierungen, Wechsel der Besitzverhältnisse, Aufstiegschancen durch parteimitgliedschaft, Frontfreistellungen)

Wie war das Verhältnis in Deutschland?
 
ning schrieb:
Ich bin heute auch über diese Zahl gestolpert (DÖW, Neugebauer): 1942 gab es in Österreich 680.000 NSDAP-Parteimitglieder.
(Das entspricht ziemlich genau 10% der Bevölkerung... Ja, das ist viel.)

Als "Überzeugte Nationalsozialisten" kann man die Zahlen von 1938-1941 interpretieren: 140.000. Den Ansprung um eine halbe Million erklärt sich Neugebauer aus Vorteilsstreben und berechnendem Mitläufertum... (Arisierungen, Wechsel der Besitzverhältnisse, Aufstiegschancen durch parteimitgliedschaft, Frontfreistellungen)

Wie war das Verhältnis in Deutschland?

So, für 1943 fand ich noch 700.000 Parteimitglieder in Österreich (Hanisch, S. 370) und die regionale Verteilung reichte von 15% in Tirol bis zu 6% im Burgenland.
 
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