Österreichische Nazis

Rovere schrieb:
ein Franz-Josef-Strauß z.B. hat ja ziemlich deftige Sager gehabt und prägte dennoch die politische Landschaft für Jahrzehnte

Was bedeutet "Sager" ?

Die WAMS berichtete zu den jüngsten Veröffentlichung der Rosenholz-Dateien. Es wurde deutlich, daß die DDR versuchte FJS Kriegsverbrechen anzulasten. Dazu stürzte sich der Geheimdienst auf Daten eines Leutnant Strauß, der bei Erschießungen dabei war - "leider" war es ein anderer Leutnant Strauß....
Da versuchten sie die Akten, wie in manch anderem Fall, "umzuschreiben" um gezielt Personen zu belasten. Das klappte aber bei FJS nicht.

http://www.wams.de/data/2006/08/06/987939.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Rovere schrieb:
Ich weiß nicht ob das so gewesen wäre (Die Probe aufs Exempel kann ja nicht abliefern - ein Franz-Josef-Strauß z.B. hat ja ziemlich deftige Sager gehabt und prägte dennoch die politische Landschaft für Jahrzehnte)

Waldheim ist ja eine extrem tragische Figur - er war jahrzehntelang Spitzendiplomat, 9 Jahre davon sogar UNO-Generalsekretär. In der Waldheimaffäre kam genau dieser Vergangenheitsbewältigungs-Rückstand der 60-er und 70-er Jahre (Ära Kreisky) hoch, ein Generations-Konflikt der in der BRD etwas früher schon stattfand.

Waldheim hätte nicht leugnen sollen, sondern zugeben dass er während der Nazi-Zeit ein Opportunist war. An Kriegsverbrechen war er nicht beteiligt, das hat die Historikerkommission ja ergeben.

Soweit ich mich entsinne hat Waldheim abgestritten in einer SA-Reiterverbindung gewesen zu sein und von den Vorgängen in Griechenland nix mitbekommen zu haben. In beiden Punkten sagte er "er könne sich nicht erinnern".
Dass er aber abstritt in Jugoslawien gewesen zu sein ist mir nicht bekannt (was nix heißen soll).


Franz-Josef Strauß, Helmut Schmidt, usw. haben sich ihrer Vergangenheit immer gestellt. Filbinger dagegen nicht. Wie Waldheim.

Den Beweis, dass Waldheim in der BRD innerhalb Stunden hätte zurücktreten müssen, kann ich natürlich nicht führen.
Aber: Ist der Name Jenninger in Österreich kein Begriff? Bundestagspräsident während der 1. Regierung Kohl, in einer Rede zur "Reichskristallnacht" mißverständliche Bemerkungen, aus wars. Innert 12 Stunden.
Wohl gemerkt, Jenninger hat mit den Nazis nichts zu tun, er teilt mit uns die Gnade der späten Geburt. Neonazi ist er keineswegs.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Was bedeutet "Sager" ?

Die WAMS berichtete zu den jüngsten Veröffentlichung der Rosenholz-Dateien. Es wurde deutlich, daß die DDR versuchte FJS Kriegsverbrechen anzulasten. Dazu stürzte sich der Geheimdienst auf Daten eines Leutnant Strauß, der bei Erschießungen dabei war - "leider" war es ein anderer Leutnant Strauß....
Da versuchten sie die Akten, wie in manch anderem Fall, "umzuschreiben" um gezielt Personen zu belasten. Das klappte aber bei FJS nicht.

http://www.wams.de/data/2006/08/06/987939.html

Der F.J. Strauß. Gehasst habe ich ihn ...
Ein populistischer Bajuware.

Aber: Den DDR-Milliardenkredit hat er damals eingefädelt.
Und seine Rede nach der Ratifizierung der Ostverträge, gegen die er gekämpft hat bis aufs Messer......... Verträge sind dazu da, um gehalten zu werden....

Ein Staatsmann war er, und ich muss ihm manches abbitten.

Grüße Repo
 
rotweißrot-schwarz

Repo schrieb:
Mein Vater hat immer grinsend erzählt wie ab dem 20. Mai 1945 plötzlich rotweißrote Bändel an den Uniformen aufgetaucht seien, und Tage später dann auch noch vereinzelt weiß-blaue.
Genützt hätte es ihnen bei den Russen aber nichts.
Grüße Repo

Natürlich. Kann ich mir gut vorstellen, dass es sich dabei um Leute handelte, die ihre Mitläuferschaft damit übertünchten. Zweifelhafte Zeitgenossen, ganz Deiner Meinung.
Aber generalisieren ist unmöglich. Viele haben die rot-weiß-rote Fahnen aus reinem Aufatmen nach den letzten Schreckensmonaten den Amerikanern entgegengehängt und manche brachten ihre ehrliche Freude damit zum Ausdruck, dass sie das Nazitum als besiegt betrachteten. Alle aber taten es, um verschont zu werden. Und sie hielten sich nicht zuletzt an eine Aufforderung (österr. Fahne zu zeigen), weil dies als Zeichen der Kapitulation per Flugblatt und Radio siegerseits ausgegeben worden war ;-)
Die erste Frau meines Vaters (der war irgendwo), hat allerdings, bevor sie das Haus verließ, trotzig die Hakenkreuzfahne aus dem Fenster gehängt, worauf die Russen die Jahrhundertwendevilla prompt abfackelten und die Feuerwehr ihr (der Villa) den Rest gab. ;)
 
Ich hab gestern schon wieder eine Doku über Beutekunst in Österreich gesehen... beschämend! :motz:

1. Nun meine konkrete Frage: Dort wurde erwähnt, das Österreich zwar nur 8% der Bevölkerung des Deutschen Reiches ausmachte, es hingegen 14% der Waffen-SS stellte, und sogar 40% des Wachpersonals von KZs!

Wohl als kleiner Einschub im Film gedacht, weil Österreich sich selber gerne mal eher als Opfer sähe.

Frage: Gibt es Erklärungen für diese hohe Zahl?

2. Leider ist das Thema wohl recht tagespolitisch, aber es ist schon die zweite Doku, die ich zufällig über Beutekunst, die Schwierigkeiten der Besitzer und Erben dieses Eigentum zurück zu erhalten, und das aktuelle österreichische Rechtsbewußtsein, gesehen habe.
Ich bin zwar kein Österreicher, aber ich schäme mich für dieses Verhalten der Regierungen, und bin sehr wütend darüber. Ich dachte sowas wäre höchstens eine Sache der 70er gewesen (á la "aufgeräumtes Unrecht nach den 68ern"). Aber was da Österreich noch in den 90ern betreibt, und auch heute noch, ist höchst unwürdig.

Naja, lassen wir das aktuelle und kommen wir zur Frage, die im Film erwähnt wurde:

Frage: Ist das Nationalgefühl der Österreicher in hohem Maße bestimmt durch historische Gemälde die in Österreich entstanden (egal wem sie eigentlich gehören)?

Dieses scheint eine der Ursachen zu sein, dass nicht nur die Regierung und Kunstmusemsdirektoren so stur und mangelndes Rechtsempfinden besitzen, sondern auch diese Rückgabe von geraubter Nazikunst in der Bevölkerung und österreichischen Medien so ablehnend gegenüberstehen (teilweise inzwischen gegenüberstanden). Es ist mir unbegreiflich, wie man die Opfer teilweise als Täter sehen kann?

Es ist für die Opfer auch unerträglich mit anzusehen, wie in ihren Villen immer noch ausgerechnet die Österreichische Bahn untergebracht ist, bedenkt man die symbolische Bedeutung der Reichsbahn zur Zeit der Nazis, abgesehen davon, dass die Villen eigentlich den Opfern gehören...

Übrigens waren der Museumsdirektor und die Kulturministerin nicht zu einem Interview für die Doku bereit, bezeichnend.... :mad:

Hier Infos worum es geht:

Stealing Klimt | FILMSTARTS.de

Dokumentarfilm: Stealing Klimt | Film & Serie | Bayerisches Fernsehen | BR

Kunst: Österreich gibt Klimt-Werke zurück - Kunst - Feuilleton - FAZ.NET

BBC - Imagine - Gustav Klimt
BBC - Imagine - Episode Guide: Stealing Klimt
 
Ich hab gestern schon wieder eine Doku über Beutekunst in Österreich gesehen... beschämend! :motz:

Ich habe die Doku nicht gesehen.

Meine Frage also dazu, wurde denn auch die Beutekunst die in Deutschen Archiven und Museen liegen und auch noch nicht zurückgegeben wurden angesprochen oder ging es ausschliesslich um Österreich?

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich ja auch erst 1998 dazu bereit erklärt die Kunstwerke zurückzugeben.

http://www.lostart.de/nforum/doku_provenienz.php3?name=appell

Wohl als kleiner Einschub im Film gedacht, weil Österreich sich selber gerne mal eher als Opfer sähe.

Diese Haltung ist vorbei. Dies zeigte ja auch die kürzliche Diskussion, um die Aussage von Otto von Habsburg, in der Presse und in der Regirung.

Es wurde in den letzten Jahren viel aufgearbeitet, dies wird leider nicht zur Kenntniss genommen, sondern man versucht wohl immer noch die "alte" Haltung zu verbreiten und aufzufrischen.

DW - Dokumentationsarchiv des sterreichischen Widerstandes
 
Übrigens waren der Museumsdirektor und die Kulturministerin nicht zu einem Interview für die Doku bereit, bezeichnend.... :mad:

Soviel ich nun herausbekommen habe, wurde diese Doku 2006 gedreht und scheinbar vor dem Schiedsspruch ausgestrahlt, denn das Bild wurde 2006 zurückgegeben. Beschämend finde ich das es solange gedauert hat, bis es zu diesem Urteil kam.

Hier findest du den Schiedsspruch:

http://www.adele.at/Schiedsspruch/Schiedsspruch.pdf

Und hier die Seite der LACAMA zu diesem Bild (und den andern):

http://www.lacma.org/art/exhibition/klimt/index.aspx
 
Zuletzt bearbeitet:
"Stealing Klimt" ist ein gutes Beispiel wie mit Dokus Politik gemacht wird. Der Rechtsstreit, welcher der Restitution vorausging, wird in dieser Doku als irrelevant dargestellt. Aber worum gings darin? Die Österreichische Galerie berief sich auf das Testament von Adele Bloch-Bauer in der sie ihrem Mann Leopold die Klimt-Bilder mit der Auflage hinterließ diese nach dessen Tod der "Österreichischen Staats-Galerie" zu hinterlassen. Sie starb 1925, ihr Mann schenkte eines der Bilder bereits 1936 der Galerie. Als er nach dem Anschluss 38 ins Exil gehen musste wurde sein Vermögen arisiert (dh. unglaublich weit unter Wert "gekauft"). Ferdinand Bloch-Bauer starb im November 45, vor seinem Tod widerrief er alle seine Schenkungen an Museen.
Der Rechtsstreit drehte sich vor allem um das Testament von Adele Bloch-Bauer wobei die Österreichische Galerie den Standpunkt vertrat den Willen der ersten Eigentümerin ( „Meine 2 Porträts und 4 Landschaften von Gustav Klimt, bitte ich meinen Ehegatten nach seinem Tode der österr. Staats-Galerie in Wien, die mir gehörenden Wiener und Jungfer.Brezaner Bibliothek, der Wiener Volks u. Arbeiter Bibliothek zu hinterlassen“) zu erfüllen.
Die Werke Gustav Klimts stellen in der Tat einen wichtigen Bestand der kulturellen Identität Österreichs, vor allem Wiens dar. Dies trug dazu bei, dass der Resitutionsantrag von Maria Baumann, der Nichte und Erbin Ferdinand Bloch-Bauers, genauest geprüft wurde. Die Österreichische Galerie steht im Eigentum des Bundes, vertreten durch das Ministerium für Unterricht und Kunst, versuchte seine Rechtsmeinung gegenüber dem Schiedsgericht durchzusetzen und unterlag 2005. Die Bilder wurden daraufhin zurückgegeben.
 
PS: Auch auf die Gefahr hin nun öffentlich geprügelt zu werden bin ich in diesem Fall der Meinung dass das Schiedsgericht falsch geurteilt hat. Der testamentarische Wille Adele Bloch-Bauers war eindeutig, die Bilder hätten zur Klimtsammlung der österreichischen Galerie kommen sollen.

Wenigstens hat sie Ronald Lauder gekauft und sie in seinem Museum in New York wieder ausgestellt.
 
1. Nun meine konkrete Frage: Dort wurde erwähnt, das Österreich zwar nur 8% der Bevölkerung des Deutschen Reiches ausmachte, es hingegen 14% der Waffen-SS stellte, und sogar 40% des Wachpersonals von KZs!

Ich habe die Sendung auch nicht gesehen (nur vergleichbare andere), meine aber, dass sich die Frage, wer welches KZ-Wachpersonal gestellt hat, zwangslos von der Frage, wer welche Gemälde nicht zurückgeben will, abschichten lässt. Es wurde in der Sendung offenbar - Stichwort: Opferrolle - zu vieles in einen Topf geworfen.

Vorschlag: eigenes Thema draus machen - rege Beteiligung ist absehbar!
 
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich ja auch erst 1998 dazu bereit erklärt die Kunstwerke zurückzugeben.
In der Doku, die ich leider nicht mit ungeteilter Aufmerksamkeit verfolgte, wurde nur auf Österreich eingegangen.

Das es in D auch erst so spät mit der Aufarbeitung und Rückgabe der Kunst begann, ist dann natürlich mind. ebenso peinlich und beschämend. Ich nehme mal an, dieses "Rückgabebewusstsein" wurde verstärkt nach dem Regierungswechsel zu Rot-Grün forciert?

Diese [Opfer-]Haltung ist vorbei. Dies zeigte ja auch die kürzliche Diskussion, um die Aussage von Otto von Habsburg, in der Presse und in der Regirung.
Diese Prozentzahlen (der Mittäterschaft der Ösis) wurden auch nicht alleine ohne Kommentar in der Doku angegeben, sondern sollten illustrieren, dass es eigentlich eine Farce ist, wenn in den Medien und den öffentlichen Umfragen so getan wird, als wenn nun "Fremde" (=jüd. Opfer) ins Land kämen, um den Österreichern etwas wegzunehmen.
Ich kenne nicht die österreichische Geschichtsaufarbeitung, und zufällige Interviews auf der Strasse sind nicht repräsentativ, aber ich "befürchte", dass die Aufarbeitung der Geschichte in intellektuellen Kreisen durchaus ernsthaft stattgefunden hat, jedoch z.B. bei der ÖVP und vielen Wählern dieses noch nicht im Bewusstsein verankert ist. Siehe Reaktionen auf die "Habsburg-Rede":
"Der eigentliche Skandal ist aber, dass Habsburg für seine Aussagen von den versammelten ÖVP-Politikern Applaus bekam und auch noch Gelächter erntete."
"Dass sich die Aufregung darüber in Grenzen hielt, sagt viel mehr über das in diesem Land vorherrschende Geschichtsbild. "
aus:
Noch immer Opfer - Nachrichten in Echtzeit auf derStandard.at/Meinung/Kommentare/Alexandra Föderl-Schmid

Aber die eigentlichen möglichen Gründe, für die Prozentzahlen österreichischer SS und KZ-Leute sind vielleicht wirklich in einem Extra Thread aufzuzählen, wenn es denn viel zu besprechen gibt. (Sind die Zahlen bei Bayern eigentlich ähnlich? grobes Süd-Nord-Gefälle feststellbar? Mentalitätsfrage?)

Dieses "Gefühl", das "Fremde" etwas "österreichisches" wegnehmen wollten, erinnerte mich auch an eine andere Doku von vor einigen Monaten, wo ein aktueller Fall eines österreichischen Kunstsammlers in den österreichischen Medien "heiß" diskutiert wurde, weil in seiner Galerie eben auch Beutekunst auftauchte, er aber auf sein Eigentumsrecht beharrt.

Siehe auch:
Eva Blimlinger
Die Mittäter in der Opferrolle


Ich habe mal gesucht:
Es war wohl der Fall Rudolf Leopold den ich vor einigen Monaten im TV gesehen habe:
Debatten gehen weiter

Leopold-Museum: Eindeutig Raubkunst! « DiePresse.com

Er sagt doch tatsächlich voller Zynismus: "Beutekunst? Kenn' diesen juristischen Begriff nicht, das ist mir neu." Diese moralische Haltung empfinde ich als unerträglich, kann ich doch überhaupt nicht glauben, angesichts seiner Einkaufspolitik der letzten Jahrzehnte, dass er nicht skrupellos selbst Gemälde angekauft hat, die mehr als nur verdächtig sind Beutekunst zu sein.

Mir geht es auch nicht so sehr um juristische Details, mir geht es vornehmlich um die Moral, die da anscheinend in Österreichs vermögenden Eliten sichtbar wird. Ich nehme mal stark an, dass erst durch eine neue Nachkriegsgeneration ein neueres Bewusstsein entsteht, denn in vielen Sammlungen der Eliten werden immer noch zahlreiche Beutekunstwerke vermutet und diese Eliten haben sich in der Vergangenheit halt immer gesträubt, eine neue "moralisch gerechtere" politische Richtung einzuschlagen. Es blieb jahrzehntelang ein Tabuthema.

"Moral? Kein Grund, Bilder herzuschenken" - Nachrichten in Echtzeit auf derStandard.at/derStandard.at/Kultur/Kultur & Politik/Restitutionsfragen/Restitution in Österreich - Film, Musik und Veranstaltungen

So wurden 1998 in New York bei einer Ausstellung zwei Schiele Gemälde beschlagnahmt, worauf hin durch diesen Druck erst die Gesetze geändert wurden, hier mal die zähe Entwicklung der Lage in Österreich:
Kunst-Restitution in Österreich

In der Doku Stealing Klimt kamen zahlreiche (auch österreichische) Historiker zu Wort. Sie fanden noch in aktuellen Katalogen offensichtliche Fälschungen in Kunstbildbänden oder Ausstellungskatalogen, in dem von Schenkungen einiger Bilder gesprochen wird, obwohl die Jahreszahlen schon falsch sind, erst recht die "Schenkung" nie stattfand. Dieser Fall ist eben nur ein Fall von tausenden anderen ähnlich gelagerten, und da werden z.b. den Erben nicht die Gemälde zurückgegeben, obwohl sie sogar angeben konnten, was auf der Rückseite der Bilder steht, oder einer alten Dame wurde das Gemälde nicht gegeben, obwohl sie wusste, dass das Bild 25*29cm groß war, es ist aber 27cm*29cm groß, und damit konnte das Gericht ebenfalls das Bild in Österreich belassen, usw. etc.
Das mag alles juristisch korrekt sein, aber mir dreht sich moralisch der Magen und mein Rechtsbewusstsein um. :mad:

Bezeichnend auch die Aussagen der Marie Altmann, die mit der Kulturministerin Elisabeth Gehrer geführt habe, und die Ministerin lt. Altmann ihr verächtlich gesagt habe, sie würde die Bilder nie erhalten, usw. (Was weiter genau habe ich vergessen, aber ich hatte dabei Empörung empfunden).
"Später habe Ministerin Gehrer das Treffen bestritten. «Es ist ein verlogenes Pack, leider.»"
Hossli.com Dass sie nicht lacht

Oder die bürokratischen Hürden für die Anwälte und Historiker, die z.B. keinen Zugang in Archive erhielten, und als sie mal Zugang hatten, mussten sie die Inventarlisten per Hand abschreiben, was ein Jahr dauerte, statt den Archivkopierer nutzen zu dürfen. Ja, wo sind wir denn? In den 1950er Jahren, oder den 1990er und 2000er Jahren?

Die Regierung hat mehr als 5 Jahre versäumt, mit Maria Altmann zu "verhandeln". (Wobei ich es unmöglich finde, zu "verhandeln").
Das vermeintliche "Testament" war eine Bitte an ihren Mann, die Bilder den Museen zu vermachen, nicht ein Testament. Das dann eine völlig neue Situation nach Österreichs Anschluss oder Beginn der jüdischen Deportationen, entstand, wird anscheinend von österreichischer Seite ausgeblendet, da glaubt doch niemand ernsthaft, dass unter diesen Bedingungen irgend ein Jude Österreich noch etwas vermacht hätte?

"Den Passus im Testament seiner 1925 verstorbenen Frau Adele, um den sich in dem Bilderstreit jetzt alles drehte, wollte Ferdinand nicht mehr umsetzen, nach allem, was ihm der Staat und seine willfährigen Beamten angetan hatten."
aus:
Gerechtigkeit für die goldene Frau : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv

Hier noch ein Interview mit der Filmemacherin:
Deutschlandradio Kultur - Fazit - Parabel auf die Gerechtigkeit
Zitat:
"Wir hätten so gerne die Kulturministerin, den Museumsdirektor oder andere Vertreter der Macht interviewt. Dabei erlebten wir - wenn auch in einem viel geringeren Maß - das, was Maria durchleiden musste."

Oder der Fall mit dem sog. "Schatz von Mauerbach, einer Kirche, die voll von Beutekunst war, und Jahrzehnte sich nicht drum gekümmert wurde, und dann, als es bekannt wurde das klägliche Gestammel der Politiker zu diesem Skandal.
Von der Schlamperei zum Schlamassel: Sensationelle Versteigerung in Wien Ende Oktober: Vergessene Kunstwerke aus jüdischem Besitz | Nachrichten auf ZEIT ONLINE

Bezeichnend auch, dass ich auf offizieller Seite keine Infos über diese Sache fand:
BDA - Bundesdenkmalamt Österreich *-*Die Geschichte der Kartause Mauerbach
Das trägt nicht gerade dazu bei, dass hier offensichtlich immer noch versucht wird, die Schmach unter dem Teppich zu kehren.

Dieses zeigt mir zumindestens eine geistige Haltung, die einem beschämen muss.

Und wenn es in D oder CH genauso abgelaufen ist, oder abläuft, dann ist es ebenso schlimm (ich dachte immer, die 68-Generation hätte da mehr mit ihren Vätern "abgerechnet", vielleicht wurde es erst möglich, als diese Generation selber an den Schalthebeln der Macht waren?)

Aber wir sollten hier bei Österreich bleiben.

Weitere Infos (auch zu Deutschland) noch in diesen Dossiers:

Eurozine - Die Täter, die Opfer und die Kunst - Regine Dehnel Rückblick auf den nationalsozialistischen Raubzug

Dossier Kunst und Restitution - artnet Magazin

Dossier Causa Kirchner - artnet Magazin

Beutekunst


Ich nehme mal an, dass entweder Rovere oder ich falsch informiert ist, wenn er meint, in diesem Fall hätten die Klimts nicht rausgerückt werden sollen? Juristisch mag Rovere Recht haben, wenn er denn den Fall besser kennen sollte, als ich durch die Doku und obige Artikel, sollte Rovere aber auch moralisch dieses so sehen, dann gehört er tatsächlich "öffentlich geprügelt", wie er meint.

:fs:
 
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Lynxx hat ja in weiten Teilen Recht mit seinen Vorwürfen, da gibt´s ja nix zu rütteln dran. Ich seh die Sache halt differenzierter da der Umgang mit den Verstrickungen von Österreichern im Nationalsozialismus während des Dritten Reichs selbst und vor allem danach in der Zweiten Republik permanenten Einfluss auf die Tagespolitik hatten und haben.

An seinem Beitrag stößt mir eigentlich nur eins auf - diese Kollektivschuld des Österreichischen (und diese Analogie auf Bayern als ob Nationalsozialismus eine Mentaltiätsfrage wäre) ist einfach nur übel!

Ich stamme aus einer zutiefst christlich-sozialen Familie, mein Großvater war österreichischer Patriot und war nach 38 den Repressionen seiner opportunistischen Landsleute ausgesetzt. Es ist daher ein Affront wenn hier Geschichtsaufarbeitung parteipolitisch eingefärbt wird. Das ist ein Hauptgrund warum es in Österreich derartige Versäumnisse gab, weil parteipolitische Interessen der Wahrheitsfindung wenig dienlich waren.

Nur eins zur Kartause Mauerbach - der Vorwurf, das Fehlen eines Hinweises auf den sogenannen Mauerbachschatz auf der Website des Bundesdenkmalamts (dass die Kartause aus Restaurationszentrum nutzt) sei ein Beispiel für bewusstes Verschleiern ist einfach nur lachhaft.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kenne nicht die österreichische Geschichtsaufarbeitung,

Finde ich aber ein wichtiger Bestandteil einer historischen Arbeit, dass man auch diese Geschichtaufarbeitung zur Kenntniss nimmt.


Und wenn es in D oder CH genauso abgelaufen ist, oder abläuft, dann ist es ebenso schlimm (ich dachte immer, die 68-Generation hätte da mehr mit ihren Vätern "abgerechnet", vielleicht wurde es erst möglich, als diese Generation selber an den Schalthebeln der Macht waren?)

Nur schnell zur Schweiz:

Hier gibt es eine Studie der Unabhägigen Expertenkommission:

Band 1
Fluchtgut – Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und
über die Schweiz 1933–1945 und die Frage der Restitution.

In der Zusammenfassung steht folgendes:

Abschliessend geht die Studie auf die Restitutionspolitik der Schweiz bezüglich der ins Land
gelangten Kunst- und Kulturgüter ein (Kapitel 6). Es wird aufgezeigt, dass die Schweizer
Restitutionsgesetzgebung – stark vom britischen Modell beeinflusst – die Verfolgten in zwei
Klassen teilte: in solche, die während den Kriegshandlungen in den besetzten Gebieten
beraubt wurden, und in diejenigen, die bereits vor 1939 und während der ganzen Zeitspanne
im «Altreich» den verschiedenen Massnahmen der NS-Beraubungspolitik unterlagen. Der
grösste Teil des von den Alliierten in der Schweiz aufgefundenen Bestands an Raubkunst, es
handelte sich mit zwei Ausnahmen um Bilder und Zeichnungen, wurde allerdings nach dem
Krieg restituiert. Die Untersuchungsbehörden unterliessen es jedoch, intensiv nach weiteren
geraubten Objekten zu suchen. Die Schweizer Besitzer der Raubgutbilder wurden aufgrund
der ebenfalls vor der Raubgutkammer durchgeführten Regressprozesse vom Staat allesamt
für die Bilderrückgabe entschädigt, da ihnen Gutgläubigkeit attestiert wurde; die Eidgenossenschaft wiederum liess sich die ihr entstandenen Kosten vollumfänglich durch die
Bundesrepublik Deutschland zurückerstatten.
Zum Schluss soll festgehalten werden, dass quantitative Angaben aufgrund der Quellenlage
nur in einzelnen Teilbereichen der Thematik möglich sind. Festgestellt werden kann jedoch,
dass insgesamt mehr Fluchtgut als Raubgut in die Schweiz gelangte. Es konnte zudem
nachgewiesen werden, dass Fluchtgut sowohl von Museen als auch von Privaten erworben
wurde, Raubgut hingegen eher von letzteren. Als Drehscheibe ins Drittausland fungierte die
Schweiz in einem grösseren Anteil für Fluchtgut, während Raubgut in der Schweiz oftmals
seinen endgültigen Absatz fand.


Aber wir sollten hier bei Österreich bleiben.

Dann sollte man sich aber auch mit der österreichischen Geschichtsschreibung auseinandersetzten. Hier kann man ja mal damit beginnen:

sterreichische Historikerkommission

Dann habe ich dies noch gefunden (könnte ja von Interesse sein)

http://www.adele.at/Gutachten_Univ_Prof_Dr__Welser/Welser.pdf


Rovere schrieb:
An seinem Beitrag stößt mir eigentlich nur eins auf - diese Kollektivschuld des Österreichischen (und diese Analogie auf Bayern als ob Nationalsozialismus eine Mentaltiätsfrage wäre) ist einfach nur übel!

Dies stösst mir auch auf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Rovere: Ich habe in der Verknüpfung des Prozentsatzes der SS-Mitarbeit und Bayern und Österreich ein Fragezeichen gesetzt. Weil es eine Frage war, weil ich es nicht weiß, nicht weil ich was behaupten wollte.
Hier nochmals zur Erinnerung und bei solchen Vorwürfen mit der Bitte um das genauere Lesen:
Aber die eigentlichen möglichen Gründe, für die Prozentzahlen österreichischer SS und KZ-Leute sind vielleicht wirklich in einem Extra Thread aufzuzählen, wenn es denn viel zu besprechen gibt. (Sind die Zahlen bei Bayern eigentlich ähnlich? grobes Süd-Nord-Gefälle feststellbar? Mentalitätsfrage?)


Simple Analogieschlüsse der Mentalität sind natürlich unzulässig, wenn z.B. der öffentliche Widerstand gegen die sogenannten "Stolpersteine" auf einige regionale Unterschiede hindeuten soll, dann reicht es eben nicht aus für eine generelle Aussage.

Ich habe meine Kenntnisse über den Umgang mit der Geschichte, im Falle der Beutekunst, ja vorwiegend von den Dokus, und obigen Links, und z.B. der "Standard" scheint doch eine reputable Zeitung zu sein?
Natürlich weiß ich auch, dass je nach Zeitungs-Kommentator eine unterschiedliche Sicht auf den Grad der Beschäftigung mit der Vergangenheit stattfindet.

Jedoch wenn es um ständige und bis in die 90er und sogar darüber hinaus getätigte Verweigerung der Behörden um Rückgabe der Beutekunst geht, wenn juristische Winkelzüge gemacht werden, dann hört es bei mir auf, Verständnis zu haben, selbst wenn alle Österreicher passionierte aktive Antifaschisten wären und die Aufarbeitung abgesehen von der Rückgabe von Beutekunst vorbildlich wäre (wobei in diesem Fall sicher eine andere Regierung gewählt geworden wäre, die eben entsprechend gehandelt hätte).

Zur Kartause Mauerbach: Ich habe leider keine andere offizielle Seite gefunden, und es kam mir so vor, als wenn z.b. in den Seiten der Alsterdorfer Anstalten in Hamburg kein Piep zu ihrer Vergangenheit während des 3. Reiches gesagt würde, so wie es jedoch getan wird, im Gegensatz zu Mauerbach:
evangelische stiftung alsterdorf: NS-Zeit 1933 - 1945
oder
Stadt Hamburg: Gedenkstein für die Euthanasie-Opfer in den Alsterdorfer Anstalten

Wenn also eine offizielle Seite nix über erwähnenswertem, auch wenn es marginal scheint, erwähnt, dann finde ich es schade, auch wenn diese kleine Infos vielleicht nicht so wichtig scheint, wie in diesem Beispiel:
Stadt Hamburg: Gedenkplatte für die jüdischen Lehrerinnen Martha Behrend und Gretchen Wohlwill

Nun kann es aus irgendwelchen Gründen sein, dass dieses Nichterwähnen der Nazi-Vergangenheit auf der Denkmalsseite in Hamburg unmöglich ist, in Österreich aber bei Mauerbach als unnötig erachtet wird. Warum auch immer. Es fügt sich jedoch gut in die bisherige 60jährige Verschleierung der dort eingelagerten Werke, findet ihr nicht auch?

Ich möchte mich nicht mit der österreichischen Geschichtsschreibung intensiv auseinandersetzten, ich glaube euch ja, dass es Historiker gibt, die dieses intensiv tun. Ich verlange auch nicht, wenn ihr eine Frage zum Osmanischen Reich habt, die türkische Historiographie des 20. Jh. zu rezipieren. Ich antworte einfach, sofern ich was weiß. :scheinheilig: Ansonsten ist es erfreulich, dass 1998, nach einem halben Jahrhundert, anscheinend die Vergangenheit der Beutekunst in vernünftiger Weise aufgearbeitet wurde. Umso trauriger das Verhalten einiger Politiker danach. Komisch, dass offenbar erst der Schock mit den konfiszierten Egon Schieles extern erfolgen musste, um so richtig in Fahrt zu kommen. Peinlich...

Und das Gutachten der Wiener Professoren interessiert mich auch nicht so besonders in seiner Detailliertheit, trotzdem Danke. Darauf kommt es mir jedoch nicht an, nicht um "Winkeladvokaten":

Nun mal Tacheles: Ich bin Jude, lebe gemütlich in Wien, vermache im Testament meine Gemälde dem Museum, dann kommen die Nazis, ich denke aber, wird schon nicht so schlimm werden, plötzlich erkenne ich, es geht um mein Leben, ich kann noch gerade einige Habseligkeiten zusammenraffen und flüchten, habe dabei aber mein Testament im Tresor des Notars nicht mehr rausnehmen können. (Oder ich muss meine Sachen zurücklassen, damit mich die Nazis rauslassen, wenn legale Flucht noch möglich war) Nach dem Krieg möchte ich (oder mein Sohn) mein Besitz zurückhaben, man sagt mir, das ginge nur, wenn ich die Picassos im Museum lasse. Ich willige fast mittellos zerknirscht ein, um in der Nachkriegszeit überhaupt was zu beißen zu haben.

Später werden alle weiteren Bitten jahrzehntelang abgelehnt, ja, man ignoriert mich gar! Ich müsste schon klagen sagt man mir, das könnte aber jahrelang gehen, und ich müsste dafür das nötige "Kleingeld" haben, sagt man mir.

Ist das vereinbar mit eurem Rechtsempfinden? Selbst wenn ich ein Testament ausgestellt hätte, aber im KZ umgekommen wäre, wäre es dann rechtens, als Museum darauf zu bestehen? (Das davon ausgegangen wird, dass ich mein Testament nicht geändert hätte, um den Nazis nicht meine Gemälde nach der Vergasung zu vermachen?)

Darum geht es, und der jahrzehntelangen Unfähigkeit der Besitzer dieser seeeehr preiswert oder gar umsonst erworbenen Kunst sich in die Opferrolle einzufühlen.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch an eine Doku, wie es in Hamburg abging, als nämlich die jüdischen Habseligkeiten gestohlen wurden, kamen sie (oder das von den Nazikadern als weniger wertvoll angesehene) auf Güterwagons an der Elbe, und wurde dort massenhaft versteigert oder verschenkt. Wochenlang. Kein Hamburger fragte nach der Herkunft, alle freuten sich über die riesige Zahl an "Schnäppchen". :motz:

Hätte mein Opa sowas erstanden, und ich es in der Vitrine des Wohnzimmers gefunden, und würde ich die Provinenz ( www.lostart.de) wissen, ich hätte es zurückgegeben oder zerschlagen, wenn meine Großeltern sich geweigert hätten.
Ich möchte nicht wissen, was in anderen deutschen/österreichischen Vitrinen noch so lagert... mir wird schon übel...

Kollektivschuld ist vielleicht übertrieben, aber bei uns und bei Österreichern (und Schweizern?) sind mir mehr Unschuldslämmern in den 60 vergangenen Jahren aufgefallen, als Menschen die zu ihrer Verantwortung stehen. Zitat: "Dies stösst mir auch auf."
Ich habe in meiner ("bildungsfernen") Familie sogar noch in der Nachkriegsgeneration (bei Onkeln und Mutter) unreflektiertes Naziwissen tradiert von meinen Großeltern ("Weltjudentum", Verschwörungstheorien, etc.) Ich bin sicher nicht repräsentativ, aber die Verdrängung ist stark ausgeprägt, wie ich auch in einer Doku einer bildungsnahen Familie und ihren Umgang mit ihrem offensichtlichen Nazi-Vater entsetzt feststellen musste:
3sat.online
Aufstieg in den Untergang: Das faschistische Subjekt: Malte Ludin erforscht den Vater auf ZEIT
Shoa.de - 2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß - von Malte Ludin
Die Kultur der Lüge: ZEIT

Natürlich, nur ein weiterer Fall von vielen. Erstaunlich nur, dass hier der Fall so offensichtlich ist, die Protagonisten aus dem Establishment kommen, gebildet sind, und immer noch sich nicht die Wahrheit eingestehen können und Rechtfertigungen für ihren Vater suchen. Wenn es Gott und Hölle geben sollte, dann wird er sicher in der Hölle schmoren, ebenso wie meine mitlaufenden Großväter.
Also, meine Fragen stehen noch im Raum:

1.
Österreich machte zwar nur 8% der Bevölkerung des Deutschen Reiches aus, es stellte hingegen 14% der Waffen-SS, und sogar 40% des Wachpersonals von KZs!

Gibt es Erklärungen für diese hohe Zahl?
(Vielleicht gibt es ja auch keine, oder niemand ist mal drüber gestolpert, dann ist es auch gut)

2. Die zweite Frage schenke ich mir, habe in meinem obigen Post inzwischen genügend Quellen gefunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Mauerbach - hier wurden geraubtes und nicht restituiertes Gut nach 45 gelagert, der Ort war daher nicht ursächlich mit den Verbrechen der Nazis zu tun. Keine Ahnung ob die von Josef II. stillgelegte Kartause eine Rolle im Dritten Reich spielte, die von Juden geraubten Kunstwerke wurden mw erst nach 1956 dort eingelagert. Der späte Umgang mit diesen geraubten Gütern ist der Skandal, nicht der Ort. Ein Hinweis wäre dennoch nicht schlecht, aber aus meiner Sicht nicht notwendig. Eine Analogie zu Alsterstorf ist jedenfalls nicht gegeben.

@ Juristisches Gutachten. Prof. Welser ist der wichtigste Zivilrechtler des Landes. Wenn du dir diesen Beitrag durchgelesen hättest würdest du nicht so ein simples "Tacheles-Beispiel" bringen. Der Fall Bloch-Bauer ist durchaus eine sehr komplexe Rechtssache - es geht um die Frage wie das Testament von Adele Bloch-Bauer zu werten ist bzw. ob sie überhaupt je Verfügungsberechtigte der Bilder war und daher über deren Schicksal nach ihrem Ableben bestimmen konnte oder nicht. Der von dir geschilderte Sachverhalt kam zwar leider des öfteren vor, hat aber mit dem konkreten Fall wenig zu tun. Das Schiedsgericht entschied jedenfalls dass Ferdinand Bloch-Bauer der eigentliche Eigentümer der Bilder war und daher Adeles testamentarische Verfügung von vornherin unwirksam war da sie nicht die Verfügungsberechtigte war.

@ Österreichischer Anteil an SS und Wachpersonal - dieser wird immer höher kolportiert. Keine Ahnung warum, bei der Wannseekonferenz war von 15 Teilnehmern nur einer gebürtiger Österreicher. Denke aber schon dass viele fanatische Nazis aus österreich stammten da hier bis 38 die "Bewegung" ja verboten war und sich die "Illegalen" daher radikalisierten.

Gerade bei Betrachtung der Zeit des Nationalsozialismus muss man sehr vorsichtig und genau sein. Verallgemeinerungen und verkürzte Darstellungen sind gefährlich, pathetische Aussagen wie in der Hölle schmorende Großväter auch nicht gerade hilfreich. Ich kann leicht reden, ich bin Jahrzehnte nach dem Ende des Regimes geboren, meine Familie war nicht damit verstrickt, ganz im Gegenteil. Mit dieser Epoche wurde daher immer recht offen umgegangen, gleichzeitig aber auch vor Verallgemeinerungen gewarnt.
 
Gut, ich gebe zu, Alsterdorf ist nicht vergleichbar, selbst die kurze "Episode" im Emilien-Wüstenfeld-Gymnasium nicht. Ein kurzer Vermerk bei Mauerbach wäre aber doch sicher nicht verkehrt gewesen, oder?

Beim wichtigsten Zivilrechtler Österreichs kamen sie doch, sofern ich beim Überfliegen der Zusammenfassung richtig gelesen habe (ich lese mir nun bestimmt nicht 178 Seiten durch ;)) zu dem selben Schluss, wie schon Jahre zuvor die amerikanischen Historiker, Anwälte und Richter. Die Doku wollte ja auch beide Seiten beleuchten, ist aber IMHO doch "parteiisch" geworden, da die "Gegenseite" lieber schweigen wollte. (Was ich immer als "verdächtig" empfinde).
Aber diese "Parteilichkeit" der Doku stört mich in diesem Falle nicht so sehr, da ich im Falle der Vergangenheit des 3. Reiches lieber die Position der Opfer einnehme. Ihr nicht? Wäre ich fiktiver Diktator von Deutschland und Österreich von 1945-2008, hätte ich generös eher im Sinne der Opfer gehandelt, denn lieber einmal im Zweifel für das Opfer, selbst wenn das Opfer "betrügen" sollte, als einmal Ungerechtigkeit ein weiteres Mal zu erleben.

Mein simples "Tacheles-Beispiel" sollte nur verdeutlichen, warum es mich so wurmt, wenn man auf Juristerei besteht, wenn doch nach jedermanns "gesundem Menschenverstand" klar sein sollte, dass kein verfolgter oder gar vergaster Jude sein Besitz freiwillig dem 3. Reich vermacht hätte. Egal welche Testamente oder Briefe da irgendwo gefunden wurden. Oder ist mein "gesunder Menschenverstand" so irrational?

Ich bin auch weit nach dem 2. WK geboren, und meine Eltern sind kurz danach geboren worden, auch wenn meine Großeltern keine Mitläufer gewesen wären, würde ich wohl ähnlich denken, wobei es schade ist, dass ich bis zum Tode argumentativ niemand der Großeltern "bekehren" konnte, so fest sitzte ihre Indoktrination drinne.

Was sagt ihr denn zu dem Leopold-Fall? Klar, auch da muss man genau hinschauen, vielleicht auch da Gutachter lesen, etc. etc. Doch auf dem ersten (!) Blick muss man doch empört sein, oder nicht?

Ich empfinde es jedenfalls unwürdig, die wenigen überlebenden Greise durch die nicht Herausgabe von offensichtlichem oder zumindest sehr zwilichtig erworbenen Beutegut ein weiteres Mal zu demütigen. Besonders perfide empfinde ich die unter der Hand gemachten Äusserungen von einigen Anwälten, dass man die ganzen Fälle schön lang ziehen wollte, weil etliche eh vor Prozessende sterben würden. Ich bin beschämt!
Im Zweifel für das Opfer eben... Mein Credo...
gez. Robin Hood, der Rächer der Armen und Enterbten... ;)
 
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Nur kurz, weil es irgendwie dazupasst.
Wir wissen ja, dass Simon Wiesenthal relativ große Probleme hatte ehemalige Nazis dingfest zu machen, und momentan gibt es, Rovere weiß sicherlich sofort auf was ich hinaus will, in Kärnten diesen Fall mit dem, von Jörg Haider als absolut ehrlich und toll bezeichneten, Senioren Asner/Aschner/Arschner, der ja für die Deportation von Hundeten Juden und Serben in Pozega verantwortlich war.
Leider weigert sich Österreich den alten Nazi preiszugeben, weil der arme Herr Probleme mit seinem Oberstübchen hat.
Ein Gutachten eines kärtnerischen Arztes sorgt dafür, dass sich die österreichische Justiz weiter an der Nichtauslieferung ihres geliebten alten Ustascha an die kroatische Regierung halten kann.
Und es ist absolut gesetzeskonform, weil der alte Mann ja ein ärztliches Gutachten hat, und er ist ja so zerbrechlich und arm, und laut Haider, ist er obendrein erstaunlich.
Meiner Meinung ist die untersagte Herausgabe von Kunst mindestens genauso schlimm wie die nicht erfolgte Herausgabe von Kriegsverbrechern.
Und nur weil sich der Kerl in einem demokratischen Land wie Österreich aufhält, und wie es aussieht, nicht nur Politiker der FPÖ/BZÖ Sympathien für ihn haben, kann er sich trotzdem nicht davor drücken, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken.
Ich hoffe, dass er noch vor seinem Tod ausgeliefert wird.
Gibt es in Deutschland eigentlich momentan einen ähnlichen Fall?
Trotzdem würde ich nicht behaupten, dass es ein österreichisches Phänomen allein ist, Willi Brandt wurde ja auch teilweise fertiggemacht, gerade weil er ein Antifaschist war, und frühere NSDAP Mitglieder, welche zu hohen Politikerposten aufstiegen, wurden hochgelobt.
Momentane Lage am Balkan (Serbien, ...), dürfte ja auch jedem bekannt sein.
Es ist doch fast so, dass jedes Land ungern seine Kriegsgefangenen und die gestohlenen Kunstobjekte wieder freiwillig herausrückt, das hat nichts mit Österreich zu tun.
Es ist allgemein schwer, da was auszurichten.
Da könnten wir doch gleich mit dem Nutzen der Amis, aus den von ihnen mit Unterschlupf ausgestatteten Nazis anfangen, oder der Vorliebe spanischer Regierungen, südamerikanischen Dikatoren Zuflucht zu gewähren.
Allerdings geht es mir auch schwer ein, wie das noch im 21. Jhdt. passieren kann.
http://de.wikipedia.org/wiki/Milivoj_A%C5%A1ner
 
@ Milivoj Asner. Das ist wahrlich ein Skandal - hab ich auf den ersten Blick auch gedacht. Und ganz klar, das kann nur in Haiders Kärnten passieren. Hab ich ebenfalls gedacht. Man muss sich die Sache aber genauer anschauen und zwei Rechtsgüter abwiegen. Zum einen das berechtigte Interesse Kroatiens und Serbiens die Auslieferung eines Verbrechers zu erlangen und diesem mehrfachen Mörder die gerechte Strafe zuzuführen.
Zum anderen kommt aber hier auch der Schutz einer kranken Person zum Tragen. Ein Sachverständigengutachten hat seine Verhandlungsunfähigkeit diagnostiziert. Dies ist der Grund warum der alte Mörder nicht ausgeliefert wird, nicht Haiders Intervention oder sonstiges. Das Recht gilt eben für alle, auch für Verbrecher.
Es ist zu prüfen warum denn ein Sachverständiger denn Herrn Asner aber für verhandlungsunfähig und Demenzkrank hält, dieser aber munter durch Klagenfurt spaziert. Dies ist der eigentliche Skandal wenn hier so gepfuscht wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jedenfalls. Milivoj Asner: Staatsanwalt ermittelt - oesterreich.ORF.at
 
@ Sammlung Leopold. An den Problemen mit der Provinienz von Gegenständen in der Sammlung Leopold, heute Teil einer Stiftung, sieht man fast exemplarisch die Schwierigkeiten bei Restitutionsfällen. Es wär natürlich sehr einfach wenn das Kunstwerk noch in Händen des Ariseurs wäre, dann könnte man es sofort lösen. Doch ist es in den wenigsten Fällen so. Meist haben die geraubten Kunstwerke mehrere Eigentümerwechsel hinter sich bis sie in die Hände der jetzigen Besitzer kamen. Rudolf Leopold, Jahrgang 1925, begann in den 50er Jahren zu sammeln und erwarb die damals noch günstigen Schieles und Klimts von Galeristen und Kunsthändlern die iherseites die Gemälde "legal" erwarben. Vereinfacht wurde dies durch die Scheinlegitimität welche die Nazis bei den Arisierungen an den Tag legten. Dies macht die Sache so schwierig und die Aufgabe der Provenienzforschung bedeutsam. Denn bei jedem strittigen Fall muss jeder Erwerbsschritt genauest geprüft werden und erfordert detailierteste Rechereche. Leopold kaufte durchwegs von berechtigten Gewerbsmännern und beruft sich darauf. Den Juristen rauchen die Köpfe schon seit fast einem Jahrzehnt wie im Fall des Schiele-Bilds Wally. Ich bin studierter Jurist (auch wenn ich diesen Beruf nicht ausübe) und hab dadurch sicher einen anderen Zugang zu dieser Problematik als die Lynxxsche Robin Hood-Mentalität.
Bevor irgendwelche Missverständnisse entstehen, ich stelle keineswegs die Restitution in Frage, ganz im Gegenteil. Österreich hat durch das Restitutionsgesetz 98 auch eine Rechtsgrundlage geschaffen die dieses Unrecht aufzuarbeiten sucht.
Ich möchte aber betonen dass bei dieser komplexen Thematik Vereinfachung nicht hilfreich sind.
 
Ein Sachverständigengutachten hat seine Verhandlungsunfähigkeit diagnostiziert. Dies ist der Grund warum der alte Mörder nicht ausgeliefert wird, nicht Haiders Intervention oder sonstiges. Das Recht gilt eben für alle, auch für Verbrecher.

Wenn der alte Herr denn wirklich so krank wäre, wäre es natürlich legitim, ihn im Land zu behalten, natürlich hat jeder Mensch die gleichen Rechte.
Aber eine gewisse Pfuscherei ist hier auch klar ersichtlich, wie du selber festgestellt hast.
Mal schauen was dabei herauskommt.:winke:
 
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