Operation Weserübung und die Kämpfe um Norwegen 1940

muheijo

Aktives Mitglied
Da das Thema hierzulande doch øfter mal diskutiert wird, wuerde ich mich gern næher dazu informieren, besonders, weil immer wieder Geruechte auftauchen, zu denen ich leider gar nichts sagen kann:

Demnach seien die Deutschen den Englændern nur zuvorgekommen, eine Besetzung Norwegens durch die Englænder sei geplant und fuer den 21.4.
angesetzt gewesen.
Auch seien schon am 9.April Åndalsnes sowie Narvik von Engländern besetzt gewesen.
Der Plan sei an die Deutschen veraten worden und somit die Operation Weserübung vorgezogen worden.
Als ein Beleg wird z.B. genannt, dass die spæter versenkte "Blücher" noch nicht fertig mit der Indienststellung war, Waffensysteme hætten nicht alle funktioniert und die Besatzung sei nicht vollständig gewesen. Sie hætte aber wegen des vorgezogenen Termins mit muessen.

Laut Wiki (dt. und norweg.) erfahre ich nichts ueber engl. Plæne zu diesem Zeitpunkt (nur in Verbindung mit dem Finnlandkrieg) und Gegenteiliges zu den Details:
Åndalsnes: Besetzung durch Englænder ab dem 12. April
Blücher: Indienstgestellt schon 1939, Erprobungsphase zum 30.Mærz 40 abgeschlossen, lediglich Defizite in der Ausbildung der Besatzung.

Autor und Buch (scheint wohl aus der revisionistischen Szene zu sein) bekomme ich wohl noch genannt, die Kernthese des "den Briten zuvorgekommen" habe ich allerdings schon øfter gehørt.

Wer kann aufklæren?

Gruss, muheijo
 
...Wer kann aufklæren?

Gruss, muheijo

@muheijo

Selbstverständlich kann ich das nicht aufklären, aber es wird hier Militärhistoriker geben, die das minutiös darstellen können. Schon in Churchills Tagebüchern findet sich vieles über das Thema.

Bei einer grundsätzlichen Betrachtung des Konfliktes, jenseits des "Kriegstheaters" wer kam wem zuvor, steht doch die Frage, wäre das norwegische Volk, die Armee, die Regierung und der König gegen britische Truppen bei einer drohenden Besetzung in der konkreten historischen Situation in den Krieg gezogen? Ich meine - nein. Gegen den deutschen Angriff sind sie sehr wohl in den Krieg gezogen. Norwegen war in diesem Konflikt nicht Objekt sondern Subjekt und hat sich entschieden, und zwar eindeutig.

M. :winke:
 
..., wäre das norwegische Volk, die Armee, die Regierung und der König gegen britische Truppen bei einer drohenden Besetzung in der konkreten historischen Situation in den Krieg gezogen? Ich meine - nein.

Ich sehe das genauso - Begeistert wære man nicht gewesen, ich glaube wirklich, dass man sich aus dem Krieg heraushalten wollte (zumal man die Streitkræfte seinerzeit wohl als militærisch unbedeutend klassifizieren kann).
Vor die Wahl gestellt, wære die Entscheidung wohl so ausgefallen, wie sie ist, ganz gleich welche Nation zuerst norweg. Boden betreten hætte.

Aber mir ging es doch auch um die Ablæufe und die These der angeblich geplanten Besetzung durch die Briten etc.

Gruss, muheijo
 
Das "Außenpoltische Amt "von Rosenberg hatte schon vor Beginn des Weltkrieges Verbindung der norwegischen Partei Nasjonal Samling. Quisling hatte es auch nicht versäumt Hitler auf die strategische Bedeutung Norweges hinzuweisen. Schon im Dezember 1939 hatte Hitler dem OKW befohlen, eine Studie über die die Norwegenfrage anzufertigen. lebhaft unterstütz wurde der Norweger vom OB der Kriegsmarine Raeder. Dieser hatte die Befürchtung, das Norwegen durch die Briten besetzt werden könnte und machte sich Sorgen über den Seeweg für die Erzversorgung. Gleichzeitig befürchtete Raeder aber auch, das es den Alliierten gelingen könnte, Schweden zum Eintritt, auf allierter Seite, zu bewegen. Der Altmark Zwischenfall wirkte hier bestenfalls als Katalysator.
 
[...]
Als ein Beleg wird z.B. genannt, dass die spæter versenkte "Blücher" noch nicht fertig mit der Indienststellung war, Waffensysteme hætten nicht alle funktioniert und die Besatzung sei nicht vollständig gewesen. Sie hætte aber wegen des vorgezogenen Termins mit muessen.[...]

Ich glaube, der schwere Kreuzer Blücher wurde nicht aus Mangel der Erfahrung der Besatzung versenkt, sondern durch falsche Führung und schlechte Aufklärung im Vorfeld, daß in meinen Augen den Aspekt für eine übereilte Handlung näher kommt.
 
Meines Wissens beschlossen die Alliierten am 28.04. 1940 auf einer Sitzung in London die Operation "Wilfred". Es war vorgesehen, ab dem 5. April die norwegischen Gewässer zu verminen. Außerdem sollten Truppenlandungen in Narvik, Trondheim, Stavanger und Bergen stattfinden. Am 8. April waren die ersten Truppentransporte von Schottland aus vorgesehen.
 
In meinen alten Aufzeichnungen zu einem nie vollendeten Buch von 1985/86 (aus Tausend und einer Quelle) hatte ich folgendes festgehalten:

"Erich Raeder arbeitete die Operation 'Weserübung' zur Invasion Norwegens aus. Er stützte sich auf eine Studie des Vizeadmirals Wegener, der bereits 1926 im Falle einer erneuten kriegerischen Auseinandersetzung mit Großbritannien die Okkupation Norwegens und Nordfrankreichs gefordert hatte. Raeder bedrängte schon im Oktober 1939 Hitler, obwohl dieser wünschte, dass die skandinavischen Länder neutral blieben. Aber Raeder ließ nicht locker, er wollte große Taten für seine Marine. Durch die Errichtung von Flottenstützpunkten auf norwegischem Boden, sollte der U-Boot-Krieg intensiviert und eine günstige Angriffsbasis gegen die Ostküste Großbritannien geschaffen werden. Zögernd stimmte Hitler zu. Gemeinsam mit dem OKW-Stabsoffizieren arbeitete die Seekriegsleitung in kurzer Frist den Operationsplan aus. Im April 1940 begann der gewagte Sprung in die norwegischen Häfen (Dänemark wurde 'aus rein strategischen Gründen' gleich mitbesetzt). Allerdings verliefen diese Besetzungen für die deutsche Kriegsmarine teilweise ziemlich ungünstig. Im Kampf um den Erzhafen Narvik erlitten die Zerstörerflottillen katastrophale Verluste und im Oslofjord sank der funkelnagelneue schwere Kreuzer 'Blüche' (Insider berichteten, dass das Schiff noch gar nicht gefechtsbereit gewesen war...). Ins Fjord vor Narvik liefen 10 deutsche Zerstörer ein, worauf die Briten mit einem Verband aus mehreren Zerstörern und dem Schlachtschiff 'Warspite' in das Fjord einliefen und alles kurz und klein schossen."

Auch dieser Beitrag (erster Teil einer Zeitschriftenserie von 1985 zum Bau der Atombombe) behandelt indirekt das Thema: http://www.geschichtsforum.de/233220-post12.html


EDIT: Weiter zum Thema kann ich folgendes Buch empfehlen (wusste doch, dass ich das mit dem Zuvorkommen der Besetzung Norwegens irgendwo schon mal realistisch und seriös gelesen hatte): "Die Deutsche Luftwaffe im 2. Weltkrieg" Gondrom Verlag GmbH 2001 ISBN 3-8112-1907-3 ab Seite 43.


Saludos!
 
Zuletzt bearbeitet:
Rodriguez und Turgot haben schon die entscheidenden Hinweise zur Vorgeschichte gegeben. "Weserübung" ist auch deshalb interessant, weil hier der Vorschlag für die Operation, einen Angriffskrieg, nicht allein oder allein entscheidend von Hitler ausging. Das ist insoweit ein singulärer Fall.

Die Lehren der Reichs- und Kriegsmarine aus dem verlorenen Ersten Weltkrieg beschäftigten die Planer seit den 1920ern. Eine Ursache wurde darin gesehen, dass es Großbritannien gelungen war, die deutsche Hochseeflotte im "nassen Dreieck" Nordsee einzuschließen. Der Gedanke war naheliegend, dass dieses in einem künftigen Krieg nicht passieren sollte.

Ein Kriegsszenario mit Großbritannien stand verschärft erst seit 1937 auf dem Programm ("Hoßbach-Niederschrift"), und auch zu dem Zeitpunkt war natürlich beachtenswert, dass man sich in völliger Unterlegenheit zur See befand. Bereits 1938 in den "Kriegsspielen" setzte man allerdings in der Marine Hitlers Pläne dergestalt um, dass ein Krieg gegen Großbritannien durchgeplant werden sollte. Hier griff man in den Schlussvermerken die Diskussion in der Reichsmarine aus den 1920ern auf, dass im Kriegsfall Norwegen und Dänemark besetzen werden müsse, um den Krieg auf den Atlantik herauszutragen. 1939 forcierte mehrfach Dönitz (in Übereinstimmung mit Raeder) diesen Gedanken, dem es um deutsche U-Boot-Stützpunkte im Zufuhrkrieg gegen britische Handelstonnage ging. So ging das auch kurz nach Kriegsausbruch weiter, obwohl noch 1939 ein Nichtangriffspakt mit Dänemark abgeschlossen worden war (Norwegen und Schweden hatten mit Verweis auf ihren Neutralitätsstatus abgewunken).

Nun geriet die Sache unter Zeitdruck:
a) plante Hitler die Offensive im Westen, die alle Kräfte binden würde
b) gingen nachrichtendienstliche Meldungen über verstärkte britische Aktivitäten in und gegen Norwegen ein.

Das führte zu Hektik in den Versuchen der Kriegsmarine/Raeder, Hitler - der das Risiko zunächst scheute - zum Losschlagen in Norwegen und Dänemark zu überzeugen. Man brachte dabei auch als starkes Argument das Thema der Eisenerztransporte (Narvik) auf den Tisch.
http://www.geschichtsforum.de/f68/neutrale-l-nder-im-2-weltkrieg-38797/index2.html#post589223

In dem Zuge wurde auch der Altmark-Zwischenfall von der Kriegsmarine hochgespielt, um Hitler zum Losschlagen zu bewegen. Zu dem Zeitpunkt waren die deutschen Vorbereitungen allerdings schon begonnen (Planungsstab "W"/Warnecke/später Planungsstab Weserübung).

Die britischen Aktivitäten spielten vor diesem Hintergrund also keine Rolle bei der Entstehung von "Weserübung", sondern brachten nur den Zeitdruck hinein. Bzgl. dieses Zeitdrucks war dann auch eher der Angriffstermin im Westen (Anfang Mai 1940) wichtig, denn "Weserübung" musste und sollte vorher durchgezogen werden. Hitlers Entscheidung fiel dann am 1./2. März 1940 über den schnellen Angriffstermin. Bereits vorher wurden in den Handakten der Seekriegsleitung Material gesammelt, um das Losschlagen mit britischen Provokationen zu begründen.

Die gesamte Vorgeschichte ist hier umfassend analysiert:

Salewski, Die deutsche Seekriegsleitung I
Hubatsch, Operation Weserübung, Studien und Dokumente zur Geschichte des 2. WK, Band 7
Gemzell, Carl-Axel: Raeder, Hitler und Skandinavien (Monographie zur Entstehungsgeschichte von "Weserübung")
Ottmer, Hans-Martin: Weserübung (Operationsgeschichte 2. WK, Band 1)
DRZW, Band 2
 
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Überfall auf Norwegen...

Da denke ich immer als erstes an >Terje Rollem< wie er mit Trachtengamaschen, Knickerbockerhosen und einer zivilen Jacke am 11.05.1945 vom Deutschen Major, dem Festungskommandanten und seinen Adjutanten die Festung Akershus am Ufer des Oslofjords übernahm.

Der deutsche Major -> Wilhelm Nichterlein (1886 Probstzella/Thüringen – 1947 Hamburg).

Der deutsche Adjutant -> Kapitän Johannes Hamel.

Terje Rollem -> Fähnrich der starken norwegischen Widerstandsbewegung „Heimatfront“. Er gehörte zum militärischen Teil der „Milorg“.
Eine der größten Aktionen dieser Bewegung -> Sprengung der Norsk Hydro Fabrik in Rjukan, Provinz Telemark (Schweres Wasser).
 
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