Opposition und Widerstand in der DDR

Tacitus

Neues Mitglied
Hiho alle Leutz,
hier is ma ne neue Frage an euch.Hoffe sie gefällt euch und ich bekomm viele antworten

Frage: Warum gab es in der DDR keinen richtigen politischen Widerstand? Warum waren meist nur Jugendliche an solchen gesellschaftlichen Protesten beteiligt?:winke:
 
Also eine wirkliche politische Widerstandbewegung ist mir nicht bekannt.
In den 80ern kam die Punk und die Skinhead Bewegung auf, die es auch in der DDR gab, bei einem Überfall von Skinheads auf ein Punkkonzert in der DDR wurden schon Sprüche wie "Sieg Heil" und "Juden raus" skandiert. Dazu gab es noch Schändungen von jüdischen Friedhöfen. Punks und Skinheads setzten sich natürlich von der schönen Welt der FDJ ab, es ist Ansichtssache wie sehr man das schon als Widerstand werten will.
Sonst würd ich mich auch mal über das Verhältnis Staat-Kirche beschäftigen.
ZUm Beispiel Pastor Brüsewitz, der sich am 18. August 1976 in Zeitz öffentlich selbst verbrannte, dabei Plakate auf denen stand:
Funkspruch an alle...Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen!
Dann vll noch ein wenig Wolf Biermann, wie sieht seine Biographie aus, was hat er gemacht und welche linken Künstler waren noch mit ihm befreundet.
 
@ Tacitus: was verstehst du denn unter richtigem Widerstand? Eine politische Opposition konnte es in der DDR aufgrund des dortigen politischen Systems nur außerhalb der Parlamente geben. Dass es gar keinen Widerstand gab, ist auch nicht richtig, es gab ja den sog. "Juni-Aufstand" und 1989 dann die Montags-Demonstrationen.
 
Tacitus schrieb:
Warum waren meist nur Jugendliche an solchen gesellschaftlichen Protesten beteiligt?

Ich denke, und die Älteren von euch werden es wissen, dass der Widerstand besonders und auch in erster Linie von den Kulturschaffenden der Republik ausging, da diese das System in seiner ganzen Bandbreite erfahren konnten und dann auch entsprechend kritisierten! Nicht jeder mit der selben Klangfarbe, aber doch merkbar.
(Wolf Bierman ist da vielleicht das prominenteste Beispiel... es gibt jedoch unzählige mehr... z.B. der Schriftsteller Christoph Hein u.a.)

Gruß
 
@ Ashigaru: ich versteh unter "richtem" widerstand, so ne Rolle wie Stauffenberg oder von Treschkow im NS-Staat spielten. Möglicherweiße gab es in DDR keinen solchen Männer weil sie nicht die Mittel hatten sich zu organisiern bzw. sich eine Organisation aufzubauen. Der Juni-Aufstand war ja mehr ein Aufstand gegen die Normerhöhungen und hat sich erst später gegen das System gerichtet. Und 1989 war ja schon klar das die DDR bald nicht mehr existiert, da der Eiserne Vorhang und die UdSSR auseinander fiel.
 
Solidarnosc schrieb:
Sonst würd ich mich auch mal über das Verhältnis Staat-Kirche beschäftigen.

Unbedingt, denn die Kirchen boten - zumindest kann ich dies für die 80er Jahre bestätigen - durchaus unterschiedlichsten Gruppen einen sonst nicht vorhandenen Freiraum.

derLiterat schrieb:
... die Älteren von euch werden es wissen, dass der Widerstand besonders und auch in erster Linie von den Kulturschaffenden der Republik ausging, da diese das System in seiner ganzen Bandbreite erfahren konnten und dann auch entsprechend kritisierten...

Gerade auch die Christen in der DDR erfuhren nicht selten selbst die restriktive(n) Seite(n) des Systems, z.B.
- Verhinderung beruflicher Karrieren,
- Androhen der Nichtzulassung zur Erweiterten Oberschule (Abitur) oder zum Studium,
- Überwachung kirchlicher Mitarbeiter und kirchlich aktiver Menschen,
- Platzieren von IMs in den Gemeinden,
- Zensur von Kirchenzeitungen u.v.m.;
und Christen waren mehrheitlich dementsprechend eher Kritiker denn Befürworter des Systems.

Wichtig aber ist der erste Punkt (Freiraum - s.o.), denn es fand sich ein nicht geringer Teil auch in den Kirchen zusammen, ohne selbst getauft und/oder religiös zu sein.
 
Tacitus schrieb:
Warum gab es in der DDR keinen richtigen politischen Widerstand?

Um nochmal diese Frage aufzugreifen: War das dann von Nöten?

Es ging doch nicht darum, etwas zu beseitigen, wogegen man Widerstand setzen musste, sondern doch vielmehr darum, etwas zu verändern. Kritik zu üben, um zu gestalten, nicht um zu sich zu vereinigen.
Niemand, der in den 70-iger und 80-iger Jahren in den Westen übergelaufenen war, wollte die DDR abgeschafft sehen, sondern lediglich demokratisch reformiert.

Gruß
 
Es war auch nicht nötig, einen totalen Umsturz zu wagen. Es hätte im politischen widerstand gereicht wie z.B in Ungarn eine Protestbewegung zu schaffen die für eine Demokratiesierung des politischen System zu fordern. So etwas ist mir aus der DDR nicht bekannt. Leider gab es so etwas nicht.
 
Tacitus schrieb:
Es war auch nicht nötig, einen totalen Umsturz zu wagen. Es hätte im politischen widerstand gereicht wie z.B in Ungarn eine Protestbewegung zu schaffen die für eine Demokratiesierung des politischen System zu fordern. So etwas ist mir aus der DDR nicht bekannt. Leider gab es so etwas nicht.

Ist dir das aus Ungarn bekannt? Das solltest du mir erläutern.
Polen und Solidarność - da haben sich Umbrüche angebahnt.
Nur, jedes osteuropäische Land hatte eine andere Geschichte, man kann sie nicht über einen Kamm scheren.
 
Ich würde nicht sagen das es keinen "richtigen" (was immer ein richtiger ist) politischen Widerstand gab.

Auf den Pfarrer Oskar Brüsewitz wurde ja schon hingewiesen.

Widerstand äussert sich nich immer in der gleichen Form. Auch das wurde schon angesprochen.

Einerseits muss man sehen das vielen "Älteren" die Niederschlagung des Juni 1953 noch im Gedächtnis gewesen ist. Auch der Mauerbau war noch relativ "frisch". Viele haben aufgrund dieser Tatsache resigniert denke ich. Dann war da noch der Sicherheitsapparat mit seinem ausgeprägten Spitzelsystem.Und trotzdem:

Die Ausweisung Biermanns der auch nicht in leeren Hallen spielte,

der Hausarrest Robert Havemanns fielen ebenso in diese Zeit und führten zu einem grossen andauernden Konflikt innerhalb der SED und zwischen den kunstschaffenden und der Partei. Ausweisungen und Abschiebungen waren die Folge.

Auch riss z.b. die Flut an Ausreiseanträgen, trotz teils massiver Repressalien nicht ab.

Alles in allem denke ich das die DDR grade in den 70er die Anfänge ihres endes miterlebte.
 
Longshanks schrieb:
Ich würde nicht sagen das es keinen "richtigen" (was immer ein richtiger ist) politischen Widerstand gab.

...

Alles in allem denke ich das die DDR grade in den 70er die Anfänge ihres endes miterlebte.

Ich habe es so empfunden, dass es gerade in den frühen 70ern eher die größten Hoffnungen und deshalb den wenigsten "Widerstand" gab. Biermann erschien den meisten nur als Episode, weil der Name erst nach dem Live-Konzert im "Westfernsehen" und vor allem dessen den Wiederholungen in der DDR bekannt wurde.

Widerstand schien den allermeisten nicht nötig!

In der zweiten Hälfte der 80er Jahre änderte sich das dramatisch. Mein Schlüsselerlebnis war die (eigentlich völlig unnötige) Wahlfälschung zur Kommunalwahl 1989. Ich fragte schriftlich nach den Wahlergebnissen der einzelnen Wahllokale, die nicht veröffentlicht wurden, denn ich war bei der Auszählung in meinem Wahllokal dabei. Und da gab es 85% Zustimmung zu den Kandidaten der "Nationalen Front", im DDR-Fernsehen wurden 98% gemeldet. Als Antwort erhielt ich eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch im "Rat des Kreises", und danach war mir klar, dass sich dieses System nicht ändern wollte und vor allem nicht konnte.

Dennoch wollten die Demonstranten der Leipziger Montag-Demos am Anfang keineswegs das System und schon gar nicht die DDR abschaffen, sondern nur "reformieren" im Sinne von "verbessern". Das System BRD war für die meisten keine sinnvolle Alternative.

Pech gehabt: Das System DDR ließ sich nicht verbessern.
 
Nachtrag zur kirchlichen Opposition

Zunächst einmal :sorry: daß ich erst jetzt damit herausrücke, aber mir ist nach einer Woche noch ein weiterer mE wichtiger Name eingefallen, den ich bis dato verdrängt hatte...

Es handelt sich um den Dominikaner Pater Gordian Landwehr (1912/98), der seit 1951 in Leipzig als Volksmissionar tätig war. Er protestierte u.a. gegen die Sprengung der Universitätskirche (Paulinerkirche) in Leipzig 1968 und erhob in Predigten seine Stimme - allen Anfeindungen zum Trotz - gegen das System.

Mehr zu ihm bspw. unter http://www.bautz.de/bbkl/l/landwehr_g.shtml
 
Also ich denke auch wenn es die DDR geschafft hätte ihr politisches umzustellen,wäre sie früher oder später trotzdem auseinander gebrochen. Möglicherweiße hätten die späteren Ereignisse in der UdSSR und im gesamten Ostblock dazugeführt das auch die Bürger der DDR einen kompletten Systemwechsel wollten. klar war für die meisten damals es unvorstellbar das ihr Staat ungerecht ist usw. aber dennoch war es doch eine Diktatur. Aber wie ihr mir gezeigt habt, gab es einen Widerstand.Leider wird in den Geschichtsbüchern wenig über sie berichtet. Oder gib es Bücher die sich speziell mit dieser Thematik befassen?
 
Kann jemand belegen, daß Pastor Brüsewitz Teil eines organisierten politischen Widestands war? Meiner Meinung nach war er ein Einzelgänger. Ich habe Mitte der 80er Jahre mit Zeitzern gesprochen, die Brüsewitz noch persönlich kannten, Die verbreitete Meinung über ihn war, gelinde gesagt, ablehnend.
 
saxo schrieb:
Ich habe Mitte der 80er Jahre mit Zeitzern gesprochen, die Brüsewitz noch persönlich kannten, Die verbreitete Meinung über ihn war, gelinde gesagt, ablehnend.

Das war ja auch die verordnete Parteilinie.
 
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