Ostfront 1914 nach Tannenberg

Bei den Karten über den Frontverlauf 30.09.1915 stehen die Deutschen kurz vor Minsk (ich weiß nicht seit wann).

Seit wenigen Tagen.

Es handelte sich um die 10., 12. und 8. Armee (n->s), nach Gefechten u.a. bei Kowno, Wilna und Grodno. Ausgangspunkt war der unerwartet schnelle Fall von Kowno, der die russischen Flügel trennte. Die Westfront, mit über 50, fast 60 Divisionen an sich ausreichend stark, wich daraufhin nach Osten aus.

Die 12. und 9. Armee standen am 11.8. östlich Warschau in der Linie Lomza-Siedlce, nach Vormarsch am 27.8.1915 etwa Bialystock-nördlich Brest-Litowsk, und am 30.9. an der Beresina-Serwetsch-Linie 80 km westlich von Minsk.

Und dahin sind sie mit schwachen Kräften gekommen.
Alles ist relativ, aber das ist falsch.
Die fraglichen deutschen Verbände, 12. 8. und 10. sowie Njemen-Armee, besaßen rd. 41 Divisionen, von denen im Laufe September 1915 dann 13 Divisionen abzugeben waren, weswegen eine feste Stellung (im mittleren Forntbereich logischerweise den Flußverläufen folgend) zu beziehen war.
 
Die Operationen gegen Serbien begannen erst am 06.10.1915. Die Besprechung des Hindenburgplans 1915 war am 01.07.1915, wäre er ausgeführt worden, wäre das in den nächsten darauf folgenden Tagen gewesen.

Und am 5. Oktober waren die Alliierten in Saloniki gelandet.
Zuvor verhinderte die Unmöglichkeit ausreichend Truppen zusammenzukratzen den Feldzug gegen Serbien. Im Prinzip handelte es sich lediglich um einen Zipfel von 50 km Luftlinie
 
Beim Streit zwischen 2. OHL und Oberost ging es darum, dass ein Durchbruch im Westen bei bestehender Ostfront nicht möglich war. Man lese die Ausführungen bei Keegan, Weltkrieg, der nachweist, dass die Topographie, insbesondere der Bodenuntergrund Offensiven nur an einigen Stellen möglich macht und die waren schwer befestigt (daher auch die deutschen Experimente mit neuen Waffen, d.h. Gas). 1915 waren die deutschen Befestigungen im Westen nicht zu durchdringen.

Also – so Oberost – musste die Entscheidung im Osten fallen. Nur macht das nur Sinn, wenn es wirklich eine Entscheidung ist. Der Hindenburgplan 1915 zielt daher auf Einkesselung der gesamten in Polen stehenden Armeen (wenn Mackensen östlich des Bugs nach Norden vorstoßen kann, auch Teile der in Galizien stehenden Armeen. Danach gäbe es - zumindest keine kampffähige - zaristische Armee mehr (ich könnte mir vorstellen, dass genau das ein Problem bei Wilhelm war, der Angst hatte, dass erst die Romanows, dann die Hohenzollern fallen) und damit keine Ostfront mehr. Das hat natürlich Folgewirkungen (und darum ging es ja auch).

Gallipoli diente dazu, das Tor zum Schwarzen Meer zu öffnen um Russland zu versorgen. Bei Erfolg des Hindenburgplans 1915 macht diese Operation keinen Sinn mehr. Der Weg durch den Balkan ist zumindest keine dringliche Angelegenheit mehr. Das Problem Serbien bleibt, wäre aber eine Randfrage.

Es war bei den Mittelmächten sehr streitig, ob Saloniki genommen werden soll (Conrad, Hoffmann) oder nicht (Falkenhayn, Ludendorff). Letztere setzten sich durch, Falkenhayn, weil er außerhalb der Westfront immer nur beschränkte Ziele verfolgte, Ludendorff, weil er meinte, dass die aus Saloniki vertriebenen Alliierten nur die Westfront verstärken würden.
 
Beim Streit zwischen 2. OHL und Oberost ging es darum, dass ein Durchbruch im Westen bei bestehender Ostfront nicht möglich war. Man lese die Ausführungen bei Keegan, Weltkrieg, der nachweist, dass die Topographie, insbesondere der Bodenuntergrund Offensiven nur an einigen Stellen möglich macht und die waren schwer befestigt (daher auch die deutschen Experimente mit neuen Waffen, d.h. Gas). 1915 waren die deutschen Befestigungen im Westen nicht zu durchdringen.

Also – so Oberost – musste die Entscheidung im Osten fallen. Nur macht das nur Sinn, wenn es wirklich eine Entscheidung ist. Der Hindenburgplan 1915 zielt daher auf Einkesselung der gesamten in Polen stehenden Armeen (wenn Mackensen östlich des Bugs nach Norden vorstoßen kann, auch Teile der in Galizien stehenden Armeen. Danach gäbe es - zumindest keine kampffähige - zaristische Armee mehr (ich könnte mir vorstellen, dass genau das ein Problem bei Wilhelm war, der Angst hatte, dass erst die Romanows, dann die Hohenzollern fallen) und damit keine Ostfront mehr. Das hat natürlich Folgewirkungen (und darum ging es ja auch).

Gallipoli diente dazu, das Tor zum Schwarzen Meer zu öffnen um Russland zu versorgen. Bei Erfolg des Hindenburgplans 1915 macht diese Operation keinen Sinn mehr. Der Weg durch den Balkan ist zumindest keine dringliche Angelegenheit mehr. Das Problem Serbien bleibt, wäre aber eine Randfrage.

Es war bei den Mittelmächten sehr streitig, ob Saloniki genommen werden soll (Conrad, Hoffmann) oder nicht (Falkenhayn, Ludendorff). Letztere setzten sich durch, Falkenhayn, weil er außerhalb der Westfront immer nur beschränkte Ziele verfolgte, Ludendorff, weil er meinte, dass die aus Saloniki vertriebenen Alliierten nur die Westfront verstärken würden.


Diesmal blendest Du Italien aus.
Wenn die Österreicher nicht zügig am Isonzo aufmarschieren, fahren die Italiener mit der Eisenbahn nach Wien.
 
In Italien standen 1915 (auch 1916) nur schwache Streitkräfte aus Ö-A (passiv von dem zu diesem Zweck gegründeten Alpenkorps unterstützt). Die Chancen der Italiener mit den Möglichkeiten der damaligen Zeit eine erfolgreiche Offensive im Gebirge zu lancieren waren äußerst gering. Selbst ein Durchbruch hätte bei den topographischen Gegebenheiten nicht die Bedeutung gehabt, weil man sich die Verteidiger beim nächsten Hindernis neu postieren konnten. Die Kämpfe waren letztlich nur ein sinnloses Anrennen der Italiener in den Isonzoschlachten.

Bei den Mittelmächten sah es anders aus. Die stießen nicht in das Gebirge hinein, sondern aus dem Gebirge heraus. Darum geht es bei dem in # 38 erwähnten Stoß auf Asiago (auch Südtiroloffensive 1916). Ich habe diesen Streit innerhalb der Armeeführungen (Südtirol statt Verdun) lediglich angedeutet. Mit ausreichenden Kräften erfolgte die Offensive (die erste der Mittelmächte an der italienischen Front) im Oktober 1917 bei Karfreit gegen die zahlenmäßig immer noch überlegenen Italiener. Caporetto, das italienische Wort für Kafreit, wurde in Folge in der italienischen Sprache zum Synonym für eine schwere Niederlage.
 
In Italien standen 1915 (auch 1916) nur schwache Streitkräfte aus Ö-A (passiv von dem zu diesem Zweck gegründeten Alpenkorps unterstützt). Die Chancen der Italiener mit den Möglichkeiten der damaligen Zeit eine erfolgreiche Offensive im Gebirge zu lancieren waren äußerst gering. Selbst ein Durchbruch hätte bei den topographischen Gegebenheiten nicht die Bedeutung gehabt, weil man sich die Verteidiger beim nächsten Hindernis neu postieren konnten. Die Kämpfe waren letztlich nur ein sinnloses Anrennen der Italiener in den Isonzoschlachten.

Bei den Mittelmächten sah es anders aus. Die stießen nicht in das Gebirge hinein, sondern aus dem Gebirge heraus. Darum geht es bei dem in # 38 erwähnten Stoß auf Asiago (auch Südtiroloffensive 1916). Ich habe diesen Streit innerhalb der Armeeführungen (Südtirol statt Verdun) lediglich angedeutet. Mit ausreichenden Kräften erfolgte die Offensive (die erste der Mittelmächte an der italienischen Front) im Oktober 1917 bei Karfreit gegen die zahlenmäßig immer noch überlegenen Italiener. Caporetto, das italienische Wort für Kafreit, wurde in Folge in der italienischen Sprache zum Synonym für eine schwere Niederlage.


Sorry,

was hat Karfreit, was hat Asiago mit der Lage Ende Mai 1915 zu tun???? Mit den Truppen die ÖU dringendst an die ital. Front verlegen musste, (auf Dauer kann man auch im Gebirge nicht mit Schützenvereinen verteidigen)
die in Polen fehlten, "um den Sack zuzumachen"???????

Das Besondere für ÖU an der Isonzofront war doch, dass die Serben, Bosniaken, Dalmatiner usw. in der ÖU-Armee da schlicht ihre Heimat verteidigten, keinen Sinn darin sahen das "ÖU-Joch" gegen das "Joch Savoyens" einzutauschen. Keine Motivationsprobleme wie zB gegen die Russen oder Serben hatten.

Nochmals, "die Decke war zu kurz".
Mit anderen Worten, neudeutsch, weder Falkenhayn noch Hindenburg kannten den Kniff, wie man beim PC-Spiel WKI die Ressourcen auf "unendlich" stellt.:fs:
Schade eigentlich.:red:
 
Natürlich hatte keiner der Kriegsteilnehmer zu viele Ressourcen (bis auf die USA später). Aber zumindest die Leute für Offensiven im Westen waren vorhanden, ohne dass dort nennenswerte Erfolge zu sehen waren.

1914 haben die Russen die Mittelmächte durch ihren schnellen Aufmarsch überrascht. Zumindest große Teile der russischen Westarmeen kamen recht schnell in Stellung, die Mängel in Ausbildung, Ausrüstung, Nachschub und Transport waren noch nicht sichtbar.

Nach dem Rennen ans Meer und der Abwehr der russischen Angriffe stellt sich die Lage im Winter 1914/15 so dar, dass die Österreicher in den Karpaten mächtig unter Druck stehen (Przemysl war der letzte Dorn im Fleisch), während die Deutschen nach den Schlachten von Warschau und Lodz strategisch günstiger standen. Die Verluste der Deutschen zeigten aber, dass Siege gegen die große russische Truppenmenge nicht einfach sein würden.

Bis hierhin halte ich die Entscheidungen im Osten noch mehr oder weniger folgerichtig nach den ursprünglichen Planungen eines Angriffs im Westen. Jetzt aber hätte man nach Festlegung der Stellungen im Westen mehr Truppen in den Osten verschieben können. Dies widerspricht zwar den ursprünglichen Zielen, wäre aber eine logische Reaktion auf die Flandernschlacht gewesen.

@Repo: Gerade weil die Decke kurz war hätte man sich eben einrollen müssen um zugedeckt zu bleiben. Und eine defensive Westfront hätte die Engländer und Franzosen vor große Probleme gestellt. Angriffe sind sehr verlustreich und eine Verlegung von Truppen ist langwierig (verglichen mit Transporten der Mittelmächte) und bergen das Risiko von überraschenden deutschen Truppenverlagerungen. Die italienische Front kann von Österreich mit relativ geringen Mitteln gehalten werden und die Russen sind noch isoliert. Also macht es doch Sinn, verstärkt die Russen und die Serben anzugreifen. Es stellt sich also die Frage, ob hier im Januar 1915 nicht mehr Truppen hätten eingesetzt werden können und sollen. Ludendorff hat es ja gefordert und Falkenhayn abgelehnt. Gorlice-Tarnow hätte wohl auch in größerem Maße funktionieren können.

Die weitere Wechselwirkung auf dem Balkan (mit Bulgarien und später Rumänien) ist da schon schwieriger zu analysieren. Alleine weil zusätzliche Parteien auftreten.

Solwac
 
@Repo: Gerade weil die Decke kurz war hätte man sich eben einrollen müssen um zugedeckt zu bleiben. Und eine defensive Westfront hätte die Engländer und Franzosen vor große Probleme gestellt. Angriffe sind sehr verlustreich und eine Verlegung von Truppen ist langwierig (verglichen mit Transporten der Mittelmächte) und bergen das Risiko von überraschenden deutschen Truppenverlagerungen. Die italienische Front kann von Österreich mit relativ geringen Mitteln gehalten werden und die Russen sind noch isoliert. Also macht es doch Sinn, verstärkt die Russen und die Serben anzugreifen. Es stellt sich also die Frage, ob hier im Januar 1915 nicht mehr Truppen hätten eingesetzt werden können und sollen. Ludendorff hat es ja gefordert und Falkenhayn abgelehnt. Gorlice-Tarnow hätte wohl auch in größerem Maße funktionieren können.

Solwac


Nach dem November 1914 war bis zum März 1918 die einzige Offensive-Operation im Westen Verdun. (zu Verdun habe ich keine Meinung, hinterher, wenns schief ging, ist kritisieren leicht, mir zu leicht)
Sonst blieb die Westfront immer in der Defensive.
1917 gab es sogar einen sehr erfolgreichen Strategischen Rückzug, (wofür es wenig Beispiele in der Kriegsgeschichte gibt!)

Wie sich das Westheer 1918 ab August auf dem Rückzug geschlagen hat, das ist doch gigantisch.

Ich kann einfach nichts sehen, das man den diversen deutschen Heersführungen im 1.WK wirklich zum Vorwurf machen kann.

Und, schließlich, wie das Hindenburg und Luddendorf gemacht haben, hinstehen, "wir haben verloren, wir brauchen Frieden"
ach, hätte es doch 1943/44 solche Männer gegeben......
 
In der Tat, keiner der Kriegsteilnehmer hatte zu viele Ressourcen. Es war ja lange üblich die Unterlegenheit der Mittelmächte durch Statistik, insbesondere durch den Vergleich von Bevölkerungszahlen zu belegen. Dabei übersah man, dass diese Überlegenheit sich nicht entscheidend ausgewirkt hat – bis amerikanische Soldaten in ausreichender Zahl in Frankreich erschienen. 1915 scheiterten die Alliierten im Westen, Osten und im Süden. 1916 sah es zeitweise für sie besser aus, aber am Ende des Jahres doch nicht mehr. Die Deutschen waren militärisch deutlich effektiver (unappetitliche Statistik bei Ferguson, Falsche Krieg, S. 282 ff.), sie hatten den Vorteil der inneren Linie, manche Kolonialtruppen (diese stellten den personellen Vorteil) waren in Frankreich schlicht nicht einsetzbar, das Verheizen der Truppen war auch politisch heikel, etc.

Falkenhayns Auffassung über die Kriegführung im Jahr 1915 war in der OHL zumindest sehr umstritten (ich habe gelesen, er war isoliert), Oberost war sich so sicher, dass der Hindenburgplan 1915 von Wilhelm genehmigt wird, dass diese große Operation durch einfachen Telefonanruf von Ludendorff bei Hoffmann gestartet werden sollte. Wie gesagt, Kräfte waren überall knapp, dennoch kann es daran nicht gelegen haben. Schließlich hat man Operationen in Polen durchgeführt, hat später – das heißt zu spät – mit schwächeren Truppen eben den Vorstoß Richtung Minsk durchgeführt und in Frankreich war 1915 kein Durchbruch möglich (wovon auch hohe alliierte Offiziere ausgingen, vgl. Ferguson, Falsche Krieg, S. 281).
Es geht nicht darum, ob der Hindenburgplan 1915 die Weltgeschichte verändert hätte. Es geht darum was und warum etwas 1915 geschah. Das man dann eine Meinung zu Planungen haben muss, liegt in der Natur der Sache.
 
Und, schließlich, wie das Hindenburg und Luddendorf gemacht haben, hinstehen, "wir haben verloren, wir brauchen Frieden"
ach, hätte es doch 1943/44 solche Männer gegeben......
Ich weiß schon, wie Du es meinst, aber ich fürchte, 43/44 hätte man auch einen Hindenburg oder Ludendorf schlichtweg an die Wand gestellt und erschossen.
 
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