Periplus des Erythräischen Meeres

Beetlebum

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Wie vielleicht bekannt ist, handelt es sich beim Periplus Maris Erythraei um eine Schilderung der Küstengebiete am Indischen Ozean und am Roten Meer aus der römischen Kaiserzeit. Der unbekannte Verfasser liefert detaillierte Nachrichten die verschiedenen Küstenplätze und informiert genau über die Bedingungen und Möglichkeiten für den Seehandel in dieser reichen Handelsregion.

Neben der Identität des Autors, der allerdings mit gutem Grund für einen Handelsreisenden aus Ägypten oder zumindest den Angestellten eines solchen gehalten wird, gilt auch die genauere zeitliche Einordnung des Periplus als unklar. Nun lese ich bei Olshausen (Einführung in die historische Geographie der alten Welt; Darmstadt 1991), dass die "Datierung zwischen 40 und 230 n.Chr. gesucht wird". Ich jedoch denke, dass man den betreffenden Zeitrahmen deutlich einengen kann, da im Periplus berichtet wird, die im heutigen Jordanien gelegene Handelsstadt Petra werde vom nabatäischen König Malichas beherrscht. Bei diesem kann es sich meines Wissens nur um jenen Nabatäerkönig handeln, der uns unter dem Namen Malichus II. geläufig ist und dessen Regierungszeit von 40-71 n.Chr. angesetzt wird. Folglich muss auch die Abfassung des Periplus in diese gut 30-jährige Zeitspanne fallen. Der Text ist also zwingendermaßen am Ende der Regierung Caligulas, unter Claudius, unter Nero oder in den frühesten Jahren Vespasians enstanden.

Im Periplus ist jedoch nicht nur vom König der Nabatäer die Rede, sondern auch von zwei Herrschern in Südarabien: Charibael, dem König der Himyariten und der Sabäer, und Eleazus, dem König von Hadramaut. Wenn es gelänge, diese beiden Namen mit südarabischen Herrschern, die der Geschichtsforschung etwa aus Inschriften bekannten sind und deren ungefähre Regierungszeiten ermittelt werden können, zu identifizieren, könnte der Zeitraum, in dem der Periplus Maris Erythraei verfasst worden sein muss, unter Umständen noch weiter eingeschränkt werden, da die Abfassung logischerweise nur in die Jahre fallen kann, in denen sich die Herrschaft aller drei Fürsten - Malichus II. von Nabatäa, Charibael von Himyar und Saba, und Eleazus von Hadramaut - überschneidet. Leider bin ich mit der Geschichte der südarabischen Reiche und mit dem aktuellen Forschungsstand, etwa bezüglich der verschiedenen Königslisten, wenig vertraut. Kann mir irgendjemand weiterhelfen?
 
Charibael oder Eleazus scheinen leider niemandem ein Begriff zu sein. Unabhängig davon sind aber auch alle anderen Beiträge zum griechischen und römischen Seehandel im Erythräischen Meer oder zu Themen, die damit in Zusammenhang stehen, willkommen.
 
Beetlebum schrieb:
Nun lese ich bei Olshausen (Einführung in die historische Geographie der alten Welt; Darmstadt 1991), dass die "Datierung zwischen 40 und 230 n.Chr. gesucht wird". Ich jedoch denke, dass man den betreffenden Zeitrahmen deutlich einengen kann,
Da bist du nicht allein:
Im Mittelpunkt der Quellen, die dies dokumentieren, steht ein im ganzen antiken Schrifttum einzigartiges Buch. Verfasst zwischen 40 und 70 n. Chr., ist es durch eine heute in Heidelberg aufbewahrte Abschrift aus dem zehnten Jahrhundert erhalten. Der Titel «Küstenfahrt des Roten Meeres» («Periplus Maris Erythraei») führt leicht in die Irre
http://www.kzu.ch/fach/as/aktuell/2001/07_global/players.htm
 
Vielen Dank für den interessanten Link, der meine Auffassung bestätigt und viele Details bietet, die mir nicht alle bekannt waren. Die Datierungsfrage wird sich allerdings kaum lösen lassen, solange die Regierungsjahre der im Periplus erwähnten arabischen (und indischen) Könige nicht bestimmt sind.

Darüber hinaus beschäftigen mich noch zwei Fragen:

I.) Wie gestalteten sich die politischen Beziehungen zwischen Rom und Südarabien nach der gescheiterten Expedition des Aelius Gallus? Es wird nämlich immer wieder behauptet, Eudaemon Arabia/Aden sei unter Augustus von den Römern zerstört worden (wohl durch römische Seestreitkräfte), und zwar im Zusammenhang mit dem geplanten Arabienfeldzug des C. Caesar um 1 n.Chr. Dabei beruft man sich nicht nur auf südarabische Münzen, die angeblich den Kaiser darstellen und daher die Oberhoheit Roms über Teile der Arabia Felix belgen sollen. Auch die Nachricht über Aden im Periplus Maris Erythraei wird als Argument herangezogen. Ich aber habe in zwei oder drei verschiedenen englischen Übersetzungen des Periplus lediglich gelesen, der Ort sei von Charibael zerstört worden, und zwar "not long before our own time", also wohl kaum um die Zeitwende. Außerdem ist auch in den "Res Gestae" des Augustus von dem kolportieren Ereignis keine Rede. Gibt es also irgendwelche stichhaltigen Indizien für eine römische Einnahme oder Zerstörung von Aden?

II.) Ist es zwischen dem römischen Reich und Indien infolge der engen Handelsbeziehungen auch zu einem gewissen geistigen und religiösen Austausch gekommen? Dies wäre nicht gerade abwegig, da sich ja offenbar Kaufleute aus dem Imperium dauerhaft in Südindien niedergelassen und Inder länger in Ägypten aufgehalten haben. Dabei ist es nur eine Sache, dass die römische Handelsniederlassung in Muziris laut der Tabula Peutingeriana auch über ein Augustus-Tempel verfügte. Bedeutsamer erscheint mir noch, dass die "Interpretatio Romana" bekanntlich eine Übernahme fremder Gottheiten in den eigenen Pantheon erlaubte oder solche mit bestimmten Erscheinungsformen angestammter Götter identifizieren werden konnten. Warum soll das in Indien anders gewesen sein, wenn doch ein ständiger und lebhafter Kontakt bestand? Besonders auffällig ist, dass der Geograph Ptolemaeus im Zusammenhang mit dem Südosten von Taprobane/Ceylon von einem "Meer des Dionysus", einem "Vorgebirge des Dionysus" und von einem "Oppidum des Dionysus oder Bacchus" spricht. Gerade diese Region, Kataragama, ist seit Jahrhunderten eng mit einem mystischen Gott verbunden, der viele Parallelen zu Dionysios/Dionysus aufweißt. Nicht zu vergessen ist außerdem das Christentum: Schon der Apostel Thomas soll nach Indien gereist sein und dort das Evangelium verkündet haben.

Genauere Informationen zum "Dionysios von Taprobane" finden sich übrigens unter http://kataragama.org/research/dionysus.htm
 
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Gibt es von dem Erythraei auch eine deutsche Übersetzung??? Also nicht nur die englische Übersetzung von Casson? Wäre sehr nett, wenn mir da jemand weiterhelfen kann, da mein englisch nicht dem besten entspricht...:rotwerd:

Vielen Dank im voraus!

MfG
GM
 
Vom «Periplus Maris Erythraei» existiert keine deutsche Übersetzung. Die zurzeit beste englische Ausgabe des Textes bietet: Lionel Casson, The Periplus Maris Erythraei. Text with Introduction, Translation and Commentary. Princeton 1989.
Und auch der Casson ist nicht ganz preiswert :)
 
Der Periplus hat 66 Kapitel.. Hier kann man sie angucken: Cod. Pal. graec. 398: Sammelhandschrift
Allerdings sind die Kapitel nicht so lang....
Die englische Wikipedia beschreibt sie recht gut, der übersetzte angegebene Text (oder auch hier: Ancient History Sourcebook: The Periplus of the Erythraean Sea: Travel and Trade in the Indian Ocean by a Merchant of the First Century) ist wohl schon komplett... So lang konnte er auch nicht sein, weil man ihn schließlich wohl auswendig lernen musste...
 
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